Mendelssohn: Etüde b-moll

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Auch von Mendelssohn gibt es Klavieretüden, die allerdings ein Schattendasein zu führen scheinen. Eine seiner Etüden (eins seiner besten Klavierwerke, wie ich finde) habe ich in den letzten Wochen geübt und nun als erstes Zwischenergebnis aufgenommen, bevor ich sie erstmal eine Weile ruhen lassen werde. Ich bin dankbar für Rückmeldungen jeder Art.
 

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  • Mendelssohn Etüde b-moll.mp3
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Hat jemand eigentlich eine Erklärung dafür, dass diese Etüde wie auch die anderen von Mendelssohn so selten gespielt wird? Sie ist doch schon als Konzertetüde geeignet, oder?
 
Vielleicht, weil sie dann doch ein wenig fad sind? Sie plätschern ganz nett daher, aber es fehlt die dramatische Entwicklung, die man in vielen Etüden von Chopin, Liszt oder Rachmaninow findet. Und so hoch virtuos sind sie eben auch nicht, dass sie allein deshalb als Showstopper taugen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe den Verdacht, dass musikkundige Menschen, die Mendelssohn hören oder spielen, gerne mal Chopin oder Schumann als Maßstäbe anlegen. Damit wird man jedoch meiner Meinung nach der kompositorischen Leistung Mendelssohns nicht gerecht. Mendelssohn ist doch in vielen Kompositionen mehr Klassizist als Romantiker. Ich betrachte ihn in dieser Hinsicht in einer Linie mit Mozart. Leidenschaften werden musikalisch nicht ausgereizt, sondern oft nur angedeutet, wie z.B. auch in der Etüde in b-moll. Da ist viel Ausdruck drin, jedoch nicht exzentrisch, sondern mit Contenance (eine Eigenschaft, die Mendelssohn mit Fauré teilt).

Und daneben gibt es dann doch echte romantische, zukunftweisende Musik von Mendelssohn, z.B. die Schottische Sinfonie, die mit großer Wahrscheinlichkeit Wagner im Fliegenden Holländer inspiriert hat.

Aber es steht auch außer Frage, dass Chopin und Schumann vielseitiger sind.
 
Aber eine quicklebendige Gestaltung insbesondere der Imitationen, eine sensationelle Reaktion und die Artikulation der Linken.
Aber ich verstehe, dass man das Stück - as such - nicht bei Chopin op. 10,4 oder op. 25,11 einreiht! Es muss nicht alles wilde Größe aufweisen, zuweilen ist freundliche Bewegtheit auch eine Qualität. Aber vielleicht nicht zu weit unter op. 10,5 (und ich mag die 'Schwarze Tasten-Etüde' sehr!).
Ich finde überhaupt Mendelssohns Klaviermusik ziemlich unterbewertet. Viele der Lieder ohne Worte sind auf eine wenig sensationelle Art sehr gut komponiert. Auch op. 14 ist - gut gespielt! - herzerfrischend und erfreulich, was sich von Chopins b-Moll Sonate eher nicht sagen lässt.
 
Verstehe mich bitte nicht falsch - es gibt vieles von Mendelssohn, was ich sehr schätze. Aber die Etüden gehören eher nicht dazu. Mag sein, dass die dem einen oder anderen beim Spielen Vergnügen bereiten - aus Publikumssicht finde ich sie nicht sonderlich attraktiv. Op. 14 und die Lieder ohne Worte sind zumindest hübsche Hausmusik, für wirklich konzerttauglich halte ich von Mendelssohns Klaviermusik allerdings nur die Variations sérieuses.

Die beste Klaviermusik hat er aber in die beiden großartigen Klaviertrios integriert, die zu den absoluten Perlen dieses Genres gehören!
 
die Lieder ohne Worte sind zumindest hübsche Hausmusik, für wirklich konzerttauglich halte ich von Mendelssohns Klaviermusik allerdings nur die Variations sérieuses.
Ich teile Dein Urteil, habe aber auch schon Prügel für dieses Verdikt bekommen. Es ist nicht unheikel, sich nach 45 derart über Mendelssohn zu äußern.
 

Auch mich reisst das Stück nicht vom Hocker, obwohl Du es gut spielst. Mendelssohn hat oft zuviel Text, den muss man rausfiltern. Für diese Etüde bedeutet das, dass die Arpeggien total unwichtig sind. Ich merke schon, dass Du Dich auch darum kümmerst, die Musik aus den anderen Stimmen zu holen, aber die 16tel sind einem da immer im Weg, schliesslich wollen sie auch gespielt werden.
Ein schönes Beispiel ist das d-moll Klaviertrio. Da ist man als Pianist sehr gut beraten, die wilden Auf- und Abgänge im ersten Satz eigentlich fast nicht zu spielen und sich nur auf die Linien der Violine und des Cellos zu konzentrieren. Dann wird es wunderschön.
 
Ein schönes Beispiel ist das d-moll Klaviertrio. Da ist man als Pianist sehr gut beraten, die wilden Auf- und Abgänge im ersten Satz eigentlich fast nicht zu spielen und sich nur auf die Linien der Violine und des Cellos zu konzentrieren. Dann wird es wunderschön.

Es sind eigentlich nur Aufgänge. Wenn man die aber zu sehr ausblendet (was man leider öfter hört), geht der Agitato-Charakter des Satzes vollkommen verloren und das Ganze versinkt in saturierter Biedermeier-Zufriedenheit. Das Brodeln der Nachschläge muss immer spürbar bleiben!
 
Warum? Er ist doch wirklich früh genug gestorben um jeden Verdacht ein Nazi gewesen zu sein zu widerlegen
Bei Mendelssohn ist es umgekehrt wie bei Wagner: Wagner wird von vielen als "Nazi vor den Nazis" gesehen und Mendelssohn war vorfristiges Opfer. Wenn man heute Mendelssohn die Tiefe und den teutonischen Ernst abspricht, so wiederholt man (Vor-)Urteile, die zwischen 1933 und 1945 in Deutschland offizielle (Partei-)Meinung waren.
Man sollte sich von derartigen Wertungen in alle Richtungen befreien.
 
Was ist denn das für ein absonderlicher Gedanke???? Ganz offenbar hast du noch nie nachgeschaut, wer Mendelssohn war - hättest du das, wäre diese wirklich absurde Mitteilung unterblieben.
Jedenfalls ist er 1847 gestorben und damit ist es mir völlig unverständlich wie man auf die absurde Idee kommen kann ihm irgendeine Nähe zu Nazideutschland zu unterstellen:
Es ist nicht unheikel, sich nach 45 derart über Mendelssohn zu äußern.
 
Jedenfalls ist er 1847 gestorben und damit ist es mir völlig unverständlich wie man auf die absurde Idee kommen kann ihm irgendeine Nähe zu Nazideutschland zu unterstellen:
Ich habe das so interpretiert, dass man ja angeblich heute keine Kritik an Juden äußern darf, aufgrund einer überzogenen und unverhältnismäßigen Political Correctness, was diese Äußerung natürlich noch abstruser, um es freundlich zu formulieren, macht.
 

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