Klangverbesserung des Klavieres

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5. Jan. 2009
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Hallo,

aus Krach wird ...? Ich denke Krach hat mein Klavier doch nicht gemacht. Durch die Forumsberichte über zum Teil erstaunliche Klangverbesserungen vorwiegend durch die Arbeit von Klaviermacher Michael sensibilisiert, fing ich überhaupt erst an darüber zu grübeln. Schließlich ist mein Steinway & Sons V 125, über 20 Jahre alt, da könnte sich schon etwas verändert haben. Genauso wahrscheinlich schien mir aber auch eine Veränderung meines Hörempfindens. Daran wäre kaum etwas zu ändern. Mir erschien der Klang zunehmend aggressiver, und das empfindet man dann als zu laut. So gewöhnt man sich dann ein zaghaftes Spiel an. Ich kam mit PianoCandle Martin in Kontakt, um einen Test am Objekt zu machen. Dabei wurde klar, das Klavier hat klangliches Verbesserungspotential. Bei starkem Anschlag erwies sich der Klang als wenig tragfähig, er erstarb zu schnell, entstand vielleicht auch zu schnell, und das empfindet man dann als hart und nicht als singend. Das ist einfacher zu regulieren als meine Ohren ;), und so vereinbarten wir einen Termin für die sinnvollen Arbeiten.

Das ist nun geschehen. Es wurden nur Arbeiten an der akustischen Anlage gemacht, die Mechanikregulierung hatte ich schon im Sommer bei einem Klavierbauer in der Nähe machen lassen. Vermutlich ist auch da noch Optimierungspotential.
Schon die ersten kleinen Veränderungen an der akustischen Anlage erzeugten eine hörbare Verbesserung. Der totale Neuaufbau der Stimmung in mehreren Stufen war wohl der gefühlte oder tatsächlich zeitaufwändigste Vorgang. Das ist für jeden Zuhörer nervig, aber das kennt man ja von der Routinestimmung, nur geht es dann normalerweise viel schneller. Zum Abschluss wurde eine Hammerkopfbearbeitung und Intonation durchgeführt, die auch noch eine weitere Veränderung zum warmen, nachhaltigen Klang brachte. Die Bässe rollten wuchtig und rund, der Diskant klang klar und nicht spitz. Akkorde in der Mitte füllten mit Macht den Raum.

Das Ergebnis, ich habe ein Klavier, welches wohl besser klingt als je zuvor. Die Schärfe bei starken Anschlag ist nicht mehr vorhanden, der Klang lebt und erscheint freier.

Vor den Arbeiten habe wir schon Tonaufnahmen für eine „Vorher-Nachher“ Demonstration gemacht. Diese wurde mit meinem Zoom H2 und einem Zoom H3 von gleicher Position ca 1 m hinter dem Spieler bei geöffnetem Klavier gemacht. (Wohnraum 26 m2) Martin spielte ein Stück von Stephen Heller.

Hier der direkte Vergleich des Beginn des Stückes als Ausschnitt hintereinander zusammengeschnitten. Aufgenommen mit Zoom H2. "Vorher" Version zur Pegelanpassung normalisiert, da etwas stärker ausgesteuert.

Vergleich der Frequenzanalysen

Man wird wohl nur den Unterschied, aber nicht die tatsächliche Klangqualität hören können.
Inwieweit die optische Darstellung der Freqenzanalyse eine brauchbare Aussage liefert, kann ich nicht sagen. Aber egal an welcher Stelle man einen Ausschnitt wählt, man erkennt immer einen Höhenabfall oberhalb ab ca. 5 kHz in der Nachher Version.

Ich verstehe nun gut, warum so viele über die Klangverbesserungen nach den Arbeiten an ihren Klavieren oder Flügeln begeistert waren. Ohne Clavio hätte ich nie darüber nachgedacht. Auch Michael hätte ich natürlich mein Klavier anvertraut, aber jetzt gilt mein Dank nun mal Martin Januschek PianoCandle Klanggestaltung.

...und meinem Piano ging ein Licht auf ;)
Manfred
 
Es wurden nur Arbeiten an der akustischen Anlage gemacht.......Zum Abschluss wurde eine Hammerkopfbearbeitung und Intonation durchgeführt,

Was wurde denn an der akustischen Anlage verändert :confused:

Nach dem Hören des Beispiels (vorher/nachher) hätte ich vermutet, dass die Intonation etwas Schärfe rausgenommen hat. Unter akustischen Anlage versteht man eigentlich die bezogene Rast, also mit Platte, Boden, Stimmstock und so. Aber ich glaube, das meintest du nicht wirklich, oder?
 
..das Klopfen der Saiten an die Stege nicht zur Intonation gehören.

Dazu mal die leicht offtopice Frage: Was genau versteht man denn eigentlich unter diesem "Saiten an die Stege Klopfen"? Ich kann mir irgendwie garnicht vorstellen, wie selbige sich trotz ihrer Zugspannung von diesen entfernen sollten. Und wenn ja, woran merkt man das?
 
Auch ich habe eine Frage: Was versteht man unter "komplettem Neuaufbau der Stimmung", was ganau ändert sich dabei im Vergleich zu einer normalen Stimmung, und wie lange dauert das ?

Gruß
Rubato
 
Hallo.
Meinen herzlichsten Dank an Moderato/Manfred für die lobenden Worte!! Ja, dein Klavier ist wirklich schön geworden, finde ich, und lese nun von dir die Bestätigung. Danke!

Es wird noch weiteres Anhörmaterial geben. Inzwischen weiß ich allerdings aus etlichen Erfahrungen, dass es gar nicht einfach ist, gut wahrnehmbare Vorher-Nachher-Vergleiche zu erstellen. Oft merke ich, dass die Live-Wahrnehmung wesentlich intensiver ist als das Hören des zu Dokumentationszwecken Erstellten. Ich habe schon ein paar Aufnahmen von verschiedenen Instrumenten, die ich in kleinem Kreise checken lasse, und ich arbeite an Verbesserungen. Es gibt schon ein paar recht deutliche Klangvergleichsbeispiele; die meinerseits bei Manfred gemachten (und Manfreds gemachte sind sehr ähnlich) zählen allerdings eher zu den weniger deutlichen. Die ursprüngliche Aggressivität klingt beinahe neutral, die am Ende geringere Schärfe kommt eher als dumpf, und von dem was über die Hammerkopf-Intonation hinausgeht, hört man nur dann etwas, wenn man sehr genau weiß worum es geht. Aber was soll's - eine Ausrede ist das nicht. Bewahrt also eure Skepsis, bis es bessere Aufnahmen gibt...:cool:

@Tastenscherge, Pianosupply, pille
Grundlegende Stimmarbeiten beginne ich stets mit dem Kontrollieren der äußeren Plattenverschraubung, im Interesse stabiler Statik und Stimmhaltung, aber auch im Interesse, von vornherein eine mögliche Klangschlupf-Quelle auszuschalten. Wesentlich später, vor den letzten Feinarbeiten, kontrolliere ich, ob die Saiten gut am Steg festsitzen, und helfe ggf. nach.

@Rubato
Was "man" unter dem kompletten Neuaufbau der Stimmung versteht, dürfte schwer zu verallgemeinern sein, da ich den Terminus "Stimmung-Neuaufbau" vor ca. acht Jahren neu geprägt habe. Er umreißt sehr umfangreiche komplexe Stimmarbeiten, die dazu dienen, die Spannungsverhältnisse und Schwingfähigkeiten innerhalb des Instruments zu optimieren. Die gesamte Prozedur nimmt etwa ein Tagewerk in Anspruch, meist auf zwei Etappen verteilt. Manchmal etwas weniger, manchmal aber auch mehr bis hin zum doppelten Zeitaufwand. Man sieht davon am Ende nichts. Aber man hört ziemlich viel - das erachte ich inzwischen als gut unterstützt und angenommen, nachdem ich das Verfahren mehrere hundert Mal bei Kunden/innen in allen Teilen Deutschlands angewendet habe.
Über die Einzelheiten dieses Spezialverfahrens (und ggf. weitere Besonderheiten) werde ich vielleicht mal ein Buch oder einen Aufsatz schreiben...

Gruß
Martin
PianoCandle

... und aus Krach wird Klang
 
genau da darunter kann ich mir im Mment nichts vorstellen. Kannst Du mir mal anschaulich erklären, was genau das meint?

Danke im Voraus,

Wolf

Hallo Wolf/pille,
du kannst mittels eines geeigneten (!) Werkzeugs, vorzugsweise eines Schraubendrehers mit recht dicker und kantengerundeter (gratfreier) Klinge (und zur Sicherheit vorzugsweise aus Messing oder einem anderen Material was weicher ist als der Saitendraht) prüfen, ob sich die Saiten direkt an den Stegstiften mit Gefühl näher an den Steg drücken lassen. Ist dies der Fall, dann wird dadurch die Zwangskoppelung der Saiten an den Steg enger und somit die Klangübertragung präziser.
Achtung: "mit Gefühl" ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Wer hier Hand anlegt, sollte von sich selbst sehr genau wissen, dass er/sie weiß, was Vorsicht ist und in welchem sinnvollen Ausmaß sie an der jeweils erforderlichen Stelle einzusetzen ist:|

Gruß
Martin
PianoCandle

... ... ... ... Klang
 
Soundcheck und Homerecording eines Pianos

Das eingestellte Soundbeispiel zeigt, wie das Instrument "wärmer" geworden ist.

Hier einige Anregungen zur virtuellen, non-destruktiven Sounddiagnose eines Klaviers:

1. Nutze unbedingt ein professionelles Mikrofon (z.B. AKG C-1000 oder besser). Das Mikrofon darf/sollte teurer sein als das eigentliche Aufnahmegerät! Ohne ein solches Mikrofon sind die Ergebnisse unbrauchbar!

2. Abhören der Aufnahme: Es sollte dem "Original" aus den Boxen in Lautstärke und Körperempfinden jetzt sehr ähnlich sein (mit anderen Worten: im selben Raum keinen Unterschied mit geschlossenen Augen mehr deutlich raushören). Dies erreicht man nur durch Änderung der Mikrofonposition ("sweet spot"). Am besten das Mikrofon knapp über dem Kopf positionieren, nahe den eigenen Ohren.

3. Im EQ-ing einer Aufnahme reduziert man GRUNDSÄTZLICH nur "störende" (unangenehme) Frequenzen. Wo liegen diese? Hierzu den Mittenregler voll aufdrehen, Mitten also total übersteuern und den Mittenfrequenzregler langsam durch das Band drehen, bis man die Frequenz gefunden hat, wo es besonders scheußlich klingt: Jetzt den Mittenregler an dieser Frequenzstelle reduzieren.
"Blech" bei 800 Hz suchen; Brillianz bei 4000-5000 Hz.
(Man kann keine Frequenzen hineinfiltern. Was fehlt, ist nicht da!)

3a. Hinweis: Im Bandgeschehen erhält das einzelne Bandmitglied nur einen eingeschränktes Frequenzband, um Transparenz zu erhalten. Das isolierte Instrument klingt daher eventuell zu schrill; setzt sich aber im Geschehen der Gruppe besser durch.

4. Ein interessanter Test ist immer: Aufnahme verlangsamt oder beschleunigt abspielen. Liegt die Aufnahme digital vor, zum Beispiel in Nero Wave-Edit mit Transpose verändern (Tempo NICHT konstant halten!). Dies kann Hinweise geben, wie sich eine gesamte Frequenzänderung des Instruments anhören würde; wobei das "Schrille" eines Saiteninstruments natürlich von der Inharmonizität durch die Saitenspannung geprägt wird. Ein Instrument, das nicht oftmals oder nie synchronisiert werden muss, kann eine Klangverbesserung erfahren, wenn man die Spannung der Saiten verändert.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
 

Das eingestellte Soundbeispiel zeigt, wie das Instrument "wärmer" geworden ist.

Hier einige Anregungen zur virtuellen, non-destruktiven Sounddiagnose eines Klaviers:
[…]

Hier noch ein Punkt: Man kann den Unterschied live hören.
Das hat ein paar Vorteile gegenüber den aufgezählten Punkten:
  • Der technische Aufwand ist geringer.
  • Das Ergebnis ist das, was wirklich zählt.

Grüße
Thomas
 
Was ist denn an dem "Neuaufbau" der Stimmung so geheim oder schwer zu beschreiben? Wer etwas neu aufbaut, muss ja zunächst das Vorhandene beseitigen. Werden die Saiten alle entlastet, um sie dann neu zu stimmen? Wäre das denn nicht zielmlich "stressig" für das Klavier?

Ich habe auch noch eine Frage zur Intonation. Ein Klavierfreund erzählte mir mal, sein Servicemensch hätte den Hammerköpfen mit dem el. Rasierapparat eine Rasur verpasst. Ist das eine anerkannte und v.a. wirksame Intonationsmaßnahme? Was erreicht man damit?
 
Hallo Wolf/pille,
du kannst mittels eines geeigneten (!) Werkzeugs, vorzugsweise eines Schraubendrehers mit recht dicker und kantengerundeter (gratfreier) Klinge (und zur Sicherheit vorzugsweise aus Messing oder einem anderen Material was weicher ist als der Saitendraht) prüfen, ob sich die Saiten direkt an den Stegstiften mit Gefühl näher an den Steg drücken lassen. Ist dies der Fall, dann wird dadurch die Zwangskoppelung der Saiten an den Steg enger und somit die Klangübertragung präziser.
Achtung: "mit Gefühl" ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Wer hier Hand anlegt, sollte von sich selbst sehr genau wissen, dass er/sie weiß, was Vorsicht ist und in welchem sinnvollen Ausmaß sie an der jeweils erforderlichen Stelle einzusetzen ist:|

Vielen Dank erstmal für die Erklärung. Woran hört man das denn, wenn die ein oder andere Seite nicht direkt am Steg sitzen würde? Oder anders gefragt, könnte ich das selbst diagnostizieren? Ich kann natürlich auch warten, bis der Klavierbauer wieder zum Stimmen kommt und ihn dann fragen, aber ich bin halt so schrecklich ungeduldig........:?
 
Danke, 90 JKB, dass Du nicht so ein Geheimnis draus machst :D
 
1. Saiten an Steg anklopfen: Die Saiten sollten immer im einem regelmäßigen Abstand an die Saiten angeklopft werden. Warum ? Saiten haben die Tendenz sich vom Steg weg zubewegen und rutschen mit der Zeit an den Stegstiften etwas nach oben. Dies hat zur Folge, dass die klingende Länge nicht merh perfekt definiert wird. Die Saite bekommt dadruch Unreinheiten und der Chor läßt sich nicht mehr 100 % sauber stimmen. Vorallem nach Umzügen oder bei großen Frequenzveränderungen ist das sehr wichtig. Dabei ist wichtig, dass das Anklopfen nach dem Hochziehen auf Tonhöhe erfolgen soll und vor der Endstimmung. Der Ton wird daruch einfach breiter, sauberer und die Teiltöne werden im richtigen Verhältnis wieder angeregt (wenn es vom Klavierfabrikant richtig berechnet worden ist).

vielen Dank für die Erklärung. Kann man das auch mit dem bloßen Auge sehen?
 
Man kann keine Frequenzen hineinfiltern. Was fehlt, ist nicht da!
Und darum ist auch das "Weicher-Intonieren" eine Sache, die man sehr, sehr behutsam angehen sollte - am besten in vielen kleinen Schritten. Gerne wird ungenügende Anschlagskultur "auf dem Rücken des Instruments" wegintoniert - und wenn man dann besser spielen kann, hat das Instrument einen Teil seiner "Sprache" eingebüßt.

Das ist übrigens etwas, was ich an Martins Vergleichseinspielung nicht besonders seriös finde. Das zweite Stück ist definitiv anders gespielt. Der Anschlag ist wesentlich präziser und ausgeformter als bei der "Vorher"-Sequenz, der man eine gewisse Lieblosigkeit deutlich anhört. Sorry, Martin - aber lass das nächstemal den Kunden selbst spielen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke für die Erklärungen.
90JKB: Dann muß man also nur Stegklopfen/einen Neuaufbau machen, wenn der Stimmer nicht richtig weiterkommt ???
Gruß
Rubato
 
Hallo Rubato: Das Stegklopfen haben ALLE meiner Stimmer immer von ganz alleeene gemacht - für mich gehört das quasi zur Standardstimmung :confused:
 

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