Eins-Sein mit dem Instrument

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Bernhard Hiller

Bernhard Hiller

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28. Aug. 2013
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Ich tue mich schwer, passende Worte zu finden, für das was ich beschreiben möchte. Es gehört in die Welt des Erlebens, nicht in die des analytischen Verstandes.

Während des Musizierens verschwimmt die Grenze zwischen mir und meinem Instrument, bis ich das Instrument nicht mehr als etwas Äußerliches, sondern als Teil von mir (oder nicht mal als Teil) wahr nehme. Eine Innigkeit, Unmittelbarkeit oder wie auch immer man das nennen möchte.

Beim Klavier (gewiß, nur ein Digi) passiert das kaum: es bleibt irgendwie außerhalb, ist abstrakter, vermittelter.
Bei der Gitarre gelingt es besser.
Und beim Cello ist diese Trennung schon nach wenigen Einspiel-Übungen überwunden.

Wie sind eure Erfahrungen? Könnt ihr nachvollziehen, was ich meine? Könnt ihr es auch so erleben? Und erlebt ihr Unterschiede zwischen verschiedenen Instrumentengattungen oder gar zwischen euren verschiedenen Klavieren/Flügeln?
 
Während des Musizierens verschwimmt die Grenze zwischen mir und meinem Instrument, bis ich das Instrument nicht mehr als etwas Äußerliches, sondern als Teil von mir (oder nicht mal als Teil) wahr nehme. Eine Innigkeit, Unmittelbarkeit oder wie auch immer man das nennen möchte.

Oh, wie schön: Du liebst dein Instrument! :herz::blume::-D
Und: Ja, ich liebe mein Piano auch. :super: Hat ca 1 Jahr gedauert bis wir verschmolzen sind - auch wenn es nur ein P-45 Digi ist. :geheim:
 
Eine Verbindung mit meinem Instrument über Finger, Tasten und Klang erlebe ich am Klavier, wenn ich mich losgelassen, weich fühle und eher absichtslos, klangschön etwas spiele.

Bei der Ukulele kenne ich das auch, wobei hier weniger die Finger verbinden, sondern Oberkörper und Arme.

Bei meiner Altblockflöte ist es der Mund. Die Spiele ich leider sehr selten.
 
Mein Klavier (Pleyel, aus BS) habe ich vor vielen, vielen Jahren ausgesucht und als es vor ein paar Monaten überholt und hergerichtet wurde, war dieser Klang und alles drum und dran sofort wieder da. Dieses "meins" Gefühl, das Verschmelzen.
Am Bösi ist es anders, da sitze ich bei manchen Stücken immer wieder aufs Neue und lausche den verklingenden Tönen, den Harmonien. Bewundernd, daß es das gibt, daß ich das überhaupt wahrnehmen kann.
Da geht die Musik weit über das "Instrument" hinaus..
Lg Barbara
 
Ist es nicht so, dass man eher mit der Musik verschmilzt als mit dem Instrument? :denken:
 
Denke ich auch. Zumindest erklärt es bei mir den "Digi-Kopfhörer-Zustand". Am Flügel bin ich mehr bei potentiell Mithörenden als in der Musik.
 
Ist es nicht so, dass man eher mit der Musik verschmilzt als mit dem Instrument? :denken:
Es ist schon paradox, die nicht-differenzierende Einheit analytisch auseinander nehmen zu wollen. :-)
Das Verschmelzen mit der Musik ist auch für einen Zuhörer möglich - dazu haben wir einen weiteren Thread. Hier bin ich aktiv am Werke und bringe die Musik hervor.
Vielleicht verwechsle ich da in den Begriffen nur den "äußeren Tempel" mit dem "inneren Tempel", den ich beim aktiven Musizieren unbemerkt betrete.
 
Diese Einheit entsteht für mich, wenn das Instrument im Klang und der Handhabung so vertraut und passend ist, dass die Realisierung der Klangvorstellung mühelos gelingt; wenn man zum Beispiel ein Stück, dass man sehr gut kennt und beherrscht, problemlos mit geschlossenen Augen und vielleicht dazu im Flow-Zustand spielen kann und dabei nicht über Kontrolle des Instruments nachdenken muss und beim gleichzeitigen Hören des gespielten von nichts überrascht wird.
 
Ganz logisch: Cello und Gitarre werden direkt am Körper anliegend gespielt. Man nimmt daher die Musik ganzkörperlich wahr. Zum Klavier bleibt immer noch ein gewisser Abstand. Durch die Kopfhörer könnte vielleicht ein ähnlicher "Nähe"-Effekt entstehen. :-|:denken:
 

Ganz logisch: Cello und Gitarre werden direkt am Körper anliegend gespielt. Man nimmt daher die Musik ganzkörperlich wahr. Zum Klavier bleibt immer noch ein gewisser Abstand. Durch die Kopfhörer könnte vielleicht ein ähnlicher "Nähe"-Effekt entstehen. :-|:denken:

Das sehe ich auch so. Bei Instrumenten, die einen wesentlich größeren Körperkontakt haben, als das Piano, ist die Vibration des Instrumentes fühlbarer.

Neben der körperlichen Empfindung der fühl-und hörbaren Vibration spielt auch die seelische Empfindung des Gehörten und Gefühlten eine Rolle.
An der Amygdala kommt kein Impuls vorbei, die müssen dadurch, auch bei Männern.

Da sind wir dann bei den vielgescholtenen Emotionen! Es ist mir übrigens ein Rätsel, warum es diesbezüglich solche Widerstände gibt. Eine Erklärung könnte sein, dass
Emotion mit Sentimentalität (Rührseligkeit) verwechselt wird.
 
Für mich als blutigen anfänger bedeutet eins mit dem instrument sein ein zustand (der bei mir noch zu erreichen gilt) das das spiel ähnlich wird wie als wenn ich mir an den kopf kratze. Da muss ich nicht drüber nachdenken. Und da möchte ich auch im klavier spiel erreichen.

Über die letzten wochen merke ich wie sich da langsam ein gefühl einstellt.

Ansonten kenne ichs vom Computer/Konsole spielen. Da verschmilzt man dann mit der control Methodik und sich in einer Virtuellen welt bewegen ist wie durch eine reale welt zu gehen. Komplexe bewegungen der figur mach ich einfach ohne das ich drüber nachdenken muss wie ich das nun machen muss.
 
Da sind wir dann bei den vielgescholtenen Emotionen! Es ist mir übrigens ein Rätsel, warum es diesbezüglich solche Widerstände gibt.

Arbeitshypothese:
Vielleicht, weil Emotionen die Eigenschaft haben, von einem Besitz zu ergreifen?

Emotionen sind phylogenetisch älter und daher mächtiger als die erst vor wenigen zigtausend Jahren gewissermaßen nachträglich, als evolutionäre Zusatzausstattung draufgesetzte Ratio des modernen Neocortex.

Die Amygdala ist eine kleine, mächtige Struktur, deren Wirkmechnismen sich dem kontrollierenden Zugriff des Bewusstseins entziehen. Unter dem Einfluss von Emotionen lässt der Muskeltonus nach (oder überspitzt sich, abhängig von der Emotion). Man funktioniert motorisch nicht mehr so, wie man es ohne Emotion täte, und verliert tendenziell den rationalen Überblick. Beides (funktionierende Motorik und rationale Kontrolle) sind für komplexe Tätigkeiten essenziell.

Wie gesagt, nur eine Hypothese.
 
Hm, ich glaube, ich habe eine gesunde Distanz zu meinen Instrumenten und lasse sie auch mal links liegen. Ich beobachte jedoch, dass mich das Cello körperlich mehr fordert und der Flügel eher geistig, ich liebe beide, verschmelze beim Üben jedoch eher nicht.
 
Ich empfinde die Tasten als Verlängerung / Teil meiner Finger.
Diese Vorstellung hat meinen Anschlag deutlich verbessert.
 
Eine Verbindung mit meinem Instrument über Finger, Tasten und Klang erlebe ich am Klavier, wenn ich mich losgelassen, weich fühle und eher absichtslos, klangschön etwas spiele.

Bei der Ukulele kenne ich das auch, wobei hier weniger die Finger verbinden, sondern Oberkörper und Arme.

Bei meiner Altblockflöte ist es der Mund. Die Spiele ich leider sehr selten.
Da gibt es so eine Theorie, daß das Gehirn "Werkzeuge" zu Teilen des Körpers mache ("Werkzeuge" in diesem weit gefaßten Sinne sind auch Musikinstrumente). Da passen deine Beobachtungen, wo dieses Werkzeug lokalisiert wird, ganz gut.
 
Die Amygdala ist eine kleine, mächtige Struktur, deren Wirkmechnismen sich dem kontrollierenden Zugriff des Bewusstseins entziehen. Unter dem Einfluss von Emotionen lässt der Muskeltonus nach (oder überspitzt sich, abhängig von der Emotion). Man funktioniert motorisch nicht mehr so, wie man es ohne Emotion täte, und verliert tendenziell den rationalen Überblick. Beides (funktionierende Motorik und rationale Kontrolle) sind für komplexe Tätigkeiten essenziell.
Wie gesagt, nur eine Hypothese.

Liebe Barrat :bye:

die Amygdala leitet z.B. Bei Angst, die überlebensnotwendig ist, die vegetativen Reaktionen ein. Diese bereiten den Körper vor adäquat zu reagieren (“fight or flight“).

Der Muskeltonus wird erhöht, Herzfrequenz und Blutdruck steigen, die Pupillen werden weiter, das Hör- und Sehvermögen erhöht, u.s.w.

Bezogen auf’s Musik machen ist Lampenfieber im Grunde als positiv zu bewerten. Inwieweit hängt natürlich vom Grad dieser Emotion ab und inwieweit die vegetativen
Gegenmaßnahmen greifen.
 
Da gibt es so eine Theorie, daß das Gehirn "Werkzeuge" zu Teilen des Körpers mache ("Werkzeuge" in diesem weit gefaßten Sinne sind auch Musikinstrumente). Da passen deine Beobachtungen, wo dieses Werkzeug lokalisiert wird, ganz gut.

Hochinteressante Theorie! Ich hab bisher nur diesen Spiegelbericht dazu gefunden.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/...htet-werkzeuge-als-koerperteile-a-632056.html

Mal sehen, ich hab mir das von Beo vorgestellte Buch bestellt:

https://www.amazon.de/Wie-das-Gehir...r=8-1&keywords=wie+das+gehirn+die+seele+macht

Vielleicht findet sich darin etwas zum Thema.
 

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