Kapodaster

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Marlene

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Zu meiner Verwunderung gibt es bei YouTube keinen "Erklärbär", der die Funktion oder den Sinn des Kapodasters erklärt. Hier einige Aussagen zum Kapodaster:

Agraffen vs Kapodaster? Agraffen garantieren gleichmäßige Saitenabstände, die beim Kapo manuell eingestellt werden müssen. Der Kapo ist vermutlich günstiger in der Herstellung.

Das Kapodaster Design steht im Zusammenhang mit Duplex und der Kapodaster hat selber eine Klangfunktion.

was passiert zwischen Kapodaster und Druckstab?

Zitat von Bösendorfer:
Bösendorfer ist der einzige Klavierhersteller weltweit, der den Kapodaster separat montiert. Nur so ist eine präzise Positionierung des Capo d’Astro im Diskant Bereich möglich und garantiert den original Bösendorfer Klang über Generationen. Mit Leichtigkeit kann der von den schwingenden Saiten im Diskant beanspruchte Capo d’Astro nach Jahrzehnten des Spiels gewartet und wieder exakt positioniert werden: Klangqualität für mehr als eine Generation.


Zitat von Bösendorfer:
Ein Bösendorfer¬ Flügel hat als besonderes Merkmal einen geschraubten Kapodaster, wel¬cher in Handarbeit an den Gussrahmen angepasst wird. Aus¬schließlich diese Konstruktionsmethode ermöglicht die prä¬zise Einstellung der Kapodasterposition und der Saitenhöhe über Generationen.


Zitat von Jörg Gedan:
Kapodaster ist beim Flügel eine Plattenstrebe, die im Diskant die Saiten von oben hinabdrückt und deren klingende Länge begrenzt, von oben, also entgegengesetzt der Anschlagsrichtung des Hammers, deswegen, weil dann der Anschlag die Saite nicht aus ihrer Lage drücken kann; während nämlich beim Klavier die Saiten zum Resonanzboden und zu den Stegen hin angeschlagen werden, geschieht dies beim Flügel vom Resonanzboden weg.


Wirklich erhellend finde ich das nicht.
 
Das klingt eigentlich erhellend:

Tatsache ist, dass kein Konzertflügel dieser Welt Filze vor dem Capo d'astro hat. Dort entsteht der charakterische Klang eines schönen, obertonreichen Flügels, den man eben nicht abdämpfen will.

Aber: Wie kann vor dem Kapodaster ein Klang entstehen, wenn diese Saiten stumpf und trocken klingen? Nicht nur ich habe diese Wahrnehmung:

Mich erstaunt, daß diese extrem kurzen Saitenabschnitte direkt vor dem Kapodaster irgendwie noch klingen sollen. Wenn ich da dran zu zupfe höre ich praktisch nichts.

Ein Kapodaster soll also – wie oben steht – einem Flügel zum obertonreichen Klang verhelfen. Flügel ohne Kapodaster haben den aber auch, daher verstehe ich den Sinn des vorgenannten Bauteils nicht.

Würde man den Kapodaster entfernen, müssten vermutlich alle darunter liegenen Saiten gestimmt werden, weil deren Klang zu tief wäre, richtig?

Wie würde denn z.B. mein Bösendorfer klingen, wenn man den Kapodaster entfernen und ihn danach stimmen würde? Hätte er dann weniger Obertöne? Würde sich sein Klang signifikant verändern?



Kapodaster_Boesendorfer.jpg

Kapodaster_Schrauben.jpg
 
Die Funktion des Capo d'Astro ist die gleiche wie die der Agraffen: Die Begrenzung des schwingenden Teils der Saite auf der "Vorderseite". Auf der "Hinterseite" übernehmen das die Stegstifte.
Der Vorteil des Capo d'Astro gegenüber den Agraffen (sorry, @agraffentoni ;-) ) ist, dass er weniger Platz braucht. Die Saiten der hohen Töne müssen sehr nah am Vorderende angeschlagen werden und mit Agraffen wird es kompliziert.
 
Deswegen auch "kompliziert" und nicht "unmöglich". ;)
Aber soweit ich weiß, hat Bechstein das vor kurzem aufgegeben und auch auf Capo d'Astro umgestellt.
 
Na was sind denn das für Resorisse? Na sowas. Gehört sich das?
 
Aber soweit ich weiß, hat Bechstein das vor kurzem aufgegeben und auch auf Capo d'Astro umgestellt.
Ich habe irgendwo aufgeschnappt (vlt. bei Stu Harrison, bin mir nicht mehr sicher), dass man in den Höhen bei Agraffen einen schlechteren Sustain haben soll als mit Kapodaster und deshalb Bechstein im Diskant von Agraffen auf Kapodaster umgestellt hat. Der Grund soll sein, dass die Agraffen aufgrund der kleinen Masse die hohen Frequenzen stärker dämpfen. Prinzipiell stimmt das physikalisch mit der kleinen Masse und der höheren Dämpfung zwar schon, aber so wirklich verstehe ich die Argumentation nicht. Die Agraffen sind ja fest in den Gussrahmen verschraubt und damit massentechnisch mit diesem gekoppelt.
 

Das ist jetzt eine reine Mutmaßung meinerseits: Wenn die Verbindung der Agraffe zum Gussrahmen nicht absolut starr ist, dann schwingt sie auch alleine, also teilweise unabhängig vom Gussrahmen. Der Capo d'Astro ist hingegen ein großer Block, da passiert das sicher nicht.
 
ist sie aber, schon durch die Bauform auf der Unterseite kann sie eine sehr feste Verbindung mit der Gußplatte eingehen.
Hast du schon mal Agraffen eingeschraubt?
Nein, habe ich nicht.
Ich meine nicht, dass die Agraffe nicht fest im Gewinde sitzt, sondern dass die Agraffe selber kein starres Objekt ist. Das Material ist auf der Höhe der Löcher sehr dünn. Ich meine also, dass der Teil oberhalb der Löcher schwingen könnte.
Sorry, das war oben schlecht formuliert. Ich hätte nicht schreiben sollen "die Verbindung der Agraffe zum Gussrahmen nicht absolut starr ist", sondern "die Verbindung des obersten Teils der Agraffe, der die Saite hält, zum Gussrahmen nicht absolut starr ist".
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich meine nicht, dass die Agraffe nicht fest im Gewinde sitzt, sondern dass die Agraffe selber kein starres Objekt ist. Das Material ist auf der Höhe der Löcher sehr dünn. Ich meine also, dass der Teil oberhalb der Löcher schwingen könnte.
Möglicherweise hast du Recht und der obere Teil der Agraffe ist schwingungstechnisch ziemlich gut vom unteren entkoppelt, so dass dieser obere Teil isoliert von den Saiten zum Schwingen angeregt wird.

Bei meinem Bechstein L von 1930 sind die Agraffen im höchsten Register ca. doppelt so dick wie die sonstigen. Außerdem sind sie oberhalb der Löcher auch ca. doppelt so hoch. Bei @Marlene sieht das auf den ersten Blick genauso aus. Evtl. ist das Absicht, um den Agraffen deutlich mehr Masse zu verpassen, so dass sie nicht so gut zum Schwingen angeregt werden können.

20221228_163420.jpg
 

Seite 267 des Originalpapiers hat a) eine Skizze und b) Erklärungen von Meister Theodore Steinway himself. Der Mensch mit zugriff auf einen Steinway sollte sinfach einmal den Teil zwischen dem Capo d'Astro und der Silie for den Stimmwirbeln abdämpfen. Der Unterschied ist frappant.

PS: Der gesamte Artikel von Herrn Steinway ist wirklich spannend, auch der Zeitpunkt des Erscheinens. Mit meiner Mühle aus 1886 habe ich praktisch eines derjenigen Instrument, die Onkel Theodor als Endpunkt der Entwicklung seiner Flügel sieht.
 

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