LvB Sonate op. 27 Nr. 2

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hpesch

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Also nun bin ich endlich bereit, den ersten Satz der "Mondscheinsonate" zu üben. Am Anfang wird dort auf Italienisch angewiesen, das Pedal immer zu drücken. Heißt das, ich trete am Anfang drauf und lasse erst ganz am Schluss los oder bei jedem Takt neu?
Eigentlich finde ich, ohne Pedal hört es sich besser an.
 
Ohne Pedal ist es ebenso furchtbar wie mit Pedal, das von Anfang bis Ende durchgetreten wird. Von Beethovens Schüler Czerny gibt es das lesenswerte Buch Über den richtigen Vortrag der sämtlichen Beethoven'schen Klavierwerke. Darin steht auch einiges über die richtige Pedalisierung der Mondscheinsonate. Auch, wenn man die Angaben auf heutigen Instrumenten nicht überall eins zu eins übernehmen kann: Pflichtlektüre!
 
heißt si deve suonare tutto questo pezzo delicatissimamente e senza sordini auf deutsch das Pedal immer drücken?
 
Weil ich keine gescheite Antwort bekam, habe ich im Wiki nachgeschaut:
Für den ersten Satz steht die Spielanweisung Si deve suonare tutto questo pezzo delicatissimamente e senza sordini (auf deutsch: Man muss dieses ganze Stück sehr zart und ohne Dämpfer spielen). „Ohne Dämpfer“ bedeutet „mit Pedal“, jedoch bleibt die Frage offen, ob das ganze Stück generell mit Pedal oder in einem einzigen Pedal gespielt werden soll. Relativ selten wird dieser Satz tatsächlich in einem durchgehaltenen Pedal gespielt wie in András Schiffs Beethoven-Interpretation. Carl Czerny, Beethovens Schüler, schreibt hingegen: „Das vorgezeichnete Pedal ist bei jeder Bassnote von Neuem zu nehmen.“
Schiff also spielt das ganze Stück mit Pedal durch. Bei jeder Bassnote neu? Ist ja viel Getrampel. Soll man wohl nicht wörtlich nehmen. Eher bei jedem Oktavwechsel LH.
 
Bei den Klavieren zu Beethovens Zeit war die Pedalwirkung nicht so stark wie heute. Deshalb wird das von Anfang bis Ende durchgetretene Pedal damals wahrscheinlich einen fahlen, geisterhaften Effekt haben. Der ja auch passt, weil das Stück eine Totenklage ist.
Ich habe noch keinen Pianisten gehört, der das Pedal komplett durchtritt.
 
Ich habe mir Schiffs Vortrag angeschaut, er meint das Pedal um ungefähr ein Drittel drücken wäre sinnvoll.
 
Weil ich keine gescheite Antwort bekam, habe ich im Wiki nachgeschaut: […]
Heureka, irgendwo nachschauen ist gescheit!
Noch gescheiter ist, wenn man nach dem nachschauen selber gescheite Antworten gibt:
Schiff also spielt das ganze Stück mit Pedal durch.
...eine erstaunliche Neuheit? Alle spielen den 1. Satz mit Pedal durch ;-) (einen Tick gescheiter wäre gewesen, zu verstehen, was man bei Tante Wiki zitiert...man kann ja das Zitat im eigenen Beitrag noch mal nachschauen)
Bei jeder Bassnote neu? Ist ja viel Getrampel. Soll man wohl nicht wörtlich nehmen. Eher bei jedem Oktavwechsel LH.
...und jetzt wird´s aber richtig gescheit! Getrampel, viel Getrampel gar, das gilt es freilich zu vermeiden. Und am gescheitesten ist die Lösung des Trampelproblems: bei jedem "Oktavwechsel LH" [Pedal wechseln] - - so´n lütten Dummjan wie ich wüsste gerne, was diese Oktavwechsel sind... und was macht der Gescheite in den Takten, die keine Oktaven haben (gibts gegen Ende ein paar)?
...gescheit? gescheit...ert…

Getrampel 1.png
das ist der vierte Takt des ersten Satzes
a) Pedalwechsel mit Bassoktaven: wir freuen uns über zwei hochmoderne Dissonanzen:
contraGis-Gis-gis-his-cis1-e1-fis1
contraGis-Gis-fis-gis-his-cis1-dis1
(diese Matschklänge entstehen dort, wenn man das Pedal auf jeder der beiden Bassoktaven nimmt)
b) Pedal unten halten, gar nicht wechseln
(Takt1-3 Klangmatsch) Takt 4 matscht mit rein …..
Offenbar war Beethoven der Erfinder der Cluster (Tontrauben) :lol::lol::lol:

Spaß beiseite:
auf heutigen Instrumenten ist Pedalwechsel mit jedem Harmoniewechsel gebräuchlich*), jedenfalls bei derart langsamen/ruhigen Stücken, damit keine unschönen Mischklänge entstehen. In Takt 4 brauchen wir also Pedalwechsel mit jedem Viertel (dann hört man dort auch die schönen Harmonien)
Das Experiment (Schiff) "senza sordini" stur als "ohne Dämpfung" aufzufassen, nötigt auf heutigen Instrumenten zu speziellen Lösungen (das gehaltene Dämpferpedal nur ca 1/3 runtertreten, je nach Flügel) und überzeugt nicht rundum (wirkt etwas gewollt und bizarr im Vergleich mit den gewohnten Aufnahmen (Kempff, Arrau, Horowitz usw alle mit "Harmoniepedal) und auch auf Hammerklavieren von ca 1800 hält das Pedal im pp länger als ein Takt, also auch da entsteht Klangmatsch

________________
*) dort, wo ohnehin Pedal erwartet wird, und natürlich im klass.-romant. Repertoire - später Debussy, Ravel, Skrjabin sieht das ggf etwas anders aus
 
Bei den Klavieren zu Beethovens Zeit war die Pedalwirkung nicht so stark wie heute.

Das wird immer wieder behauptet (auch im Zusammenhang mit op. 15I; op. 31,2I; op. 37II, op. 53, ...).
Wer auf Instrumenten aus Beethovens Zeit spielt erkennt, dass die Klangwirkung nicht wesentlich anders ist. Das Durcheinander jedenfalls verschwindet nicht, nur weil man ein anderes, weniger klangmächtiges Instrument spielt!
Außerdem sind die Instrumente aus dieser Zeit unterschiedlicher als heutige und das Pedal in seinen subtileren Wirkungen weniger leicht zu beherrschen.
Das heißt m. E. man sollte an diesen Stellen tatsächlich etwas Pedalnebel akzeptieren.
Bei op. 27,2I fasse ich sie Angabe einfach als Aufforderung ein relativ großzügiges Harmoniepedal anzuwenden auf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Warum benutzt man das Pedal nicht einfach mit dem Ohr? Kommt doch letztendlich eh auf das Instrument, den Raum und die eigene Klangvorstellung an.
"ca 1/3", wenn ich das schon lese....

"Geben Sie innerhalb Ortschaften ca. 1/3 Gas, bergab 1/5, bergauf 3/5" :lol:
 

Warum benutzt man das Pedal nicht einfach mit dem Ohr? Kommt doch letztendlich eh auf das Instrument, den Raum und die eigene Klangvorstellung an.

Aber es gibt eben nicht nur das eine Pedal. Je nach Stil, eigener Vorstellung , Angaben des Komponisten, Raum, .... wird ein und derselbe Pianist hoffentlich bei Scarlatti, Beethoven, Chopin , Debussy, ... zwischen klinisch-reinem Sagrotan Pedal und schwebenden Dauerpedal alle Varianten benutzen. Das Ohr muss eben auch erzogen werden.

Im Übrigen weise ich auf den anderen aktuellen Faden zum Werk hin.
 
Das Ding ist, dass hier jemand mal wieder eine Pauschalanweisung will.

Typisch für Schüler. "Soll ich das Pedal die ganze Zeit getreten halten? Oder es komplett weglassen? Oder soll ich es alle soundso viele Schläge wechseln?"

Da kann man als KL nur antworten: "Wenn hier einer gleich soundso viele Schläge erhält, bist DU das. Schalte gefälligst Deine Löffel an!"

Aber ich will mal nicht nur schimpfen, sondern auch einen generellen Tipp an unsere liebe faule, geistig träge Schülerschaft geben: Tiefe Töne klingen deutlich länger als hohe Töne, zudem liegen bei denen mehr Obertöne (die mit denjenigen eines anderen Tons Dissonanzen bilden könnten) im hörbaren Bereich . Daher hängt der "Pedalwechselbedarf" (damit es nicht dissonante Matschepampe wird) stets mehr von dem ab, was "unten" los ist, während man bei hohen Tönen oft großzügiger sein und mehr "Verschwimmung" zulassen kann.
 
Komisch dass hier manche geradezu lyrische Schimpfkanonaden loslassen, wo es doch nur darum geht, wie die Anweisung des Komponisten zu interpretieren wäre.
András Schiff meint übrigens, das Stück sei das am meisten fehlinterpretierte der ganzen klassischen Musik. Seine Begründungen sind mMn akzeptabel.
 
wo es doch nur darum geht, wie die Anweisung des Komponisten zu interpretieren wäre.

Haarspalterisch könnte man anmerken, dass Anweisungen zu befolgen und nicht zu interpretieren seien :party:

Es gibt tatsächlich keine allgemeingültige Lösung, und der erste Schritt zur Interpretation könnte sein, mit dieser gefühlten Unsicherheit klar zu kommen.

Ansonsten ist das Wesentliche ja gesagt.
 
Aber ich will mal nicht nur schimpfen, sondern auch einen generellen Tipp an unsere liebe faule, geistig träge Schülerschaft geben
Unsere Schülerschaft ist gar nicht so faul und geistig träge.
Vielmehr ist unsere Schülerschaft oft nicht in der Lage, (auch sich selbst) die richtigen Fragen zu stellen, um die richtigen Antworten zu bekommen. Dies zu fördern, ist auch eine Aufgabe der Klavierlehrer, indem sie das Bewusstsein für die richtigen Fragen schaffen, letztlich ein Problem-Bewusstsein. Woher soll das sonst kommen?

Passend dazu gibt es ja auch den schönen Satz:
„Am Ende eines Studiums muss man nicht alle Antworten kennen, aber alle Fragen.“

Und der Thread-Ersteller hat ja immerhin schon mal die richtige Frage gestellt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nein, nicht die richtige Frage. Er wollte ein durchgehend nach Schema F anwendbares Pedalschema wissen (Immer gedrückt halten? Jeden Takt wechseln? Gar nicht?).
 
Ok. Aber Lernen funktioniert doch immer nach Schemata, die sich allmählich immer stärker verfeinern:
Ein Basisschema der ersten Orientierung. Wenn man dann erfährt, dass es auch Kombinationen, Abwandlungen und Widersprüche gibt, werden diese in die Schemata integriert. So dass man irgendwann nicht mehr 2 oder 3, sondern unendlich viele Schemata hat, die letztlich das Weltbild und die Persönlichkeit ausmachen.
Je weiter man den Weg des Lernens gegangen ist, desto feiner werden die Schemata, aber es bleiben Schemata.

Es sind nur die Schüler/innen faul und geistig träge, die nicht flexibel genug sind, ihre Schemata durch Impulse von außen zu verfeinern.
 
Wer noch nicht so weit ist, dass er weiß, dass sich "Schemata" bei der Mondscheinsonate nicht anwenden lassen, ist schlicht auch noch nicht so weit, dieses Stück zu spielen.

Die Anwendung des Pedals sollte an einfacheren Stücken schon vorbereitet sein und der Schüler bereits einen "Sinn" dafür haben, wie es jeweils passt (je nach Stil, Art des Stückes; Erkennen von Harmoniewechseln oder auch Gleichbleiben der Harmonie bzw. Zusammenpassen von Tönen etc.pp.).
 

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