Wie den Anschlag gleichmäßig hinbekommen?


So ziemlich alles!
Wer etwa eine gute Tonleiter in 16teln spielt wird jeden vierten Ton betonen und vielleicht auch noch eine minimale Agogik anwenden. Er/sie spielt also nicht gleichmäßig, sondern in musikalisch sinnvoller Weise ungleichmäßig.
Und das gilt für fast alle Passagen, Melodien und Begleitfiguren.
Gleichmäßig ist schlicht keine musikalisch technisch befriedigende Kategorie!
 
Vielleicht hilft auch folgende Übung: Arm und Hand in eine bequeme Lage bringen, z. B. so, dass der Zeigefinger über dem e'' liegt (rechte Hand). Dann dieses e'' (oder welcher Ton auch immer gewählt wird) mehrmals mit dem Zeigefinger sehr langsam hintereinander anschlagen und erst mal hörend darauf achten, ob man das immer gleich intensiv hinbekommt. Dann den selben Ton mit anderen Fingern anschlagen, im genau gleichen "Tempo" und der gleichen Lautstärke wie zuvor mit dem Zeigefinger. Reihenfolge der Finger ist dabei absolut egal, solange jeder Finger mal drankommt und darauf geachtet wird, dass der Ton auch immer gleich klingt. Man darf dabei natürlich auch immer wieder zurück zum Zeigefinger gehen. Der ist genauso ein Finger wie die vier anderen. Und man kann auch genauso gut einen anderen Finger als Ausgangspunkt wählen.

Das wird am Anfang eventuell nicht gut klappen, aber man kann sich so relativ gut dem Problem annähern. Wenn man den Arm falsch hält (was einem der Lehrer zeigen sollte), dann führt das aber auf keinen Fall zum richtigen Ziel, sondern höchstens zu falscher Technik.
 
@Bamboozle

Guter Unterricht zeigt ihm, dass die Grundvorstellung von vornherein falsch ist, und zeigt ihm, wie die Physiologie und Physik des menschlichen Spielapparates beschaffen ist und wo in diesem "Gesamtgebäude" sozusagen der Platz der Finger ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich (mich wiederholend) auf Seymour Bernsteins Buch „Klavierchoreographie“ hinweisen, in dem das Zusammenspiel von Körper, Armen und Fingern m.M.n. sehr gut und anschaulich erklärt wird, hinweisen.
Vielleicht kannst Du ja Deinen KL darauf ansprechen und es mit ihm zusammen erarbeiten?
 
Gelesen habe ich dass man den äußeren Teil der Hand (4ter und 5ter Finger) etwas höher halten soll, ohne allerdings dabei den Ellebogen wegzudrücken.
Was haltet ihr davon?

VLV
 
Nichts.

Wenn überhaupt - spielsituationsabhängig - eine "Höherstellung der Außenhand" (besser: ein Nach-Innen-Kippen der Hand) stattfinden soll, dann eben gerade durch Auswärtsstellen des Ellbogens.
(Dieses Ellenbogen-unbeweglich-am-Oberkörper-Dranhalten ist sowieso auch so eine Einsteiger-Seuche...)

Andernfalls spielt man mit permanent nach innen rotiertem Unterarm, was von vornherein verkrampft ist.

Aber all diese Einzel-Tipps, zumal schriftlich übers Internet, bringen letztlich kaum was, weil a) der Spieler als Ganzes betrachtet werden muss und b) es überaus fraglich ist, ob der Tipp-Empfänger es so umsetzt, wie der Tipp-Geber es meint.

Daher - ceterum censeo - NEHMT UNTERRICHT bei einem GUTEN (i.e. seltenen) KL.
 
Wunderbar.

Also in erster Näherung mal meinen Rat beachten: langsam üben. So langsam, dass eben jeder Ton in etwa so klingt, wie man den hinbekommen will.

Stell' Dir vor, dass eine Schnecke über die Klaviatur kriecht.

Da braucht man sich auch gar nicht für schämen, wenn man das mal so macht. Das kommt auch schon mal bei Klavierspielern vor, die wirklich schon ganz andere Sachen gestemmt haben... :-)
 
Das werde ich so umsetzen, bzw. bin schon dabei. :-)
 
Ich glaube, statt krampfhaft zu versuchen, gleich im ersten Monat alles perfekt zu machen, kann man ruhig drauf vertrauen, dass vieles mit der Zeit fast von allein besser wird. Einfach, weil man mit zunehmender Übung viel mehr Kontrolle über die ganzen motorischen Abläufe hat, vieles unbewusst automatisiert passiert und Ressourcen für neues freigibt. Ich hab anfangs mit der LH viel zu laut gespielt, der Bass war immer lauter als die Melodie, das hat gedauert, das raus zu kriegen, aber es wird... Irgendwann spielt dann auch der Daumen mal leise und der kleine Finger laut, wenn das so sein soll.
 

Aber all diese Einzel-Tipps, zumal schriftlich übers Internet, bringen letztlich kaum was, weil a) der Spieler als Ganzes betrachtet werden muss und b) es überaus fraglich ist, ob der Tipp-Empfänger es so umsetzt, wie der Tipp-Geber es meint.

Es ändert sich doch je nach Spielsituation andauernd die zweckmäßigste "Handhaltung". :015: Jede statische Vorstellung von "man soll das so und so machen, hab ich gelesen" geht beinahe zwangsläufig in die Irre, weil es vielleicht in einer speziellen Situation, aber nicht grundsätzlich zweckmäßig ist. Und schon gar nicht irgendwelche erzwungenen Haltungen wie:
Gelesen habe ich dass man den äußeren Teil der Hand (4ter und 5ter Finger) etwas höher halten soll, ohne allerdings dabei den Ellebogen wegzudrücken.

"Die ulnare Handseite emporrecken", krampfiger geht´s doch gar nicht. So ein "Tipp" kann gar nicht als grundsätzlich gültige Anweisung aufgefasst werden. Überleg doch mal, was anatomisch dazu nötig wäre! Eine bewusst-übertriebene Pronation (Innenrotation des Unterarms) bei gleichbleibendem Ellenbogen ...
ellenbogen_drehung.jpg

Quelle
Elle und Speiche überkreuzen sich dabei! Was macht der arme Daumen??? Bzw. was kann er noch machen? Wenn schon Innenrotation des Unterarms, dann als Resultat einer unterstützenden Bewegung aus Ellenbogen und Schulter und nie statisch. Und da geht es nämlich los mit den Tücken von Texten, die man ohne umfassende Vorkenntnisse praktischer Art liest bzw. ohne fachkompetente Kontrolle umzusetzen versucht. Da steht: "ulnare Handhälfte hoch, Ellenbogen bleibt unbeweglich". :denken:
Großhirn an diese Handhälfte: "Hoch mit Dir! Ja, nur Du!!!" Irgendeine verstörte Unterarmmuskelgruppe versucht, diesen komischen Befehl umzusetzen. Körperrückmeldung: "Fühlt sich voll Sch*** an!" – Großhirn: "Egal, das stand in einem Text, ich will es so, mach´s einfach!" – Körperrückmeldung: "Ich hätte einen Vorschlag, ich könnte Deinen Befehl besser umsetzen, wenn ich..."- "Großhirn: "Klappe!!! Deine Gefühle interessieren mich überhaupt nicht! Hier wird umgesetzt, was ICH will!!!" Der Muskel verstummt erschrocken und müht sich kopfschüttelnd, die eigenartige Anweisung auszuführen. Ist er dabei locker? Wohl nicht...

Ich glaube, statt krampfhaft zu versuchen, gleich im ersten Monat alles perfekt zu machen, kann man ruhig drauf vertrauen, dass vieles mit der Zeit fast von allein besser wird. Einfach, weil man mit zunehmender Übung viel mehr Kontrolle über die ganzen motorischen Abläufe hat, vieles unbewusst automatisiert passiert und Ressourcen für neues freigibt.

Die Formulierung trifft´s: "Krampfhaft versuchen". Die Anatomie von Individuen ist nie vollkommen gleich. Schon Längenverhältnis der Finger untereinander – da werden Unterschiede sogar augenfällig deutlich. Gerade bei Anfängern ist "Üben" auch ein Kennenlernen des eigenen Spielapparats (von mir aus auch Spielorganismus). Sinngemäß: "Wie hört es sich an, wenn es sich so anfühlt" und umgekehrt: "Wie fühlt es sich an, wenn es so klingt". Der Begriff "Lockerheit/locker" führt dabei vielleicht ein bisschen in die Irre, denn "locker" könnte mit "schlaff" assoziiert werden. Der etwas plastischere Begriff ist "Durchlässigkeit". Das Gerippe lässt die Klangvorstellung (die im Oberstübchen entsteht) stockungs- und blockadefrei in die Tasten fließen => ungezwungene, möglichst natürliche Bewegungsabläufe.

Selbstverständlich klappt der gewünschte Anschlag (eigentlich: der gewünschte Klang) nicht ganz von selbst. Man muss dran arbeiten. Genau zuhören "wie klingt es". Im Laufe der Überei lernt man, das Ergebnis der Bewegungen zu kontrollieren. Gerade am Anfang sollte man sich gestatten, auch als Erwachsener, spielerisch herumzuexperimentieren ("wie klingt es, wenn es sich so anfühlt/wie fühlt es sich an, wenn es so klingt"), OBWOHL das Hauptaugenmerk natürlich auf der richtigen Wiedergabe des Notentextes liegt. :001:
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber all diese Einzel-Tipps, zumal schriftlich übers Internet, bringen letztlich kaum was, weil a) der Spieler als Ganzes betrachtet werden muss
Ja, der eine spannt die Kaumuskulatur unwillkürlich an beim Spielen, der/die andere zieht vielleicht die Schultern hoch, da gibt's vieles.
Daher - ceterum censeo - NEHMT UNTERRICHT bei einem GUTEN (i.e. seltenen) KL
Die Frage ist halt: wir sind hier im Internet, und da bleibt halt i.d.R. einfach nur das "verbale Tipp-Geben". Evtl. könnte man auch mit Video oder Foto arbeiten.
Ich glaube, statt krampfhaft zu versuchen, gleich im ersten Monat alles perfekt zu machen, kann man ruhig drauf vertrauen, dass vieles mit der Zeit fast von allein besser wird. Einfach, weil man mit zunehmender Übung viel mehr Kontrolle über die ganzen motorischen Abläufe hat, vieles unbewusst automatisiert passiert und Ressourcen für neues freigibt
Seh' ich auch so: vieles lernt man im Regelfall wohl "einfach so" indem man halt einfach spielt/übt. Vieles wird von selbst besser (auch der Anschlag). Wie gesagt, möglichst nicht verkrampfen beim Klavierspiel. Und eine "mit dem Kopf durch die Wand"-Einstellung ist ebenfalls grundverkehrt.

Den Spielapparat nie als "Feind" betrachten beim Klavierspiel, sondern stets als guten Freund, mit dem zusammen man was neues aufregendes lernt. Und ihn beim Üben auch immer so behandeln.
Die Anatomie von Individuen ist nie vollkommen gleich. Schon Längenverhältnis der Finger untereinander
Jo, und der eine kommt mit den Fingern noch zwischen die schwarzen Tasten, der andere nicht, der eine greift Undezimen usw.

Jeder braucht motorisch gesehen ein bisserl andere "Lösungen" für's Klavierspiel, die dann gut funzen, würde ich sagen.

Deswegen ist beim Klavierspiel stets auch ein bisschen probieren und Kreativität gefragt (mit Finger- und Handhaltung etc.).
 

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