Klangverbesserung durch Einspielen/Einschwingen?

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Hallo zusammen,

Ich habe einen Artikel zu besagtem Thema veröffentlicht. Da das hier im Forum ja immer wieder heiß diskutiert wurde, habe ich mich mal auf die Suche nach Veröffentlichungen dazu gemacht. Daraus entstand dann der Artikel, der in der Fachzeitschrift Europiano gedruckt wurde und den ich nun online gestellt habe. Der Titel lautet: Klangverbesserung von Musikinstrumenten durch Einspielen: Fakt oder Fiktion?

Darum geht es:
Verändert stetes Spielen Instrumente? Und wenn ja: werden sie dadurch besser? Was für Mechanismen könnten dahinter stecken? Ist es evtl. die bloße Alterung? Und was ist mit künstlichem Einspielen bzw. Einschwingen durch mechanische Apparaturen?

Das Ergebnis:
Bisher wurden einige Experimente dazu gemacht, aber in keinem empfanden die Versuchsperson eine klangliche Verbesserung von alten bzw. viel gespielten Instrumenten gegenüber neuen Instrumenten. Zumindest nicht, wenn die Experimente unter streng kontrollierten Doppel-Blind Bedingungen durchgeführt wurden.

Auch kommerzielle Einschwing-Apparaturen scheinen keinen wahrnehmbaren Effekt zu haben. Wenn beim künstlichem Einschwingen jedoch mit sehr großer Energie gearbeitet wird, sind in akustischen Messungen deutliche physikalische Unterschiede vorher/nacher feststellbar. Ob diese Unterschiede auch subjektiv wahrgenommen werden und ob sie auch als positiv wahrgenommen werden, wurde bisher noch nicht unter Doppel-Blind Bedingungen mit Kontrollgruppen Design untersucht. Das wäre aber ein lohnendes Forschungsfeld.

Die bisher zu diesem Thema gemachten Untersuchungen fanden alle an Gitarren, Geigen oder Celli statt. Auch wenn der Artikel im Europiano gedruckt wurde, bezieht er sich nicht explizit auf Klaviere. Aber Klaviere haben ebenso wie Gitarren und Geigen eine mit Saiten bespannte Holzkonstruktion. Und da ich Klavierbauer bin, lag es nahe, ihn im Europiano zu veröffentlichen.

Der Artikel ist hier zu finden. Dort kann man ihn auch als PDF herunterladen (ist besser zu lesen):
https://www.researchgate.net/public...strumenten_durch_Einspielen_Fakt_oder_Fiktion

Und falls gewünscht hier auch auf Englisch:
https://www.researchgate.net/publication/320041676_Sound_Enhancement_of_Musical_Instruments_by_'Playing_them_in'_Fact_or_Fiction

Gregor
 
Ob altes Holz schöner klingt als neues, weiß anscheinend niemand so ganz genau. Wichtiger ist aber, dass es geglaubt wird.

Und so kostet eine Stradivari eben einige Millionen Dollar. Schön für Frau Mutter und Herrn Rieu - beide Altholzbesitzer.

CW
 
Bei aller Liebe zur Wissenschaft, glaube ich in dem Fall nicht an die Wissenschaft, sondern verlasse mich auf meine subjektive Wahrnehmung.
Den Artikel selber finde ich sehr gut!
Begründung: Es gibt einfach zu viele Einflussfaktoren, die von welcher Messung auch immer nicht erfasst werden können.
Hat der Raum die gleiche Luftfeuchtigkeit, Raumtemperatur, die Hölzer im Raum (Möbel) die gleiche Feuchtigkeit, ist die Temperaturabstrahlung der Wände gleich, hat der Spieler die gleiche Kleidung, sind die Saiten gleich alt und in gleicher Qualität. Sind die Bogenhaare gleich alt und von gleicher Qualität, ist das das gleiche Kolophonium. Ist es überhaupt der gleiche Bogen, die gleiche Aufnahmetechnik, die gleiche Mikrophonposition millimetergenau, sowie die Standposition des Spielers milimetergenau und hat der Spieler exakt die gleiche Technik, wie vor einem Jahr, sowie psychische und physische Verfassung?
Aus dem Grunde halte ich eine wissenschaftlich exakte Messung gar nicht für möglich.
Meine Frau und ich habe auch mit einer Doppelblindstudie verschiedene unserer Geigen ausgetestet an einen Tag mit dem gleichen Stück und Bogen. Tatsächlich gab es Überraschungen.
Ein Klang ist einfach nur subjektiv für mich wahrnehmbar, die Unwägbarkeit der Lernfähigkeit und Tagesleistung unseres Gehörs noch nicht einmal einbezogen, halte ich eben es gar nicht für möglich, da wissenschaftlich vorzugehen.
Ich habe das Gefühl, mein Kawai-Flügel ist mit seinen 40 Jahren klanglich optimal und traumhaft, was will ich mehr. (außer mehr Bässe, einen längeren Flügel und eine Carbonmechanik - und genau das ist daran paradox und genial) :-)
 
Unser Kater zum Beispiel trinkt kein Wasser, obwohl er Durst zu haben scheint. Zufällig lief er eines Tages an meinen Kübelpflanzen vorbei. Er blieb stehen und trank den Untersetzer mit dem zuviel verabreichen, abgestandenen Wasser leer. Seitdem sucht er täglich diese Kübelpflanzenuntersetzer auf, um seinen Durst zu löschen :blöd::love::lol:
Die Wissenschaft sagt, daß sauberes Trinkwasser gesünder ist Es gibt Phänomene, die nicht noch nicht messbar und daher verifizierbar sind. Gibt es sie deswegen nicht? Das was ein Mensch wahrnimmt, ist nicht die Realität. Und das, was die Wissenschaft messen und beweisen kann, ebenso.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist doch genauso wie mit der Wetterfühligkeit.

Jeder, der wetterfühlig ist, weiß, dass es Wetterfühligkeit gibt. Ich z.B. kann, auch wenn ich nicht nachgeguckt habe, wie die Wettervorhersage ist, spüren, wenn ein Tiefdruckgebiet naht (wache davon sogar morgens manchmal früh auf, und wenn ich anschließend aufs Regenradar gucke, um mir das eigenartige Erwachen zu erklären, sehe ich: Ah, fette Regenfront in Kürze über uns!), und bekomme gute Laune und Energie, wenn der Luftdruck schnell ansteigt.

Irgendwelche Leute, die diese Sensibilität, aus welchem Grunde auch immer, nicht besitzen, behaupten hingegen, Wetterfühligkeit existiere nicht, zumal es auch bislang keine wissenschaftlichen (also physikalischen oder medizinischen) Bestätigungen gibt.

Und jeder, der ein feinfühliges Ohr hat, weiß, dass die Art und Regelmäßigkeit, mit der ein Instrument (insbesondere eines aus einem komplexen Natrumaterial wie Holz) zum Schwingen gebracht hat, sich in das Material "einprägt" und dessen zukünftiges Schwingungsverhalten beeinflusst. Tangiert einen extrem peripher, ob irgendwelche Leute mit viel zu groben und/oder unangemessenen Versuchsanordnungen und Beurteilungsparametern da keine Unterschiede feststellen können.
 
Unser Kater zum Beispiel trinkt kein Wasser, obwohl er Durst zu haben scheint. Zufällig lief er eines Tages an meinen Kübelpflanzen vorbei. Er blieb stehen und trank den Untersetzer mit dem zuviel verabreichen, abgestandenen Wasser leer. Seitdem sucht er täglich diese Kübelpflanzenuntersetzer auf, um seinen Durst zu löschen :blöd::love::lol:
Die Wissenschaft sagt, daß sauberes Trinkwasser gesünder ist Es gibt Phänomene, die nicht noch nicht messbar und daher verifizierbar sind. Gibt es sie deswegen nicht? Das was ein Mensch wahrnimmt, ist nicht die Realität. Und das, was die Wissenschaft messen und beweisen kann, ebenso.
Dein Kater hat vielleicht Mineralmangel?
Da wäre es denkbar, dass er das Wasser aus dem Untersetzer gerne trinkt. Auch möglich, dass er wie wir Menschen einfach nur auf salzig steht.
 

Dein Kater hat vielleicht Mineralmangel?
Da wäre es denkbar, dass er das Wasser aus dem Untersetzer gerne trinkt. Auch möglich, dass er wie wir Menschen einfach nur auf salzig steht.
Ich habe bis jetzt noch keinen Katzenhalter kennengelernt, dessen Katze frisch gezapftes Wasser trinkt. Ich wüsste auch gerne mal warum, vielleicht der erdige Geruch. Oder weil Katzen mit Wasser , außer dem ,welches sie zum Durststillen brauchen, auf Kriegsfuß stehen. Und Wasser mit erdigem Geruch signalisiert der Katze, ah hier droht keine Gefahr, dass eine größere Menge Wasser in der Nähe ist. Zweimal, im Hochsommer, ließ ich Frischwasser als Rinnsal über den sandigen Boden laufen... das hat unser Kater gierig getrunken. aber nur zweimal.
 
Ein ähnlicher Artikel mit Klangbeispielen vorher/nachher zum Thema gab es im "Bassprofessor". Die Klangbeispiele sollten noch runtergeladen werden können. Der Autor kam aus meinem Gedächtnis heraus zu dem Ergebnis, dass das Einschwingen messbar zu Veränderungen führte, die er im Ergebnis positiv bewertete.
http://www.bassprofessor.info/index.php/bass-professor/bp-2014/bp-4-2014/1253-test-tonerite-gtr-03

Ich habe den Verdacht, dass es genau dieser kommerzielle Einschwingapparat Tonerite war, der in dem Experminent, das ich in meinem Artikel erwähne, untersucht wurde. Die Autoren fanden weder physikalisch messbare, noch subjektiv hörbare Unterschiede zwischen vorher/nachher.
https://www.savartjournal.org/index.php/sj/article/view/22

Wie in meinem Artikel beschrieben, gibt es durchaus physikalisch messbare Unterschiede, wenn man mit sehr viel Energie beim künstlichen Einschwingen vorgeht. Das geht dann aber schon über die normalen Betriebsgrenzen des Instrumentes weit hinaus. Von daher verwundert mich das nicht, dass es da messbare Unterschiede gibt.

Aber da wir von Musikinstrumenten reden, reden wir ja auch von Musik, die damit gemacht wird. Und da finde ich es nicht so wichtig, ob man physikalisch Unterschiede messen kann. Wichtiger finde ich, ob es subjektiv wahrnehmbare Unterschiede gibt zwischen vorher/nacher. Und falls ja, ob es dabei auch Präferenzen gibt. Also ob ein eingeschwungenes Instrument nicht nur als anders, sondern auch als besser wahrgenommen wird. Und bisher gibt es noch keine Untersuchung, die methodisch korrekt vorgegangen ist und dementsprechende Ergebnisse produziert hat. Wäre aber vielversprechend. Zumindest interessant. Wie gesagt: ich kann mir vorstellen, dass wenn man mit extrem viel Energie künstliches Einschwingen betreibt, dass man dann auch subjektiv wahrnehmbare Unterschiede findet. Und wenn man gezielt vorgeht und versucht, die Frequenzkurve zu glätten, dann kann ich mir auch vorstellen, dass das als besser klingend wahrgenommen wird. Aber als Psychologe reicht mir "ich könnte mir vorstellen..." einfach nicht. Das müsste man schon im Doppelblindversuch mit Kontrollgruppe sauber untersuchen. Kann man ja auch, ist nur aufwändig.
 
Noch eine Anmerkung zum erwähnten Test, in den ich gerade noch mal reingeschaut habe: der Autor hat neben mehreren E-Bässen auch eine Konzertgitarre und einen Kontrabass der Prozedur unterzogen und sagte, dass die akustischen Instrumente schneller und stärker auf die "Entdämpfung" ansprechen als die Solidbody-Instrumente. Bei einem gut eingespielten 83er 7ender sei hingegen kaum ein Unterschied feststellbar gewesen.

Wäre ein Doppelblindversuch unbedingt erforderlich?

Wenn man eine repräsentative Auswahl an idealerweise hervorragenden akustischen Instrumenten nehmen würde, z. B. 10 hochwertige neue Konzertgitarren, von mehreren Musikern eingespielte Aufnahmen aller Instrumente machen würde und nach den einzelnen Behandlungen die Aufnahmen von denselben Musikern jeweils wiederholen würde bei gleichen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnissen, könnte man anschließend die Aufnahmen von den bisher Beteiligten und beliebig vielen weiteren Personen vergleichen lassen, um die tatsächlichen Veränderungen klangästhetisch zu bewerten. Das wäre wohl noch nicht wissenschaftlich, aber vielleicht aussagekräftig genug für eine Aussage oder gar die Entscheidung, eine Entdämpfung durchzuführen. Nur so ein Gedanke.

Das Prinzip sollte auch auf akustische Klaviere übertragbar sein, wenn auch das Ausmaß des Effekts der Behandlung wiederum individuell sein mag.
 
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Die bisher zu diesem Thema gemachten Untersuchungen fanden alle an Gitarren, Geigen oder Celli statt. Auch wenn der Artikel im Europiano gedruckt wurde, bezieht er sich nicht explizit auf Klaviere. Aber Klaviere haben ebenso wie Gitarren und Geigen eine mit Saiten bespannte Holzkonstruktion. Und da ich Klavierbauer bin, lag es nahe, ihn im Europiano zu veröffentlichen.[...]
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Hi Tastenscherge,

viele vergessen den entscheidenden Punkt, der hier schon 1000 mal ( und davon 900 mal unsinnig ) diskutiert wurde:

Beim Klavier besteht nach dem "Greifen" einer Taste ( Unbedarfte sagen: "Anschlag" ) keine Möglichkeit mehr, den Klang zu beeinflussen AUßER durch Pedal.

Die von Dir genannten Instrumente : Gitarre, Geige, Cello, haben diese - ich möchte es: "Beschränkung" nennen, nicht.

Ob das Klavier da eine mit Saiten bespannte Holzkonstruktion ist, ist dabei zweitrangig bzw. unwichtig:

Die im Raum herrschenden klimatischen usw. ( wie in ein paar "Beiträgen" erwähnten ) Nebenfaktoren gelten zwar fürs Klavier, aber sie gelten eben für das GESAMTKONGLOMERAT "Klavier" in ein und demselben RAUM, also: für ein Instrument, an dem man sich gerade befindet.

Darüberhinaus gibts keine Möglichkeiten, zumindest nicht im Sinne der beliebten Klavierliteratur von Scarlatti bis Penzzywizzsszky :-Doder wie der heißt.

LG, Olli-

PS.: AUßerdem wurde das schon diskutiert, damals.:super:
 
Ich befürchte,

wären ungeeignet, um die möglicherweise entstehenden Unterschiede wiederzugeben.
1. Wie kommst generell du zu der Befürchtung?

2. Und hast du mal in die Unterschiede in den konkreten Klangbeispiele unter oben genannten Link reingehört? Diese sollten nachvollziehbar sein.

3. Weitere Überlegung: Ich sehe zwar schon die Schwierigkeit, dass ein menschlicher Spieler nicht zwei mal 100% identisch spielen würde, aber Unterschiede würden sich dennoch ausmachen lassen, insbesondere wenn etwa einzelne Töne verschiedener Lagen in verschiedenen Lautstärken angeschlagen würden und man das komplette Ausklingen abwartet. Aufnahmen in Studio-Qualität hätten gegenüber einer Live-Beurteilung den Vorteil , dass man die Auswertung jederzeit wiederholen könnte und außerdem wäre es für eine Software-basierte Auswertung (z. B. Spektralanalyse) eh notwendig, den Klang mit einem Mikrofon/Tonabnehmer einzufangen. Bei modernen hochauflösenden Samples (192 kHz, 24 Bit z. B.) macht es keinen Unterschied, ob man ein Mikrofonausgangssignal direkt auswertet oder ein konserviertes Abbild davon.
 

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