Schlechte Schüler: woran liegt das eigentlich genau?

Ich hatte mal ein fotografisches Projekt mit Kindern, das einen musikalischen Hintergrund hatte. Fazit: diese jungen Menschen (alle zwischen sieben und zehn Jahre alt) hab ich als sehr überfordert wahrgenommen. Keines dieser Kinder hatte einen freien Nachmittag in der Woche. Jeder Tag war voll. Schule und gefühlt Millionen Hobbys. Freies Spielen oder „ein freies in den Nachmittag hineinleben zumindest einen Tag in der Woche“ gab es hier nicht.
DAS ist meines Erachtens ein Kernproblem!

Was für eine furchtbare Kindheit heutzutage viele haben! Ich bin wirklich froh, in einer Zeit aufgewachsen zu sein, in der das anders war. In der die Situation NORMAL war: "Mensch, was mache ich denn jetzt mal? Draußen spielen? Baukasten? Ach nee, ich setze mich mal ans Klavier!"

Noch am Ende meiner Jugend, weiß ich noch gut, machten wir uns über andere unseres Alters lustig, die einen Terminkalender hatten, und betrachteten die als Wichtigtuer. Was man an wenigen Terminen so hatte, merkte man sich einfach problemlos (oder hatte ggf. einen kleinen Zettel, auf den man vereinzelt was schrieb).

So wie es heute läuft, wird jegliche Kreativität und auch jede Möglichkeit des Meisterns einer Sache getötet.
 
Der Punkt, den viele nicht verstehen oder kennen: Kreativität entsteht oft dann, wenn das Gehirn gerade nichts zu tun hat. Also beim Duschen, beim Einschlafen, beim Zugfahren, beim Anstehen. Oder wenn Kindern langweilig ist!

Und: Ich bin sicher, dass das Gehirn lernen kann, kreativ zu sein und zu denken. Für jeden Kreativbereich neu (Improvisieren, Schreiben, Dichten, Problemlösung, Werken, ...)
 
[...]
Ich hatte mal ein fotografisches Projekt mit Kindern, das einen musikalischen Hintergrund hatte. Fazit: diese jungen Menschen (alle zwischen sieben und zehn Jahre alt) hab ich als sehr überfordert wahrgenommen. Keines dieser Kinder hatte einen freien Nachmittag in der Woche. Jeder Tag war voll. Schule und gefühlt Millionen Hobbys. Freies Spielen oder „ein freies in den Nachmittag hineinleben zumindest einen Tag in der Woche“ gab es hier nicht.
[...]

...und nun auch noch das fotografische Projekt dazu.

Da hätte ich gestreikt, außerdem habe ich, wenn ich so nachdenke, z.B., früher nur das gemacht, was mir Spaß gemacht hat und was mich erfüllt hat. Und gottlob: Meine Eltern haben mir GAR NICHTS vorgeschrieben.

LG, OllI!
 
Ich habe Schwierigkeiten damit, pauschale Aussagen über Jugendliche zu treffen. Welche Vergleichsparameter stehen uns eigentlich zur Verfügung? Die rein zeitliche Betrachtung wird möglicherweise verzerrt durch räumliche Unterschiede, die von uns Betrachtern auf dem Konto des Zeitlichen verbucht werden. Zum Beispiel gab es in Süddeutschland schon vor 20-30 Jahren viel mehr gute Schulorchester als in Norddeutschland. Jemand der in den Norden gezogen ist, könnte nun sagen: Früher gab es viel bessere Schulorchester. Eine valide Aussage über einen Kulturverfall ist das aber nicht.

Wenn ich mir ansehe, was die Jugendlichen von heute so alles auf die Beine stellen, und das mit meiner eigenen Jugend vergleiche, fällt mir heute viel mehr Eigeninitiative auf. Da werden Schülerbands gegründet, es werden Bandcontests als Schulkonzert von Schülern selbst ins Leben gerufen und organisiert, im Musikunterricht ergreifen Schüler die Initiative und bieten ihren Musiklehrern an, ihren Mitschülern den Cup-Song beizubringen.

Vielleicht ist das auch nur eine begrenzte und nicht repräsentative Wahrnehmung, aber solche Dinge habe ich während meiner eigenen Schulzeit nicht erlebt.
 
Heut ist vieles anders....ich hatte als Kind keinen Computer, kein Smartphone keine Spielekonsole....bin also arg kurz gehalten worden....was also blieb mir außer Klavierspielen?
 
Ich habe Schwierigkeiten damit, pauschale Aussagen über Jugendliche zu treffen.
Ich habe vor Allem Schwierigkeiten damit, solche Aussagen zu lesen. :-D
Manche schreiben wenigstens noch von subjektiven Eindrücken. Denn mehr ist es meiner Meinung nach nicht.
Ich habe hobbybedingt (bin halt ein kleiner Zockersuchti) öfter mit der "Jugend" zu tun. Den meisten kann ich in Sachen Durchhaltevermögen, Konzentration, Lernwillen nicht das Wasser reichen. Und das sind alles keine Begabten oder Schlauen sondern normaler Durchschnitt aus allen sozialen Bereichen.
Was viele "Alte" oft übersehen: Die Kultur hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Andere Dinge rücken in den Vordergrund, Sachen wie konventioneller Instrumentalunterricht in den Hintergrund. Man muss aufpassen, dass man seinen eigenen Vordergrund, mit dem man aufgewachsen ist, nicht als Basis nimmt, um heutige Jugend zu bewerten.

Was die übervollen Terminkalender betrifft: In meiner Blase chillen die Jugendlichen heute noch genauso oft gelangweilt herum wie früher: "Faules Pack, zu nichts Lust, zu nichts zu gebrauchen, zieh doch mal eine Sache richtig durch Junge!".

Wäre es nicht viel schlauer, mal darüber nachzudenken, wie man Instrumentalunterricht an die heutige Kultur anpassen kann?
 
Wollen wir denn nichts verkaufen? Ich meine jetzt nicht "Klavierlehrerstundeneuros", sondern "Freude am Musik machen"? Wenn das nicht mehr mit "Ziel ist, Mozartstücke fehlerfrei spielen können" funktioniert, sondern vielleicht mit Skyfall und Adele, dann muß man sich überlegen, ob es einem um einen definierten Musikkanon mit definierter Musikdidaktik geht, oder um etwas abstrakteres, wie eben "Freude an Musik".
 
Ich sag mal so - ich hatte an der Musikschule eine Kollegin noch so richtig vom "altem Schlag" (gerad daß sie ihre Schüler ned verdroschen hat) - ihre restriktive und arg konservative Methodik, hat ihr schon recht guten Erfolg gebracht. Ich für meinen Teil hätte sie als Klavierschüler für einen garstigen alten Besen gehalten wo man den Unterricht besser schwänzt , wenn man ned g´scheit geübt hat.
 

Ne, die Meisten wollen doch nur irgendwie möglichst aufwandarm überleben, obwohl es nicht zum Starpianistehn gereicht hat.

Was heißt da "nicht gereicht?" Sechser im Lotto ist leichter zu erzielen als Starpianist zu werden. Was bleibt denn den Leuten außer zu unterrichten? Schlimm finde ich wenn Menschen welche ansich keine Ahnung haben, den Pianisten, welche vom Unterrichten leben müssen, die Schüler wegnehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hanon sicher nicht. Der war nicht mal ein professioneller Musiker, geschweige denn Klavierpädagoge.

Ist bekannt. Seine Übungen sind auch stark umstritten - ich persönlich stehe dem nicht so ablehnend gegnüber….aber gut, Tanz und Unterhaltungsmusik ist jetzt auch nicht so die große pianistische Kunst. Fürchterlich fand ich Czernys Schule der Geläufigkeit...das hat mir keinen so rechten Spaß gemacht.
 

Das trifft glaube ich den Punkt, der so ziemlich das Hauptproblem der aktuell jungen Generation ist, weniger ein Problem er Klavierpädagogik.
Langeweile ist halt etwas, was man einem Kind nicht mehr zumuten darf. Es muss pausenlos passiv bespaßt werden, dadurch fehlt der Raum, eigenständig kreative Beschäftigungen zu finden.
 
der Raum, eigenständig kreative Beschäftigungen zu finden
kam bei einem Zwölfjährigen dadurch zustande, dass die Eltern ihm Smartphone-Verbot auferlegt haben. Er hat in dieser Zeit am Klavier ein Stück komponiert und war am Ende seinen Eltern sogar dankbar, dass sie das so durchgezogen haben.

Kreative Tätigkeiten, auch Schule, haben mit PS, instagram usw. eine riesige Konkurrenz. Das ist natürlich ein Widerspruch zu dem, was ich ein paar Beiträge weiter oben geschrieben habe. Aber vielleicht ist es ja so, wenn man „früher“ und heute miteinander vergleicht: Die Freaks, die Willigen, die für ihre Sache kämpfen, sind selbstbewusster und mutiger geworden und ziehen ihr Ding durch, während sich der andere Teil der „Jugend“ den temporären Reizen der Verführungen durch Medienkonsum hingibt. Und das ist heute vielleicht einfach offensichtlicher als früher., wo das Fernsehen in den geschlossenen vier Wänden stattfand anstatt des Smartphone-Konsums in der Öffentlichkeit.
 
Ich habe vor Allem Schwierigkeiten damit, solche Aussagen zu lesen. :-D
Manche schreiben wenigstens noch von subjektiven Eindrücken. Denn mehr ist es meiner Meinung nach nicht.
Ich habe hobbybedingt (bin halt ein kleiner Zockersuchti) öfter mit der "Jugend" zu tun. Den meisten kann ich in Sachen Durchhaltevermögen, Konzentration, Lernwillen nicht das Wasser reichen. Und das sind alles keine Begabten oder Schlauen sondern normaler Durchschnitt aus allen sozialen Bereichen.
Was viele "Alte" oft übersehen: Die Kultur hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Andere Dinge rücken in den Vordergrund, Sachen wie konventioneller Instrumentalunterricht in den Hintergrund. Man muss aufpassen, dass man seinen eigenen Vordergrund, mit dem man aufgewachsen ist, nicht als Basis nimmt, um heutige Jugend zu bewerten.

Was die übervollen Terminkalender betrifft: In meiner Blase chillen die Jugendlichen heute noch genauso oft gelangweilt herum wie früher: "Faules Pack, zu nichts Lust, zu nichts zu gebrauchen, zieh doch mal eine Sache richtig durch Junge!".

Wäre es nicht viel schlauer, mal darüber nachzudenken, wie man Instrumentalunterricht an die heutige Kultur anpassen kann?

In den Augen meiner Alten war ich viel zu viel unterwegs mit meiner Clique und dann diese Negermusik, die wir hörten. Herrje, wie schrecklich.

Wenn ich mal auf meiner Gitarre rumklimperte hieß es : „Hast du nix gescheites zu tun?"

Aus ihrer Sicht war wirtschaftliches Denken, das Streben nach finanzieller Sicherheit (Eigenheim u.s.w.) alles im Leben. Aus der Sicht der Kriegsgeneration ist das sogar verständlich.

Wir waren ungepflegt mit unseren langen Haaren, insbesondere die Jungs, waren nicht adrett gekleidet in Parka und Jeans, führten sinnlose Diskussionen über unwichtige Angelegenheiten und wenn wir über unsere Gefühle sprachen, war das Gefühlsduseleien, die uns vom Streben nach wirtschaftlicher Absicherung abhielten.

Ich hab immer gesagt, halt die Fresse,Marion, wenn ich mal irritiert vom Verhalten der heutigen Jugend war.
Wenn du jetzt in das gleiche Horn bläst, wie deine Eltern, dann bist du wirklich alt. :-)

Diese Kritik an der jeweiligen Jugend gibt es übrigens seit mehreren tausen Jahren.
 
In den Augen meiner Alten war ich viel zu viel unterwegs mit meiner Clique und dann diese Negermusik, die wir hörten. Herrje, wie schrecklich.

Wenn ich mal auf meiner Gitarre rumklimperte hieß es : „Hast du nix gescheites zu tun?"

Aus ihrer Sicht war wirtschaftliches Denken, das Streben nach finanzieller Sicherheit (Eigenheim u.s.w.) alles im Leben. Aus der Sicht der Kriegsgeneration ist das sogar verständlich.

Wir waren ungepflegt mit unseren langen Haaren, insbesondere die Jungs, waren nicht adrett gekleidet in Parka und Jeans, führten sinnlose Diskussionen über unwichtige Angelegenheiten und wenn wir über unsere Gefühle sprachen, war das Gefühlsduseleien, die uns vom Streben nach wirtschaftlicher Absicherung abhielten.

Ich hab immer gesagt, halt die Fresse,Marion, wenn ich mal irritiert vom Verhalten der heutigen Jugend war.
Wenn du jetzt in das gleiche Horn bläst, wie deine Eltern, dann bist du wirklich alt. :-)

Diese Kritik an der jeweiligen Jugend gibt es übrigens seit mehreren tausen Jahren.

Es wurde initial 0 die Jugend kritisiert sondern gesagt, Sie hat es besonders schwer wegen der vielen Ablenkung und den wenigen Ruhephasen.
Was manche so aus Texten herauslesen bzw. hineinprojezieren....

Als langhariger Negermusikhörer hattest Du bestimmt viel Langeweile zwischendurch. Beobachte doch mal die Jugend heute, wann man mal zur Ruhe kommt.

Ich bin zumindest froh, dass es das alles net gab - ich wäre superanfällig dafür gewesen. Klar gabs schon Computerspiele oder Videos - aber net so wie heute, in der Qualität, dem Umfang, mit allen Freunden im Spielteam mit Voicechat etc.
 
Diese Kritik an der jeweiligen Jugend gibt es übrigens seit mehreren tausen Jahren.

Eigentlich habe ich hier bislang weniger Kritik an der heutigen Jugend selbst gelesen. Eher an Zeitgeist und Problemen, die sich durch die Informationsflut, Digitalisierung (Überbevölkerung, Migration und Klimawandel ganz ausgenommen) ergeben.

Und z.B. vom 3.Jahrhundert bis zum 7. Jahrhundert hat es auch schon Zeiten gegeben, in denen es in Europa für längere Zeiten eher begab als bergauf ging.
 

Zurück
Top Bottom