Wie kann ich mein Stück melodischer klingen lassen?

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Anna123

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28. März 2019
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Hallo ihr Lieben!

Ich bin Spätanfängerin (spiele seit ca. 2 Jahren, seit ca. 6 Monaten mit Klavierunterricht), und bin gerade dabei, die Burgmüller Etüden zu lernen. Es geht speziell um das Stück "Pastorale".
Von den Noten her und vom Takt bekomme ich das Stück schon ganz gut hin. Meine KL meinte jetzt zu mir, dass ich das Stück melodischer klingen lassen soll. Also manche Töne etwas lauter und manche etwas leiser und und und. Ich verstehe zwar, was sie meint, weiß aber nicht, wie ich das anwenden soll. Ich weiß halt nicht, welchen Ton davon ich wie spielen soll. Laut oder leise?

Ich hoffe, ihr versteht was ich meine und könnt mir helfen.
Danke schon Mal für eure Antworten.
 
Dafür ist Deine KL zuständig, Dir das ganz konkret vor Ort zu zeigen und mit Dir auszuprobieren.

KEINESFALLS geht es darum, festzulegen (oder gar in die Noten reinzuschreiben, ugh...) "hier so laut, danach dort so leise etc.", sondern Du musst lernen, einen "Spannungsverlauf" innerhalb von Musik zu erspüren und aufgrund des resultierenden "Klangwillens" auf dem Instrument umzusetzen.

Genauso wie Du ja vermutlich nicht roboterhaft alle Wörter monoton sprichst, sondern je nachdem, was Du ausdrücken willst und welche Emotion Dich bewegt, ganz automatisch Dynamik in Deine Sprache legst.

Kann es sein, dass Deine KL sehr "mechanistisch" unterrichtet, also quasi nach dem Motto "mach mal erstmal alle Töne und Fingersätze richtig und beachte, was sonst an Anweisungen dasteht, Ausdruck kommt dann später dran?" Das wäre ein sehr schlechtes Zeichen!
 
Würde zuerst bei YouTube allgemein danach suchen und aus den Treffern dann die heraussuchen, die sich für meinen Geschmack am besten anhören. Ja und diese würde ich dann halt mehrmals anhören, um eine Vorstellung zu erhalten. Nach und nach mehr auf Dein eigenes Gefühl vertrauen.
 
Zu der Aufgabe, melodischer zu spielen:

Ganz allgemein lässt sich ein Musikstück in mehrere Phrasen unterteilen. Das sind Abschnitte, die du in einem Atem singen würdest (auch durch die Bögen gekennzeichnet, wobei man die vielen kleinen Bögen auch zu größeren Einheiten zusammenfassen kann).

Den Beginn einer Phrase spielt man oft (nicht immer, das hängt vom jeweiligen Stück ab) unbetont, baut dann die Spannung bis zu einem Höhepunkt auf, um sie danach wieder abzubauen. Den Spannungsaufbau erreicht man durch Hinspielen zum Höhepunkt (durch Erhöhung der Lautstärke und minimale (!) Beschleunigung des Tempos (Agogik nennt man das). Den Abbau der Phrase nach dem Höhepunkt gestaltet man dann auch mit diesen Mitteln, aber andersherum.

Dies sind sehr verallgemeinerte Angaben, im Einzelfall kann auch anders gestaltet werden.

Noch ein Tipp: Singe die Melodie! Gerne auch während des Spielens, dadurch kannst du durch Intuition und die genannten Mittel erkennen, wie die Melodie ansprechend gestaltet werden kann.

Grundsätzlich bin ich aber auch wie @hasenbein der Meinung, dass diese Erläuterungen durch deine Klavierlehrerin zu leisten sind.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Singen wäre auch mein Vorschlag. Du kannst dir auch vorstellen, das Stück würde von einem Orchester gespielt und du"dirigierst". Überlege dir, welche Instrumente welche Stimme spielen. Das macht sehr viel Spaß und irgendwann "hörst" du es ohne darüber nachzudenken.
 
Würde zuerst bei YouTube allgemein danach suchen und aus den Treffern dann die heraussuchen, die sich für meinen Geschmack am besten anhören. Ja und diese würde ich dann halt mehrmals anhören, um eine Vorstellung zu erhalten. Nach und nach mehr auf Dein eigenes Gefühl vertrauen.
Das würde ich auf gar keinen Fall empfehlen. Dadurch lernt man nämlich nicht wirklich, eine eigene Vorstellung zu entwickeln, da es für das Gehirn zunächst (!) einmal wesentlich bequemer ist, fremdes zu übernehmen als eigenes zu entwickeln. Mit einer kleinen Modifikation kann ich das empfehlen, dazu gleich mehr.

Meine Empfehlung hier ist:

1.) Tatsächlich die Melodie erstmal zu singen. Es ist auch sehr gut, sich einen Text zu der Melodie zu überlegen, dessen Metrum, Reimschema und (Wichtig:) Sprachmelodie möglichst gut zu der Musik passt. Das gliedert die Musik dann ganz automatisch in Phrasen, schafft Bezüge zwischen Phrasen - was essentiell für eine verständliche Melodik ist - und gibt bereits einen Vorschlag, wie dann auch die melodische Gestaltung sein kann. Achte nun beim Singen mal (beobachtend) darauf, wie du rein intuitiv die Melodik gestaltest und die Atempausen setzt.

2.) Vergegenwärtige die dir zur Verfügung stehenden pianistischen Stilmittel. Diese umfassen bei dir sicher mindestens:
--> Dynamische Stilmittel: Crescendi, Decrescendi, Stufendynamik (mit Echo als Spezialfall)
--> Agogische Stilmittel: Zäsuren verschiedener Länge
--> Artikulative Stilmittel: Verschiedene Grade des Legato ("wie sehr überlappen die einzelnen Noten ohne Zuhilfenahme des Pedals"?), Verschiedene Grade des Portato ("wie groß ist die Lücke zwischen den einzelnen Tönen?"), Staccato.

3.) Nun nehme dir ein anderes Stück vor, als das, welches du aktuell spielst. Am besten ein Stück, welches du mal gespielt hast und recht gut kennst. Führe den 1. Punkt mit diesem Stück durch und überlege dir, wie du mithilfe (gerne auch erstmal einer Auswahl) deiner pianistischen Stilmittel die Gestaltung, welche du intuitiv beim Singen vornimmst, auf das Klavierspiel übertragen kannst. Wichtig ist hierbei: Versuche es dir immer akustisch vorzustellen!

4.) Nachdem du nun eine Vorstellung des Stückes entwickelt hast, höre dir ein paar Aufnahmen dieses Stückes an und vergleiche es mit deiner Version. Dadurch entwickelst du eine immer konkretere akustische Vorstellung von deiner Version des Stückes. Natürlich kann es sein, dass du hierbei fremdes übernimmst.

5.) Nun kannst du 1.) - 3.) mit deinem Stück durchführen. Übe dann eine Gestaltungsvariante die du selbst entwickelt hast ein. Die kann sich (und soll) sich natürlich auch im Verlauf der weiteren Beschäftigung mit dem Stück verändern. Mit etwas Übung und viel Beschäftigung mit dem Stück kannst du auch dann ganz spontan im Moment des Vortrags Gestaltungsvarianten entwickeln und spielen.

6.) Wenn du eine ausreichend gute EIGENE Vorstellung deines Stückes hast. DANN kannst du dir auch gerne Aufnahmen von anderen Pianisten anhören und dir überlegen, was dir bei diesen Aufnahmen besser gefällt und was schlechter. Aber wirklich erst dann!!

Liebe Grüße,

Daniel

P.S. Der Klavierlehrer muss meines Erachtens nicht zwingend schlecht sein, weil er von dir verlangt hat, dass du "melodischer" spielen sollst, ohne genau zu spezifizieren, was er damit genau meint und wie du es erreichen sollst. Ich mach sowas mit meinen Schülern auch manchmal, weil ich möchte, dass sie eigenmächtig bis zum nächsten mal analysieren sollen, was - in diesem Fall - melodischer heißen könnte, und wie sie es erreichen können. Doch wenn er dir beim nächsten mal auf die Bitte nach einer umfassenderen Erklärung keine gute Antwort gibt...dann wäre ich wirklich etwas besorgt!
 
Zuletzt bearbeitet:
Kann es sein, dass Deine KL sehr "mechanistisch" unterrichtet, also quasi nach dem Motto "mach mal erstmal alle Töne und Fingersätze richtig und beachte, was sonst an Anweisungen dasteht, Ausdruck kommt dann später dran?" Das wäre ein sehr schlechtes Zeichen!

Ich finde nicht, dass sie mechanistisch vorgeht. Ich habe leider nur 30 Minuten Unterricht die Woche. Deshalb sind vielleicht erst mal andere Sachen wichtiger. Ich glaube auch, dass ich den Ausdruck in anderen Stücken bislang automatisch ganz gut hinbekommen habe durch Intuition vielleicht.

Eure Tipps helfen mir aber schon sehr. Dankeschön!!! Ich werde sie gleich heute Abend ausprobieren.
 
ich finde es auch besser, daß man nicht alles vom KL gleich vorgekaut bekommt. Wie soll sich denn sonst die eigene Kreativität entwickeln. Wenn das eigene Entwickeln nicht ausreichend gelingt kann der KL gezielt ergänzen. Das ist effektiver.
 
ich finde es auch besser, daß man nicht alles vom KL gleich vorgekaut bekommt. Wie soll sich denn sonst die eigene Kreativität entwickeln. Wenn das eigene Entwickeln nicht ausreichend gelingt kann der KL gezielt ergänzen. Das ist effektiver.
Das sehe ich im Sinne von selbstentdeckendem Lernen auch in gewissem Maße so.
Ungünstig ist es, wenn man dem Schüler sagt: „Spiele hier lauter, leiser, hier ist der Höhepunkt usw.“
Aber die Kriterien, mit denen man ein Stück gestaltet, sollten schon besprochen werden.
Es kann dann übrigens je nach dem, ob man den Phrasenhöhepunkt melodisch, rhythmisch oder harmonisch betrachtet, unterschiedliche Lösungen geben.
 
Blabla, selbstentdeckendes Lernen...

Ja, das kann eine gute Sache sein, klar. Man sollte diese Methode unbedingt an den richtigen, angemessenen Stellen einsetzen.

Aber bei Anfängern, die noch gar keinen Plan haben, ist das oft fehl am Platze. Da muss man viel mit Vormachen & Nachmachen sowie dazu verbalen Erläuterungen arbeiten. Auf dem Niveau geht es auch keinesfalls darum, seine "eigene Interpretation" zu finden, sondern darum, erstmal typische Spielweisen und Auffassungsweisen kennenzulernen und nachzuempfinden.
 
Lernprozesse, in man einbezogen wird, sind effektiver. Das muss man nur als Lehrer geschickt steuern. Ich hatte auch schon Unterricht, wo jedes Detail vom KL festgelegt wurde. Das ist irgendwann langweilig und behindert ein kreatives Spiel. Erinnert an Malen nach Zahlen.
Und nach zwei Jahren Klavierspiel, davon 6 Monate Unterricht ist der TE auch kein blutiger Anfänger mehr. Da muß man nicht jedes Detail festlegen.
 

@hasenbein
Du sprichst ja selbst vom Erspüren des Spannungsverlaufs. Da geht es ja auch um eigenes Entdecken. Ich habe diesen Begriff auch nicht als allein selig machende Methode genannt, sondern in einem Zusammenhang mit anderen Bausteinen des Unterrichts, ohne die es überhaupt nicht sinnvoll wäre.
 
Am Klavier kann man ja bis zu 10 Noten gleichzeitig spielen. Aber es macht ja keinen Sinn, alle gleich stark zu intonieren. Die meisten Stücke haben eine Hauptmelodie, meistens in der rechten Hand, und begleitende Stimmen, meistens in der linken Hand. Man sollte da so vorgehen, erst einmal die Hauptstimme allein zu spielen. Danach weiß man, welche Tasten lauter klingen sollen als der Rest. Oft gibt es auch drei Stimmen, Bass, Bariton und Tenor, wenn man sich Sänger vorstellt. Diese sauber zu trennen ist das Schwierige beim Klavierspielen. Als Anfänger sollte man da wohl nicht von sich zu viel fordern.
 
Unbedingt. Wenn man die Füße und die Nase dazunimmt. und dann noch mehrere Personen. Da kommt man glatt auf 88 und beim Bösendorfer sogar noch mehr. :lol:
 
Ich hatte auch schon Unterricht, wo jedes Detail vom KL festgelegt wurde. Das ist irgendwann langweilig und behindert ein kreatives Spiel.
Kreativ sein kann man nur, wenn man die Materie beherrscht, die zum Ausdruck der Kreativität genutzt wird.
Die Stilmittel wie sie im Post Alibiphysiker beschrieben sind, sollten bekannt sein und geübt sein. Als nächstes sieht man sich die im Notentext vorhandenen Angaben zur Gestaltung an:

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Qelle imspl
Wenn Fragen dazu sind, frage!!
 
Ich habe das Stück vor ein paar Wochen ebenfalls gelernt und dabei versucht, die melodische Stimmung so zu gestalten, wie ich sie empfunden habe. Ein kleines Tutorial aus dem Netz gab mir noch zusätzliche Anregungen aber hatte letztendlich meine eigene Intension zur Melodik grundsätzlich bestätigt.


View: https://m.youtube.com/watch?v=NvAHfg_n1Bc
 
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Perfekt! Danke ihr Lieben für die vielen Antworten!

Ich fühle mich, wie ich glaube, manchmal ein wenig überfordert mit dem heftigen Fortschritt den man am Anfang macht.
Ich habe mir vor ca. 8 Monaten das Buch "Russische Klavierschule Band 1" für den Unterricht bestellt. Anfangs reingeschaut, habe ich nicht geglaubt, dass ich die Stücke am Ende des Buches, irgendwann spielen könnte. Genauso wie die Burgmüller Etüden. Ich bin auch schon froh, dass ich das überhaupt schon so hin kriege mit den Noten und mit dem Takt. Das ganze dann auch noch melodisch zu gestalten überfordert mich im Moment einfach noch. :020:
 
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