Mehreres gleichzeitig; Stücke, Stile

Ralph_hh

Ralph_hh

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10. Okt. 2019
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Das was es an Stücken für's Klavier gibt reicht vermutlich für deutlich mehr als ein Musikerleben und wenn man dann noch spät damit anfängt...

So denn, man kann jede Erfahrung selber machen, aber ich wollte mal auf Eure zurückgreifen. Vielleicht lassen sich ein paar Irrwege vermeiden. Zwei Fragen hätte ich:

1)
Wie viel Sinn macht das, mehrere Stücke gleichzeitig zu lernen? Ich bin mir nicht sicher, wenn ich nach 40min üben von einem Stück genug habe und die Konzentration nachlässt, ob ich da nicht noch genug Energie über hätte, um ein zweites Stück zu bearbeiten. Hemmt das die Verarbeitung des gelernten am ersten Stück? Ich habe gerade bei kurzen Stücken den Eindruck, dass es nicht unbedingt viel mehr bringt, die schwierige Stelle nun noch 30x zu spielen, vielleicht ließe sich der verbliebene Elan sinnvoller einsetzen?

2)
Und eine ähnliche Frage zum Thema Musikrichtungen. Ist das sinnvoll, verschiedene Musikstile gleichzeitig zu üben? Ich spiel meist Klassik, Beethoven, Chopin und co, hab neulich aber mal aus dem Fluch der Karbik das Titelthema gespielt und könnte mich durchaus auch für Boogie und Blues erwärmen. Ergänzt sich sowas in dem Sinn, dass man da insgesamt weiter kommt und vielseitiger wird, oder führt das nur dazu, dass man am Ende nichts richtig kann? Klaut das Üben des Blues Stückes der Klassikausbildung nur die Zeit oder egänzt es die sinnvoll?
 
zu 2): Ich halte es für eine sinnvolle Ergänzung. Dadurch erübrigt sich auch die Antwort auf Punkt 1).
 
Ich ergänze noch mal eine Teilfrage. 1+2 kombinieren? Nach dem Tschaikowsky noch eine halbe Stunde Boogie Woogie einstreuen?
 
Ich bewunderer das ja immer. 40 min an einem Stück üben, das könnte ich nie. Irgendwann beginnen meine Finger über sich selbst zu stolpern und wenn ich an dem Punkt bin, dann kann ich gar nichts mehr, egal wie gut ich es sonst kann.
 
Zu 1) kann ich nur sagen, dass ich fast immer an zwei Stücken gleichzeitig übe. So 15-20min das erste und dann 10-15min das zweite (oder Repertoire frisch halten, wobei ich dort auch meist gleich mit schwieriger Stelle einsteige).

Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht. 40min an einem Stück ist mir ohnehin zu lang und ermüdend. Ausserdem habe ich immer den Eindruck, dass es mir dann durch die Wiederholungen zu sehr einfach ins Fingermuskelgedächtnis geht.

Durch den bewussten und konzentrierten Wechsel zwischen zwei Stücken stelle ich fest, dass meist nicht beim üben selbst, aber dann über Nacht erstaunlich viel hängen bleibt bzw. nachreift. Ich vermute mehr, als durch zu viel wiederholen desselben, wo das Hirn sich dann irgendwann ausklinkt.

Zu 2) kann ich nicht viel beitragen, kenne das Dilemma als Spätanfänger. Aber da der Weg das Ziel ist und nicht die Klassikerkarriere, würde ich sagen, es ist egal, mach, was dich am meisten erfreut.
 
Lieber Ralph-hh,

beim Üben Musik aus möglichst vielen Perspektiven zu erleben, bringt voran, macht Spaß und ist sehr effektiv!

Dabei überlagert sich nichts, sondern ergänzt sich. Also sind zwei Stücke mit unterschiedlichem (!) musikalischen Gehalt und unterschiedlichen (!) Anforderungen besser als eins - die Aufmerksamkeit erlahmt nicht und man lernt viel Neues.

Und auch verschiedene Musikstile sind deshalb günstig. Sie ergänzen sich. Welche Reihenfolge du dabei einhältst, ist egal - je nach Lust und Laune.

Man kann auch noch Repertoirepflege, Improvisation, Liedbegleitung, Gehörbildung, Blattspiel etc. einbauen, wenn man mag. All das befruchtet sich gegenseitig.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich habe immer mindestens zwei Sachen in Arbeit, zur Zeit J.S.Bach und Philip Glass. Das ist recht verschieden und genau das finde ich schön. Dann spiele ich noch gerne Stücke, die ich schon gespielt habe, einfach aus Spass an Musik und so verlerne ich sie auch nicht. Meine Erfahrung ist, dass zwei Stunden dasselbe zu üben irgendwann keinen Fortschritt mehr bringt. Das Ganze muss sich in meinem Gehirn erst mal setzen.

In den Sommerferien habe ich Schumann und einen Ragtime gespielt. Nichts ist unmöglich und so bleibt das Spiel auch interessant. :-)
 
Es ist sinnvoll, mehrere (vielleicht 2-4,nicht unbedingt 10)Stücke gleichzeitig zu lernen, möglichst mit unterschiedlichem Charakter und unterschiedlichen Anforderungen! Gerne auch aus verschiedenen Epochen oder Musikrichtungen.

Du hast so Abwechslung, kannst mal dem oder jenem länger üben, lernst verschiedenes gleichzeitig. Und nicht zu vernachlässigen: das macht so viel mehr Spaß!

Übrigens meine Erfahrung: ganz egal, an was du gerade arbeitest, es ist immer eine gute Idee, auch mal (wieder) Bach zu spielen. Das verbessert mein Spiel auch bei meinen anderen Stücken.
 
Wie viel Sinn macht das, mehrere Stücke gleichzeitig zu lernen? Ich bin mir nicht sicher, wenn ich nach 40min üben von einem Stück genug habe und die Konzentration nachlässt, ob ich da nicht noch genug Energie über hätte, um ein zweites Stück zu bearbeiten.

Es ist immer sinnvoll mehrere Stücke parallel in Arbeit zu haben. 20 Min. an A und 20 Min. an B bringt an Ende mehr als 40 Min. an A.
Natürlich gibt es Grenzen, aber die sind weiter weg als meist vermutet.
 
Auch ich habe immer mindestens zwei Stücke etwas zeitversetzt in Arbeit. Das heißt ich beginne neu mi einem Stück, nach ca. einer Woche beginne ich ein zweites Stück, das komplett unterschiedlich ist. Also meist einen Boogie, Blues oder Ragtime und zur Abwechslung eine Ballade oder ein klassisches Stück.
 

@Hartmut Das bestätigt ja voll meine Erfahrungen. Lohnt es sich den gesamten Vortrag anzuhören ? :023:
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke an alle für das Feedback. Schön, wenn die Antwort so ausfällt, wie man sie hören wollte.
Hab mich gestern gleich mal hingehockt und nach der Klavierstunde noch ein bisschen aus Martha Myers Blues Noten gespielt.
 
Oh....toller Beitrag ! Dachte so, schau mal wieder bei Clavio vorbei.....und dieser Beitrag war so eine der Fragen die ich mir gestellt hatte, mache ich zu viel ??? 2 neue Klavierstücke. Dazu noch 2 Keyboard stücke. Dazu versuche ich noch mir ein kleines Repertoire aufzubauen, also ein paar alte Stücke auch noch ständig wiederholen. ( damit meine Frau nicht mehr sagt: " kannst du nur das eine Stück ??? ich höre immer nur dasselbe Stück).
Nehme immer je neues Stück 2 Takte und erarbeite sie mir ein einem Tag, wiederhole dann bekanntes und am Tag 2 versuch ich dann das gelernte mit dem schon gelernten zu verfestigen. Am Tag 3 versuche ich es dann (nochmal ) auswendig zu lernen und Tag 4 und 5 versuche ich es dann auswendig und blind zu spielen. Dann kommen die nächsten 2 Takte....bin nicht der schnellste...
Zwischendurch nehme ich mir ein Keyboard Stück vor. Das Spiel mit Begleitautomatik und Akkorden ist dann wie eine Befreiung....am E-Piano habe ich so das Gefühl von unendlicher Schwere, es zieht mich regelrecht in die Tasten.....am Keyboard dann das Gefühl von Leichtigkeit.
Da das Ganze dann unendlich dauert habe ich das Gefühl nicht so richtig vorwärts zu kommen und dann stellt sich die Frage..verzettel ich mich ??? mach ich zu viel ?? aber wenn ich das so höre und lese...scheint alles OK zu sein !!!
 
Oh....toller Beitrag ! Dachte so, schau mal wieder bei Clavio vorbei.....und dieser Beitrag war so eine der Fragen die ich mir gestellt hatte, mache ich zu viel ??? 2 neue Klavierstücke. Dazu noch 2 Keyboard stücke. Dazu versuche ich noch mir ein kleines Repertoire aufzubauen, also ein paar alte Stücke auch noch ständig wiederholen. ( damit meine Frau nicht mehr sagt: " kannst du nur das eine Stück ??? ich höre immer nur dasselbe Stück).
Nehme immer je neues Stück 2 Takte und erarbeite sie mir ein einem Tag, wiederhole dann bekanntes und am Tag 2 versuch ich dann das gelernte mit dem schon gelernten zu verfestigen. Am Tag 3 versuche ich es dann (nochmal ) auswendig zu lernen und Tag 4 und 5 versuche ich es dann auswendig und blind zu spielen. Dann kommen die nächsten 2 Takte....bin nicht der schnellste...
Zwischendurch nehme ich mir ein Keyboard Stück vor. Das Spiel mit Begleitautomatik und Akkorden ist dann wie eine Befreiung....am E-Piano habe ich so das Gefühl von unendlicher Schwere, es zieht mich regelrecht in die Tasten.....am Keyboard dann das Gefühl von Leichtigkeit.
Da das Ganze dann unendlich dauert habe ich das Gefühl nicht so richtig vorwärts zu kommen und dann stellt sich die Frage..verzettel ich mich ??? mach ich zu viel ?? aber wenn ich das so höre und lese...scheint alles OK zu sein !!!
Wow, 5 Tage für zwei Takte (pro Stück). Verlierst du da nicht schnell die Lust? Wie lange übst du pro Tag pro Stück? Was für eine Schwierigkeit haben die Stücke?
 
Wie viel Sinn macht das, mehrere Stücke gleichzeitig zu lernen? Ich bin mir nicht sicher, wenn ich nach 40min üben von einem Stück genug habe und die Konzentration nachlässt, ob ich da nicht noch genug Energie über hätte, um ein zweites Stück zu bearbeiten. Hemmt das die Verarbeitung des gelernten am ersten Stück? Ich habe gerade bei kurzen Stücken den Eindruck, dass es nicht unbedingt viel mehr bringt, die schwierige Stelle nun noch 30x zu spielen, vielleicht ließe sich der verbliebene Elan sinnvoller einsetzen?

Ich habe längere Zeit den Fehler begangen, mich ausschließlich auf ein Stück zu fokussieren (Motto "Das ist verd*** noch mal schwer genug"). Meine Klavierlehrerin wollte immer mehrere, und hier im Forum rät man auch, mehrere Werke parallel einzustudieren.

Seit ich mich der Expertenmeinung gefügt habe :-), verstehe ich den Sinn dieses Rats sehr gut. :super:

Wenn ich, wie Du schreibst, "nach x min üben von einem Stück genug" habe (oder mich irgendwo festzufahren drohe) und ein anderes vornehme, bin ich plötzlich wieder so frisch in der Birne, als hätte ich gerade erst angefangen zu üben. Durch das schnelle Umdenken wird man viel souveräner als wenn man eingleisig fährt. Der Output bei zwei oder mehr Stücken scheint sich nicht zu halbieren (oder zu dritteln etc.) sondern paradoxer Weise zu verdoppeln (bzw. zu verdreifachen etc.)

Mach einfach. Nichts wird gehemmt, sondern im Gegenteil eher beflügelt. Q. e. d.
 
Ich spiel nun inzwischen zu meinem Tschaikowsky einen Blues von Martha Mier und muss sagen, es tut mir gut. Wenn ich das Gefühl habe, aus dem ersten Stück ist für den Tag nichts mehr rauszuholen, von der 20. Wiederholung wird es auch nicht besser, dann ist das zweite Stück eine willkommene Ergänzung, die verbleibende Energie zu nutzen. Und es lockert die Monotonie des einen Stückes deutlich auf. Wobei ich immer noch regelmäßig den Chopin Walzer A Moll dazu spiele, um den nicht zu vergessen, da ich den flüssig spiele, braucht der nicht viel Zeit :-).

Ich glaub nur, es sollten nicht so viele Stücke auf einmal sein, dass man dann für keines mehr richtig Zeit hat.
 
Wow, 5 Tage für zwei Takte (pro Stück). Verlierst du da nicht schnell die Lust? Wie lange übst du pro Tag pro Stück? Was für eine Schwierigkeit haben die Stücke?
Na ja, ist mir schon klar, wie sich das anhört !! Hab den Fehler gemacht, mich ein paar Jahre auf ein bestimmtes Niveau festzulegen weil ich dachte, wie kann ich mir das schwierige vornehmen wenn noch nicht mal das leichte aus dem ff kommt !!! Wobei ich immer im Kopf hatte, ich müsse mich hinsetzten und die leichten Stücke so mal eben aus dem Handgelenk vom Blatt spielen, wobei die Finger sich mit schlafwandlerischer Sicherheit auf der Tastatur bewegen.
Verstärkt durch einen Klavierlehrer der genau das gemacht hat, nach dem Motto, ich spiel dir das mal eben vor.
Dann habe ich gedacht, nun ist Zeit für den nächsten Schritt und habe mir die Noten - für Elise und River flows in you - im Notenfachhandel bestellt. Leider kamen sie ohne Fingersatz, den muß ich mir auch noch zusammen bauen. ( es gibt zwar genug Anleitungen im Internet, die sind aber nicht immer von Vorteil )
Und die Stücke erarbeite ich mir gerade, zu Anfang habe ich für 2 Takte 1 Stunde gebraucht, nun brauche ich noch 30 bis 40 Minuten, das Problem ist die Geschwindigkeit, vor allem bei dem schnellen Lauf, bei - für Elise -, und die zielsicheren Oktavsprünge in der linken Hand und um das ganze blind und auswendig zu spielen braucht es schon sehr viel Zeit zum Üben. So ca,1- 1,5 Stunden täglich E-Piano und so 1-1,5 Stunden für Keyboard, auch mal 1 - 2 Tage nichts. Je nach Zeit und Laune. Ungewohnt war für mich auch das zusammenspiel von linker und rechter Hand, links die achtel und viertel Noten und rechts 16tel und auch 32tel, wobei ich zu Anfang versucht war die 32tel Noten mit zuzählen, bis ich dann darauf kam das ganze im Block zu spielen. Ev. wäre es mit meinem Klavierlehrer schneller gegangen, aber leider kann ich es mir nicht erlauben ein paar hundert Euro hinzulegen um zu lernen 2 Lieder zu spielen. Wenn ich damit fertig bin, dann können wir gemeinsam gucken welchen Mist ich da rein gebaut habe. Hab erst von ein paar Jahren angefangen und bin 67, ein Mozart wird eh nicht mehr aus mir. Versuche nur noch so viel wie nötig und so gut wie möglich zu spielen.
 

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