Chopin Valse 64 2 Pedal

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Muse

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Wie würdet Ihr das rechte Pedal in dem Walzer einsetzen? Besonders interessiert mich, ob Ihr die sechszehntel Pause in Takt 3 mit Pedal übergeht, oder wie z.B. Horowitz das Pedal ganz weg nehmt. Takt 33-64 spielen einige Pianisten ohne Pedal (?). Wie seht ihr das?

P.S. Ich übe auf einem alten Clavinova. Ist es da überhaupt möglich, mit dem rechten Pedal zu differenzieren ("sanft" bis "vollgas") ?

Rubinstein:
http://www.youtube.com/watch?v=2WpDH5zbhIk

Kissin:
http://www.youtube.com/watch?v=RV-l8GG_mEs

Horowitz:
http://www.youtube.com/watch?v=5SVW_O5DlQM

Cortot:
http://www.youtube.com/watch?v=dMehaq72lLk
 
Hi Muse,

ich meine, das Differenzieren des Pedals auf einem Digitalpiano ist kaum möglich. Keinesfalls vergleichbar mit den Möglichkeiten an einem Flügel.

Ich lasse auch ein Luftloch bei der Pause. Sie steht doch nicht umsonst da?!:)
Und eleganter klingts außerdem.
Ansonsten ist wohl die Interpretation und der Gebrauch des Pedals Geschmackssache.
Auch die von Dir angeführten Interpreten benutzen es sehr unterschiedlich.

LG
violapiano
 
Wie würdet Ihr das rechte Pedal in dem Walzer einsetzen? Besonders interessiert mich, ob Ihr die sechszehntel Pause in Takt 3 mit Pedal übergeht, oder wie z.B. Horowitz das Pedal ganz weg nehmt. Takt 33-64 spielen einige Pianisten ohne Pedal (?). Wie seht ihr das?

P.S. Ich übe auf einem alten Clavinova. Ist es da überhaupt möglich, mit dem rechten Pedal zu differenzieren ("sanft" bis "vollgas") ?

Rubinstein:
http://www.youtube.com/watch?v=2WpDH5zbhIk

Kissin:
http://www.youtube.com/watch?v=RV-l8GG_mEs

Horowitz:
http://www.youtube.com/watch?v=5SVW_O5DlQM

Cortot:
http://www.youtube.com/watch?v=dMehaq72lLk


Hallo Muse,

ob du eine Pause auch mit dem Pedal machst oder nicht (beides ist möglich), hängt davon ab, welchen Charakter du dieser Stelle geben willst.

Wenn du einen verspielten graziösen und möglichst großen Kontrast zum ersten Takt mit seiner ruhigen Weite haben willst, könntest du eine echte Pause machen, wenn der Kontrast nicht so groß sein soll, kannst du mit dem Pedal die Pause überbrücken. Wie soll überhaupt der Charakter dieses 1. Teils sein? Auch im Vergleich mit den anderen Teilen. Welches Tempo willst du?

All diese Fragen beschäftigen jeden Spieler dieses Stücks. Ich bin ein Fan davon, immer mehrere Varianten auszuprobieren und zu können und sich letztlich (vorübergehend? :p ) für eine zu entscheiden. Es gibt nicht die eine beste Lösung, es gibt nur deine persönliche Entscheidung, die du nach Abwägen, Hören und Wahrnehmen möglichst vieler Aspekte dieser Musik triffst und die nicht endgültig sein muss. Nur sollte man die Fähigkeiten erwerben, verschiedene Entscheidungen treffen zu können und deshalb eben verschiedene Möglichkeiten üben.

Beim 2. Teil ist es ähnlich, wobei er ja 3 mal (als Hälfte sogar 6 mal) vorkommt. Wahrscheinlich wird man ihn unterschiedlich spielen - mal mit, mal ohne Pedal, wobei sich auch ein kurzer Pedaltritt auf der "1" anbietet, mal lauter, mal leiser, mal verschieden artikuliert oder auch mal den Daumen der rechten Hand als Stimme herausgehoben.

Es kommt immer darauf an, was du für eine Geschichte erzählen willst. Nach dem wunderschönen langsamen Mittelteil wird der nachfolgende schnellere Teil sicher anders klingen als beim ersten Mal ................ .

Viel Spaß und liebe Grüße

chiarina
 
Op. 64-2 ist interpretatorisch spannend.
Man kann noch folgende interessante Versionen ergänzen (auch bei YouTube zu finden):

Alfred Grünfeld: maximal trocken im 3. Takt
Grigori Ginzburg: Betonte zweite Note - gibt dem Ganzen irgendwie einen russischen Touch. Sehr ausgewogene Version.
Ignaz Paderewski: die ersten drei Noten mit Schwung genommen, in der Manier slawischer Volkstänze.
Aleksander Michalowski: Holla, der B-Teil! Sagte nicht jemand, das ist wie ein Tanz im Rausch? Hier ist er!
Dinu Lipatti: B-Teil zuerst mit Pedal, dann trocken. Im A-Teil ausgesprochen rhythmisch.

Die haben alle etwas für sich.

Der 3. und 4. Takt können für meinen Geschmackl übrigens rhythmisch etwas unterschiedlich sein im Sinne von "call and response", z.B. 3. Takt poco rubato, 4. Takt a tempo.

Wichtig ist Deine persönliche Deutung des Werkes. Ist der A-Teil traurig? Auf welche Art? Wie groß soll der Kontrast zum B-Teil sein? Rauschhaft oder tänzerisch? Ist der C-Teil heiter, träumerisch oder in Wirklichkeit trotzig? Ist die Wiederholung des A-Teils zornig oder reminiszent? Etc. Etc. Oder soll sich vielleicht doch alles dem Gebot von Ebenmaß und Gesanglichkeit unterordnen (s. Rubinstein)?

Persönlich würde ich übrigens das Pedal im 3. Takt nach der 1 weglassen, und bei der Wiederholung des A-Teils vielleicht halten (wenn es in die Architektur der jeweiligen Deutung passt). Den B-Teil zuerst mit Pedal auf der 1, dann mit Pedal bis zur 3, dann ganz ohne. Schwierig zu beschrieben, diese subtilen Unterschiede ;-)

Viele Grüße

Michael
 
Schwierig zu beschrieben, diese subtilen Unterschiede ;-)

Nicht nur diese - schon allein der Notentext gibt im Detail manche Rätsel auf:
1. So ist bzgl. der Pedalisierung einige Uneinheitlichkeit festzustellen - etwa das piu mosso Ritornell ist von Chopin recht dicht pedalisiert, was allerdings nicht als Zwang aufgefasst werden muss (oft genug wird die oder andere Wdh spärlich bis gar nicht pedalisiert)
2. Uneinheitlich ist auch, warum mancher Bass als Halbe oder als punktierte Halbe notiert wird, mancher andere hingegen nicht (wobei stets auch leicht unterschiedliche Pedalangaben hinzukommen)

Walzer für Klavier in den 40er Jahren des 19. Jh. waren überwiegend Salonmusik, gleichsam Gebrauchsmusik für das gehobene Bürgertum und die Aristokratie. Wie immer, wenn Chopin sich solchen Gattungen zuwendet, passiert mehr - so auch hier: in das Salonstück kommt ein Oszillieren zwischen mondäner Eleganz und Melancholie. Wohin und wie sehr das einkomponierte Stimmungspendel ausschlägt, mal in Richtung der quasi aristokratischen Oberfläche, mal in Richtung der subjektiven Melancholie, ist eine Entscheidung des Spielers. So kann das piu mosso durchaus als beinah keckes motorisches Intermezzo kontrastieren, es kann auch wie ein Schattenwalzer, wie ein Totentanz wirken - ebenso kann es infolge der häufigen Wdhs zwischen beiden Extremen changieren (das scheint mir die beste Lösung zu sein). Relevant aber ist, dass die von Chopin vorgesehene Echowirkung realisiert wird (jeder zweite ausnotierte Durchgang ist pp vorgeschrieben!)

Die 16tel-Pause im Hauptmotiv oder Motto des Walzers: sie bedeutet in jedem Fall ein Aufheben und damit einen Kontrast zu den beiden Legatosexten des Beginns - damit wirken sie wie ein fast lockerer, tänzerischer Kommentar zur ersten Geste (expressive Sexten). Allerdings steckt ein Hauch melancholischer Dissonanz in diesem Takt (Takt 3), denn das h des Vorschlags in der Melodie dissoniert mit dem #h der Gis-Dur Harmonie. Ob mit ob ohne Pedal: man könnte, wie schon vorgeschlagen, beide Wege wählen - es wird ja wiederholt.
 
Vielen Dank für die Anregungen. Ich bin echt beeindruckt und überrascht. Neben den tollen Hinweisen zur Technik und Historie habe ich mich besonders darüber gefreut, dass ich mit jedem Stück eine Geschichte erzählen darf, kann oder muss. Sehr viel auf einmal. Bisher war mir wichtig, dass es gut klingt, Spaß macht und ich keine Fehler mache. . .

Ganz liebe Grüße

Muse

;)
 

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