Klavierspielen und Meditation

...dass der gregorianische Gesang "weniger mystisch-meditativen als intellektuell-pädagogischen Charakter" habe...

Ihr Lieben,

mein Wissen über die Gregorianik, Geschichte und Philosophie ist leider nicht so umfassend wie bei euch, ich danke euch sehr für die interessante Diskussion!

Ich stimme aus meinem begrenzten Horizont absolut @pianovirus zu. Ich habe in meiner Jugendzeit mal eine Weile gregorianische Choräle gesungen und mich mit ihrer gewaltigen Ausdruckskraft befasst. Egal wie man zur Kirche steht, hat diese Musik auf jeden Fall mystisch-meditativen Charakter und auch ihre Absicht ist eine solche. Übrigens wird diese Musik auch heute noch aufgeführt - dann allerdings in künstlerischer Absicht.

Ich habe beim Singen dieser Choräle eine unglaublich enge Verbindung zwischen Wort und Ton gespürt, besser ein Einssein vom Gebet bzw. Gottesgespräch (wenn ich den Inhalt der Psalmen mal so ausdrücken darf) mit dem Klang. Ich wurde von dieser eigentümlichen Stimmung erfasst, ohne die man m.E. aber auch diese Choräle nicht singen kann.

Lieber rolf,

ich stolpere in deinem Beitrag über diesen Satz:

die religiöse Versenkung hatte gefälligst in den richtigen Glaubensinhalt hinein stattzufinden! Insofern ist die Wirkabsicht dezidiert und explizit "pädagogisch".
.

Denn es könnte ja auch umgekehrt sein: ohne den entsprechenden Glaubensinhalt (ob er richtig ist oder nicht, ist eine Bewertung, die ich nicht vornehmen will) kann eine religiöse Versenkung gar nicht stattfinden! Tatsächlich würde ich es genau so sehen.

Die Psalmen selbst sind doch auch nicht vorrangig als "pädagogisch" anzusehen, oder meinst du doch? Ich kenne mich zuwenig in der Theologie aus, aber m.W. sind sie in erster Linie poetische Lieder des Glaubens (biblische Dichtung). Ich zitiere:

"Die Psalmen sind das reichste Werk der biblischen Dichtung, die besonders durch den »Parallelismus« gekennzeichnet wird, d.h. die parallele Gegenüberstellung von zwei oder mehr Verszeilen, die einander in ihrer Aussage entsprechen, weiterführen oder kontrastieren. Ihrem Inhalt nach sind die Psalmen von Gottes Geist inspirierte Lieder des Glaubens und des Lobes, in denen Gott den Gläubigen aller Zeiten eine Fülle von Trost und Hoffnung, Glaubensstärkung und Einblick in Gottes Wesen, geistlicher Belehrung und prophetischer Offenbarung geschenkt hat. Viele Psalmen haben einen Bezug zum persönlichen Erleben des Verfassers, gehen aber darüber hinaus und beschreiben allgemeine geistliche Erfahrungen. Bestimmte Psalmen haben eine ausdrücklich prophetische Bedeutung und offenbaren die Wege Gottes mit Israel in der großen Drangsal und beim Anbruch des messianischen Königreiches."
aus https://www.schlachterbibel.de/de/bibel/psalm/

Liebe Grüße

chiarina
 
Denn es könnte ja auch umgekehrt sein: ohne den entsprechenden Glaubensinhalt (ob er richtig ist oder nicht, ist eine Bewertung, die ich nicht vornehmen will) kann eine religiöse Versenkung gar nicht stattfinden!
@chiarina "der entsprechende Glaubensinhalt" musste erst über Jahrhunderte hinweg zurechtkonstruiert und gegen Abweichungen (Häresien) abgegrenzt werden, der war nicht wundermäßig wie Manna vom Himmel gefallen - - du könntest ebenfalls (Interesse vorausgesetzt) mal bissel über die Entstehungsgeschichte kanonischer Schriften und Auslegungen nachlesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@rolf das es bei nutritiver Askese wohl auch sehr vordergründig um ABFÜHRUNG oder um deine Worte zu gebrauchen "DARMENTLEERUNG" geht, wo Meditation in hartnäckigeren, oder treffender hartleibigeren, Fällen kleine oder größere Erleichterung verschafft, kann dennoch nur unzureichend erklären, wie Du zu unserem Musikthema nun ausgerechnet diese Bedürfnisse anführst.

Das disziplinierende opferbereite Übung zum ernstlichen Klavierspiel aber auch oft zur Meditation gehört, wirst auch Du nicht leugnen mögen ohne in allzu seichtem Fahrwasser festzukommen (dieses Bild dürfte Dir ja von Deinen zahlreichen Küstenaufenthalten nicht ganz unbekannt sein ;-) )

Dein Tanz um (A)Historizität ist weder für die Produktion noch für die Rezeption von Kunst notwendig wichtig, denn Kunst kann durchaus jenseits einer bewußt wahrgenommen geschichtlichen Bedingtheit ent-standen und ver-standen sein.


Kunst ist, was sinnenvermittelt Geist und Seele über das alltäglich zuhandene Zeug ins Offene hinaufhebt, uns also nicht nur irgendwie erweitert sondern im Ganzen weitet.

Der Mensch erkennt Kunst im Augenblick des Anblicks umweht vom Hauch des Zuges zur Unendlichkeit.
 
Wer regelmäßig Ausdauer sportelt braucht keine Meditation.

Es kann nicht das Erdenziel sein viel Zeit seines Lebens in Meditation zu verbringen, denn wir haben die Möglichkeit mit unserer physischen Umgebeung zu interagieren. Eine rein geistige Tätigkeit kann das nicht leisten.

VLV
 
Es kann nicht das Erdenziel sein viel Zeit seines Lebens in Meditation zu verbringen, denn wir haben die Möglichkeit mit unserer physischen Umgebeung zu interagieren. Eine rein geistige Tätigkeit kann das nicht leisten.

Das mag durchaus sein. Aber wo bitte steht geschrieben, dass vorrangiger Lebenszweck die Interaktion mit der "physischen Umgebung" ist? Ich habe etwa einen Freund, der Mönch in einem griechischen Kloster ist. Der sieht das durchaus anders. Sein Ziel ist die Hesychia, Ruhe des Geistes als Voraussetzung des spirituellen Einsseins mit seinem Gott. Dafür braucht er nicht "sporteln". ;)
 
(2) Der Begriff der Mediation spielt bei dir eine zentrale Rolle, aber du hast nicht geklärt, was du darunter verstehst. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es sich verbietet, ein modernes populäres Verständnis von Meditation im Sinne eines jede Kognition ausschaltenden Sichversenkens auf die »Gregorianik« zu übertragen. Näher kommen wir der Sache sicher mit dem von dir erwähnten Begriff der ruminatio, (...) eine von Augustin geprägte Metapher, welche die Reflexion über bereits Gehörtes meint, im Sinne eines gedanklichen Kreisens um einen Gegenstand

Lieber Ambros_Langleb,

ich habe darüber nachgedacht, was Meditation im Christentum bedeuten könnte im Unterschied zum Meditationsbegriff des Buddhismus u.a.. Wärst du auch mit dem Begriff "Nachsinnen" einverstanden, so wie auch Martin Luther sagte: "Drei Dinge machen einen Theologen, die Meditation oder Nachsinnung, das Gebet und die Anfechtung."?

Interessant finde ich, dass er das Gebet offenbar nicht als Meditation sieht. Das Meditieren im christlichen Sinne beschäftigt sich in diesem Sinne also mit Jesus oder dem Nachdenken über biblische Texte. Kann dies daran liegen, dass es nach christlichem Glauben ohne Gott/Christus keine Erlösung gibt im Gegensatz zum Buddhismus.

Gleichzeitig gibt es auch in der westlichen Welt Gedanken zu einem anderen Meditationsverständnis. Goethe hat geschrieben:

"Im Grenzenlosen sich zu finden,
Wird gern der Einzelne verschwinden,
Da löst sich aller Überdruß;
Statt heißem Wünschen, wildem Wollen,
Statt läst'gem Fordern, strengem Sollen,
Sich aufzugeben ist Genuß."

Goethe, J. W., Gedichte. Ausgabe letzter Hand. 1827, Gott und Welt, aus: Eins und Alles

A. Schweitzer: "Suche Stunden der Sammlung, damit die Seele zu dir sprechen kann."
Meister Eckhart: "Dem ruhigen Geist ist alles möglich."

Der Meditationsbegriff in der fernöstlichen Welt ist auch unterschiedlich geprägt. Hier mal ein link zu Meditationstechniken, die zwar bereits an unsere westliche Welt angepasst sind, aber doch von unterschiedlichen Ursprüngen stammen.

Also so ganz scharf trennen kann man die Definitionen vielleicht nicht.

Sollen wir wirklich darauf pochen, dass derlei Text nicht intellektuell und didaktisch geprägt, sondern »meditativ« sind?

Wahrscheinlich nicht, doch wie bei @rolf stoße ich mich an dem Begriff "didaktisch". Dann könnte man doch - etwas polemisch formuliert - , auch Beethovensonaten als "didaktisch" bezeichnen, nur weil sie im Klavierunterricht gespielt werden. :003: Falsch gedacht?

Liebe Chiarina, ich lese aus Deinen Formulierungen einen Widerspruch heraus. Der Zweck ist nach Deiner Lesart, "zu uns selbst zu kommen", gleichzeitig empfindest Du aber jede Zweckhaftigkeit als Entäußerung des (fiktiven) "Selbst"s. Gibt es ein Selbst jenseits dessen, was wir für uns definieren? ;-)

Liebe Barratt,

du hast recht, es war ungenau formuliert. Vielleicht würde "äußerer Zweck" besser passen. Wenn ich meinen Geist schulen oder mein Leben/mich verändern will, ist das ja auch ein Zweck. Er hat aber mit dem Wesen der Meditation direkt zu tun. Wenn ich aber Meditation mache, um im Klavierspielen besser zu werden, um bessere Leistung im Job zu erbringen o.ä., nenne ich das einen äußeren Zweck, der dem Wesen der Meditation widerspricht.

Hier im Forum ist in ähnlicher Weise aufgetreten, dass man Klavierspielen lernt, um sich besser konzentrieren zu können, emotional intelligenter zu werden etc.. Also aus außermusikalischen Gründen. Das geht auch nach hinten los, weil der Inhalt des Gegenstandes (Meditation, Klavierspielen...) nicht das Vorrangige ist, was man lernen will.

Was an westlichen Adaptionen von (fernöstlicher) Meditation existiert, erfüllt immer einen definierten Zweck, eine Absicht. "Und das ist auch gut so."

Beim letzten Satz bin ich mir nicht sicher. :002:

Zum Abschluss noch zwei kleine Geschichten:

"Was machst du, um dich zu entspannen?“ fragt der Schüler seinen Meister. „Nichts“ erwiderte der Meister. „Wenn ich gehe, gehe ich, wenn ich esse, esse ich, und wenn ich schlafe, schlafe ich. „Das tun doch alle“ meinte der Schüler darauf. „Eben nicht!“ antwortete der Meister."

"Ein Professor wanderte weit in die Berge, um einen berühmten Zen-Mönch zu besuchen. Als der Professor ihn gefunden hatte, stellte er sich höflich vor, nannte alle seine akademischen Titel und bat um Belehrung. „Möchten Sie Tee?“ fragte der Mönch. „Ja, gern“, sagte der Professor. Der alte Mönch schenkte Tee ein. Die Tasse war voll, aber der Mönch schenkte weiter ein, bis der Tee überfloss und über den Tisch auf den Boden tropfte. „Genug“ rief der Professor. „Sehen Sie nicht, dass die Tasse schon voll ist? Es geht nichts mehr hinein.“ Der Mönch antwortete: Genau wie diese Tasse sind auch Sie voll von Ihrem Wissen und Ihren Vorurteilen. Um Neues zu lernen, müssen Sie erst Ihre Tasse leeren.“
aus https://www.heisan-zen.de/was-ist-zen/geschichten/

Liebe Grüße

chiarina
 
Allerliebste Lichtgestalt,

ich habe darüber nachgedacht, was Meditation im Christentum bedeuten könnte im Unterschied zum Meditationsbegriff des Buddhismus u.a.. Wärst du auch mit dem Begriff "Nachsinnen" einverstanden, so wie auch Martin Luther sagte: "Drei Dinge machen einen Theologen, die Meditation oder Nachsinnung, das Gebet und die Anfechtung."?

Natürlich, das ist etwa das, was Augustin mit ruminatio meint. Und der Grund dafür, warum Luther Meditation und Gebet auseinanderhält, ist wohl der, den ich oben zwischen subjektiver und interpersonaler Textsorte gemacht habe: Das Gebet ist interpersonal und beinhaltet in einer seiner Grundformen seit dem antiken Hymnus Anrufung des Gottes (Epiklese), Lobpreis (Aretalogie) sowie Dank und Bitte. Das Nachsinnen ist nicht interpersonal, sondern subjektiv und introspektiv. Im übrigen lag es keineswegs in meiner Absicht, einen verbindlichen Begriff von Meditation zu etablieren, und wenn man, so wie du oben, Vorstellungen dazu aus verschiedenen Epochen und Kulturen zusammenträgt, ist es klar, dass dabei nichts trennscharfes herauskommen kann. Mir ging es darum, was der von @pianovirus in die Diskussion eingebrachte Begriff der ruminatio meint, und zu zeigen, dass er bei Augustin und den zahlreichen von ihm abhängigen spätantiken und mittellat. Stellen nicht dasselbe meint wie in der gegenwärtigen katholischen Religionspädagogik, sondern tatsächlich einen kognitiven Kern hat. Die Prozedur ist es, die den Unterschied zu den anderen philosophischen (rhetorischen, juristischen) Verfahren der Erkenntnisgewinnung macht.

Wahrscheinlich nicht, doch wie bei @rolf stoße ich mich an dem Begriff "didaktisch". Dann könnte man doch - etwas polemisch formuliert - , auch Beethovensonaten als "didaktisch" bezeichnen, nur weil sie im Klavierunterricht gespielt werden. :003: Falsch gedacht?

Ja, ich denke schon. Jedenfalls wüßte ich nicht, dass Beethoven die Käufer seiner Werke zu irgendeiner konkreten Handlung bewegen wollte. Wenn aber jemand sagt, man müsse hinsichtlich eines Satzes nicht dem Judenpack sondern der Gottesmutter glauben, ist das "aufklärerisch" und "didaktisch". In der derzeitigen Sprechakttheorie würde man so eine Äußerung als "manipulativ" bezeichnen.

Vielleicht noch ein kleiner Zusatz, der nichts mit deinem Beitrag zu tun hat. Oben wurde der Begriff der Unio mystica eingeführt. Damit verbunden ist oft die Vorstellung, dass sie auf einem mystischen weg zu erreichen ist. Der spätantike Neuplatonismus, dem der Begriff entstammt, hat auch in seiner christlichen Variante das ganz anders gesehen. Der Weg führt dort über ein hammerhartes Abarbeiten von vier hierarchischen Tugendklassen mit jeweils vier Einzeltugenden, darunter die intellektiven. Erst wenn man sozusagen diese 16 philosophischen Fächer durchgeackert und auf sein praktisches Leben im Sinne der fortschreitenden Purifizierung angewendet hat, kommt man oben bei dem "Einen" an. Und erst dann hat der Intellekt ausgedient. Ein Nachhall dieses Konzepts ist Dantes Läuterungsberg. Erst wer sich da hochgearbeitet hat, darf das das Gestirn der Trinität schauen. Aber noch nicht gleich, erst gibt es noch ein paar ellenlange Predigten von Berhard von Clairvaux zu hören. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die bloße Erwähnung des gregorianischen Gesanges als christlicher Meditationsform ließ über Nacht mehrere agnostisch bis atheistisch geprägte Foristen zu Experten auf dem noch jungen Forschungsgebiet der gregorianischen Nichtspiritualität werden. Diese Transformation geschah nach Art der unbefleckten Empfängnis, ohne je einen Choral gesungen zu haben oder sich mit dem gregorianischen Kernrepertoire (z.B. in modernen Ausgaben wie Graduale Triplex, Graduale Novum oder Antiphonale Romanum) und den zahlreichen Gregorianik-Monographien auseinandergesetzt zu haben — ein wundersames Geschehnis, welches nun auch dem aufgeklärtesten Zweifler die Kraft und Tiefe der Gesänge vor Augen halten sollte. ;-)

Zum Abschluss dieser Blitzgregorianisierung empfehle ich nun, einem gregorianischen Stundengebet, etwa einer Vesper, in einem nahegelegenen Kloster beizuwohnen, gefolgt von einem Austausch mit den Ordensbrüdern oder -schwestern über jene intellektuelle Übung, welche dort sieben- oder gar achtmals täglich mit didaktischer Wirkabsicht, aber natürlich auch zur Bekämpfung des Arianismus (durch besonders nachdrückliche Betonung des "filioque" im Credo) sowie anderer Häresien, vollführt wird.

Falls dieser Gesprächsauftakt zu irritierten Reaktionen oder gar Protesten führen sollte, ist dies zweifelsohne der Tatsache geschuldet, dass den Klosterbewohnern nicht bewusst ist, wie sehr sie sich (durch Fehlinterpretation der Begriffe ruminatio und meditatio im von ihnen bevorzugt konsumierten neuzeitlichen religionspädagogischen Schrifttum) in einer ahistorischen Wohlfühlvariante des ad-gloriam-dei-Singsangs verrannt haben und dass ihr Verständnis vom Choral als gegenständlicher Meditation über das Wort Gottes, als Einübung in die meditative Grundhaltung des Sich-Loslassens an das Wort, als kontemplative Hingabe aus dem Wort hinein in die Liebe, einem zwar zu respektierenden, aber nichtsdestotrotz grotesk ahistorischen "Zugang zur Sache" entspricht.

Den Ritterschlag eines jeden Experten für gregorianische Nichtspiritualität bildet schließlich der Aufnahmeantrag in die Internationale Gesellschaft für Studien des Gregorianischen Chorals, verbunden mit der Bitte, man möge doch ahistorisch-neuzeitliche Produkte ohne kognitiven Kern wie "Mit dem gregorianischen Choral meditieren" nicht weiter empfehlen und in Rezensionen von esoterischen Formulierungen wie "mönchischer Grundvollzug des Einübens in die Klangworte" Abstand nehmen.

:super:
 
Zuletzt bearbeitet:
Tja. Sehr Schade, ich hatte tatsächlich gedacht, dass man sich mit dir über einen Gegenstand vom Standpunkt unterschiedlicher Disziplinen aus austauschen könnte. So bleibt nur zu hoffen, dass deine Talente auf dem Felde der Ruminatio reichere Früchte tragen als auf dem der Argumentatio.
 

Ist es im "Osten" aber nicht auch ein Ziel durch Meditation Erleuchtung zu gelangen?
Ich (als westlicher Denker) tue mir bei dem Gedanken schwer, dass man etwas tut ohne ein bestimmtes Ziel zu verfolgen.

Die Aufgabe des Ziels ist das Ziel. :001: Ein Paradoxon, bei dem wir als Abendländer automatisch zucken und mit dem augenscheinlich auch die Fernöstler ihre Schwierigkeiten haben. :007:

Nach der (auch von mir gern betriebenen) Kirchenkritik hätte ich richtig Lust auf Buddhismuskritik. Diese Religion wird viel zu wenig kritisiert, nur weil ein paar kryptische Textchen "zum Nachdenken" kursieren (ganz davon abgesehen, dass es "DEN" Buddhismus nicht gibt, sondern x verschiedene Strömungen mit sonstwievielen Praktiken).

@Ambros_Langleb

Die Ruminatio würde ich wie Wiederholungsgebete tatsächlich zu den traditionellen christlichen Meditationstechniken zählen (Erfüllung durch das "heilige" Wort, indem mehrere Sinne mit ins Boot der Verinnerlichung geholt werden, inkl. der Haptik durch z. B. den Rosenkranz).

@chiarina

Ich bejahe "Beabsichtigung". Es ist vollkommen in Ordnung, etwas zu bezwecken. Wir sind Abendländler, wir dürfen das! :super: :011:
 
@Melegrian
Ja, die Bestätigung durch wissenschaftliche Überprüfung stammt von Wissenschaftlern, für die das Ergebnis wohl schon vorher feststand, bzw. kritische Forscher wurden gar nicht erst beteiligt.
Trotzdem kann Meditation körperliche Bedürfnisse sehr weitgehend beeinflussen und verdrängen, zeitweise sogar überflüssig machen. Das war ja der Ausgangspunkt gegenüber viva la vida.
 
Kleine Randbemerkung dazu: Das Abschlusswort des christlichen Gebets, „Amen“, ist ethymologisch betrachtet ein nasal und obertonarm gesprochenes Relikt der fernöstlichen Meditationssilbe „Om“, die z.B. tibetanische Mönche verwenden, um den ganzen Körper in Schwingung und ins Eins-Sein mit der Welt zu bringen. (Quelle: Joachim Ernst Behrendt: Nada Brahma - Die Welt ist Klang)

Ja, der Joachim Ernst Behrendt hat halt auch mal dummes Zeug geschrieben.
 
Trotzdem kann Meditation körperliche Bedürfnisse sehr weitgehend beeinflussen und verdrängen, zeitweise sogar überflüssig machen. Das war ja der Ausgangspunkt gegenüber viva la vida.
Gute Klavierspieler gibt es halt auch nicht ohne dass sie sich hinsitzen und üben.:012: komische Sache

Und im übrigen habe ich auch von einer körperlich geistigen Balance geredet.
 
reichere Früchte tragen als auf dem der Argumentatio
@Ambros_Langleb
...gerade dieses Gebiet fand ich amüsant:
Die Texte des greg. Kernrepertoires stammen weit überwiegend aus der Bibel und zu großen Teilen aus dem AT (…)
(lassen wir das verblüffende Nebeneinander von "Bibel" und "AT" ruhig beiseite) ...wer hätte je gedacht, dass sich alle Abweichler (Häretiker, Schismatiker und sonstige Ketzer) auf genau dieselben Texte stützten... trübselig, sehen zu müssen, wie das machtvolle "Argument" "Texte aus der Bibel" kläglich versinkt.
...nun ja, da waren Hinweise wie Entstehungs- und Auslegungsgeschichte nachsehen freilich vergeblich.
 
Er ist ja nicht der Einzige, der da einen Bezug sieht. Letztlich sind es Mantras, die kulturübergreifend verankert sind.

Da hast aber von Etymologie gesprochen und nicht von einer kulturellen Parallelerscheinung:

Das Abschlusswort des christlichen Gebets, „Amen“, ist ethymologisch betrachtet ein nasal und obertonarm gesprochenes Relikt der fernöstlichen Meditationssilbe „Om“, die z.B. tibetanische Mönche verwenden, um den ganzen Körper in Schwingung und ins Eins-Sein mit der Welt zu bringen. (Quelle: Joachim Ernst Behrendt: Nada Brahma - Die Welt ist Klang)

Ich kenne den Titel nicht und weiß daher nicht, ob du richtig referierst. Nun sind Sino-Tibetisch und Semitisch aber unterschiedliche Sprachfamilien, womit eine Urverwandtschaft des »Amen« mit dem tibetischen »Wort« ausgeschlossen ist. Also müsste Entlehnung vorliegen (das legt der Wortlaut deines Textes ja auch nahe: "Relikt"), die dann ja wohl allerspätestens im 6. Jh. v. Chr. stattgefunden haben müsste. Kannst du oder kann deine Quelle das plausibel machen?

Generell ist es in solchen Fällen besser ein etymologisches oder wenigstens historisches Wörterbuch zu konsultieren, und ich fürchte, wenn du das getan hast, wirst du @Pedalls Verdikt beitreten.

[Nachtrag: hier hätte auch ein Blick in den WP-Artikel "Amen" gereicht]
 
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