10 000 Stunden; die Expertise Theorie

Alle sind sich einig, dass stark geistig Behinderte auch mit den besten pädagogischen Maßnahmen nicht dazu gebracht werden können, die gleichen Intelligenzleistungen zu erbringen wie "Normale".

Es ist absurd zu glauben, dass es einmal den Bereich der "Normalen" gibt, in dem es keine (angeborenen) Intelligenzunterschiede gibt, und davon streng abgetrennt den Bereich der "Geschädigten". Absolut bekloppt. Selbstverständlich handelt es sich bei den "Hardwarevoraussetzungen" in Sachen Hirnleistung, so wie bei allen anderen "Hardwarevoraussetzungen", um ein Kontinuum.

Das sagt ja nichts darüber aus, ob nicht vielleicht die meisten innerhalb dieses Kontinuums in einem relativ engen Bereich relativ weit oben angesiedelt sind!

Trotzdem ist es absolut vernünftig, dass man, solange es keine eindeutigen biologischen Forschungen dazu gibt, von der Möglichkeit ausgeht, dass das eigene Kind möglicherweise für eine bestimmte Fähigkeit nicht die gleiche "Hirnkapazität" mitbringt wie andere und daher aus einem Maulesel nicht ein Rennpferd gemacht werden kann, weswegen geguckt werden muss, was denn die spezifischen Möglichkeiten und Stärken DIESES individuellen Kindes sind.
 
Ich verstehe nicht, warum Intelligenz für das Musizieren unerheblich sein soll @ehenkes
Intelligenz hat mit der Schnelligkeit und Kombinierfähigkeit des Gehirns zu tun. Beides kann man gut gebrauchen.
Dass du das Musizieren auf das reine Notenlesen reduzierst, verstehe ich noch weniger...:konfus:
 
@Stilblüte denk an das deppert-primitive Schachgenie in Zweigs Schachnovelle ;-) das Konzept außerordentlicher Leistungen bar jeder Bildung, Intelligenz und Kultiviertheit ist doch ein tröstlicher Topos für jedes Einserabi, das es nicht zum Chefarzt bringt...;-);-)
 
Intelligenz hat mit der Schnelligkeit und Kombinierfähigkeit des Gehirns zu tun.
Ich würde bei einigen großen Philosophen nicht unbedingt Schnelligkeit vermuten, sondern könnte mir vorstellen, dass sie einfach länger über Zusammenhänge und Probleme nachsannen. Im wissenschaftlichen Bereichen möglicherweise ebenfalls, wobei einige einer Lösung erst im Traum näher gekommen sein sollen. Was dafür sprechen würde, dass es mehr auf die Kombinierfähigkeit ankommt und wie lange und intensiv sich der Einzelne mit etwas beschäftigt, und weniger auf Schnelligkeit. Bei den üblichen IQ-Tests hätte der eine oder andere eventuell unterdurchschnittlich abgeschnitten.
 
Das ist doch eine erhebliche Verkürzung der Realität. Richtig ist: Mathematik kann eine kreative Komponente haben und je mach konkretem Arbeitsfeld kann die unterschiedlich groß sein. Der Großteil der mathematischen Arbeit besteht aus dem korrekten und konsequenten Befolgen von Regeln und Logik.
Ich möchte weder das eine noch das andere abwerten, mir macht Mathematik ausgesprochen viel Spaß, aber die Arbeitsweise zur Lösung mathematischer Probleme entscheidet sich doch grundlegend von künstlerisch-kreativer Arbeit.
 
Das ist doch eine erhebliche Verkürzung der Realität. Richtig ist: Mathematik kann eine kreative Komponente haben und je mach konkretem Arbeitsfeld kann die unterschiedlich groß sein. Der Großteil der mathematischen Arbeit besteht aus dem korrekten und konsequenten Befolgen von Regeln und Logik.
Ich möchte weder das eine noch das andere abwerten, mir macht Mathematik ausgesprochen viel Spaß, aber die Arbeitsweise zur Lösung mathematischer Probleme entscheidet sich doch grundlegend von künstlerisch-kreativer Arbeit.

Sind Dir schon mal 'kreative Beweisideen' begegnet? Wenn man einen Beweis liesst und denkt: Wie zum Teufel ist er darauf gekommen? Und man sieht i.d.R. das Endergebnis, nicht die vielen Holzwege, die evtl. gegangen wurden.

Grüße
Häretiker
 
Mathematik braucht tatsaechlich sehr viel Kreativitaet. Was die meisten als Mathematik kennen, ist nur die Anwendung mathematischer Regeln, aber eben nicht "Mathematik".

Es ist absurd zu glauben, dass es einmal den Bereich der "Normalen" gibt, in dem es keine (angeborenen) Intelligenzunterschiede gibt, und davon streng abgetrennt den Bereich der "Geschädigten".

Es ging ja um "zu wieviel Prozent Intelligenzunterschiede eine Anlage in den Genen hat". Das ist wohl sehr schwer zu entscheiden, aber fuer die Paedagogik eigentlich nicht wichtig. Entscheidend fuer einen Lernerfolg ist aber nicht nur eine "gewisse Intelligenz", sondern die Freude am Lernen, das Interesse. Dies ist nicht bei allen auf das Gleiche gerichtet. Intelligente haben oft sogar das Problem zu vieler Interessen. Worauf wollen oder sollen sie sich stuerzen? Sie werden dann in allem vielleicht nur Durchschnitt.
Fuer mich ist das Interesse der wesentlich entscheidendere bzw. sichtbarere Faktor. Nur dann wird man die sprichwoertlichen 10000 Stunden durchhalten, bzw. werden viele Uebestunden auch etwas bringen.
 

Ich verstehe nicht, warum Intelligenz für das Musizieren unerheblich sein soll. Intelligenz hat mit der Schnelligkeit und Kombinierfähigkeit des Gehirns zu tun. Beides kann man gut gebrauchen. Dass du das Musizieren auf das reine Notenlesen reduzierst, verstehe ich noch weniger.
Intelligenz, was auch immer es wirklich ist, ist selbstverständlich hilfreich. In allen möglichen Lebenslagen. Allerdings ist es keine hinreichende Bedingung für gutes Musizieren, Singen oder Komponieren. Musizieren ist selbstverständlich weit mehr als Notenlesen.

Wer schon selbst IQ Tests durchgeführt hat, weiß, dass keine musikalische Fähigkeit abgefragt wird. Da geht es um Zahlen, Sprache, Bilderrätsel, praktische Puzzleaufgaben, aber ich kann mich nicht an Musik(-theorie) erinnern.

Mal ganz konkret gefragt: Welche Ausprägung von "Intelligenz" benötigt man zum sehr guten Klavierspiel? Erwarte ich, dass ein Musik-Professor besonders intelligent ist?

Wir haben definiert, was ein Klavierschüler alles können/machen soll. Ich kann mich eher an Schokolade erinnern als an einen Mindest-IQ.

Allerdings gibt es hier andere Sichtweisen, z.B. die von Howard Gardner, der zwischen sieben Intelligenzarten unterschied, darunter auch die musikalische Intelligenz. Eine Überprüfbarkeit hat er aber nicht geliefert.

Manche stellten auch fest, dass intensiver Musikunterricht positive Auswirkungen auf Sozialverhalten und Motivation hat. Aufmerksamkeit und Ausdauer werden ebenfalls trainiert.

Was ich aus Studien entnehme: Man sollte vor sieben Jahren anfangen. Man sollte Kindern (am besten schon im Bauch der Mutter) Mozart vorspielen.
 
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@mick: es geht nichts über Leute mit Humor... :013:
 
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Wer schon selbst IQ Tests durchgeführt hat, weiß, dass keine musikalische Fähigkeit abgefragt wird. Da geht es um Zahlen, Sprache, Bilderrätsel, praktische Puzzleaufgaben, aber ich kann mich nicht an Musik(-theorie) erinnern.

Mal ganz konkret gefragt: Welche Ausprägung von "Intelligenz" benötigt man zum sehr guten Klavierspiel? Erwarte ich, dass ein Musik-Professor besonders intelligent ist?

Wir haben definiert, was ein Klavierschüler alles können/machen soll. Ich kann mich eher an Schokolade erinnern als an einen Mindest-IQ.

Allerdings gibt es hier andere Sichtweisen, z.B. die von Howard Gardner, der zwischen sieben Intelligenzarten unterschied, darunter auch die musikalische Intelligenz. Eine Überprüfbarkeit hat er aber nicht geliefert.

Manche stellten auch fest, dass intensiver Musikunterricht positive Auswirkungen auf Sozialverhalten und Motivation hat. Aufmerksamkeit und Ausdauer werden ebenfalls trainiert.

Was ich aus Studien entnehme: Man sollte vor sieben Jahren anfangen. Man sollte Kindern (am besten schon im Bauch der Mutter) Mozart vorspielen.

Selbst IQ-Tests durchführen ist nur möglich, wenn man mindestens eine Fortbildung dafür absolviert hat. Ansonsten ist dies Aufgabe von Fachleuten.
Bilderrätsel? Äh, eher weniger, zumindest wenn die gängigen Rätsel aus den Tageszeitungen gemeint sind.

Getestet werden: Sprachverständnis, Zahlenverständnis, räumliches Denken, logisches Denken und ….. Arbeitsgedächtnis (früher nannte man das Kurzzeitgedächtnis).
Es wird mir niemand erzählen, dass man in der Musik ohne ein überdurchschnittliches Arbeitsgedächtnis sehr weit kommt.
Logisches Denken wird z.B. anhand von Symbolen, Symbolfolgen getestet - wer das (gut) kann, wird vermutlich auch musikalische Strukturen leicht erkennen.

Natürlich reicht dies für (sehr) gute Musiker nicht aus - andere Komponenten müssen dazu kommen.

Zur alten Frage der Erblichkeit von Intelligenz ein Zitat von Detlef Rost von der "Begabungsdiagnostischen Beratungsstelle BRAIN":

"Eine extrem nativistische Position - Intelligenz sei (nahezu) vollständig angeboren - wird heute von keinem seriösen Intelligenzforscher mehr vertreten. Die gegenteilige Sichtweise, d.h. der extreme empiristische Standpunkt, Intelligenz wäre (fast) beliebig lernbar, ist widerlegt: Nur ideologisch verbrämte Autoren propagieren noch diesen maßlosen pädagogischen Optimismus. Jedoch: Wenn ein Merkmal eine hohe Heritabilität hat, heißt das nicht, dass es fixiert ist, also nicht mehr verändert werden kann.
Psychologisch und pädagogisch interessanter als die Frage nach dem "Wie viel" bei Erb- bzw. Umweltfragen ist die Frage nach dem "Wie", d.h. die Frage nach de Wechselwirkungen von Erbe- und Umweltfaktoren und vor allem die Frage nach der Optimierung von Umweltbedingungen mit dem Ziel der Förderung der kognitiven Leistungsfähigkeit." (Rost, D., Handbuch Intelligenz, Weinheim/Basel: Beltz, 1. Aufl. 2013, S. 395)

Gerade entdeckt: :-)
https://www.clavio.de/threads/die-10-000-uebestunden-statistik.10147/
 
Hier im Forum liest man immer wieder, dass Intelligenz erblich sei. Ich wusste schon länger, dass diese Behauptung auf sehr zweifelhaften Datenanalysen beruht, hatte aber bisher keinen Link zur Hand, weil alle mir im Internet bekannten Texte viel Statistik- und Experimentalwissen erfordern. Jetzt bin ich aber auf einen allgemeinverständlichen Artikel dazu gestoßen: https://www.sueddeutsche.de/bildung/paedagogik-intelligenz-ist-nicht-angeboren-1.4245200

Mehrere Ausführungen sind in diesem Artikel schwammig bzw. falsch.
Nur ein Beispiel: Der Flynn-Effekt wird in guten bzw. aktuellen IQ-Tests selbstverständlich mit eingerechnet. Niemandem wird heute ein Test von 1909 vorgesetzt.
Und selbstverständlich hat (Schul)Bildung einen Effekt. Deswegen würden seriöse IntelligenzforscherInnen auch niemals die Abschaffung der (Schul- und Berufs)Bildung propagieren.
 
Nur ein Beispiel: Der Flynn-Effekt wird in guten bzw. aktuellen IQ-Tests selbstverständlich mit eingerechnet. Niemandem wird heute ein Test von 1909 vorgesetzt.
Aber das steht doch dort gar nicht! Dort steht, dass eine so starke Zunahme innerhalb so kurzer Zeit den enormen Einfluss der Umwelt zeigt. Der Prof, der den Artikel geschrieben hat, weiß natürlich, dass die Tests angepasst werden. Dass sie angepasst werden müssen, darum geht es ja gerade.
 

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