Angenehme Bewegungsformen

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Alter Tastendrücker

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31. Aug. 2018
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Immer wieder liest und hört man den englischen Dummspruch: "Without pain no gain!"
Wie wichtig sind Euch sich angenehm anfühlende Spielbewegungen. Welche Rolle spielen unforcierte Bewegungsbilder beim Üben, Einstudieren und Spielen.
 
es kommt darauf an, wie ich es sehe:

Als Herausforderung, dann hänge ich mich rein und versuche die Herausforderung anzunehmen. Je größer die Herausforderung, umso schöner schmeckt nachher der Erfolg.

Oder ich sehe es als unüberwindbar und gebe auf. Wobei dies meine ungeliebteste Option darstellt. Als ich noch sportlich unterwegs war, hat unser Trainer immer gesagt: "Aufgeben tut man Briefe, sonst nix!" Allerdings sollte man die eigenen skills einigermaßen realistisch einschätzen können. Ein guter KL ist hier eine prima Hilfe.

Ich hoffe, ich hab Deine Thematik nicht falsch verstanden. Wenn ja, dann sorry für den Schmarrn.
 
In Anbetracht der Tatsache, dass unter jungen Pianisten Geschichten wie Sehnen- und andere Überlast-Probleme und die fokale Dystonie grassieren halte ich das Thema schon für recht wichtig!
 
In Anbetracht der Tatsache, dass unter jungen Pianisten Geschichten wie Sehnen- und andere Überlast-Probleme und die fokale Dystonie grassieren halte ich das Thema schon für recht wichtig!

Oh, doch ein Missverständnis!
Natürlich halte ich das Thema für diskussionswert, sonst hätte ich nicht geantwortet. Ich war mir nur nicht sicher, ob ich die Inhaltsthematik richtig erfasst habe. Deshalb der letzte Satz. Es ging also um meinen geschriebenen Schmarrn, nicht darum, dass ich das Thema als Schmarrn ansehe.

Die Problematik der gesundheitlichen Schäden vergleiche ich mit dem Leistungsdruck z.B. bei Spitzensportlern. Dort werden Verletzungen billigend in Kauf genommen, um extreme Leistungen zu erreichen. Und dies findet man also auch bei jungen Pianisten. Da ich bei beiden Termini passen muss, kann ich lediglich aus dem off meine Meinung äußern und die lautet für Amateure oder Gelegenheitsspieler wie o.a..

Natürlich spiele ich lieber Akkorde oder Läufe, die bequem zu greifen sind. Ob dies dann halt richtig nach schöner Musik klingt und ob ich mich damit zufrieden gebe ist die andere Frage. Man wächst ja mit seinen Aufgaben. Wenn ich ehrgeizig genug bin, die ständig schwieriger werdenden Aufgaben in Angriff zu nehmen ist das toll und ich werde hoffentlich auch eine Entwicklung nach oben sehen. Wenn es zu schwierig wird und ich merke, dass ich eine weitere Steigerung nur mit dem Risiko der eventuellen gesundheitlichen Schädigung (z.B. durch zu langes wiederholtes Einüben schwieriger Griffe) erkaufen kann, dann sage ich persönlich: Nein, das ist es mir nicht wert.

Aber wenn ich als Pianist damit mein Geld verdienen müsste, hätte ich wahrscheinlich ein Problem.
 
Hallo Alter Tastendrücker,
ich finde das Thema sehr interessant. In Deinem Post kamen nun die zwei Extreme: Schmerzen und „es fühlt sich angenehm an“ zusammen. Meiner Meinung nach sollte man das getrennt betrachten. Wenn ich beim Spielen echte Schmerzen verspüre, höre ich mit dieser Bewegung auf. Ich gehe dann davon aus, dass sie meinem Bewegungsapparat nicht gut tut.
Allerdings suche ich beim Spielen auch nicht nach dem guten angenehmen Gefühl, denn das ist doch eher unzuverlässig als Indikator dafür, dass ich etwas richtig mache. Man brauch sich ja nur Jugendliche anzuschauen, die auf Stühlen sitzen: das fühlt sich jetzt für sie angenehm an wie sie sitzen, aber die Schäden für den Rücken merken sie erst Jahre später.
 
Ich orientiere mich am Klang, der bestimmt die Bewegung bzw. die Vorstellung, wie es klingen soll hilft der Suche nach der zweckmäßigen Bewegung, die sich möglichst leicht, bequem und ökonomisch anfühlen soll.
 
Hallo Peter Meise,

von gradem und rechtwinkeligem Sitzen ist in meinem Beitrag nicht die Rede. Das ist nicht das Ideal in meinem Kopf, ist schon ausgerottet ;)
Eine völlig zusammengesackte Wirbelsäule wird von vielen als bequem bezeichnet. Kann ja auch sein, dass sich das so anfühlt, ist allerdings für den Rücken genausowenig ideal wie Dein von Dir angeführter Strohmann.
Der Punkt den ich zu verdeutlichen versuchte war, dass Gefühle unzuverlässige Ratgeber für die Zweckmässigkeit von Bewegungen sind.
 
Entscheidend sind ZWECKMÄSSIGE Spielbewegungen, die dergestalt sind, dass möglichst ungehindert der Klangwille auf das Instrument umgesetzt wird und körperliche Schäden vermieden werden.

Gibt es zweckmäßige Spielbewegungen, die sich "unangenehm anfühlen"? Nein. Wenn es sich unangenehm anfühlt, weiß man, man macht was falsch.

Im Unterschied zu irgendwelchen Krafttrainingspraktiken gibt es hier auch kein unangenehmes Anfangsstadium, durch das man erst mal durch muss, bis sich irgendwelche Muskeln aufgebaut haben und man sich dran gewöhnt hat. Daher gilt der vorige Absatz auf ALLEN Fertigkeitsstufen von Spielern.

Thema beendet. Schönen Sonntag noch!
 
Wie wichtig sind Euch sich angenehm anfühlende Spielbewegungen. Welche Rolle spielen unforcierte Bewegungsbilder beim Üben, Einstudieren und Spielen.
Ich hatte aus meiner Keyboard-Phase ein paar unzweckmäßige Grifftechniken mitgenommen, die mir beim Wiedereinstieg ins Klavierspiel etwas zu schaffen machten. Also habe ich auf meiner etwas leichter gewichteten digitalen Hammermechanik fortwährend an einer besseren und angenehmeren Technik gearbeitet. Die Signale des Körpers wurden immer beachtet und das Üben bei Problemen sofort beendet.

Die langwierige Korrektur hat sich dieses Jahr ausgezahlt, als ich auf eine deutlich schwerere Mechanik umgestiegen bin, was keinerlei Mühe bereitete.
 

Wie wichtig sind Euch sich angenehm anfühlende Spielbewegungen. Welche Rolle spielen unforcierte Bewegungsbilder beim Üben, Einstudieren und Spielen.

Was unangenehm ist, ist falsch. :001:

Heißt umgekehrt: Sollte etwas wehtun, hat man irgendetwas nicht richtig gemacht. :005:





Ich glaube übrigens, der Begriff pain in dem zitierten Sinnspruch bezieht sich keinesfalls auf "algische" Schmerzereignisse, sondern auf die als möglicherweise unangenehm/peinvoll empfundene Überwindung der naturgegebenen Trägheit (die auf gnadenloses Ressourcenmanagement programmiert ist). Der Schmerz resultiert aus dem Tritt in den A***, den man sich mitunter selbst versetzen muss.
 
Ganz so schlicht ist es dann doch nicht. Unangenehm wird auch häufig etwas empfunden, wenn es ungewohnt ist. Wenn man genauer nachfragt merkt man: Menschen verwenden diese Begriffe manchmal synonym. Ungewohnte Bewegungen sind aber nicht per se unzweckmässig.
Wenn man unangenehm mit schmerzhaft übersetzt stimme ich euch zu, dann ist etwas falsch.
 
Heißt umgekehrt: Sollte etwas wehtun, hat man irgendetwas nicht richtig gemacht. :005:

Stimme dem uneingeschränkt zu.

Ich hatte allerdings auch schon die unangenehme Erfahrung mit einer Sehnenscheidenentzündung gemacht. Ich habe recht kleine Hände, kann eine Oktave zwar ohne Probleme greifen, muss die Hand dafür aber schon sehr spannen. Im Normalfall alles easy. Wenn ich aber seitenweise im Presto Oktavläufe hinlegen muss, werde ich über kurz oder lang Schmerzen bekommen. Mit größeren Händen wäre meine Bewegung weniger verspannt, aber ist nunmal nicht.

Also kann ich in dem Fall doch nur entscheiden: spielen mit Risiko von Schmerzen oder gar nicht spielen. In meinem Fall ist das alles recht uninteressant, aber als Profi?
 
Also kann ich in dem Fall doch nur entscheiden: spielen mit Risiko von Schmerzen oder gar nicht spielen.
Oder Instrument anpassen.
In meinem Fall ist das alles recht uninteressant, aber als Profi?
Profi wirst du nur mit den passenden anatomischen Voraussetzungen. Bei Pianisten betrifft in erster Linie die Hände. Also stellt sich die Frage gar nicht.

Du wirst auch mit 1,60 m kein Basketball-Profi. Egal wie ungerecht das jemand findet. ;-)
 
Immer wieder liest und hört man den englischen Dummspruch: "Without pain no gain!"

Den Spriuch habe ich noch nie gesehn. Ich kenne aber
https://en.wikipedia.org/wiki/No_pain,_no_gain

Wie wichtig sind Euch sich angenehm anfühlende Spielbewegungen. Welche Rolle spielen unforcierte Bewegungsbilder beim Üben, Einstudieren und Spielen.

Ich interpretiere "no pain, no gain" eher als: Zum Weiterkommen muss man die Komfort-Zone verlassen.

Beim physischen Schmerz will einem der Körper etwas sagen und man man wissen, was. Ignoranz oder Fehlinterpretation kann schädlich sein.

Gegenbeispiel:
Ich hatte eine Zeit Knieschmerzen, hatte ich sonst nie. Ich fand heraus, dass ich beim Bedienen er Pedale beim Auto fahren die Fußspitzen nach außen gedreht hatte. Konsequent dagegen gearbeitet und die Knieschmerzen waren weg. Einen Trainingseffekt hatten die Schmerzen nicht, sie zu ognorieren wäre töricht gewesen.

Beispiel:
Erst im zarten Alter von 26 Jahren hat mir einer gesagt: Ja, die Übung kann bei Dir nicht funktionieren, Du hast ein Hohlkreuz. Daraufhin habe ich meine Bauchmuskulatur und mein körpergefühlt trainiert, wo die Hüfte hin muss. Das war am Anfang etws anstregend und sah bestimmt dämlich aus (alle 20 m stehen bleiben und Hüftposition korrigieren), aber ich bin es los geworden. Es fühlte sich komisch und unnatürlich an anfangs, aber ich wusste besser, wo die Hüfte hingehört.


Vom Saxophonspielen kenne ich auch: Bewegung darf nicht weh tun. Gurt und Saxophon an den Körper anpassen, nicht umgekehrt. Keine unnötigen Verspannungen.

Und noch weiter: Bei einer Bach-Bouree auf Sopransaxophon hatte ich immer Luftprobleme. Wurde besser mit üben, aber nicht wirklich gut. Und dann verscuhte ich mich beim Spielen zu beobachten und stellte fest: Weil das Stück so fordend war, habe ich mich unnötig verspannt. Dann habe ich das Stück gespielt und bewusst in der Anstrengung des Spielens die Entspannung gesucht. Siehe da, klappte schon viel besser. No pain, no gain wäre: durchkloppen, man gewöhnt sich dran, sei keine Memme. Hätte mich nicht weiter gebracht.

Fazit: Ich bin eher aus der 'no brain, no gain'-Fraktion. Lieber Nachdenken statt hirnlos Durchkloppen. Dann weiß man, wo und warum man die Komfortzone verlässt. Oder was man ändern muss.

Liebe Grüße
Häretiker
 
Profi wirst du nur mit den passenden anatomischen Voraussetzungen. Bei Pianisten betrifft in erster Linie die Hände. Also stellt sich die Frage gar nicht.

Alicia de Larrocha hatte so kleine Hände, dass sie nach Berichten von Schülern aus Barcelona, mit denen ich gesprochen habe, Dehnübungen machen musste um ausgefüllte Oktaven (also rechts etwa c-e-c) greifen zu können! Und trotzdem war sie eine der größten Pianisten (ich benutze absichtlich die männliche Form um auch alle Männer einzuschließen!) des 20. Jh. !!
 
Wenn ich aber seitenweise im Presto Oktavläufe hinlegen muss, werde ich über kurz oder lang Schmerzen bekommen. Mit größeren Händen wäre meine Bewegung weniger verspannt, aber ist nunmal nicht.

Mal probiert, die Oktaven Läufe (wo!! Liszt Rhapsodie Nr. 6??) ganz langsam zu üben und auf jeder Oktave die Hand kurz liegen zu lassen, und die Hand dabei so weitgehend entspannen wie möglich!
Es ist ausgesprochen interessant zu beobachten, wie viel 'Luft' oft noch da ist, wenn man auf weiten und unbequemen Griffen kurz ruht!
Ebenfalls ziemlich nützlich ist es die Oktaven mit der sich öffnenden Hand sehr kurz anzuschlagen und in der Luft über der nächsten Oktave ein leichtes entspannendes Zusammenziehen der Hand zuzulassen, bevor dann mit der öffnenden Bewegung die nächste Oktave angeschlagen wird.
Im schnelleren Tempo bleibt von beiden Massnahmen nichts sichtbares mehr übrig, aber die stete Anspannnung ist gemildert!
Im übrigen habe ich öfters beobachtet, dass auch Pianisten mit großen Händen bei langen und lauten Oktavstrecken verkrampfen. Das hängt dann oft mir instabilen und lappigen Handformen zusammen!
 
Alicia de Larrocha hatte so kleine Hände, dass sie nach Berichten von Schülern aus Barcelona, mit denen ich gesprochen habe, Dehnübungen machen musste um ausgefüllte Oktaven (also rechts etwa c-e-c) greifen zu können! Und trotzdem war sie eine der größten Pianisten (ich benutze absichtlich die männliche Form um auch alle Männer einzuschließen!) des 20. Jh. !!
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