Brahms Intermezzo Op. 118 Nr. 4 f-moll

Hellas

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Zum besagen Stück habe ich leider noch nichts auf dem Forum hier gefunden. Ich habe dazu eine Frage die Pedalisierung des Mittelteils betreffend, aber weitere Fragen oder Anmerkungen können hier gerne angehängt werden.

Ich nutze eine Ausgabe des Op. 118 vom Wilhelm Hansen-Musikverlag aus Kopenhagen, Edition 3170.

Den Anfang des ruhigen Mittelteils hänge ich als Notenbild hier an.

Brahms118_2_Mitte1.png

Er beginnt mit dem As-Dur-Auftakt, der bei mir auf der vorigen Seite zu sehen ist. Hier auf Seite 14 wird in den ersten vier Takten immer zum Taktbeginn pedalisiert. Danach steht Ped. simile, d.h. ich pedalisiere den ganzen Mittelteil so weiter. Die Pedalsternchen in den ersten beiden Takten kann ich doch genauso weiterführen, aber im Prinzip handelt es sich doch nur um schnelle Pedalwechsel? Hier bei mir höre ich im Bass kurz für die erste Viertelnote des Taktes immer reine Oktaven, ohne die Akkorde im oberen Bereich.

Wenn ich mir nun verschiedene Aufnahmen auf YT anhöre, dann wird sehr oft nur alle zwei Takte pedalisiert. Hört sich auch sehr schön an, aber ist es von Brahms so gewollt oder habe ich in meiner Ausgabe die Pedalzeichen eines Herausgebers?

Weiss da jemand mehr zu?
 
Heute durfte ich an einem Meisterkurs an unserem Konservatorium teilnehmen (mein allererster). Es gab wohl Schülermangel. :-DDa konnte ich meine Fragen natürlich gut anbringen und habe gute Antworten und viel Tips erhalten. Es war also ein durchweg positives Ereignis für mich. Die Pedalisierung des Mittelteils mache ich weiterhin wie oben von mir beschrieben. In die Akkorde soll ich noch versuchen eine andere Klangfarbe zu erreichen und dafür die Tasten mehr "streicheln", d.h. die Finger nicht nur runterdrücken sondern auch gleichzeitig zu mir heranziehen. Jetzt geht die Arbeit an dem Stück mit dem neuen Input also immer noch weiter.
Für eigene Zwecke durfte ich meine Stunde aufzeichnen. Bei der Vorstellung des Stücks bin ich noch alleine auf der Bühne, deshalb stelle ich den Mitschnitt hier mal ein. Ich bin ganz zufrieden, dass ich trotz Nervosität und einiger hörbarer Fehler irgendwo in der Mitte trotzdem dringeblieben bin. Meine Gedanken gehen ja meist beim Vorspielen mit mir durch. Diesmal war es : "Sch...ade, ich habe meine Brille vergessen. Kann ich alle Noten überhaupt erkennen?"



Um die Verbesserungsvorschläge hörbar zu machen, bedarf es längerer Videobearbeitung der Aufnahme von heute. Vielleicht mache ich später lieber eine ganz eigene Aufnahme, wo ich versuche alle Tipps umzusetzen. Das kann aber dauern. :003:
 
Oh wie cool!! Danke für den Mitschnitt :) immer spannend!

Das mit den Akkorden habe ich auch „umlernen“ müssen und muss sagen dass ich das gern früher gewusst hätte. Zu mir hat man gesagt „man spielt von unten nach oben, nach links und rechts, vor und zurück aber niemals von oben nach unten“. Und es ist wahr, kontrollieren lässt sich das wenn man konsequent aus der Taste spielt, dann kann man auch Akkorde sicher „Bass und Oberstimme gewichten“. Ich muss das echt noch üben, aber ich achte jetzt drauf. Das was du mit streicheln bezeichnest wurde mir so erklärt, durch den Weg den man zurück legt, hat man viel mehr Abstufungen für Dynamik als wenn man einfach den kürzesten Weg „von oben runter“ wählt.

Echt spannend. Bin gespannt wie es mit dem Stück weitergeht :)
 
Ok, ich versuche, mich etwas genauer auszudrücken. Ich meine die Oktaven in Takt 2, 4, 6, 8 usw. im obigen Ausschnitt. Rechte Hand die Achtel und linke Hand die punktierte Viertel. Es erklingt eine Oktave wegen des Pedals auf der ersten Viertel, bis auf der zweiten Viertel der Akkord rechts dazu kommt.
 
Die Überkreuzung ist doch so im Notenbild notiert. Die Oktaven nur links spielen ist auch deshalb schwierig, weil die Linke ja anderweitig beschäftigt ist ;-) Für mich ich es ja auch logisch und richtig, wenn man nur die Oktave hört. Nur wird in Aufnahmen teils auch ganz anders pedalisiert. Darüber wundere ich mich eben.
 
Die Überkreuzung ist doch so im Notenbild notiert. Die Oktaven nur links spielen ist auch deshalb schwierig, weil die Linke ja anderweitig beschäftigt ist
Ja, ist wohl so notiert.
Frage ist, ob man sich sklavisch daran halten muss
Die Oktaven nur links spielen ist auch deshalb schwierig, weil die Linke ja anderweitig beschäftigt ist
Aber man hat doch jeweils fast den ganzen Takt Zeit, die Handposition zu wechseln.
Wg. des Pedals muss man ja die punktierten Viertel nicht über den gesamten Wert gedrückt halten, somit hat man genügend Zeit, den Griff zu wechseln.
Müsste nochmal recherchieren, ob ich es in einer seiner Publikationen gelesen oder in einem seiner Videos gesehen habe: Seymour Bernstein spricht da über den augenscheinlichen, bzw. vermeintlichen Unsinn von Pausen nach angeschlagenen Noten, obwohl diese gleichzeitig pedalisiert werden, wodurch sie ja trotz der notierten Pause weiterklingen.
Er sagt, dass diese Pausen Spielanweisungen der Komponisten sind, um dem Spieler die Möglichkeit zu geben, ihre Handpositionen ohne Hektik wechseln zu können.
 
Man darf halt nicht glauben, dass "alle nötigen Tasten gedrückt" schon ausreicht und als "funktionierend" gilt...

Als guten Anfang würde ich das trotzdem schon einmal bezeichnen. Ab da kann man dann nämlich weitermachen, besser zuhören und an vielen noch im Nebel lauernden Details arbeiten. Ab diesem Punkt ist es dann auch deutlich hilfreicher und befriedigender, sich selbst aufzunehmen und davon zu lernen, Nur mit Ausschnitten zu arbeiten macht bei Aufnahmen kaum Spaß, weil die gesamte Linie fehlt.

Und hielte ich mich sklavisch an Brahms' Verteilung der Hände, hätte man mich schon längst wo einweisen können. Erlaubt ist, was funktioniert und ob's funktioniert, hört man dann, wenn man sich selbst zuhört.
 
Als guten Anfang würde ich das trotzdem schon einmal bezeichnen.
Natürlich. Nötig, aber nicht hinreichend.
Es ist nur leider nicht immer so, dass der Fingersatz, der einen am leichtesten alle nötigen Tasten drücken lässt, auch am leichtesten die einzelnen Stimmen herausarbeiten lässt.

ja
 

In diesem Fall würde ich sehr davon abraten, die Handverteilung zu ändern. Zum einen ist die sehr bequem und die fließende Choreografie macht enorm Spaß, zum anderen wird man den wunderbaren Kanon zwischen rechter und linker Hand kaum selbst erspüren, wenn man hier "schummelt". Die Zuhörer erst recht nicht.
 
habe ich in meiner Ausgabe die Pedalzeichen eines Herausgebers
Die Pedalangaben stehen so *) auch im Erstdruck und stammen sicher von Brahms selbst. Ob man sich da akribisch dran halten soll, ist eine andere Frage. Wer weiß, ob Brahms selbst sich da immer dran gehalten hat. Zwischen vollständigen Pedalwechseln und halben Pedalwechseln gibt es eine große Bandbreite, die auch im 19. Jahrhundert schon genutzt, aber niemals notiert wurde. Die Pedalangabe dient vielleicht eher dazu, das Konstruktionsprinzip der Stelle zu verdeutlichen als tatsächlich eine verbindliche Anweisung sein zu wollen. Wenn man die Musik mit anderer Pedalverwendung plausibel darstellen kann, ist das sicher legitim und im Sinne des Komponisten.

*) genauer: Fast so - die Sternchen fehlen.
 
Danke, @mick , das ist eine wertvolle Information für mich. Ich habe an dem Stück ja noch lange zu knabbern und werde die verschiedenen Vorschläge von euch allen sicherlich ausprobieren, um die für mich passendste Lösung zu finden. :003:
 
Quellenforschung bei Brahms ist wirklich eine spannende Sache. Einerseits hatte er eine tatsächlich gut leserliche Notenschrift und ich kann in dem Zusammenhang unbedingt die Ausgabe der Wien Urtext Edition der drei Intermezzi Op. 117 empfehlen, weil ein Faksimile der handschriftlichen Fassung als "Goodie" beigefügt ist. Andererseits ist das nicht immer eine wirkliche Urtextausgabe, also die Handschrift.

Für Op.118 gibt es dies hier:


Eine Abschrift vom Originalmanuskript, mit Anmerkungen von Brahms selbst; danke, Julliard School!

Für weitergehendes Material zur Authentizität von Manuskript, Kopien und Erstausgaben gibt es hier ein umfangreiches Schriftwerk: https://www.jstor.org/stable/932975

Es handelt sich um ein Public Access Journal, daher guten Gewissens der Artikel als PDF angehängt, unbedingt lesenswert.
 

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  • Brahms-reliable-editor.pdf
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Danke @OE1FEU ! Super interessant! Soweit war ich auf meiner Entdeckungsreise noch gar nicht gekommen. Da habe ich in dem Manuskript gleich zu Anfang auf dem ersten Ton zu überlegen, ob es sich mehr um ein Akzentzeichen oder ein Diminuendo-Zeichen handelt (die werden zum Ende des Stückes hin immer kleiner ;) und ob es für mich überhaupt einen Unterschied macht :004:
 
Gerhard Oppitz soll Brahms übrigens nur nach Originalhandschriften spielen.
 
Die Pedalangaben stehen so *) auch im Erstdruck und stammen sicher von Brahms selbst. Ob man sich da akribisch dran halten soll, ist eine andere Frage. Wer weiß, ob Brahms selbst sich da immer dran gehalten hat. Zwischen vollständigen Pedalwechseln und halben Pedalwechseln gibt es eine große Bandbreite, die auch im 19. Jahrhundert schon genutzt, aber niemals notiert wurde.
Dazu kommt, dass das Pedal auf einem Instrument des 19. Jhdt evtl. eine andere akustische Wirkung hatte. Brahms hat nicht auf einem modernen Konzertflügel komponiert. Wenn Brahms' Instrument zB viel kürzeren Sustain hatte, konnte er großzügiger mit dem Pedal sein.
Statt exakt die Pedalzeichen zu befolgen, sollte man den Zweck erahnen und den Klang dann möglichst auf dem modernen Instrument entsprechend gestalten. Oft leichter gesagt als getan.
 

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