Klaviere unterwegs - was sind Eure Erlebnisse ?

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Rubato

Guest
Viele sind ja heute beruflich oder privat unterwegs, im Inland und im Ausland, in Hotels, Jugendunterkünften, Firmen oder Sozialeinrichtungen. Clavianer werden wohl immer schauen, ob da irgendwo ein Klavier rumsteht, vielleicht nur zum Anschauen, vielleicht auch um ein wenig zu üben oder zu spielen. Der Faden hier soll mal einen Eindruck geben, wo denn überall Instrumente stehen, und welche Erlebnisse man vielleicht hat, wenn man sich dort einfach mal dransetzt und spielt, oder wenn man mit jemandem, der dort "unauthorisiert" spielt, ins Gespräch kommt.

Ich kann mal starten mit einer kleinen Geschichte aus Bad Neuenahr, wo ich beruflich öfter mal im Dorint-Hotel absteige, das auch am örtlichen Kurgewerbe partizipiert. Dort steht in einem langen, leider sehr halligen Flur ein schöner Schimmel-Konzertflügel, direkt vorm Eingang zum Schwimmbad/Saunabereich. Ich kam, im weißen Hotelbademantel, dort vorbei, schaute kurz links und rechts, war niemand da, und spielte ein paar meiner Repertoirestücke. Als ich fertig war, merkte ich, daß ich in meinem Udo-Jürgens-Outfit (:cool:) doch ein betagtes Ehepaar beeindruckt hatte, die plötzlich hinter mir standen und sich überschwenglich für die Darbietung bedankten (beide hatten dicke Hörgeräte hinterm Ohr, so ist das zu erklären :D). In der Nacht gab es dann im Hotel eine extrem laute, für eine Kurumgebung völlig untypische Dauerbeschallung durch eine Unternehmensfeier eines amerikanischen Unternehmens. Am nächsten Morgen, mit sehr wenig Schlaf, war ich früh wach und beschloß, den guten Schimmel nochmal aufzusuchen. Aber schon nach wenigen Takten stand der Hotel-Night-Manager vor mir und scheuchte mich weg, da ich angeblich die Gäste aufweckte (wohlgemerkt: weit und breit kein Gästetrakt, nicht daneben, nicht darunter oder obendrüber) - und dies während gerade noch das tonnenschwere Musikequipment der Ami-Bespaßer beiseitegeräumt wurde. Seitdem verkehre ich in diesem Hotel nicht mehr, aber den Flügel dort kann ich wärmstens empfehlen !

Gruß
Rubato
 
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Meinst Du wirklich einen Konzertflügel? Der sollte nicht in einem halligen Flur stehen sondern in einem Saal mit angemessener Akustik!

Ouviex.
 
Wie früh denn?

Da hatte der Hotelmanager keine andere Chance, als so zu reagieren, wie er es getan hat. Dafür wird er bezahlt.

CW

Nö, denn wie gesagt, der nächste Gästetrakt ist weit weg und schalltechnisch vollständig entkoppelt (wir reden hier von einer sehr großen, über mehrere Gebäude verteilten Anlage), die Uhrzeit war 7:00:cry:. Seinen Job hätte er nachts während der Ami-Feier machen können, die hat praktisch alle Gästebereiche beschallt. Aber es geht ja jetzt nicht unbedingt darum, diese Geschichte auszudiskutieren. ;)

Berichtet doch mal über Eure Erlebnisse mit Klavieren in der Fremde !

Gruß
Rubato
 
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Meinst Du wirklich einen Konzertflügel? Der sollte nicht in einem halligen Flur stehen sondern in einem Saal mit angemessener Akustik!

Ouviex.

Hab nicht nachgemessen, mindestens ca 230cm, vielleicht auch 270cm. Aber er steht wirklich nur begrenzt gut ! Das ist ja genau das spannende hier, daß Klaviere manchmal an sonderbaren oder unerwarteten Orten stehen oder daß man in solchen Zusammenhängen interessante Begegnungen oder Bekanntschaften macht !

Gruß
Rubato
 
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Cannobio (Norditalien), Urlaub, in einem Eiscafe: mittendrin ein mittelgroßer Yamahaflügel, erstaunlicherweise in gutem Zustand (!) nach einigem Verdi/Liszt - ohne zu fragen - gab es gewaltige Eisbecher und Getränke für die komplette Mannschaft gratis, den Leuten drinnen wie draußen hat´s gefallen, wurde dann ein langer Abend mit Rossini, Bellini, Puccini. ...gegen später, nach einigen kühlen Hellen, unvermeidlich va pensiero und ähnliche Opern"hits" mit mitsingen der gesamten Gästeschar :):)
 
Mit der Mentalität werden dann die Flügel abgeschlossen, und die Schlüssel dann - auch in erlaubten Fällen - nicht mehr auffindbar.

Glaub' ich nicht, natürlich läst kein vernünftiger Mensch sein Gespür für die jeweilige Situation und die Qualität der eigenen Darbietung außer Acht, aber in diesem Rahmen habe ich (ich bin sehr viel unterwegs) fast immer gute Erfahrungen gemacht, ausserhalb Deutschlands praktisch ausschließlich. Das oben beschriebene war schon eines der eher seltsamen Beispiele, wie gesagt, hier habe ich meine Konsequenzen dann auch gezogen.

Gruß
Rubato
 
Hallo Rubato,

auch ich schaue mich im Urlaub manchmal um, ob irgendwo ein Klavier herumsteht, auf dem man mal klimpern/spielen kann. Es geht mir nicht darum, andere zu beeindrucken (dazu hätte ich ohnehin zuviel Lampenfieber), sondern einfach den Klang eines anderen Instrumentes zu erleben.
Ich habe ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Wenn zum Beispiel in einem Schloss oder einem Kurhaus ein Klavier herumsteht, habe ich oft gefragt, ob ich mal spielen dürfte. Manche haben ganz konsterniert reagiert. Das käme nicht in Frage. Ich vermute, das hängt oft damit zusammen, dass der Flügel oft nicht „dem Hause“ gehört, sondern dass der Flügel selbst zu Gast ist und das Personal strengste Auflagen bekommen hat, niemanden dran zu lassen (vielleicht auch aus versicherungstechnischen Gründen). Manchmal ist es aber auch so, dass es sich bei dem Personal um einfache Angestellte handelt (z.B. Aufseher), die ohnehin keine Ahnung haben und mit solchen Fragen „Darf ich mal spielen“ total überfordert sind.

Vor kurzem hatte ich jedoch eine gute Erfahrung: In Herzberg im Harz habe ich das Welfen-Schloss besucht. Im dortigen Rittersaal (war nicht so groß) stand ein Flügel herum. Besucher waren nicht vorhanden (da Herzberg touristisch noch nicht so erschlossen ist). Ich habe die Dame an der Kasse gefragt, ob ich das Klavier „ausprobieren“ dürfte. Sie ist tatsächlich mit mir in den Saal gegangen, hat den Flügel aufgeschlossen und hat mich unbeaufsichtigt spielen lassen. So etwas kommt jedoch selten vor.
Eine Rückfrage an Dich, Rubato: hast Du Dich schon mal um Urlaubsdomizile/Unterkünfte umgeschaut, die speziell für Musiker gedacht sind und in denen von vornherein ein Klavier zum Spielen herumsteht? Als ich mal ein wenig gegoogelt habe, habe ich nur sehr vereinzelte Anbieter gefunden.

Gruß Romantikfreak
 
Hallo Romantikfreak,

Danke für Deine interessante Schilderung !

Wegen Urlaubsmöglichkeiten mit Klavier habe ich mich noch nicht umgeschaut, aber ich glaube, entweder hier bei Clavio oder bei Vioworld gabs mal einen Faden dazu. Ich glaube, das Ergebnis war, dass es eher schwierig ist, da etwas zu finden. Ich persönlich verzichte im (Familien) Urlaub auch gerne mal auf das Klavier, zumindest macht es mir nichts aus, mal eine Zeitlang ohne zu sein. Umso motivierter bin ich dann nach dem Urlaub! ;)

Gruß
Rubato
 
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Vor kurzem auf einem größeren Backgammon Turnier: Ein kleiner, weißer Stutzflügel steht im Hotel in einem Gang zwischen zwei Trakten. Ich bin am ersten Abend immer dran vorbei gelaufen und hab mich nicht rangetraut. Auch, weil so viele Spieler da waren. Am nächsten morgen bin ich alleine, da Frühaufsteher. Also geh ich hin. Während ich noch rätslend, ob ich den "Mut" aufbringen soll vor dem Instrument stehe, kommt ein anderer Spieler vorbei, den ich schon seit vielen Jahren kenne. Er sieht mich interessiert vor dem Flügel stehen und meint: "Der ist recht gut, und auch erstaunlich gut in Schuss". Mit den Worten setzt er sich ran, zögert ein bisschen: "Mh, morgens laufen die Finger noch nicht so gut" - und spielt dann Chopin in einer Qualität, von der ich nur träumen kann...

In all den Jahren die wir uns kennen haben wir uns schon viel über diverseste Dinge unterhalen. Dass wir ein weitere Hobby gemeinsam haben, wussten wir allerdings nicht. Ich hab mich danach nicht mehr ran getraut, mein geklimper war mir dagegen zu peinlich.
 

Hallo Sita,

ich gestehe, ich würde mich auch nicht trauen zu spielen, wenn ich wüsste, es sind Leute in Reichweite, die besser spielen als ich. Aber eigentlich soll es ja so nicht sein. Beim Berlin-Marathon läuft ja auch jedermann mit und sagt nicht: „Ach, es laufen so viele mit, die schneller sind als ich, da brauche ich nicht mitzulaufen“. (Ich habe dieses Thema schon in der Lampenfieberecke zur Sprache gebracht.)

Aber zurück zu Rubatos Thema: Ich erinnere mich, dass ich früher einmal auf einer Sprachstudienreise in die USA im dortigen Aufenthaltsraum des Dormitorys Klavier gespielt habe. Die Studenten (verschiedenster Nationen) haben ganz unterschiedlich darauf reagiert: Manche sind sofort zu mir gekommen und haben mich nach jedem Stück zum Weiterspielen aufgefordert. Andere haben mich vollkommen ignoriert und weggeschaut, so als ob ich etwas Peinliches machen würde. Offensichtlich müssen auch die Zuhörer damit umgehen können, dass ihnen etwas vor-musiziert wird.

Gruß Romantikfreak
 
...: Ich erinnere mich, dass ich früher einmal auf einer Sprachstudienreise in die USA im dortigen Aufenthaltsraum des Dormitorys Klavier gespielt habe. Die Studenten (verschiedenster Nationen) haben ganz unterschiedlich darauf reagiert: Manche sind sofort zu mir gekommen und haben mich nach jedem Stück zum Weiterspielen aufgefordert. Andere haben mich vollkommen ignoriert und weggeschaut, so als ob ich etwas Peinliches machen würde. Offensichtlich müssen auch die Zuhörer damit umgehen können, dass ihnen etwas vor-musiziert wird.

Gruß Romantikfreak

Genau, manche spricht es einfach an, andere haben eben keine Antenne dafür, das finde ich ok. Ist ein bißchen so wie mit Kleinkindern, manche lachen mit Ihnen oder sprechen sie an, andere ignorieren sie völlig oder wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Solange niemand beim Arbeiten oder, durch die Lautstärke, im Gespräch gestört wird, sollte das ok sein, in einem homogenen studentischen Umfeld ja sowieso, oder ?

Gruß
Rubato
 
Hallo.

Das Thema ist mittlerweile etwas älter, aber ich habe seit Februar, als ich im Skiurlaub war, etwas beizutragen. Ort: Going bei Kitzbühel, im Stanglwirt. Ansich ja ein sehr gutes Hotel, das sehr gastfreundlich wirkte. In der Lobby stand vor dem Fenster zu einer Reithalle ein Klavier, das ziemlich interessant wirkte (Foto angehängt). Ich ging hin, total gespannt - abgeschlossen! :(
Die folgenden Abende spielten Bands auf dieser Plattform; das Klavier aber blieb verschlossen, es wurden Keyboards benutzt. An einem Nachmittag wurde es von dort verbannt und in die Bibliothek geschoben. Da fragte ich an der Rezeption, ob man es mal aufschließen könne (schließlich ist die Bibliothek etwas abgeschiedener als die große Lobby, da hätte ich mich unwohl gefühlt). Die Dame holte den Schlüssel, schloss es auf und ging wieder. Und zwar, nachdem sie ihre Verwunderung bekundet hatte: Dieses Klavier würde vielleicht zwei Mal im Jahr auf Wunsch aufgeschlossen werden. :P
So, es gab keinen Klavierhocker dazu. Die Frau fragte, ob ich keinen (tiefen, plüschigen) Ohrensessel nehmen könnte. :D Nein, konnte ich nicht; ich nahm dann einen Stuhl aus dem Restaurant. Als ich endlich einen Ton anschlug, die nächste Ernüchterung: Das Klavier war verstimmt in einem solchen Maße, dass das Spiel keinen Genuss bereiten konnte. Außerdem gingen die Pedale nur schwerfällig und das schlimmste (neben der Tatsache, dass es schlimm wackelte): Die Tastatut hatte unterschiedlich starke Anschläge. Habe sofort aufgehört. Ein Herr, der mich beobachtet hatte, meinte: "Unmöglich, ich habe es auch mal versucht..."
Auf meine Frage an der Rezeption, warum das Klavier dermaßen außer Form sei, folgende Antwort: "Naja, wir wollen ja nicht, dass dauernd jemand darauf herumklimpert, daher ist es abgeschlossen. Generell soll es ja mehr Deko sein."

:blöd::schweigen: Schade....das gute Teil wäre sicher mit etwas mehr Pflege eine Freude für so manchen Gast. Mir tut es irgendwie immer total weh, sowas zu sehen. Ein Instrument hat einen Zweck: Es ist zum SPIELEN da!!!
 

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Naja, sieht ja auch schon schwer nach alpenländischer Deko aus ;-)

Grauslich verstimmte und übel behandelte Klavier/Flügel gibts leider überall. Ich erinnere mich an einen optisch schönen Steinway in einem abelegenem des Caribe Hilton, desen Tasten völlig unterschiedlich reagierten und ein SEITLICHES Spiel von mehreren mm hatten. Erstaunlich war, das er gar nicht adäquat verstimmt war und ganz passabel klang.

In einem feudalen Berghotel (ich war da nur zum Tee), das vorrangig von reichen Rissen frequentiert war, stand ein alter Bösendorfer (abgeschlossen, natürlich), der war - das konnte man sehen !!! und spüren !!! - so ausgetrocknet, dass man Angst hatte, eine Zigarette in seiner Nähe zu rauchen. Vermutlich wäre er beim Spielen zu Staub zerfallen.
 

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