Große Bachwerke

Ich bin immer noch neugierig auf eine Aufnahme.
 
Eigene Antwort: momentan Hans Fagius:
https://open.spotify.com/track/7cIWO3CusBRxXAgz80AbgR?si=zSHJAIg7TA6Mh4cNXTYn4A (kann man kostenlos streamen mit Account).

Warum?
Schön "schwer" im Präludium (schwere Auftakte, verzögerte Eins), ein Mixturplenum, dem man stundenlang zuhören kann (irgendeine schwedische Barockorgel), mit Übersicht und trotzdem Drive gespielt, zB auf Einsätze hin (manchen vielleicht zu "ungerade"), die Girlanden in der Fuge klasse schwirrend etc.
Allerdings gibt es auch einige Stellen, wo ich immer aufschrecke...

PS Auch der Diskant ist nicht zu betont, finde ich gut.
 
Aber das wiederspricht sich doch...wenn die 1 zu spät ist, bekommt sie eine Betonung...und nicht der Auftakt, der ja auch nicht schwer gehört. Ich habe jetzt nicht reingehört, aber ich kann mir ungefähr vorstellen, was passiert. Ich finde, das macht das Stück unrhythmisch und behäbig. Mein Fall ist das nicht.
 
Gefällt mir nicht.
Zu wenig durchsichtig und agogisch stellenweise zu drängend.
Manualwechsel macht man heutzutage wohl auch nicht mehr.
 
Muss ich noch länger reinhören, ich denke, er fällt doch deutlich zu früh in die 1 und geht in den Überbindungen zu schnell weiter, so kommt zu viel Drive zustande. Johannsen auf youtube ist mír das Pedal zu kurz und irgendwie dort die Artikulation ein bisschen ordinär (in der AUfnahmeperspektive, im Raum kann das durchaus anders sein), bei "gerubach" ist es langweilig und tatsächlich Chapuis (und ich dachte, ein mediokres MIDI) , Preston gewohnt tontechnisch aufgebrezelt, aber maximal leiernd. Frau Baltrusch hier finde ich artikulatorisch und tempomäßig schön, auch wenn ich nicht glauben kann, dass das Haarlem (knapp 1000 Eier!) sein soll, trockene Samples hin oder her. Es klingt auch so, als kämpfe sie ein bisschen mit dem (echt unnatürlichen, evtl. späten) Tonbeginn der Samples. An einer vernünftigen Orgel wäre das bestimmt was..
Aber ein echte rOhrwurm durch die andauernden Abkadenzierungen, geht mir nun gar nicht mehr aus dem Kopf...

View: https://www.youtube.com/watch?v=F1Yjsh9p3Eg


PS Vergleich live vs. Einspielungen sind sowieso unfair, erst recht bei vielleicht spontanen Aufnahmen, die definitiv bewundernswert fehlerlos und "mit Aussage" über die Bühne gehen.
 

Ich mag diese Aufnahme hier sehr gerne:


View: https://www.youtube.com/watch?v=HcKh9WEBLg4


...und nur auf die Fuge und Registrierung bezogen diese hier von Karl Richter:


View: https://www.youtube.com/watch?v=j5R8pqKRKYs


...die Registrierungspunkte sind für mich großartig gewählt, ich mag die "leichten" und "schweren" Passagen im Klang, sowie den herrlich schönen, gesetzten Aufklang am Ende bei 4:23. Historisch sicher keine authentische Aufnahme, aber mir gefällt sie trotzdem.

An das "schlanke" Registrieren bei barocken Werken (ein Stück zB von Anfang bis Ende, Fuge inklusive, nur im Plenum durchzuspielen, kaum bis keine Manualwechsel dabei vorzunehmen) werde ich mich glaube ich nie gewöhnen werden.

Kay Johannsen finde ich generell nicht schlecht (ich mag vor allen Dingen seine Einspielungen der g-Moll-Fuge von Bach, sowie auch das a-Moll-Largo, aus der Sonate BWV 529), aber bei diesem Präludium hier ist mir sein Tempo etwas zu langsam.
 
Und das ist bis auf die Prospektregister eine komplette Rekonstruktion von Grönlund, wie ich gerade las, Respekt!
Ich konnte selbst mal einen Kurs in Leufsta Bruk (Cahman) mitmachen und war sehr beeindruckt. (Auch von der Mentalität der Leute, hoffentlich endet dieses schöne Land jetzt nicht in einer Katastrophe. )
 

Ja, den Mantoux finde ich auch in sich stimmig. Richter hat immer irgendwie einen eigentümlichen Drive, natürlich wirkt die Artikulation heute befremdlich (aber für "Laien" wahrscheinlich "gut/einfach verständlich"). Wirkt auf mich so, als habe er immer ganz genaue Vorstellungen und propft sie jeder Orgel auch auf. Oft sind das ja auch historische, oder? Aber überzeugender in seinem Stil finde ich sein 543 auf youtube.
 
@MartinH

…ja, das stimmt. Richters Interpretationsstil passt nicht mehr in die heutige Zeit, was ich aber schade finde. Ich kann mich in beiden Wegen recht gut wiederfinden: ich mag romantisch-geprägte Interpretationen sehr gerne, aber auch „freie“, die einen persönlicheren Zugang ermöglichen und man zB bei einem Konzert als Zuhörer dann ganz „beim Musiker“ ist und seine Sicht auf das Werk erleben darf. Ich mag aber auch historisch-informierte Aufnahmen sehr gerne, die den Fokus auf die jeweilige Zeit, auf die Instrumente und deren Wirkung und Bespielung, sowie auch auf den Komponisten legen.

Am schönsten finde ich es aber, wenn man beides miteinander kombiniert, sprich auf Bach bezogen: auf eine differenzierte, stilgerechte Artikulation achtet, aber auch die Klangdisposition des Instrumentens und Raumakustik nutzt, um Differenzierung, Transparenz und Linienführung auch in der Klangfarbe reinzubekommen.

Meinst du auf die historischen Instrumente bezogen Karl Richter? Da kenne ich mich leider zu schlecht aus… ich bin nur Laie. Es gibt Aufnahmen von ihm an der Silbermann Orgel im Freiberger Dom oder auch in Ottobeuren, an der Heilig-Geist-Orgel… beides wirklich wunderschöne Instrumente. Er hat aber auch auf nicht-historischen Instrumenten gespielt… die Orgel auf der von mir verlinkten Aufnahme zB gefällt mir nicht ganz so gut, sie ist von Marcussen und Sohn… auch seine Neupert-Cembali, die er bei den Einspielungen der Chromatischen Fantasie oder Partiten verwendet hat, kommen meinem ästhetischen Empfinden nicht sehr nahe… da kennen sich andere hier aber sicher besser aus, als ich.

Zu BWV 543: meinst du da Karl Richter oder Mantoux?

…da gibt es eine Aufnahme von Andrea Marcon, die ich sehr schön finde:


View: https://www.youtube.com/watch?v=mM43i4N6AOk


Bei Richter´s Aufnahme mag ich das Präludium gerne, die Fuge ist schön registriert, aber dort fehlt mir leider die artikulative Transparenz und Klarheit, was mir persönlich grad bei Fugen sehr wichtig ist. Ich hör mir seine Einspielung aber trotzdem immer wieder gerne an ;-)
 
Mich stört an dem "romantischen" Lager der Bachinterpreten oft folgendes:
- manchmal seltsame Artikulation
- manchmal seltsame, aufdringliche Agogik
- teils sehr seltsame Tempi

Beim "konservativen" Lager und Freunden der historischen Aufführungspraxis stört mich ist folgendes:
- unkreative Registrierung, man darf bei Bach auch mal mehrere 8'-Register gleichzeitig ziehen und Zungenregister im Manual darf man auch bei freien Orgelwerken mal benutzen
- man darf auch mal Register während des Spiels wechseln, das ging auch 1710 schon, da war die Schleiflade keine Neuheit
- man darf auch mehrere Manuale benutzen, warum sollte Bach das nicht getan haben (siehe BWV 538)
 
@St. Francois de Paola

...sehr gut auf den Punkt gebracht. Ich empfinde es genauso.
 
Mich stört an dem "romantischen" Lager der Bachinterpreten oft folgendes:
- manchmal seltsame Artikulation
- manchmal seltsame, aufdringliche Agogik
- teils sehr seltsame Tempi

Beim "konservativen" Lager und Freunden der historischen Aufführungspraxis stört mich ist folgendes:
- unkreative Registrierung, man darf bei Bach auch mal mehrere 8'-Register gleichzeitig ziehen und Zungenregister im Manual darf man auch bei freien Orgelwerken mal benutzen
- man darf auch mal Register während des Spiels wechseln, das ging auch 1710 schon, da war die Schleiflade keine Neuheit
- man darf auch mehrere Manuale benutzen, warum sollte Bach das nicht getan haben (siehe BWV 538)

Ich bin nun mit dem "historischen Lager" groß geworden. Ja, man darf mehrere 8' zusammen ziehen, das ist von Bach auch so überliefert. Im Pleno bringt das dann nur nicht viel, wenn da noch eine Flöte 8' drin ist.
Zungen im Manual sind einfach oft ein klangliches Problem, weil sie sich mit den Mixturen beißen. Die Franzosen unterscheiden nicht umsonst zwischen plein jeu und grand jeu. Registrieranweisungen mit Manualzungen im Pleno kommen halt erst relativ spät im 18. Jh. Probieren kann man immer. Meine erste Wahl wäre dann eine 16' Zunge. Die Divise heißt doch immer: Ohren auf.
Umregistrieren und Manualwechsel: Ja, wenn es geht. Bei BWV 538 steht es drin, in 552 auch. Warum woanders nicht? Vielleicht weil es nicht geht. Meine Erfahrung mit den Präludien und Fugen: Man kommt immer gut vom HW zum Positiv, aber weit weniger gut zurück, jedenfalls nicht, ohne einer Linie zu schaden.
Unter diesen Aspekten gefällt mir Sebastians Aufnahme schon gut, die Fuge finde ich relativ dick registriert. Ansonsten viel Drive. Bei der Kollegin Baltrusch tue ich mich immer wieder schwer, nicht nur mit dieser Aufnahme. Mir ist das viel zu behäbig (bei Lücker auch) und es fehlt die Linie. Da könnte jeder Ton der letzte sein. Stattdessen müsste er den Willen in sich tragen, zu einem weiteren Ton fortschreiten zu wollen.

Hier noch die Aufnahme einer altgedienten amerikanischen Kollegin:

View: https://www.youtube.com/watch?v=1Eydx7HIDFY


Ein Klassiker, immer noch schön:

View: https://www.youtube.com/watch?v=52ioiTy-Zhc


Und wenn wir mal ganz raus aus der HIP-Szene wollen, hier einer der großen Virtuosen der 50er-Jahre. Ich habe ihm das Stück sogar mal im Konzert geblättert, als er schon längst ein lebendes Denkmal war.

View: https://www.youtube.com/watch?v=2oqWDKUDp3M
 
Ja, Wunderlich... Hatte es wohl schonmal geschrieben, ich konnte eines seiner letzten Konzerte in Berlin erleben, er dürfte schon weit über 80 gewesen sein, hatte wirklich auch Probleme, auf Empore und Orgelbank zu kommen, aber dann.. Nicht perfekt, aber ausdrucksstark, da stehen halt Jahrzehnte dahinter. Bach-Reger-Wunderlich, alles "groß". (Das waren so die Ausläufer der alten Welt (nicht nur) dort, würde ich behaupten, die Popkantoren stehen schon Schlagzeug bei Fuß...)

> Da könnte jeder Ton der letzte sein.
Der Spruch gefällt mir ;) Obwohl ich es eigentlich nicht so sehe (momentan, ich erinnere mich aber auch, dass ich diese eigenwillige Lücker-Aufnahme früher auch unerträglich langsam fand).

Hier noch nur die 1. Minute des Fagius (sorry, falle es evtl. knackst, habe Bufferprobleme, habe gerade aus der Soundkarte in eine wav umgeleitet, runterladen kann ich nicht mit kostenloser Mitgliedschaft):
https://drive.google.com/file/d/1AGwXIcPf5eCWpkZ7gpNC_P99z_p1NS24/view?usp=sharing

Da ist die gewisse "Grandeur", die ich anderswo vermisse und die gut zum Stück passt, Concerto hin oder her, außerdem ist die linke Hand nach unten auch schön ausmusiziert, es besteht m.E. die Gefahr, zu schnell weiterzuwollen. Dann die Überbindung im Sopran eher einen Tick zu lang, um danach aufzuholen und dann wieder im großen Bogen auf dem nächsten Akkordschlag zu sein. Oder so ähnlich.. bin da wahrscheinlich etwas drauf konditioniert. gefällt mir aber nach wie vor ausgesprochen gut (und für die Stellen, bei denen ich aufschrecke, ist dann eher der Tonmeister verantwortlich..).
Wie gesagt, nach kostenloser Anmeldung kann man hier komplett anhören.
https://open.spotify.com/track/7cIWO3CusBRxXAgz80AbgR?si=zSHJAIg7TA6Mh4cNXTYn4A
 

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