Beethoven, OP27-2, 1 (Mondschein-Sonate)

  • Ersteller des Themas Viva La Vida
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Bereits John Cage hat mit 4‘33“ gezeigt, dass ein Werk erst in der konkreten Aufführungssituation entsteht (in Cages Fall sind es die Publikumsgeräusche).
Das stimmt so nicht. Die Idee für 4'33'' kam Cage in einem schalltoten Raum - was er dort hörte und was ihn faszinierte, war sein eigener Körperschall. Also Geräusche wie das Pulsieren des eigenen Blutes.


Ja, auch eine Interpretation in der inneren Vorstellung bleibt eine Interpretation. Ich erkenne da keinen Widerspruch.
Ich auch nicht. Aber es stimmt eben nicht,
dass eine Partitur erst durch jemanden, der sie spielt, streng genommen zu "Musik" wird
 
Man kann man eine Partitur auch mit dem inneren Ohr hören und interpretieren.
Das Problem ist: Du kannst es zwar dann selbst hören. Aber kein anderer Mensch - und man kann sich nicht darüber austauschen, daran erfreuen usw.

Je nachdem, wie man Musik streng formal definiert (und ich bin zu dem Schluß gekommen, Musik ist nur etwas, das man auch hören kann) liegen die Dinge dann halt so, oder so.

Aber in dieser Teildiskussion ("Wie definiert man den Begriff Musik") geht's ja nur um rein formale Dinge... nicht um Interpretation, Werktreue o.ä.
 
@mick
Zu letzterem: ja, aber ich würde von potenzieller Musik sprechen. Erst das imaginäre oder reale Klangereignis lässt die konkrete Musik entstehen.

Zu 4‘33“ im schalldichten Raum: Auch die Blutgeräusche usw. sind in der Entstehungssituation Teil des Werks. In Situationen, in denen die Komposition gemeinhin erklingt, sind es jedoch u.a. die Geräusche, die durch die Zuhörenden entstehen. Auch da: kein Widerspruch. Es ist die jeweilige Aufführungssituation, die aus der Komposition ein Werk macht.
 
Das Problem ist: Du kannst es zwar dann selbst hören. Aber kein anderer Mensch - und man kann sich nicht darüber austauschen, daran erfreuen usw.
Selbstverständlich kann ich mich mit anderen darüber austauschen. Allerdings nur mit solchen, die es eben auch verstehen, eine Partitur innerlich erklingen zu lassen.

Das ist im Prinzip nichts anderes als beim Lesen eines Buches. Der einzige Unterschied ist, dass sehr viel mehr Leute Bücher lesen können als Partituren.
 
Das stimmt natürlich auch - man kann darüber reden, wie man ein Stück im Detail spielt, oder spielen kann.

Ich würde aber trotzdem sagen, "Musik" ist etwas, das notfalls jeder Mensch (auch einer ohne Musikstudium, einschlägige Vorbildung usw.) genießen können soll.

Also irgendetwas, das man eben auch hören kann. Das können ja alle Menschen (eben: hören).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde aber trotzdem sagen, "Musik" ist etwas, das notfalls jeder Mensch (auch einer ohne Musikstudium, einschlägige Vorbildung usw.) genießen können soll.

Dann würde ich sagen, "Literatur" ist etwas, das notfalls jeder Mensch (auch ein Analphabet) genießen können soll. Die eigentliche Bestimmung eines Romans ist somit seine Verfilmung. ;-)
 
Nun, Analogien haben immer ihre (engen) Grenzen. Ich wusste, dass Du auf den Begriff "genießen" eingehen würdest ;-)

Ein bisschen was wissen muss man natürlich schon, um irgendetwas wirklich genießen zu können. Und ein bisschen Erfahrung mit etwas haben.

Ein Beispiel: wie will ich ein feines Essen genießen - wenn ich nicht schon jede Menge schlechtes Essen im Leben vorgesetzt bekommen habe. Wie will ich die feinen Unterschiede erkennen zwischen Koch A und Koch B, Restaurant X oder Restaurant Y...

Da braucht's immer viel Erfahrung.

Bei Musik würde ich sagen im Grunde auch...
 
Hat aber alles nichts mit dem Thema zu tun. Der TE hat einige gute Verbesserungstipps zum Thema Agogik, Dynamik und Pedal bekommen und hat glücklicherweise nicht vor, irgendwelche komischen Änderungen am Notentext vorzunehmen, weil er sich nicht für Horowitz hält.
 
Das finde ich jetzt ein wenig weit hergeholt, wenn man sagt, jeder der nicht am Notentext kleben will, hielte sich für einen Horowitz oder sonst einen berühmten Musiker...

Aber Du hast völlig Recht: mit der Diskussion haben wir das eigentliche Fadenthema ein wenig verlassen...
 
Dann würde ich sagen, "Literatur" ist etwas, das notfalls jeder Mensch (auch ein Analphabet) genießen können soll. Die eigentliche Bestimmung eines Romans ist somit seine Verfilmung. ;-)

Und nein, da wirfst Du wirklich so einiges durcheinander ;-)

"Literatur" ist eine ganz eigene Kunstgattung. Die besteht aus geschriebenem Wort.
Der "Film" gehört zur Kunstgattung "Darstellende Kunst". Das ist was völlig anderes... ;-)
 
Meine Einspielung soll eine werkgetreue Widergabe sein.
Eine werkgetreue Widergabe ist entsprechend dem originalen Kunstwerk wiedergegeben.
In der Klassik ist oft viel ausnotiert.

Die Noten sind das leichteste zum Überprüfen (Notenlesen zu können ist also durchaus eine wichtige Voraussetzung).;-)

Etwas schwieriger wird’s beim Tempo das oft nicht notiert war im Originaltext, hier muss man historisch suchen und wird oft fündig. Zumindest man hat eine Idee eines möglichen Tempobereiches. Da die Klassik aber schon sehr lange existiert, gibt es wissenschaftliche Abhandlungen dazu. Als Laie und Hobbyspieler muss man irgendwo mal auch darauf vertrauen und Werte der Literatur übernehmen oder eben Klavierlehrer fragen.
Es gibt übrigens eine Aufnahme der Mondscheinsonate von Gulda mit Tempo ca. 40. Grausamst.

Die Dynamik ist unterschiedlich genau vorgegeben, hier in der Mondscheinsonate meiner Meinung nach aber sehr genau: das Stück startet im pp es ist kein mf, f, ff notiert nur einmal ein p! sodass für mich eine werkgetreue Widergabe nur einen geringen Dynamikumfang hat. Im mezzo-forte oder lauter zu landen steht nicht da, erscheint mir nicht richtig und entspricht nicht der Vorgabe Beethovens!
Das Stück hat also nur wenige „Lautstärkeschichten“, von pp zu p !
Dazu kommt: Mit einem akustischen Klavier kann ich 9-10 Lautstärkestufen darstellen mit einem Stage Piano sind das nur etwa 5-6.

Agogik, Pausen und Zäsuren:
Zäsuren mit kurzen Pausen um Phrasen abzutrennen sind wohl erlaubt. Eine kurze und nicht zu lange Pause zu machen ist aber nicht vorgegeben, daher wohl auch Interpretationsspielraum.
Agogik: Also die Lehre von der individuellen Gestaltung des Tempos beim musikalischen Vortrag, damit kenne ich mich nicht aus (weiß jemand gute Literatur??).

VLV
 

Die Dynamik ist unterschiedlich genau vorgegeben, hier in der Mondscheinsonate meiner Meinung nach aber sehr genau: das Stück startet im pp es ist kein mf, f, ff notiert nur einmal ein p! sodass für mich eine werkgetreue Widergabe nur einen geringen Dynamikumfang hat. Im mezzo-forte oder lauter zu landen steht nicht da, erscheint mir nicht richtig und entspricht nicht der Vorgabe Beethovens!
Das Stück hat also nur wenige „Lautstärkeschichten“, von pp zu p !
Dazu kommt: Mit einem akustischen Klavier kann ich 9-10 Lautstärkestufen darstellen mit einem Stage Piano sind das nur etwa 5-6.

Daß ein Stück im piano-pianissimo steht, heißt nicht, daß man die Dynamik abflachen soll, nur daß der Gesamteindruck eben kein krachendes forte sein soll. Gerade an einem "Stage Piano" kannst du da trotzdem den gesamten Dynamikbereich nutzen.
 
Ich glaube, er meint, wenn weniger Umfang da ist, kannst du prozentual mehr davon nutzen.
Bei allen Kritikpunkten muss trotzdem dein Instrument mit berücksichtigt werden. Bestimmt würden manche Sachen am guten akkustischen Instrument besser umgesetzt sein.
 
Erstens kennst du sein Instrument mutmaßlich nicht, zweitens siehe seine Argumentation.
 
Mit einem akustischen Klavier kann ich 9-10 Lautstärkestufen darstellen mit einem Stage Piano sind das nur etwa 5-6.
Ist das tatsächlich so? Kann ich mir schwer vorstellen...
Bei allen Kritikpunkten muss trotzdem dein Instrument mit berücksichtigt werden. Bestimmt würden manche Sachen am guten akkustischen Instrument besser umgesetzt sein.
Das ist eher unwahrscheinlich... E-Pianos sind normalerweise etwas unkomplizierter zu bespielen, in der Dynamik zu beherrschen usw. als akustische Instrumente.
 
Also mein Digi übersteuert in der Aufnahme, während sich der selbe Anschlag durch Kopfhörer oder Lautsprecher gut anhört.

Aber ich denke generell auch, dass für dich, @Viva La Vida, noch etwas dynamischer Spielraum ist, falls du den bei dem Stück überhaupt nutzen möchtest (was ich aber empfehle).
 

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