10 000 Stunden; die Expertise Theorie

Diese 10000 h sind ca. 2 bis 4 % (je nach Lebensdauer) im wachen Leben. Das ist überschaubar für eine so wichtige und IQ-steigernde Angelegenheit wie Klavierspielen. Die Frage ist eher, was man mit dem Rest macht.
 
...und wenn man in die Studien reinschaut, dann sieht man schnell, die Studien zeigen genau das, was derjenige sich jeweils vorher vorgenommen hatte zu zeigen (oder sein Geldgeber).

...auf Grundlage von genau so vielen (bzw. wenigen) Daten, bis das Geld alle war - meistens recht schnell - also macht man lieber gleich eine Studie über Studien (Metastudie), das kostet weniger.

Ein Deckmäntelchen von wissenschaftlicher Forschung, sauber wissenschaftlich niedergeschrieben und sich untereinander fein wissenschaftlich zitiert. Gern behauptet man dann noch als Presse-Teaser: "das Ergebnis war überraschend und hatte man vorher so nicht erwartet"

Wenn das das Level Deiner Kritik ist, solltest Du nochmal überlegen, ob Du Dir wirklich auf diese Weise die Blöße geben willst. Man kann durchaus an vielen Studien einiges kritisieren, das erfordert aber eben leider, dass man sich damit ein paar Stunden (mehr als 10.000) auseinandergesetzt hat, und zwar mit diesem Fach, nicht mit MINT allgemein.

"Der Pianist XY spielt total schlecht, vor allem seine Aufnahme von Z ist unterirdisch, denn schau nur mal, wie verkniffen er beim Spielen dreinschaut" - wird wohl in einem Musikforum kaum ernstgenommen werden. Zum Glück sind wir hier nicht in einem Wissenschaftsforum ;)

Ich hatte den Link gepostet, weil ich dachte, der Artikel wäre allgemein verständlich - die Beiträge hier im Faden haben gezeigt, dass auch für diesen Artikel recht viele Vorkenntnisse und vor allem grundlegendes Verständnis erforderlich sind. Tja, da kann man wohl nichts machen. Da ich nicht über die engelsgleichen Fähigkeiten von Chiarina verfüge, anderen etwas freiwillig (ohne Bezahlung) von den Grundlagen an zu erklären, gebe ich hiermit auf :) Der Faden war für mich aber sehr lehrreich; man neigt ja dazu, Inhalte des eigenen Fachs für einfach zu halten; dass sie das nicht sind, ist mir hier sehr eindrücklich klar geworden.

...schneeschippen ist eine Aufgabe, die nahezu jeder ohne langjährigen Lernaufwand bewältigen kann. Quantenphysik, Atomkraftwerke bauen, Herzen verpflanzen, Hammerklaviersonaten spielen schafft nicht jeder (und die es hinkriegen, schaffen es nicht ohne langjährigen Lernaufwand)
Das dürfte jedem als Faktum, als "Jepp, so isses" einleuchten.

Jetzt stellt sich die Frage, wie man denkerisch mit diesem Faktum umgeht...

Eine sinnvolle Möglichkeit, damit umzugehen, wäre es, wenn man erkennt, dass man sich in einem bestimmten Bereich nicht auskennt, und dann danach handelt (indem man großspurige Äußerungen unterlässt).
 
Ich hatte den Link gepostet, weil ich dachte, der Artikel wäre allgemein verständlich - die Beiträge hier im Faden haben gezeigt, dass auch für diesen Artikel recht viele Vorkenntnisse und vor allem grundlegendes Verständnis erforderlich sind. Tja, da kann man wohl nichts machen. Da ich nicht über die engelsgleichen Fähigkeiten von Chiarina verfüge, anderen etwas freiwillig (ohne Bezahlung) von den Grundlagen an zu erklären, gebe ich hiermit auf :) Der Faden war für mich aber sehr lehrreich; man neigt ja dazu, Inhalte des eigenen Fachs für einfach zu halten; dass sie das nicht sind, ist mir hier sehr eindrücklich klar geworden.
Schön, dass du dich selbst beweihräucherst. Sowas steht leider nur wenigen gut zu Gesicht.

Eine sinnvolle Möglichkeit, damit umzugehen, wäre es, wenn man erkennt, dass man sich in einem bestimmten Bereich nicht auskennt, und dann danach handelt (indem man großspurige Äußerungen unterlässt).
Ach so ist das. Wer nicht deiner Meinung ist, soll sich bitte nicht äußern?
 
Schön, dass du dich selbst beweihräucherst. Sowas steht leider nur wenigen gut zu Gesicht.

Ich finde das nicht schlimm. Hier im Forum gibt es einige Experten auf verschiedenen Gebieten, natürlich die Musiker, aber auch alte Sprachen, Geschichte, Design, Handwerkliches... Von allen gab es hier schon ähnliche Äußerungen ("Schuster, bleib bei Deinen Leisten") - finde ich ok. Kannst Du aber natürlich anders sehen, kein Problem.

Ach so ist das. Wer nicht deiner Meinung ist, soll sich bitte nicht äußern?

Nicht alles im Leben ist Meinungssache, genau darauf wollte ich oben hinweisen. Man kann die Studienlage sicherlich diskutieren, das erfordert aber eben leider, dass man das auch kann. Wenn hier im Forum selbst die Musiker gebetsmühlenartig darauf hinweisen, dass es in der Musik Qualitätsmerkmale gibt, die über den einzelnen Geschmack ("find ich schön") hinausgehen, müsste es doch einleuchtend sein, dass es in den Naturwissenschaften Inhalte gibt, die über ein "find ich so, weil [hier Anekdote einfügen]" hinausgehen. Natürlich darf jeder seine Meinung äußern, er hat dann halt seine Unkenntnis ins Netz gestellt. Machen auch viele, ist natürlich auch kein Problem.
 

An eine kulturunabhängige dem Individuum sozusagen als Attribut lebenslänglich anhängende 'Intelligenz', wie auch immer getestet, kann ich beim besten Willen nicht glauben.

Intelligenz ist einfach die Rechenleistung des Gehirns.
Die ist einfach eine ganz technische, völlig unkulturelle, Basisfähigkeit.

Alles andere ist das, was man draus macht.
Sozusagen die Software und die Daten, die mit dieser Rechenleistung verwurschtelt werden.

Das kann man sehr gut trennen.
Es gibt ja auch genügend Beispiele von Leuten, die äußerst intelligent sind, mit dieser Power aber nichts anzufangen wissen.

Umso schwachsinniger, dass besonders vermutlich nicht so intelligente Leute, aufgrund von Neid oder eines Unzulänglichkeitsgefühls, sich solche Begriffe wie emotionale Intelligenz einfallen lassen.
Nur, weil Intelligenz als so wichtig gilt und der Rest meist ausgeblendet wird.
 
Ich hatte den Link gepostet, weil ich dachte, der Artikel wäre allgemein verständlich - die Beiträge hier im Faden haben gezeigt, dass auch für diesen Artikel recht viele Vorkenntnisse und vor allem grundlegendes Verständnis erforderlich sind. Tja, da kann man wohl nichts machen. … Der Faden war für mich aber sehr lehrreich; man neigt ja dazu, Inhalte des eigenen Fachs für einfach zu halten; dass sie das nicht sind, ist mir hier sehr eindrücklich klar geworden.

Eine sinnvolle Möglichkeit, damit umzugehen, wäre es, wenn man erkennt, dass man sich in einem bestimmten Bereich nicht auskennt, und dann danach handelt (indem man großspurige Äußerungen unterlässt).

Sorry, dass ich es so freimütig sage: Das klingt für mich sehr nach Hochmut.

Ich habe mir den Artikel noch einmal sehr sorgfältig durchgelesen; hier noch einmal ein paar Überlegungen. (Nein, ich bin keine Statistikerin und kann die statistische Seite der Intelligenzforschung nicht erklären. Ich habe aber seit Jahrzehnten mit dem Thema "Lernen" zu tun, und zwar vor allem praktisch, aber nicht ausschließlich.)

Was stört mich an dem Artikel? (Dass er von einem Professor geschrieben wurde, beeindruckt mich nicht. Ich schaue nach dem Inhalt.)

1. Im ersten Viertel (ungefähr) werden für mich unbrauchbare Polarisierungen aufgebaut. Da ist die Rede von der Überzeugung, "dass jeder prinzipiell zu guten Leistungen fähig ist, weil Intelligenz nichts Angeborenes oder Festes ist."
Tja, aber was sind denn nun die "guten Leistungen"? Ist wirklich jeder prinzipiell fähig, Physik zu studieren? Ich habe da massive Zweifel.
Ich glaube, es war @hasenbein , der angemerkt hat, dass wir problemlos akzeptieren, dass es Menschen mit verminderter Intelligenz (aufgrund verschiedener Ursachen) gibt. Oder könnten die auch alle ein Universitätsstudium absolvieren bei richtiger Förderung und Motivation?

2. Die Äußerung von Intelligenzforschern, es gäbe angeborene Intelligenzunterschiede, hätten "eine fatale Wirkung auf Schüler, Eltern und Lehrkräfte. Demnach wären schlechte Leistungen naturgegeben und müssten hingenommen werden. Anstatt zu versuchen, etwas zu lernen, sollten die betroffenen Kinder dann besser lernen, mit ihrer Dummheit gut zu leben."

Du solltest wissen, dass tagtäglich in den Klassenzimmern Unmengen von Menschen versuchen, alles aus den Schülern herauszuholen, was die Umwelt hergibt, um es einmal so zu formulieren. Und dabei stoßen sie an Grenzen, und diese haben nicht nur ihre Ursache in mangelndem Arbeitseinsatz und Übefleiß. Übrigens sagen heute eher SchülerInnen von sich "Ich bin dumm", als dass Lehrkräfte das tun. In der Regel protestieren die Letzteren dann auch und versuchen alles Menschenmögliche auf der Motivationsschiene.

3. Des Weiteren wird behauptet, dass "Gene in Wirklichkeit bei der Intelligenz kaum eine Rolle spielen".
Okay, bitte erkläre mir: Wir haben einen Sohn, der sich von Anfang an extrem leicht tat mit Mathe und Physik. Nein, wir haben nie geübt für die Schule mit ihm. (Davon halten wir sehr wenig.) Nein, von Physik war so gut wie nie die Rede in unseren Alltagsgesprächen, da ging es eher um Sport. Das pädagogische Spielzeug wie Experimentierkästen war eher unbeliebt, darauf haben wir bald verzichtet. ABER: Sein Vater ist bzw. war Physiker. Die mathematisch-physikalische Intelligenz: reiner Zufall? Laune der Natur?

4. Der Flynn-Effekt (präziser: "Lynn-Flynn-Effekt") zeigt, dass die Umwelt auch eine Rolle spielt - wer wollte das bezweifeln? Aber er ist kein Argument gegen die Heritabilität der Intelligenz, sondern ein Argument für einen gewissen Anteil der Umwelt.

5. "Anders als oft vermutet wird, nimmt das Gehirnpotenzial eines Kindes nicht zu, sondern ab, während es wächst und klüger wird. Ein evolutionärer Trick: Kinder produzieren zunächst genetisch bedingt neuronale Verknüpfungen in großem Überschuss, damit sie flexibel auf die Umwelt reagieren können. Und während sie sich dann an ihre jeweilige Umwelt anpassen, wird der neuronale Überschuss erfahrungsbedingt abgebaut. Am Anfang der Intelligenzentwicklung steht also paradoxerweise ein relativ großes Gehirnpotenzial, das mit zunehmender Intelligenz abnimmt. Damit können Gene die Intelligenzentwicklung nur bedingt beeinflussen."

Ja, neuronale Überschüsse werden abgebaut, aber die Erregungs- und Übertragungsbahnen im Gehirn werden ungleich schneller in der Entwicklung eines Kindes bzw. Jugendlichen. Warum sollte dann das Gehirnpotential kleiner sein?

6. "Die Tatsache, dass jedes Kind potenziell eine hohe Intelligenz entwickeln kann," - bezweifle nicht nur ich, sondern eine ganze Menge von Experten. Wie gesagt, die Forschungen sind nicht von mir gemacht worden. Falls jedoch "hohe Intelligenz" einfach heißen soll, dass jedes Kind auf seinem Entwicklungsweg etwas findet, was es bewältigen kann bei entsprechender Förderung, dann - d'accord. (Das würde ich jetzt nicht als "hohe Intelligenz" bezeichnen.)

Auch der letzte Absatz des Artikels lässt mich einfach aufseufzen und zeigt ein gewisses Dilemma.
Aber genug davon.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass es die Haltung eines Pädagogikprofessors ist, der wenig oder gar keine praktische Erfahrung hat. Z.B. mit SchülerInnen, die ein prima Abitur hinlegen, somit vermutlich nicht stinkfaul oder unmotiviert sind, aber halt jedes Halbjahr 1 Punkt (Note ungefähr 6+) in Mathe kassieren.
 
Alle sind sich einig, dass stark geistig Behinderte auch mit den besten pädagogischen Maßnahmen nicht dazu gebracht werden können, die gleichen Intelligenzleistungen zu erbringen wie "Normale".

Es ist absurd zu glauben, dass es einmal den Bereich der "Normalen" gibt, in dem es keine (angeborenen) Intelligenzunterschiede gibt, und davon streng abgetrennt den Bereich der "Geschädigten". Absolut bekloppt. Selbstverständlich handelt es sich bei den "Hardwarevoraussetzungen" in Sachen Hirnleistung, so wie bei allen anderen "Hardwarevoraussetzungen", um ein Kontinuum.

Das sagt ja nichts darüber aus, ob nicht vielleicht die meisten innerhalb dieses Kontinuums in einem relativ engen Bereich relativ weit oben angesiedelt sind!

Trotzdem ist es absolut vernünftig, dass man, solange es keine eindeutigen biologischen Forschungen dazu gibt, von der Möglichkeit ausgeht, dass das eigene Kind möglicherweise für eine bestimmte Fähigkeit nicht die gleiche "Hirnkapazität" mitbringt wie andere und daher aus einem Maulesel nicht ein Rennpferd gemacht werden kann, weswegen geguckt werden muss, was denn die spezifischen Möglichkeiten und Stärken DIESES individuellen Kindes sind.

Mehrfach-Like!
 
Übrigens gibt es auch "praktische Intelligenz". Diese wird bei IQ-Tests als Teil abgefragt. Kann man diese "Geschicklichkeit" auch trainieren, so dass "linkische" Personen (mit "zwei linken" Händen) genau so gut werden wie die von Anfang an Geschickten? Jeder weiß aus Erfahrung, dass dies nicht passiert.
 
Linkisch ist diskriminierend, müsste eigentlich rechtisch heißen, denn ungeschickte Linkshänder sind eher rar.
Gauf!
 
Es ist unwissenschaftlich zu behaupten, das Phänomen sei wissenschaftlich durchschaut.

Es gibt in solchen Forschungsgebieten (Psychologie, Pädagogik, Anthropologie und wie sie alle heißen) immer zwei große Hauptströmungen. Die eine postuliert einen "Überhang" des Ererbten, die andere des Erworbenen. Beide produzieren Studien en masse, mit denen sie sich gegenseitig zu wiederlegen versuchen.

Hier ein Spiegelartikel, "populär" aufbereitet. Nur um die Streubreite der Forschung zu dokumentieren.

Elsbeth Stern (Zürich): "Man darf nie erwarten, aus einem Kind etwas herausholen zu können, was nicht in ihm drin ist."
 
Irgendwo habe ich gelesen, dass die Intelligenz nur von der Mutter vererbt sei, also Eva-Gen wie bei den Mitochondrien. Halte das weitgehend für Humbug. Wüsste man, wie Intelligenz konkret arbeitet, könnte man diese simulieren. AlphaZero ist der erste ernstzunehmende Schritt, das braucht noch einige Jahre bis zur Reife. Dann wird der Mensch aber erkennen müssen, dass er der Software genau so unterlegen ist wie z.B. einem Taschenrechner.

Wie sich dies in der Musik auswirken wird, muss man abwarten. Solange echte Pianisten/Komponisten/Sänger/... billiger sind, wird man diese nutzen (ähnlich Sexroboter/echte ...). :005:
 
Rückkopplung aus der kindlichen Umwelt das Handtuch, verlieren die Lust und halt den erforderlichen Antrieb und kommen erst gar nicht auf 10.000 Stunden.

Beispiel gefällig:
Jugend musiziert Regionalwettbewerb, wir beobachten 2 Teilnehmer, die sagen wir 11 Jahre alt sind; A ist für sein Alter Recht weit fortgeschritten (begabt!?!?) und spielt ziemlich gut, B ist deutlich schlechter (weniger begabt??) hat aber seinen Lehrer und den Leiter der Musikschule an der er unterrichtet wird in der Jury. Ergebnis
A 16 Punkte; B 24 Punkte
B übt und wird im Landeswettbewerb auf Grund seiner etwas besseren Leistung mit 20 Punkten bewertet, hat also seiner Musikschule Ehre gemacht. B ist erfolgreich und wird von seinem Umfeld gefördert und motiviert, A hat versagt und wird in 2 Jahren, wenn er wieder antritt nervös sein und möglicherweise nicht ganz so gut spielen wie er könnte, B wird weiter gefördert und motiviert und übt jetzt (nichts ist erfolgreicher als der Erfolg) seine 10 Kilostunden ! A wird demotiviert (Lehrer, Eltern) und übt weniger, lustlos und irgendwann gar nicht mehr.

Wenn man nun, wenn beide 18 sind vergleicht, kann man nur staunen über die Weitsicht der damaligen Jury, die in der mässigen Leistung von B schon damals die Anlage zu solch schöner Entwicklung sah!
Diese und ähnliche Schicksale ereignen sich hundertfach in unserem Land der Dichter und Denker.
Wo ist hier die Begabung? In der korrupten Jury?
Natürlich gibt es frustrationstolerante Kinder, die unabhängig von Erfolgen bei Wettbewerben u. Ä. aus Freude am Klavierspiel unverdrossen weiterüben und natürlich gibt es Eltern, die ihre Kinder nach solch offensichtlichen Fehlurteilen weiter motivieren, ABER es gibt eben auch Eltern, die autoritätsgläubig ihren Kindern dazu raten nach Misserfolgen mit dem offensichtlich nicht geeigneten Instrument aufzuhören und was anderes zu machen.
 

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