Virtuoses Klavierspiel nur durch Auswendiglernen??

Es ist - wie gesagt - m.E. sowieso größtenteils sinnfrei, in einem Hobby-Klavierspieler-Forum über Virtuosität zu räsonnieren; die wenigen, die so etwas im Leben mal erreichen (und in dem Moment die Amateurliga verlassen und bei den Profis mitspielen), zählt man 'eh an den Fingern ab...

Ich werde gar nicht mehr in solche "Honigtöpfe" wie den hier springen - es bringt einfach keinem Amateur viel, über virtuoses Klavierspiel etwas zu hören oder zu lesen. Meiner Meinung nach...

Dem bringt es mehr, sich eine Viertelstunde länger hinzusetzen, und die (einfachen) Sachen zu üben, mit denen er den Rest seines Lebens verbringen wird.

Ist vielleicht ähnlich, wie mit Computer-Gamern... was bringt es, solchen erklären zu wollen, wie sich ein echter Kampfjet unter Gefechtsbedingungen fliegt, oder wie sich ein Bolide bei 340 km/h auf der Rennstrecke halten läßt: eigentlich überhaupt nichts....
 
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Ich bin Amateur, aber ich bin schon häufig öffentlich aufgetreten. Ich spiele mit Noten, was mir keiner übel nimmt. Ich kann die Stücke nach entsprechendem Üben zwar auswendig und spiele sie, wenn ich im Bett liege, im Kopf nach. Aber ich habe immer Schwierigkeiten mit Auswendiglernen gehabt. Einen Grund, um mit Noten zu spielen, hat einmal S. Richter genannt. Es geht weniger um die Noten, sondern um die persönlichen Anmerkungen in den Noten, die man sich nicht so leicht alle merken kann, wenn man umfangreiche Programme weltweit aufführt.
Bei mir liegt die Schwierigkeit des Auswendiglernens wohl darin, dass ich meinem Leben sehr viel vom Blatt gespielt habe. Symphonien und Kammermusik vierhändig, von Händel bis Bruckner und Mahler. Und mein zweihändiges Repertoire ist relativ umfangreich, auch wenn ich mit Beethoven noch nicht ganz durch bin. Les Adieux und Hammerklavier fehlen mir noch. Dafür habe ich mir noch acht Jahre eingeräumt. Dann bin ich achtzig und bis dahin möchte ich alle Beethoven-Sonaten öffentlich aufgeführt haben. Momentan über ich aber an der Schubert D958, das ist die letzte Schubert-Sonate, die ich noch nie gespielt habe.
Die Frage der Wertschätzung geht also an mir vorbei. Vor zwei Wochen habe ich meiner Klavierlehrerin nach der regulären Doppelstunde D960 vorgespielt. Ihre Meinung: es klingt so, als hättest Du diese Sonate dein ganzes Leben lang gespielt. Das stimmt, aber während der letzten sieben Jahre habe ich sie nicht einmal für mich gespielt.
 
Tatsächlich gibt es unterschiedliche Begabungen. Diejenigen von uns, die gut vom Blatt spielen können, werden schon im frühen Lebensalter dazu gebracht, es immer wieder zu tun, ganz einfach, weil wir es können.
Der klassische Auswendigspieler geht mehr übr das Ohr als über die Punkte auf dem Papier, Vomblattspieler sehen einen Klavierauszug und erkennen die Läufe und dazugehörigen Harmonien sofort.
Die persönlichen Anmerkungen mögen einem helfen, wenn man nach längerer Zeit ein Stück wieder hervorkramt, aber ich halte es für Blödsinn, dass man das, was man sich als wesentlichen Bestandteil seiner Interpretation einmal angeeignet hat, so vergisst, dass man im Konzert die Noten braucht, um sich zu erinnern. Dafür übt man ja vorher, und dann ist das alles wieder da
 
aber ich halte es für Blödsinn, dass man das, was man sich als wesentlichen Bestandteil seiner Interpretation einmal angeeignet hat, so vergisst, dass man im Konzert die Noten braucht, um sich zu erinnern.
@Tastatula du musst das nicht so vorsichtig formulieren: das ist Blödsinn.

Auch die Bezeichnung "auswendig" und gar "auswendig lernen" als Gegensatz zu "vom Blatt können" ist bestenfalls eine überwiegend unzutreffende Laienformulierung. Niemand, der/die Konzerte vor größerem Publikum geben kann, lernt sein Repertoire auswendig so a la "jetzt lerne ich das Hammerklavierlied mal drei Wochen lang auswendig und dann die nächsten drei Wochen lang lerne ich voll cool die Technik und dann mach ich weitere drei Wochen an meiner Interpretation mit Gefühl" - - das ist so lächerlich, dass man es auch nur mit lächerlichen Formulierungen wiedergeben kann...

Was Richter betrifft: nach Jahrzehnten erfolgreichster Konzerttätigkeit mit Klavierabenden ohne Noten und Umblätterer wollte der seinem Publikum nicht seine prima vista Fähigkeiten vorführen, sondern legte Wert darauf, die Noten zur Sicherheit vor Augen zu haben - denn eine Gedächtnislücke (Schmiss, nicht wissen, wie es weitergeht) in einem Konzert hatte ihm sehr zugesetzt.
 

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