Die Vision einer "idealen Klaviermethodik"

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Idoitmyway

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3. März 2012
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Liebe Tastenfreunde,

es gibt ja etwas, das uns alle eint und die Nähe suchen lässt:
Unsere Liebe zur Musik - speziell die Sympathie für das Klavier.

Und noch etwas verbindet uns : Dass wir stets auf der Suche sind.
(Nach dem richtigen Klavier/ Klavierlehrer, nach dem optimalen Fingersatz,
nach dem geeignetsten Lehrbuch, nach den Werken, die für uns passen).

Tausende schon haben vor + mit uns... versucht, das Klavier zu "erobern".
Begeistert strampeln sich daran viele ab: hoch - mittel - geringer - Begabte.

Und da mag uns ja der (illusionär und aberwitzige) Gedanke in den Sinn kommen:
Ist nicht - nach all unseren Vorerfahrungen (+angekommen im 21. Jahrhundert)
so etwas möglich ... wie eine Quintessenz diverser Methoden + Lernerfahrungen?

Gibt es effektive Zielvorgaben, Wegelinien, Einzelschritte, die zum Erfolg führen?
Meine Frage richtet sich vor allem an die Fortgeschrittenen unter uns. Sie soll ein
Impuls sein, ihre individuellen, erfolgreichen Lernpfade rückblickend zu reflektieren.
Ich weiss, dass diese Frage, dieser Anspruch, die inneliegende Hoffnung irreal sind.
Aber: Man soll seine Träume und Illusionen ja nie aufgeben - was bliebe uns sonst?

Also: Konkreter formuliert hier mein Wunsch an alle "Weitgekommenen" im Forum:

1. Welche Lernetappen und erfolgreiche Schritte schlagt Ihr uns als "Novizen" vor?
2. Wie wird nach Euren Erfahrungen aus einem Klavierliebhaber ein Klavierspieler?
3. Könnt Ihr (in etwa) - Euren erfolgsträchtigen Pianisten/innen -Weg aufskizzieren?

Liebe Grüsse ... von Idoitmyway
 
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Hallo,

mein Vorschlag:

1. einen guten Lehrer suchen
2. regelmäßig und möglichst viel üben
3. Geduld haben oder ggf. entwickeln (gar nicht so einfach für Erwachsene)
4. viel Beschäftigung mit allerlei Musik (gerne auch mit professionellem Ansprechpartner)

Die Kombination "guter Lehrer" + "üben, üben, üben" sind aus meiner Sicht schon eine gute Basis. Leider hapert es daran oft und dann macht es auch keinen Sinn, nach den so genannten effektiven Methoden zu suchen. Das ist aber nur meine Meinung.

Und noch etwas, was das Klavier und vielleicht generell das Instrumentenspiel als Hobby so besonders macht: man darf wirklich gut und gerne 10 Jahre veranschlagen, bis man es auf ein passables Niveau gebracht hat. Kommt natürlich auf die persönlichen Ansprüche an. Aber vielleicht schützt das vor Frustration, wenn man im Vorfeld bereits weiß, dass man sich auf jahrelanges tägliches Üben einlassen muss, um auch Schwierigeres gut spielen zu können.

LG, Sesam
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Und da mag uns ja der (illusionär und aberwitzige) Gedanke in den Sinn kommen:
Ist nicht - nach all unseren Vorerfahrungen (+angekommen im 21. Jahrhundert)
so etwas möglich ... wie eine Quintessenz diverser Methoden + Lernerfahrungen?

aber das gibt es doch schon, du brauchst dir nur die Aufsätze zum Klavierspiel von Goldenweiser, Feinberg und Neuhaus durchlesen - allerdings darfst du nicht in den naiven Irrglauben verfallen, dass diese Aufsätze eine "Universalmethode für jeden" enthalten könnten, nach der man einfach loslegen könnte.

eigentlich ist seit langem bekannt, wie man zumindest das Klavierspiel möglichst optimal erlernen könnte (wenn man es denn a) von Anfang an vermittelt bekäme und das dann b) auch täte) - und ebenso bekannt ist, dass man ein paar notwendige Voraussetzungen mitbringen muss, wenn man es auf ein sehr hohes Niveau bringen möchte (denn ohne diese Voraussetzungen verzaubert auch der beste Klavierpädagoge kein Rindvieh in einen Tschaikowskipreisträger :D ).

...das einzige, was sich leider immer noch nicht in ausreichendem Maße herumgesprochen hat, ist die schlichte Tatsache, dass man sehr viel und möglichst sinnvoll üben muss - aber stattdesen greift man gerne gut- oder wundergläubig zu allerlei Sorten von Scharlatanerie, welche Superlernerfolge bei geringstem Arbeitseinsatz vorgaukeln :D:D

also summa summarum nüscht neues unter der Sonne, was deine Frage(n) betrifft ;)
 
Hallo,

meine Erfahrung als Spätwiedereinsteiger: Einen guten und sicher sehr effektiven Weg zeigt Kratzert auf. Kratzert orientiert sich an der Alexandertechnik, und deshalb ist es nützlich, als Hintergrund sich mit dem Buch von Pedro de Alcantara, Alexandertechnik für Musiker zu befassen. Einiges, was Kratzert schreibt, wird dann verständlicher. Weitere Details auf ähnlicher Linie findet man bei Seymour Bernstein, Mit eigenem Händen. Und da diese Verfasser (wie auch viele andere) auf Neuhaus verweisen, sollte man auch das Buch von Neuhaus zu Rate ziehen. Aus alledem ergibt sich so etwas wie ein roter Faden, an dem entlang man sich seine persönliche Methode zu üben und zu spielen zusammenbasteln kann - wohlgemerkt, als nicht professioneller Spieler, mit begrenzter Zeit zum üben! Im übrigen, wie Rolf schon schreibt: Es gibt keine Abkürzungen und Geduld ist absolute Voraussetzung!

Noch ein Tip für Nicht-Profis: Charles Cooke, Die Freuden des Klavierspiels, das m.W. einzige ausdrücklich für den Amateur geschriebene Buch - leider vergriffen, aber gelegentlich taucht mal ein Exemplar antiquarisch auf.

LG

Pennacken
 
Zitat von Rolf:
du brauchst dir nur die Aufsätze zum Klavierspiel von Goldenweiser, Feinberg und Neuhaus durchlesen

nebst dem oft zitierten Titel von Neuhaus Die Kunst des Klavierspiels sind auch einige Aufsätze in Herbert Sahlings Notate zur Pianistik auffindbar.

Allerdings: m.E. ersetzt kein Buch die Notwendigkeit einen Lehrer zu suchen. Man muss sich nur vor Augen halten, dass derartige Niederschriften ja den Unterrichtserfahrungen und der Auseinandersetzung mit Musik nachgeordnet sind. Im Vordergrund steht also der Unterricht und das Üben.

LG, Sesam
 
Allerdings: m.E. ersetzt kein Buch die Notwendigkeit einen Lehrer zu suchen. (...)Im Vordergrund steht also der Unterricht und das Üben.
da tuten wir ins selbe Horn:
eigentlich ist seit langem bekannt, wie man zumindest das Klavierspiel möglichst optimal erlernen könnte (wenn man es denn a) von Anfang an vermittelt bekäme und das dann b) auch täte) - und ebenso bekannt ist, dass man ein paar notwendige Voraussetzungen mitbringen muss, wenn man es auf ein sehr hohes Niveau bringen möchte (denn ohne diese Voraussetzungen verzaubert auch der beste Klavierpädagoge kein Rindvieh in einen Tschaikowskipreisträger :D ).
 

Hallo Idoitmyway!

Ich versuche mal, so kurz und treffend wie möglich deine doch sehr weitreichende Frage zu beantworten:
Als studierter Pianist, praktizierender Bühnen- und Studiomusiker sowie Pädagoge muss ich meinen Vorrednern Recht geben:
Ohne einen (guten) Klavierlehrer stehen die Chancen nicht besonders, diese Kunst passabel zu erlernen obwohl ich auch
schon Autodidakten kennen gelernt habe, die überraschend gut spielen - allerdings nur auf den ersten Blick, denn sie verwenden folgende Strategie:
Sie schaffen es, auf unbewusste Art und Weise die für sich passenden Stücke zu wählen,
die ihre natürlichen Stärken hervorheben und die Schwächen kaschieren: üblicherweise einfach bis mittelschwer arrangierte
Klavierballaden im freien Vortragstempo (rubato).
Also: Einen Lehrer, oder besser: Mentor suchen, der den Spagat zwischen "lustvollem Klavierspiel" und "spielerischem Klavierüben" in
Form eines für dich maßgeschneiderten Unterrichtskonzepts schafft. Urteile nicht zu hart über einen (möglichen) zukünftigen Kollegen,
aber du spürst, ob die Chemie stimmt, ob du Spaß am Spielen und Üben hast und ob das Klavierspiel dein Leben bereichert, denn genau
das soll es ja. und stelle dir nach jeder Stunde die Frage: "Bin ich jetzt schlauer als zuvor?" und "Geht was weiter?".

Zu 2.) Schließt sich denn beides aus? Eben nicht! Aber wann genau du vom Liebhaber zum praktizierenden Liebhaber wirst, kannst nur du selbst herausfinden...

Zu Sesam... Der Beitrag (No.2) wirkt meiner Ansicht nach doch etwas zu schwarzmalerisch. Ich habe Schüler, die bereits nach 2 Jahren sehr amtlich das hier spielen können:
Elegia - Giorgio Costantini (piano solo) - YouTube
Also: es ist definitiv weder eine halbe Ewigkeit noch eine bedingungslose Selbstaufopferung nötig, um schön Klavierspielen zu erlernen.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück!
Michael
 
Lieber Michael,

Deine Antworten haben mich sehr angesprochen und "berührt" (Es sind oft die Zwischentöne und kleinen Nuancen, die etwas zum Klingen bringen.
Als "Anfänger" findet man sich ja oft, urplötzlich, atemberaubt, unter einer anrollenden Lawine von makellos weissen Selbstsicherheiten wieder.

Sind + bleiben wir nicht alle: Anfänger? (Wenn man´s nicht so sieht wie Marcel Proust: "Suche nicht die Vollkommenheit, Du wirst sie eh nicht erreichen")
Was+wer ist... ein Anfänger? Mein bisheriges Musikleben : Ein paar Jahre Klarinettenunterricht. Einige jahrzehnte klassischer Gitarre mit Unterricht.
Etliche Jahrzehnte: Spiel der Altblockflöte, Hausmusik mit anderen querbeet durch aberdutzende von Solo- und Triosonaten.
Das Klavier stellt für mich daher sowas dar wie "eine Begegnung der dritten Art".

Du sprachst von "einer sehr weitreichenden Frage" Allein dieser Satz traf wie ein Sonnenstrahl in mein Zimmer.
"Bin ich schlauer als zuvor?" "Geht was weiter?" Zwei Fragen - zwei Volltreffer! Ich hatte einige Stunden Klavierunterricht genommen.
Es hat ohne Frage einiges gebracht... "Schlauer" wurde ich jedoch eher auf diversen eigenen Suchpfaden. U.a durch diese Literatur:

Madeline Bruser: "The Art of Practicing".
Peter Feuchtwanger: "Klavierübungen"
Gerhard Mantel: "Einfach üben - 185 unübliche Überezepte für Instrumentalisten"
Seymour Bernstein: "Mit seinen eigenen Händen"
Seymour Bernstein: "Klavier-Choreographie - Grundlagen der natürlichen Bewegung am Klavier
Alan Fraser: "Die Kunst Klavier zu spielen - Ein neuer Zugang zur Technik des Klavierspiels" (DVD)
Seymour Fink: "Mastering Piano Technique - A Guide For Students, Teachers, and Performers (Buch + DVD)

Du sagst: "Sei nicht zu hart im Urteil". Auch damit hast Du einen Nerv getroffen. Was ich bisher selbst + von anderen über
gebräuchlichen Unterricht erfahren habe, hat eine gewisse Skepsis bei mir entstehen lassen... aus unterschiedlichen Gründen.

(das rührt offenbar auch daher, dass ich selbst über 25 Jahre als Hochschullehrer meine Erfahrungen in und mit der Lehre machen konnte.
Diese Lebensphase war für mich eine lebendige, intensive, lernreiche Zeit. Nicht zuletzt, weil meine Lehrtätigkeit bestimmt war durch die
kontinuierliche Suche nach kreativen Wegen der Vermittlung, nach "der" optimalen didaktisch/ methodischen Förderung der Studierenden.

Liebe Grüsse
 
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