Heißt Interpretieren - "Spielen wie man will"?

Lieber Dreiklang,

dann haben wir ja hier eine Best of Best der Interpretationen des ersten Satzes der Mondscheinsonate, oder was meinst du? Man beachte besonders den ersten Platz!

Liebe Grüße

chiarina
Also wie man den "Publikumserfolg" dann wirklich auswertet... ich bezweifele, dass sich nur echte und versierte Klassikhörer auf Youtube tummeln, die dann ihre Klicks vergeben.

Die Auswertung erfolgt eher in so Bahnen wie: ein Klassik-Stück x wurde bis dato soundsoviel mal aufgenommen von renommierten Musikern, ein Klassik-Stück y vielleicht nur hundert mal weniger. Dann muss man Stück y vielleicht weniger Qualität bescheinigen (die Musiker dazu bringt, sich mit ihm zu beschäftigen, weil u.a. das Publikum keine besondere Lust verspürt, das Stück zu hören).

Die konkrete Praxis einer solchen Auswertung über die Publikumsakzeptanz ist schwierig, das gebe ich zu. Aber mit dem Erfolg beim Publikum hat die Sache mit der "Qualität" irgendwo schon zu tun.

Zu "anspruchsvollen" Romanen: vielleicht ist es ähnlich wie bei der späten Neuen Musik: egal, was es darin möglicherweise intellektuell zu entdecken gibt, sie spricht die Menschen als Musik weniger an; ergo hat sie weniger Erfolg als Barock, Romantik, Klassik (hier: die Musikepoche, nicht die Musikgattung).
 
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Also wie man den "Publikumserfolg" dann wirklich auswertet... ich bezweifele, dass sich nur echte und versierte Klassikhörer auf Youtube tummeln, die dann ihre Klicks vergeben.

Lieber Dreiklang,

aber du hast doch von Klicks gesprochen - die gibt es nur im Internet bzw. auf YouTube, oder nicht?

Die Auswertung erfolgt eher in so Bahnen wie: ein Klassik-Stück x wurde bis dato soundsoviel mal aufgenommen von renommierten Musikern, ein Klassik-Stück y vielleicht nur hundert mal weniger. Dann muss man Stück y vielleicht weniger Qualität bescheinigen (die Musiker dazu bringt, sich mit ihm zu beschäftigen, weil u.a. das Publikum keine besondere Lust verspürt, sie zu hören).

Du meinst, dass es ein Zeichen für die Qualität eines Stücks ist, je öfter es aufgenommen/gespielt wurde? Dann wäre die Qualität von "Für Elise" ( https://www.youtube.com/results?search_query=für+Elise+Beethoven+Piano) sehr deutlich höher als die der op. 111( https://www.youtube.com/results?search_query=op.+111+beethoven). Ist das so?

Liebe Grüße

chiarina
 
Lieber Dreiklang,

aber du hast doch von Klicks gesprochen - die gibt es nur im Internet bzw. auf YouTube, oder nicht?
Nein, die "Klicks" habe ich aus gutem Grund niemals erwähnt - weil die nichts aussagen: jeder kann halt klicken.
Über Qualität in der Klassischen Musik dürfen aber wie gesagt nur die versierten und interessierten Klassik-Hörer entscheiden, wenn überhaupt.
Du meinst, dass es ein Zeichen für die Qualität eines Stücks ist, je öfter es aufgenommen/gespielt wurde? Dann wäre die Qualität von "Für Elise" ( https://www.youtube.com/results?search_query=für+Elise+Beethoven+Piano) sehr deutlich höher als die der op. 111( https://www.youtube.com/results?search_query=op.+111+beethoven). Ist das so?
Nein - man sollte natürlich keine Werke heranziehen, die jedes Kind kennt, und dann auch noch auf Youtube, wo jedes Kind seine Blockflöten- oder Klaviereinspielung einstellt (wie gesagt, Youtube ist immer problematisch...).

Nimm eine Sinfonie eines klassischen Komponisten, den bzw. die heute keiner mehr kennt, und sowas gibt es ja offensichtlich (laut @mick). Keine Aufnahmen heute vorhanden... von den bekannten und beliebten Werken hingegen, jede Menge.
 
Variantenbreite von "Interpretationen"


(Brendel)
(Cziffra)



Das gleiche Stück, vorgetragen von Künstlern, denen niemand die Beherrschung ihres Instruments streitig macht. Unterschiede reichlichst vorhanden, nicht nur bei der Kadenz. :005:
 
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Von Klicks hatte übrigens J.S. Schwach geschrieben (im Beitrag Nr. 286).
 
Dabei ist die Sache doch ganz einfach: Gute Klickzahlen = gute Interpretation, schlechte Klickzahlen = schlechte Interpretation. Ganz ohne Musikstudium.

Ah, ja, wie früher im Fernsehen:
Musikantenstadl = viele Zuschaer = gute Musik
Mahlersinfonie = wenig Zuhörer = schlechte Musik

Boah, die Welt kann ja so einfach sein, warum habe ich nicht früher daran gedacht!?

Grüße
Häretiker
 
Endlich wird mal offiziell bestätigt, dass "Heidi" besser ist als der komplette Ramsch von Thomas Mann
Wie willst Du das sinnvoll gegeneinander aufrechnen: Thomas Mann hat vielleicht eine halbe Million Menschen intellektuell beschäftigt/begeistert, und R. R. Tolkien hat 150 Millionen Menschen gefesselt...

"Qualität" ist immer ein etwas heikler Begriff, weil der immer auch eine Wertung enthält, wenn man sagt "A hat größere Qualität als B", "A ist besser als B". "Komplexität" passt vielleicht in den meisten Fällen besser, um künstlerische Werke einzuordnen. Das ist wertneutral.

Aber "Qualität" gibt's in der Musik schon auch. Die Schubert-Aufnahme eines schlecht spielenden unmusikalischen Amateurs hat sicher weniger Qualität, als die eines Horowitz.
 
Wie willst Du das sinnvoll gegeneinander aufrechnen: Thomas Mann hat vielleicht eine halbe Million Menschen intellektuell beschäftigt/begeistert, und R. R. Tolkien hat 150 Millionen Menschen gefesselt.

Ich will das überhaupt nicht aufrechnen. Du tust das die ganze Zeit, indem du behauptest, dass man beispielsweise die Qualität eines Musikwerks an der Zahl seiner Aufnahmen messen könnte...
 

Variantenbreite von "Interpretationen"

Das gleiche Stück, vorgetragen von Künstlern, denen niemand die Beherrschung ihres Instruments streitig macht. Unterschiede reichlichst vorhanden, nicht nur bei der Kadenz. :005:
Und jetzt die Frage: wenn ich einem interessierten Klassik-Publikum diese Aufnahmen vorspiele, welche wird die meisten Menschen bewegen, welche werden sie "am besten" finden, welche werden sie sich nochmal anhören wollen, ergo welcher Musiker hat wohl die "beste Musik" gemacht? Und welcher hat das Instrument am meisterhaftesten angefaßt?

Und jetzt gibt's gleich Ärger ;- )) Ich ergänze um:


View: https://www.youtube.com/watch?v=6oGEN7oS2z4
 
Ich will das überhaupt nicht aufrechnen. Du tust das die ganze Zeit, indem du behauptest, dass man beispielsweise die Qualität eines Musikwerks an der Zahl seiner Aufnahmen messen könnte...
Denkst Du denn nicht, dass es irgendwann mal irgendwo so schlechte Sinfonien gab, dass sich niemand dafür interessierte, sie aufzunehmen? Ich kann ja mal eine schreiben... :007:
 
Es gibt jede Menge drittklassige Musik - aus allen Epochen. Natürlich ist die zurecht vergessen. Aber das hat mit der Fragestellung überhaupt nichts zu tun.
 
Viele? Ja, dann hat es die klassische Musik halt versemmelt, so wenig Menschen sie anspricht:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171218/umfrage/interesse-fuer-klassische-musik/

https://www.nmz.de/artikel/klassik-kein-auslaufmodell

Es scheint mit der musikalischen Qualität der klassischen Musik nicht weit her zu sein, zumindest nach deiner Auffassung. :)
Zur Klassik gibt es m.E. folgendes zu sagen:

Ihre Werke haben von allen Musikgattungen (Pop, Jazz, Volksmusik,...) die höchste Komplexität. Das macht ja für Dich und mich und viele andere hier genau ihren Reiz aus. Aber: Komplexität muss man verstehen, und beim Hören - zumindest intuitiv - auch entschlüsseln können. Das ist ein Entwicklungsprozeß, den jeder Mensch erst durchlaufen muss, wir waren ja alle am Anfang zuerst mal auf dem "alle-meine-Entchen"-Level.

Wenn die Klassik im Abwärtstrend ist, kann das bedeuten, dass immer weniger Menschen überhaupt "dahin kommen", die komplexen klassischen Werke für sich "zu entschlüsseln", und damit auch genießen zu lernen, aus welchen Gründen auch immer...

Möglich wäre meiner Meinung nach aber auch, dass Klassik zu selten musikalisch wirklich ansprechend dargeboten wird. Wie lange muss ich suchen, bis ich ein Solokonzert, eine Klaviersonate, so dargeboten vorfinde, dass ich sage: das war's, die kommt in meine Sammlung. Bis ich höre: ja, verflixt nochmal: der hat jetzt die Musik darin verstanden, und es verstanden, die beste Musik dort herauszuholen, und daraus zu machen.

Die klassischen Werke sind größten Teils wirklich reizvoll - aber die Weltklasse-Musiker gehen eben gerne ein wenig zu verkopft 'ran, anstatt mit der notwendigen Dosis Gefühl ("Geschick, Gefühl und Gespür für gute musikalische Gestaltung"). Das ist meine Erfahrung und Meinung. Und "zu verkopftes Musizieren", das ist das große Problem, das spüren die Menschen irgendwann. Selbst Laien und Amateure spüren das, wenn sie nicht komplett unmusikalisch sind, und das wird nicht als besonders reizvoll empfunden. Und jemand, der der Klassik den Stempel "zu verkopft" aufdrückt, könnte vielleicht genau das meinen: oft "zu verkopft" musiziert, es macht nicht wirklich Freude.
 
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Möglich wäre meiner Meinung nach aber auch, dass Klassik zu selten musikalisch wirklich ansprechend dargeboten wird. Wie lange muss ich suchen, bis ich ein Solokonzert, eine Klaviersonate, so dargeboten vorfinde, dass ich sage: das war's, die kommt in meine Sammlung. Bis ich höre: ja, verflixt nochmal: der hat jetzt die Musik darin verstanden, und es verstanden, die beste Musik dort herauszuholen, und daraus zu machen.

Glaub mir: jeder, ausnahmslos jeder! erfolgreich konzertierende Pianist hat ein Vielfaches von dem musikalisch verstanden, was du auch nur glaubst, verstanden zu haben. Deine Hybris ist wirklich grenzenlos.

Die klassischen Werke sind größten Teils wirklich reizvoll - aber die Weltklasse-Musiker gehen eben gerne ein wenig zu verkopft 'ran, anstatt mit der notwendigen Dosis Gefühl ("Geschick, Gefühl und Gespür für gute musikalische Gestaltung"). Das ist meine Erfahrung und Meinung. Und "zu verkopftes Musizieren", das ist das große Problem, das spüren die Menschen irgendwann. Selbst Laien und Amateure spüren das - wenn sie nicht komplett unmusikalisch sind, und das wird nicht als besonders reizvoll empfunden. Und jemand, der der Klassik den Stempel "zu verkopft" aufdrückt, könnte vielleicht genau das meinen: oft "zu verkopft" musiziert.

So ein Blödsinn. Man merkt, dass du nie in Konzerte gehst.
 
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Glaub mir: jeder, ausnahmslos jeder! erfolgreich konzertierende Pianist hat ein Vielfaches von dem musikalisch verstanden, was du auch nur glaubst, verstanden zu haben.
Vergiß' es: meiner Meinung nach ist es genau andersum. Es kann sich sehr lohnen, sich Musik von der richtigen Seite aus zu nähern, und sie nach den richtigen Kriterien beurteilen zu lernen, und nicht nach den falschen.

Egal: diese ganze Diskussion hier sollte m.E. nicht in einem Klavierforum geführt werden, sondern auf ganz anderen Ebenen, und in ganz anderen Kreisen... wenn ich das alles schreibe, dann "trifft es die Falschen..."
Ich mag euch, und das Forum.
Vielen herzlichen.
So ein Blödsinn. Man merkt, dass du nie in Konzerte gehst.
Ich höre gelegentlich Youtube-Aufnahmen davon. Vielleicht (!) ist der live-Eindruck ja dann wirklich ein anderer. Ich schreib's mir nochmal auf die Fahne, mehr Konzerte live zu besuchen.
 
Ich denke, Dreiklang, das was du gerade beschrieben hast ist schon eine Gefahr bei Konzertpianisten. Ich würde da aber nicht das Wort verkopft gebrauchen. Diese Gefahr, dass eine Interpretation zu glatt klingt ist jedoch den Pianisten auch bewusst. Die Schwierigkeit ist es, wenn man dasselbe Programm oft spielt, dass die Interpretation nicht mehr frisch ist / klingt. Und so entstehen in dem einen Saal magische Momente, die in dem anderen vielleicht nicht gelingen.
Dazu natürlich der Druck und die Erwartungen vom Management, die bestimmt auch mitreden, wenn man mal eine vielleicht außergewöhnlicher Interpretation von statten gibt, die den durchschnittlichen Klassik-Hörer eher abgeschreckt.
Denn wer geht wohl am meisten in Konzerte? Die bürgerlichen 50+, eher konservativ eingestellt, die die Konzerte eher aus gesellschaftlichen Gründen besuchen.
 
Die Schwierigkeit ist es, wenn man dasselbe Programm oft spielt, dass die Interpretation nicht mehr frisch ist / klingt.
Was ich aber von Profis erwarte, (eigentlich auch von ambitionierten Amateuren). Das muss auch jeder Schauspieler erreichen, selbst nach stundenlangem Dreh einer einzigen Szene.
Gerade dieses Herbeirufen der Magie ist für mich echtes Musikmachen. Nur wer das kann, weckt Interesse beim Publikum.

Mir fällt allerdings momentan kein konzertierender Pianist ein, wo das nicht der Fall wäre (außer der Pianist „mit 88 Tasten um die Welt“ aber der spielt ja hauptsächlich keine Klassik)
 
Denn wer geht wohl am meisten in Konzerte? Die bürgerlichen 50+, eher konservativ eingestellt, die die Konzerte eher aus gesellschaftlichen Gründen besuchen.
Das ist ein kaum haltbares Vorurteil. Aus gesellschaftlichen Gründen lässt man sich vielleicht bei Benefizkonzerten sehen oder auf irgendwelchen Klassik-Gala-Veranstaltungen. Aber sicher nicht im "normalen" Konzertbetrieb.
 

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