Was macht ihr mit langsamen Schülern in der Stunde?

vielleicht habe ich deinen letzten Beitrag nicht richtig verstanden, aber du schreibst doch:
Ursprünglich war ich voller Elan dabei, den Schülern Stücke, Gehörbildung, leichte Theorie (zB. Unterschied und Bildung von Dur, Moll- Dreiklängen) usw beizubringen. Es wurden Stücke erst von mir vorgespielt und dann (ganz brav wie es im Studium gelernt wurde) ein wenig analysiert (welche Taktart, gibt es Wiederholungen, besondere Noten und Rhythmen, gibt es besondere Artikulation und Bögen...)...alle Parameter
 
G
vielleicht habe ich deinen letzten Beitrag nicht richtig verstanden, aber du schreibst doch:

Korrekt. Die beschriebenen Dinge wie "welche Taktart, gibt es Wiederholungen, besondere Noten und Rhythmen, gibt es besondere Artikulation und Bögen" sind ja eher grundlegende Kenntnisse und kein Profi-Niveau. Mit "wie es im Studium gelernt wurde" meine ich, wie man mit den Schülern an ein Stück rangeht , z.B. dass es zuerst vorgespielt wird, damit der Schüler überhaupt weiß, was Sache ist, und er dann mit dem Lehrer herausfindet, welche "Besonderheiten" es im Stück gibt.
 
Dann ist das Ganze in Richtung Motivation und Üben usw gegangen und irgendwie eskaliert :zunge:

Liebe Anna_,

"irgendwie" ist es nicht in eine zunächst unbeabsichtigte Richtung gegangen!

Einmal wurde auf deine Formulierung (Eingangsbeitrag) "die aus welchen Gründen auch immer nicht viel geübt haben" geantwortet, weil viele der Meinung waren, dass die Gründe für die weitere Methodik sehr wohl eine Rolle spielen.

Und zum zweiten hattest du im weiteren Verlauf dieses Fadens die Konfliktsituationen mit deinem 7/8jährigen Schüler und den Teenagern beschrieben. Darauf wurde dann weiter Bezug genommen.

Auch wenn ich mich abermals frage, wie man ein Stück denn spielen soll, ohne alle Parameter begriffen zu haben :denken: Vielleicht zu viel Perfektionismus meinerseits ?

Nein! Aber es ist ein sehr großer Unterschied, WIE jemand "begreift"! Du bist auch aufgrund deines Studiums eher analytisch/rational unterwegs. Diese Herangehensweise liegt nicht jedem, kleinen Kindern schon gar nicht. Ich habe ja schon beschrieben, wie die lernen. Auch bei unserem Bach-Kurs am letzten Wochenende gab es viele unterschiedliche methodische Herangehensweisen an Bach (bei Erwachsenen)! Bewegung (Tanzen ...), Hören, Singen, Schneiden und kleben, ...also mit allen Sinnen (wenn man die Schokolade miteinbezieht :004: ).

Ich habe den deutlichen Eindruck, dass du deinen Lernweg zu sehr zum einzigen methodischen Weg auch für deine Schüler machst. Das ist zu einseitig! Senke nicht deine Ansprüche, aber bemühe dich, das Ergebnis mit unterschiedlichen methodischen Wegen zu erreichen! Auch in der Einführung in ein Stück kann man sehr viele unterschiedliche Wege gehen (auditiv, Strukturen erkennen aus dem Notentext von Groß nach Klein, bei Kindern eine Geschichte erzählen und kleine motivische Bausteine aus dem Stück einführen, transponieren und aufschreiben lassen u.v.a.).

Auch langsame Fortschritte sind Fortschritte. Habt Ihr einen inneren Schnelligkeitsmesser, der Euch sagt, was "zu langsam" ist? Unterstellt, Ihr spürt, der/die/das zu Beschulende gibt sich redlich Mühe, übt fleißig, setzt konsequent (im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten) Eure Übetipps um, kommt aber gleichwohl langsamer voran als Ihr es durchschnittlich gewöhnt seid – ist das für Euch eine Konfliktsituation, die einer Lösung bedarf (Stichworte "Rausschmiss vs. Konfliktgespräch")?

Liebe Barratt,

nein, überhaupt nicht! Es ist auch die Frage, was "langsam" bedeutet. Es wird oft als negative Wertung angesehen, aber wenn man Nadolny ("Die Entdeckung der Langsamkeit") gelesen hat, weiß, dass der vermeintlich Langsame vielleicht einfach woanders hinschaut und in tieferen Schichten arbeitet.

Es kann also sein. dass jemand lange oder sehr lange für ein Stück bracht, aber begeistert dabei ist, mit Klängen zu experimentieren, sehr genau hinhört, alles Mögliche transponiert, sehr umfassend musiziert mit Blattspiel, Repertoirepflege, Harmonie- und Gehörbildung, Liedspiel, Improvisation u.v.a. Dieses Training des Musikverständnisses und Ohrs kommt dem eigenen Spiel zugute. Ich glaube also, dass niemand überall langsam ist, und dass der, der länger als andere für Stücke braucht, andere Stärken hat. Er muss auch nicht immer langsamer sein als andere, er ist es im Moment.

Des weiteren muss man als Lehrer unterscheiden zwischen
  • einem Schüler, der viel übt und trotzdem lange für seine Stücke braucht
- deine drei Wochen empfinde ich als überhaupt nicht lang :) , es ist völlig normal, an (komplexen )Stücken auch mehrere Monate zu üben
  • einem Schüler, der nur wenig üben kann, aber trotzdem viel Spaß am Klavierspielen hat
- wenn er Spätanfänger ist, wird es ohne regelmäßige Übung vermutlich nichts werden, bei einem Wiedereinsteiger klappt es, wenn der Lehrer bereit ist, seine Ansprüche an Harmonielehre etc. zu reduzieren und bestimmte Inhalte nur im Unterricht zu machen (betreutes Üben"!)
Jeder sollte also so viel Zeit brauchen dürfen, wie er braucht!!! Ich plädiere (nicht nur) dann für einen umfassenden und breit angelegten Klavierunterricht (s.o.), besonders bei Anfängern. Im Übrigen kann man als Lehrer sich durchaus auch "vertun" und den Schwierigkeitsgrad eines Stückes für einen Schüler falsch einschätzen. Ist mir auch schon passiert.

Wenn ich als Lehrer überrascht bin, wenn ein Schüler besonders lange für ein Stück braucht, überprüfe ich, ob wirklich sinnvoll geübt wird und ob es keine Verständnisschwierigkeiten gibt. Wenn das gegeben ist und Schüler wie Lehrer gern am Stück arbeiten, ist alles in Butter!

Liebe Grüße

chiarina
 
G


Korrekt. Die beschriebenen Dinge wie "welche Taktart, gibt es Wiederholungen, besondere Noten und Rhythmen, gibt es besondere Artikulation und Bögen" sind ja eher grundlegende Kenntnisse und kein Profi-Niveau. Mit "wie es im Studium gelernt wurde" meine ich, wie man mit den Schülern an ein Stück rangeht , z.B. dass es zuerst vorgespielt wird, damit der Schüler überhaupt weiß, was Sache ist, und er dann mit dem Lehrer herausfindet, welche "Besonderheiten" es im Stück gibt.

Aus meiner Erfahrung: wenn'es direkt am Anfang so alles analysiert wird - bleibt davon leider nicht mehr so viel, wenn es nicht am gleichen Tag zu Hause geübt und "gespeichert" wird. Der durchschnittlishe und nich so fortgeschrittene Schüler beschäftigt sich eher erst mit Noten, Vorzeichen, Fingersatz und Rhythmus - das wird natürlich direkt zum Anfang besprochen. Momentan habe ich nur eine mehr oder weniger fortgeschrittene Schülerin, bei der ich verlange und erwarte, dass die ganze Palette direkt zum Anfang beachtet wird, die ist 13 und seit 7 Jahren im Unterricht.
 
Wenn ich als Lehrer überrascht bin, wenn ein Schüler besonders lange für ein Stück braucht, überprüfe ich, ob wirklich sinnvoll geübt wird und ob es keine Verständnisschwierigkeiten gibt. Wenn das gegeben ist und Schüler wie Lehrer gern am Stück arbeiten, ist alles in Butter!

Danke.

Logo berührt das einen wunden Punkt bei mir (Ich-Botschaft). :005: Man kann halt nicht raus aus seiner Haut, nicht wahr.
 
Unabängig davon bin ich in den letzten Wochen zu dem Entschluss gekommen, dass ich meine Erwartungshaltung den Schülern gegenüber vielleicht senken sollte. Ursprünglich war ich voller Elan dabei, den Schülern Stücke, Gehörbildung, leichte Theorie (zB. Unterschied und Bildung von Dur, Moll- Dreiklängen) usw beizubringen. Es wurden Stücke erst von mir vorgespielt und dann (ganz brav wie es im Studium gelernt wurde) ein wenig analysiert (welche Taktart, gibt es Wiederholungen, besondere Noten und Rhythmen, gibt es besondere Artikulation und Bögen...). Nun habe ich festgestellt, dass es der Theorie wohl zu viel ist und viele gerade jüngere Schüler die Motivation verlieren, wenn es nicht direkt ans Spielen geht.
Auch wenn ich mich abermals frage, wie man ein Stück denn spielen soll, ohne alle Parameter begriffen zu haben :denken: Vielleicht zu viel Perfektionismus meinerseits ?

Bitte nicht über Bord werfen! Das sind Grundlagen, die auch ein Anfänger braucht. Ich bin zwar kein junger Schüler mehr, aber ohne diese Basics, die ich glücklicher Weise auch von meiner KL erhalte - und mir ggf. auch selber erarbeite - wäre ich aufgeschmissen. Es hilft nichts, das Fundament muss stimmen. Auch wenn das bedeutet, dass manche Übungen keinen Spaß machen. Sind die Grundlagen nicht da, wird es früher oder später zu einem Einbruch kommen und der Schüler muss sie, auf einem spielerisch viel höherem Niveau, nachholen. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade dies dann zum Abbruch führt.
 
Diese theoretischen Dinge dürfen nicht nach dem Motto durchgenommen werden "ist auch wichtig, gehört dazu usw.", sondern so, dass dem Schüler AM PRAKTISCHEN BEISPIEL (also nicht nur kognitiv) sofort einleuchtet, was ihm das ganz konkret bringt!

Das heißt also, er muss nach jeder Durchnahme eines Theoriepunktes im Unterricht im möglichst freudigen Bewusstsein nach Hause gehen, dass er nun mit diesem Wissen irgendetwas besser oder richtiger spielen kann oder etwas besser (bzw. überhaupt) improvisieren oder komponieren kann, was ihm vorher ohne den Theoriepunkt noch nicht möglich war.

Und natürlich die Theorie-Rede-Abschnitte a) möglichst kurz halten, b) stets sehr praktisch probierend halten, c) interaktiv (also Schüler herausfinden lassen, "Quiz" oder Ähnliches, was Involvierung und Unterhaltungswert beinhaltet).
 
Und natürlich die Theorie-Rede-Abschnitte a) möglichst kurz halten, b) stets sehr praktisch probierend halten, c) interaktiv (also Schüler herausfinden lassen, "Quiz" oder Ähnliches, was Involvierung und Unterhaltungswert beinhaltet).

Ergänzend die Forderung Margit Varros ("Der lebendige Klavierunterricht"), neue Inhalte IMMER auditiv einzuführen!
 
Bloß weil man den Schülern ab und zu, weil sie nicht täglich 2 Stunden geübt haben, mit dem Lineal eins auf die Flossen gibt und ihnen beim 3. Mal Nichtüben kündigt, ist man doch noch lange kein strenger Zuchtmeister!
 
...du hast den ;-) vergessen, prügelpeitschender Zuchtmeister @hasenbein , ergo wird man dein letztes Statement für bare Münze nehmen und dich stäupen :-D
 

Ergänzend die Forderung Margit Varros ("Der lebendige Klavierunterricht"), neue Inhalte IMMER auditiv einzuführen!

Da Du das "immer" so betonst, frag ich da doch mal nach... Wir machen das bei Töchterchen ein wenig anders. Bei ihr unbekannten Komponisten hören wir zusammen andere Werke dieser Komponisten, aber nicht das Stück, das sie spielen soll. Bei ihr bekannten Komponisten hören wir garnichts. Auch die KL spielt ihr im Unterricht nichts vor. Meinst Du, das wäre nicht die optimale Vorgehensweise?
 
Da Du das "immer" so betonst, frag ich da doch mal nach... Wir machen das bei Töchterchen ein wenig anders. Bei ihr unbekannten Komponisten hören wir zusammen andere Werke dieser Komponisten, aber nicht das Stück, das sie spielen soll. Bei ihr bekannten Komponisten hören wir garnichts. Auch die KL spielt ihr im Unterricht nichts vor. Meinst Du, das wäre nicht die optimale Vorgehensweise?
Diesen Schwachsinn habe ich schon erstaunlich oft gelesen: Dass "Klassiker" meinen, es wäre gut, das zu spielende Stück nicht anzuhören, und es wäre gut, wenn der Lehrer nichts vorspielt. Begründet wird das damit, dass der Schüler ja lernen soll, selbst aufgrund des Notentextes herauszufinden, wie das Ganze sinnvollerweise klingen könnte.

Das ist zweifellos sinnvoll, wenn der Schüler schon sehr weit ist. Es ist aber meines Erachtens ein pädagogischer Irrtum, diese Methodik aus der Oberstufe zu generalisieren und auf niedrigen Stufen ebenfalls zu verwenden. Musiklernen sollte in der Tat a) primär auditiv erfolgen und b) zunächst imitativ und dann allmählich, mit zunehmender Kompetenz, von der Imitation weggehen. Es ist Schwachsinn, zu warnen, der Lehrer solle den Schüler nicht zu einem Abziehbild seiner selbst erziehen (also ihm nichts vormachen), wenn der Schüler erst am Anfang steht. Zu lernen, genau hinzuhören, auf alle musikalischen Parameter, und dann möglichst genau nachzumachen, ist eine äußerst wichtige Basisfähigkeit.
 
Begründet wird das damit, dass der Schüler ja lernen soll, selbst aufgrund des Notentextes herauszufinden, wie das Ganze sinnvollerweise klingen könnte.

Na ja, das muss er ja auch lernen, oder? Ist da nicht das Anhören anderer Werke des Komponisten ein brauchbarer Kompromiss? Ich würde sagen, das stilgerechte Spielen der Stücke klappt eigentlich ganz gut.

Das ist zweifellos sinnvoll, wenn der Schüler schon sehr weit ist.

Was ist denn "sehr weit" in Deinem Sinne? Wir machen das jetzt natürlich nicht erst seit gestern so, aber sie spielt jetzt auch schon 9 Jahre Klavier (Wahnsinn, wie die Zeit vergeht) und muss nicht zum Üben getragen werden, eher das Gegenteil....
 
@Kalivoda
Wie alt ist die Süße denn? Bzw. wie schafft ihr es zu verhindern, dass sie sich ihre Stücke auf YouTube selber anhört?
Gruß,
Hekse
 
Nach 9 Jahren Klavierunterricht kannte ich den allergrößten Teil der Standardliteratur, weil ich die Sachen zumindest mal vom Blatt durchgespielt habe.

Meine Lehrerin hat höchstens mal Einzelheiten am Instrument vorgemacht. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mir jemals ein komplettes Stück vorgespielt hätte.
 
Ich gebe @hasenbein recht. Hinzu kommt: Der Höreindruck ist gerade bei jüngeren Schülern oft der Funke, der Übemotivation und Begeisterung entstehen lässt. Außerdem ist es ein Ziel des Unterrichts, das Gehörte mit dem Gesehenen bzw. dem Abgeschauten, dem damit verbundenen Spielgefühl und dem Notentext zu verknüpfen. Das ist Lernen auf allen Ebenen.

Und es ist auch bei älteren Schülern auf keinen Fall so, dass ein- oder zweimaliges Hören eines Stücks die Selbstständigkeit beim Üben bremst oder eine Voreingenommenheit im negativen Sinne erzeugt.
 
Zuletzt bearbeitet:
.... übern großen Teich wird das ähnlich gesehen ;)
1:59
 

Zurück
Top Bottom