Erkennen von KKL

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28. Juli 2016
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Ich weiß nicht, ob ich mich gestern zu weit aus dem Fenster gelehnt habe...

Der beste Freund von meinem Sohn nimmt seit 4 Jahren Klavierunterricht. Zuhause hat er nur ein Keyboard stehen und mit Üben hat er es auch nicht so sehr. Da Musikgymnasium ist jedoch Instrumentalunterricht Pflicht.
Mit den Eltern bin ich sehr gut befreundet.

Seit ein paar Wochen hat seine KL aus persönlichen Gründen keine Zeit und möchte auch eine Pause. Wie lange die dauern soll, wissen seine Eltern nicht. Das Klavierspielen hat in der Familie nicht allererste Priorität. Jedenfalls habe ich zugesagt, ein paar Wochen mit ihm zu arbeiten. Machte aber ganz deutlich, dass ich nicht im entferntesten dazu qualifiziert bin und auch nur übergangsweise damit einverstanden. Falls seine KL über Monate hin eine Pause wolle, habe ich KL empfohlen.

Gestern habe ich bei mir zum ersten Mal mit ihm gearbeitet und war geschockt. Er spielt momentan eine Bearbeitung von der Elise. Abgesehen davon, dass ich bei dem Stück von Bearbeitungen gar nichts halte, ist das die schrecklichste, die ich überhaupt je gesehen habe. Sowas darf meiner Meinung ein KL nicht vorsetzen, sondern nur verbrennen!

Noten lesen geht nicht. Überhaupt kein Gefühl für Rythmus und Metrum. Ständiger Tempowechsel. Und die Stücke waren wohl abgehakt! Mutter und Sohn haben mich ganz froh angesehen und gemeint, das würde ja gut klappen. Ich war tatsächlich sprachlos. Der Fingersatz (von KL hingeschrieben) in der Elise war übrigens auch Murks, als hätte den jemand hingeschrieben, der erst seit 3 Jahren Unterricht hat...

Nach meinem Wissen ist seine KL Musiklehrerin an irgendeiner Schule. Ob sie Klavier studiert hat, wissen seine Eltern nicht.

Ich habe seiner Mutter gestern unter vier Augen dazu geraten, die KL zu wechseln. Ich glaube nicht, dass er so spielen lernt. Seine Mutter meinte, sie wisse dass er kein Virtuose werde, menschlich würde es halt passen. Sie denkt mal drüber nach. Sie findet es auch angenehm, dass die KL ins Haus kommt, das verstehe ich schon. Aber den Kompromiss würde ich nicht machen.

Findet ihr, ich war mit meiner Einschätzung zu vorschnell? Immerhin kenne ich sie ja nicht. Hab durchaus ein bisschen schlechtes Gewissen. Woran erkennt man (aus der Ferne) einen KKL?


Nach meiner ersten Stunde hat sich meine Meinung, Unterricht sollten nur fähige Fachleute erteilen bekräftigt. War viel schwieriger als gedacht! Fehler erkennen, kein Problem. Hilfe zur Umsetzung:ahhhhh!
 
Zuletzt bearbeitet:
Also zumindest hier in Berlin verlangen Musikgymnasien eine Eignungsprüfung.

Auszug C.P.E Bach Musikgymnasium:

Zugangskriterien für die Feststellung der künstlerischen Eignung

Allgemeines:

Geeignet sind junge Persönlichkeiten, die eine vorzügliche musikalisch-künstlerische Begabung erkennen lassen.

Dabei stehen vor allem folgende Kriterien im Mittelpunkt:
- differenziertes musikalisches Gehör
- Gefühl für musikalischen Puls und Rhythmus
- musikalisches Gedächtnis
- sensomotorische Voraussetzungen
- Ausdruckswille, Nervenstärke, Ausdauer und Fleiß
- ganzheitlich körperliche Bewegungsharmonie
- dem Alter entsprechende Grundkenntnisse über die Musikgeschichte (von ca. 1650 bis heute...) und -theorie (Intervalle, Akkorde, Funktionslehre, Satztechniken etc.)

Konkrete Mindestanforderungen an das Vorspielprogramm zur Aufnahmeprüfung im Hauptfach Klavier für...

5. und 6. Klasse:
- 3 Stücke unterschiedlicher Stilrichtungen, darunter eine kleine Etüde (insgesamt ca. 7-10 Minuten oder mehr)

7. und 8. Klasse:
- eine Etüde von Czerny, Cramer, Chopin o.ä.
- ein Werk von J. S. Bach, Domenico Scarlatti od. G.F. Händel -
- ein Werk der Wiener Klassik
- ein Werk der Romantik oder des 20. Jahrhunderts
(insgesamt ca. 10-15 Minuten oder mehr)

9. Klasse:
- eine Etüde von Chopin, Liszt, Rachmaninoff, Skrjabin etc.
- ein Präludium und Fuge aus J.S.Bachs WTK oder 3 Sätze einer Suite, Partita o.ä.
- den Hauptsatz einer Sonate von Haydn, Mozart, Beethoven
- ein Werk der Romantik (mittleren bis höheren Schwierigkeitsgrades)
- ein Werk komponiert nach 1910
(insgesamt 15 Minuten oder mehr)

Alle Werke sind auswendig vorzutragen!
 
Das
ist eben die eine Variante von Musikgymnasium und bereitet auf die Laufbahn als Musiker vor.
Es geht aber hier -zumindest was das genannte Kind angeht- mehr um die Musikgymnasien, die zwar den Schwerpunkt Musik haben, aber nicht die Förderung besonders Begabter als zentrales Ziel.
Was ich bei zB meinen Sohn beobachten kann:
- hoher Klassenzusammenhalt
- Freude auf das neue Schuljahr
- viel Raum sich selber mit Ideen einzubringen
- Auftritte gemeinsam mit Lehrern, bei denen es nicht um Hierarchie sondern um das gemeinsame Werk geht
- Lehrer die selber konzertieren und so eben auch öffentlich etwas vorlegen müssen und nicht nur immer Besserwisser sein können.

Die Beherrschung eines Instruments ist das eine, aber die kommunikativen und sozialen Seiten des gemeinsamen Musizierens haben einen Wert für sich.
 
Glasklares Nein.
Disclaimer: Ich verfüge nur über Erfahrungen über 36 Jahre hinweg.
Tut mir leid, oft wird das fleißige Erlernen von Vokabeln und Lesen und Verfassen von einfachen Texten im Fremd-Sprachenunterricht an der Schule verwechselt mit exzellentem Ausdrucksvermögen auch komplizierter Sachverhalte und vor allem Textverständnis , natürlich bei weitem die Belletristik übersteigend. Warum sonst die Klagen an der Universität, dass Schulabsolventen nicht fähig sind, durch Eigenstudium Wissen und Zusammenhänge eigenständig aus Texten zu ziehen, was immerhin die Grundlage eines jeden Studiums ist (bzw. Studieren von Texten nennt sich Studium)
Im Übrigen schulische Leistungen in Sprachen sind meist Fleißergebnisse, ich hab schon manche in der Schule mit "Englischschwäche" aber guten mühelosen Leistungen in den MINT Fächern gesehen, die später selbst wissenschaftlich in Englisch schreiben und gewandt mit der Sprache bei beruflichem internationalen Austausch umgehen, das haben sie nicht in der Schule gelernt, sondern sobald es im Interesse lag, sich bemüht ohne Nachhilfe, sondern durch Eigenstudium sich angeeignet.
 
:denken:

Es gibt in jedem Wissensfeld besser oder weniger gut Lehrende sowie besser oder weniger gut Lernende.

Auf jeden Fall gehört es sich nicht, Leistung (egal welche!) damit abzutun, es sei ja "nur" Fleißarbeit.

Dass Talente unterschiedlich verteilt sind, ist völlig normal und auch legitim. Es ist GUT, dass die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung nicht aus begnadeten Künstlern besteht. Eine Zivilisation braucht viele Fleißige, damit sie sich einige Genies leisten kann.
 
Im Übrigen, wer schlau ist, kann immer Mathe und Latein. Es ist abwegig zu glauben, Intelligenz sei schmalspurig auf ein Gebiet beschränkt.

Liebe Ellizza,

mit Mathe und Latein mag es noch gehen, denn Latein wird nicht (mehr) gesprochen. Bei Mathe und Englisch kann das deutlich anders aussehen. Ich stimme @Klafina absolut zu! Es gibt verschiedene Formen der Intelligenz (https://www.kisp.de/kategorien-intelligenz/) und sie sind bei jedem sehr verschieden und individuell ausgeprägt. Gerade die sprachliche und logisch-mathematische Intelligenz sind sehr verschieden und beinhalten unterschiedliche Fähigkeiten.

@Muck: aus meiner Sicht hast du es genau richtig gemacht. Du hattest vorübergehend den Auftrag, ihn zu unterrichten und der Verantwortung bist du mit deiner Mitteilung nachgekommen. Mehr als vielleicht noch einmal nachzufragen kannst du nicht tun. Denn zumindest Sohn und Eltern haben überhaupt kein Problem und sind sehr zufrieden mit der Situation. Ob die KL es ist, wissen wir nicht. Ob sie eine KKL ist, können wir und meiner Meinung auch du nicht beurteilen. Wenn die Leistungen von Schülern schlecht sind, kann das sehr viele verschiedene Ursachen haben. Vielleicht wollte der Schüler unbedingt die Elise spielen und sie hat sich einen Motivationskick erhofft. Vielleicht ist sie tatsächlich keine gute KL, wenn sie schlechte Fingersätze macht.

Aber du kannst dir aus meiner Sicht nichts vorwerfen!

Liebe Grüße

chiarina
 
Gerade die sprachliche und logisch-mathematische Intelligenz sind sehr verschieden und beinhalten unterschiedliche Fähigkeiten.
Das ist eben der Fehler schlechthin: wie denkt der Mensch abstrahiert? Richtig mit Sprache, sicher auch mit der Umsetzung von bildlicher Vorstellung in Sprache und damit überhaupt ist eine Abstraktion möglich. Du willst mir doch nicht verkaufen, dass abstrahiertes Denken ohne entsprechendes sprachliches Ausdrucksvermögen geht. Bzw. jemand, der angeblich sprachlich "begabt" ist, kann aber nicht physikalische Vorgänge beschreiben und die Abstraktion mathematisch formuliert nachvollziehen.
Tut mir leid, landläufige "Sprachbegabung" wird gleichgesetzt mit dem mögstlich akzentfreien Alltagssprech(!) in einer fremden Sprache, was aber rein gar nichts über Intelligenz aussagt. Und Latein wird übrigens durchaus gesprochen - mein ehemaliger Schuldirektor (promovierter Lateinlehrer) hat unsere Abirede lateinisch vorgetragen. Latein ist eine Sprache wie jede andere auch, nur wird im Unterricht schnell mehr verlangt, da schnell schwierige Literatur und Poesie gelesen wird. Und da "Alltagssprech" übersprungen wird, geht es schnell ans Eingemachte, nämlich mit fundiertem Grammatikwissen und Wörterbuch Texte übersetzen. Dieses Niveau wird leider in den gesprochenen Sprachen kaum in der Schule mehr erreicht, da wäre es nämlich genauso anspruchsvoll.
 
Latein und Englisch zu vergleichen wäre, wie Pop-Musik und Klassik zu vergleichen. Beides ist Musik, beides kann man gut oder schlecht spielen, in beiden Genres gibt es sehr hochwertige und komplexe Werke und welche, die man kein zweites Mal hören will.

Insofern stimmt wohl: Englisch auf höchstem Niveau ist sehr anspruchsvoll, Latein auf höchstem Niveau ebenfalls. Allerdings wirst du vermutlich zustimmen wenn ich sage, dass es deutlich schneller geht und einfacher ist, Englisch fließend zu sprechen, als Latein fließend zu sprechen. Statt Latein könnte ich auch Finnisch oder Ungarisch benennen. Es steht außer Zweifel, dass die eine Sprache für die ersten 80% komplizierter ist als die andere.
 

Das ist eben der Fehler schlechthin: wie denkt der Mensch abstrahiert? Richtig mit Sprache, sicher auch mit der Umsetzung von bildlicher Vorstellung in Sprache und damit überhaupt ist eine Abstraktion möglich. Du willst mir doch nicht verkaufen, dass abstrahiertes Denken ohne entsprechendes sprachliches Ausdrucksvermögen geht. Bzw. jemand, der angeblich sprachlich "begabt" ist, kann aber nicht physikalische Vorgänge beschreiben und die Abstraktion mathematisch formuliert nachvollziehen.
Tut mir leid, landläufige "Sprachbegabung" wird gleichgesetzt mit dem mögstlich akzentfreien Alltagssprech(!) in einer fremden Sprache, was aber rein gar nichts über Intelligenz aussagt. Und Latein wird übrigens durchaus gesprochen - mein ehemaliger Schuldirektor (promovierter Lateinlehrer) hat unsere Abirede lateinisch vorgetragen. Latein ist eine Sprache wie jede andere auch, nur wird im Unterricht schnell mehr verlangt, da schnell schwierige Literatur und Poesie gelesen wird. Und da "Alltagssprech" übersprungen wird, geht es schnell ans Eingemachte, nämlich mit fundiertem Grammatikwissen und Wörterbuch Texte übersetzen. Dieses Niveau wird leider in den gesprochenen Sprachen kaum in der Schule mehr erreicht, da wäre es nämlich genauso anspruchsvoll.

Liebe Ellizza,

die Intelligenzforschung sagt da was ganz anderes: https://www.uni-hildesheim.de/media...uren/Lehramt/Fehlendes_Intelligenzkapitel.pdf .

Es ist absolut möglich, mathematisch Ausnahmeleistungen erbringen zu können ohne sprachlich gut zu sein. Denk nur an die Inselbegabung mancher Autisten.

Ich selbst bin kein Profi in dem Gebiet und verlasse mich lieber auf Forschungsergebnisse und meine Erfahrungen und eigenen Kenntnisse, die sich decken.

In dem von mir verlinkten Text steht z.B. Intelligenz.PNG

Wenn jemand spielend eine Sprache lernt und weit überdurchschnittliche Leistungen erbringt, wird er wohl sprachlich begabt sein bzw. eine entsprechende Intelligenz besitzen. In Mathe muss er die noch lange nicht haben.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Ich meinte natürlich, dass im Unterricht normalerweise nicht mehr Latein gesprochen wird.
 
Tut mir leid, oft wird das fleißige Erlernen von Vokabeln und Lesen und Verfassen von einfachen Texten im Fremd-Sprachenunterricht an der Schule verwechselt mit exzellentem Ausdrucksvermögen auch komplizierter Sachverhalte und vor allem Textverständnis , natürlich bei weitem die Belletristik übersteigend. Warum sonst die Klagen an der Universität, dass Schulabsolventen nicht fähig sind, durch Eigenstudium Wissen und Zusammenhänge eigenständig aus Texten zu ziehen, was immerhin die Grundlage eines jeden Studiums ist (bzw. Studieren von Texten nennt sich Studium)
Im Übrigen schulische Leistungen in Sprachen sind meist Fleißergebnisse, ich hab schon manche in der Schule mit "Englischschwäche" aber guten mühelosen Leistungen in den MINT Fächern gesehen, die später selbst wissenschaftlich in Englisch schreiben und gewandt mit der Sprache bei beruflichem internationalen Austausch umgehen, das haben sie nicht in der Schule gelernt, sondern sobald es im Interesse lag, sich bemüht ohne Nachhilfe, sondern durch Eigenstudium sich angeeignet.

Hier wirfst Du einfach ein paar Themen munter (und undifferenziert) durcheinander.

1. Im Oberstufenunterrichtunterricht verfasst man keine einfachen Texte, sondern Kommentare, Interpretationen, Analysen (von literarischen und Sachtexten). Fleiß ist wie in vielen (!) Gebieten wichtig, aber eine veritable Sprachbegabung ist für die exzellenten Leistungen im Bereich der 13-15 Punkte (15 werden selten gegeben!) unabdingbar.
Und einige (nicht viele) derer, die hier exzellente Leistungen hier bringen, sind schlicht Mathenulpen. Isso.

2. Das Textverständnis in der Belletristik (sofern Du darunter Literatur verstehst) ist nicht zwingend einfacher als das der Sachtexte. Kommt immer drauf an, welches Niveau der Text hat.

3. Eine komplett andere Baustelle ist das Thema der Selbständigkeit. Da sind in der Tat Defizite vorhanden. Das hat aber auch nicht zwingend mit dem Alter zu tun. Unsere Gesellschaft beruht in starkem Maße auf Eigeninitiative und Selbständigkeit. Diese Botschaft ist freilich auch bei vielen Erwachsenen noch nicht angekommen!

4. Man kann zu jeder Zeit für irgendetwas motiviert sein/werden, was einen früher nicht im mindesten interessiert hat.

5. Wissenschaftliches Englisch ist etwas komplett anderes als Schulenglisch. Die Schule kann kein wissenschaftliches Englisch vermitteln - welches sollte es denn sein? Das der Photonik, der Neurologie, der Materialkunde, der Entwicklungspsychologie? Die Schule legt eine Basis, die Uni legt die Spezialisierung drauf. Die Spezialisierung besteht übrigens häufig schlicht in einer Nomenklatur, einem Fachvokabular.

Hast Du eigentlich eine andere Muttersprache als Deutsch?
Und an welcher Schulart und in welchem Bundesland unterrichtest Du?

Ansonsten: Einfach mal auf der HP des IQB ein wenig herumsuchen und Texte anschauen. (Ich finde nicht alles gut, was man dort findet, aber man bekommt einen guten Eindruck von dem, was in der Kursstufe gefordert werden kann.)
 
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