Können akad. ausgebildete Musiker berufsbedingt besonders gut mit Kritik umgehen?

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Debbie digitalis

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Hallo miteinander,

obige Frage stellte sich mir vor einigen Monaten, nach einem Gespräch mit einer Freundin, die als Musikerin und Musikpädagogin tätig ist. Sie behauptete (in völlig anderen Zusammenhängen), dass studierte Musiker nicht nur in ihrem Studium, sondern bereits auch als Jugendliche in der Zeit, in der sie sich auf die Aufnahmeprüfung vorbereiten, lernen müssten, jede Menge (und mehr als Menschen in anderen Studiengängen/Berufsausbildungen) Kritik auszuhalten und damit konstruktiv umzugehen.

Sie sah es sozusagen als eine Schlüsselqualifikation speziell des musikalischen Berufswegs an. Das leuchtet ja zunächst zumindest teilweise ein. Dennoch die Frage: Wenn ein durch Musikstudium ausgebildeter Mensch dann als Musikpädagoge arbeitet, übernimmt er doch die Rolle des Lehrers, also des Wissenden und Könnenden, der den Schülern gegenüber zumeist recht hat (bzw. recht haben sollte). Wird dadurch nicht die erlernte überdurchschnittliche Fähigkeit, zum positiven Umgang mit Kritik wieder neutralisiert oder gar davon überlagert???:D

Oder ist das Ganze völlig abwegig??;)

LG

Debbie digitalis
 
Dennoch die Frage: Wenn ein durch Musikstudium ausgebildeter Mensch dann als Musikpädagoge arbeitet, übernimmt er doch die Rolle des Lehrers, also des Wissenden und Könnenden, der den Schülern gegenüber zumeist recht hat (bzw. recht haben sollte). Wird dadurch nicht die erlernte überdurchschnittliche Fähigkeit, zum positiven Umgang mit Kritik wieder neutralisiert oder gar davon überlagert???:D

Oder ist das Ganze völlig abwegig??;)

*kicher, gacker kreisch*!!! Liebe Debbie, ich finde das gar nicht abwegig! :D

So ähnlich wie bei Menschen, die als Kinder dieses und jenes erleben mussten und als Eltern wider besseres Wissen genauso handeln, wie sie es von ihren Eltern gelernt haben. Es ist schon vertrackt! :D

Grundsätzlich finde ich Lehrer ein nicht sonderlich kritikwilliges Volk! Ich darf das sagen, denn erstens bin ich selber einer und zweitens komme ich aus einer Familie, wo es vor Lehrern nur so wimmelt! *grins*

Jeder kann halt sein eigenes Ding machen und hat wenig Feedback, wenn er es nicht explizit einfordert und daran sehr interessiert ist. Dabei ist Feedback so wichtig!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Als Pianist ist es etwas anderes - da muss man viel Kritik aushalten können wie auch im Studium schon. Aber in wirtschaftlichen Berufen müsssen meiner Meinung nach die Menschen mehr Kritik aushalten als in pädagogischen Berufen.

Wobei - wenn ich als Privatlehrer schlecht bin, bleiben die Schüler weg. Auch eine Art Feedback (das Wort mag ich mehr als Kritik)....... .

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo Debbie Digitalis,

Wie man mit Kritik, aber auch mit Enttäuschung und Konflikt umgeht, lernt man m.E. im Kindesalter oder nie. Man kann sich danach zwar noch Verhaltensweisen aneignen, die den Umgang mit etwaigen Defiziten erleichtern und das Verhalten somit auch sozial verträglicher machen, aber Kritikfähigkeit lernt oder verlernt man als Erwachsener sicher nicht mehr.

LG, PP
 
Hallo gubu, chiarina und PP,

danke für eure Antworten!

Zitat von gubu:
Eine Floskel, die sich ganz gut anhören mag, mehr nicht....

So pauschal würde ich die Floskel nicht abtun - um überhaupt ein Musikstudium beginnen zu können, muss man ja schon eine ganze Menge leisten - und zwar neben der Schule und dem möglichst guten Abi, das ja alle machen (wollen).

In dieser Vorbereitungsphase ist man ständig Kritik ausgesetzt, und zwar auf einem Gebiet, das keinesfalls so klar und eindeutig zu beurteilen ist, wie z.B. mathematische oder wirtschaftliche Ergebnisse. Somit muss man da schon ein einiger Maßen dickes Fell entwickeln!

Zitat von chiarina:
Grundsätzlich finde ich Lehrer ein nicht sonderlich kritikwilliges Volk! Ich darf das sagen, denn erstens bin ich selber einer und zweitens komme ich aus einer Familie, wo es vor Lehrern nur so wimmelt! *grins*

Jeder kann halt sein eigenes Ding machen und hat wenig Feedback, wenn er es nicht explizit einfordert und daran sehr interessiert ist. Dabei ist Feedback so wichtig!!!

Eben! Deshalb meine ich ja auch, dass die Lehrerrolle die im Studium erworbene Kritikfähigkeit wieder überlagern kann!

Zitat von PP:
Wie man mit Kritik, aber auch mit Enttäuschung und Konflikt umgeht, lernt man m.E. im Kindesalter oder nie...Kritikfähigkeit lernt oder verlernt man als Erwachsener sicher nicht mehr.

Da bin ich wirklich anderer Meinung! Ich glaube, dass sowohl beruflicher Werdegang als auch die ausgeübte Berufstätigkeit die eigene Persönlichkeit prägen - diese ist doch nichts absolut Statisches!

LG

Debbie digitalis
 
Wenn es nur um Kritik geht, so sollte ein Schüler für konstruktive Kritik dankbar sein.
Das setzt allerdings ein gewisses Vertrauen dem Lehrer gegenüber voraus,
vor allem wenn das Erkennen der Fehler nicht so genau definierbar ist, wie in der Mathematik.
Und das sollte doch leicht auszuhalten sein!

Der kritisierende Umgang mancher Lehrer mit ihren Schülern
könnte auch ein Mittel zur Machtdemonstration sein.
Als Schüler mussten sie die Machtposition ihrer Lehrer aushalten,
die sie jetzt selber einnehmen wollen.

Allerdings erkennt man das unschöne Verhalten,
durch Schlechtmachen anderer oder Abwerten deren Leistungen
sich selber in gutes Licht rücken zu wollen,
auch bei vielen Menschen,
die keinen Bezug zu einem musikalischen Beruf haben oder einen Lehrerberuf ausüben.

Deshalb stelle ich in Zweifel, dass es bei dem Thema wirklich immer nur um Kritik geht.

Grüße
Thomas
 
Da bin ich wirklich anderer Meinung! Ich glaube, dass sowohl beruflicher Werdegang als auch die ausgeübte Berufstätigkeit die eigene Persönlichkeit prägen - diese ist doch nichts absolut Statisches!

Hallo,

dem kann ich auch nur so zustimmen. Ich habe beruflich sehr viel mit Problemfällen zu tun (allerdings eher technisch).
Ich habe erst durch die langjährige Praxis erfahren, wie ich auf Menschen zugehen muss um etwas zu erreichen. Ebenso wie ich mit Kritik an m.P. umgehen muss.
Allerdings glaube ich nicht dass diese Erfahrung allein Akademikern zugänglich ist.

Gruß
Jörg
 
dem kann ich auch nur so zustimmen....
Ich habe erst durch die langjährige Praxis erfahren, wie ich auf Menschen zugehen muss um etwas zu erreichen. Ebenso wie ich mit Kritik an m.P. umgehen muss....
Allerdings glaube ich nicht dass diese Erfahrung allein Akademikern zugänglich ist.

Lieber Jörg,

das genau meine ich doch!
Das Leben (und nicht nur die früheste frühkindliche Phase) prägt den Menschen und damit auch seine Persönlichkeit!
Und zum Leben gehört eben auch - meist zu nicht unerheblichem Anteil - eine ganze Menge Zeit, die man zwangsläufig in irgendeinem Beruf (sei er nun akademisch oder nicht!) verbringt! Es handelt sich eben um eine dynamische Geschichte, um einen Langstreckenlauf unbekannter Länge und unbekannten Ziels!
Und die angeblich besonders ausgeprägte Kritikfähigkeit von Musiklehrern mit Musikstudium habe ich lediglich hier zur Diskussion gestellt, weil eine Freundin von mir, die Musiklehrerin ist, solches kürzlich behauptet hat.

Das wars!
Und ich fand es ganz interessant dieser Behauptung mal hier auf den Zahn zu fühlen!:D

Zitat von thomas66:
Allerdings glaube ich nicht nur, dass diese Erfahrung nicht allein Akademikern zugänglich ist, sondern auch, dass diese Erfahrung nicht allen Akademikern zugänglich ist.

Lieber Thomas,

das ist ein sehr interessanter Umkehrschluss!!:D:D

LG

Debbie digitalis
 

aber nein...

schau: der Klaviertudent lernt noch, u.a. den Umgang mit Kritik - das ist ein ganz besonders wesentlicher Bestandteil seiner Ausbildung (da investiert er viel mehr Zeit, als in öde Terzen). Der etablierte Musikant hingegen, nach der Ausbildung, hat begriffen: war die Kritik gut, versteht der Kritiker was davon, war die Kritik schlecht, so war der Kritiker ein ahnungsloser Esel. :D
..und wer das naiv glaubt, dessen Ohren sind auch sehr lang und grau bepelzt :D:D

...bei Dir, Debbie, hab ich keine Sorge, dass die Ironie in den falschen Hals gerät
 

schau: der Klaviertudent lernt noch, u.a. den Umgang mit Kritik - das ist ein ganz besonders wesentlicher Bestandteil seiner Ausbildung (da investiert er viel mehr Zeit, als in öde Terzen).
Allerdings wohl nicht in der Form, dass es einem jemand beibringt - wohl eher -> entweder, man kapiert es im Studium, oder gar nicht...
 
Für völlig abwegig halte ich das nicht, wobei man es sicher nicht verallgemeinern kann. Im Referandariat bekommt man ja vom Fachleiter die ganz persönliche Kritik zu einer Unterrichtsstunde. Ich hatte schon den Eindruck, dass die Musiker unter uns mit dieser Situation tendenziell besser umgehen konnten als andere.

Grüße
Axel
 
aus diversen eigenen Erfahrungen kann ich für meinen Teil auf diese Frage mit einem klaren Nein antworten! :D

Zudem ist es doch aber auch eine sehr beruhigende Sache, dass auch ein akademisch ausgebildeter Musiker seine Macken haben darf ;)

Ich finde es übrigens schon ein wenig lustig: Kritikfähigkeit wird an dieser Stelle, wies so oft, ja mit einer besonders positiven Eigenschaft gleichgesetzt. Warum eigentlich? Kritik ist und für sich ja auch nichts Negatives. Im Gegenteil ist es eine existenziell wichtige Grundlage um wachsen und sich anpassen, lernen und sich entwickeln zu können. Nur wenn die Form, also die Art und Weise wie Kritik transportiert wird, unangemessen ist, also z.B. erniedrigend, herablassend, belehrend, etc. dann führt es dazu, dass unser Selbstwertgefühl darunter leidet und wir Kritik grundsätzlich als etwas Unangenehmes empfinden.
Die Wurzeln hierfür, allen voran das notwendige Selbstwertgefühl für den konstruktiven Umgang mit Kritik, werden in der Tat zu überwiegenden Teilen in der Kindheit und frühen Jugend gelegt. Die grundlegende Persönlichkeit wird hier gelegt. Wollen wir zwar nicht wahrhaben, weil wir immer Herr unserer Lage sein und selbst bestimmen wollen wie wir sein wollen und wie nicht, ist aber nunmal so.

Darüber hinaus sollte man nicht vergessen: Ob jemand kritikfähig ist zeigt sich von außen nicht daran, ob jemand viel Kritik einstecken musste um sich zu entwickeln, vor allem dann nicht wenn es in der Phase einer Abhängigkeit (also eben als Kind oder Schüler, Student, etc.) geschieht. Vielmehr kann es sogar dazu führen, dass sich hieraus eine Zwangsneurose, so z.B. Perfektionswahn, entwickelt die wahrhaft selbstzerstörerisch wirken kann.

Gerade in der künstlerischen Szene, vor allem auch in der musikalischen, ist letztgenanntes ja nun nicht gerade selten zu beobachten...

Viele Grüße
Musicus
 

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