10 000 Stunden; die Expertise Theorie

Das ist doch nur Motivations-Blabla mit einem Social-Justice-Warriortum. Talent ist total unfair. In einer Gesellschaft, in der jeder sein kann, was er will, muss Genie mit Fleiß zu erkären sein.
Auch du kannst ein Genie sein.
 
In einer Gesellschaft, in der jeder sein kann, was er will, muss Genie mit Fleiß zu erkären sein.
Auch du kannst ein Genie sein

In dieser extremen Zuspitzung ist das natürlich nicht valide, aber dass es motivierender ist an die Wirkung von Einsatz zu glauben, als schlicht für alles, was man nicht hinkriegt, die Gene verantwortlich zu machen ist ja wohl auch klar!
 
Talent wird es sicher geben. Ich hab zwei Kinder, das eine musikalisch super talentiert, das andere eher nicht. Fleißiger ist das Kind mit weniger Talent, das andere Kind hat die Gitarre zum großen Bedauern aller in die Ecke gestellt.

Vermutlich ist es aber am Ende doch so, dass die Menschen, die am Ende auf der Musikhochschule landen eine Menge Talent mitbringen. Sonst wären sie unterwegs lange am Mißerfolg verzweifelt. Trotz großen Fleißes.

Trotzdem brauchen auch die talentierten ihre Zeit. Es wird wohl kaum einen fertigen Konzertpianisten geben, der nicht die 10.000 Stunden voll hat. Insofern stimmt der Satz oben, dass Künstler oft ihren Fleiß nicht anerkannt bekommen, weil alles aufs Talent geschoben wird.

--> Es braucht beides. Talent und Fleiß. Mit nur einer Zutat wird man irgendwo im Mittelmaß stecken bleiben.
 
Sehe nicht was man am Klavierspiel nicht lernen kann:
Rhythmus: es gibt hier im Forum einen KL der behauptet es jedem beibringen zu könne. Ich glaube ihm das.
Musiktheorie: kein Hexenwerk, absolut nicht
Musikalität: gibt Experten die behaupten steckt in jedem Menschen etc.
Es braucht halt einen guten Lehrer der dies auch vermittelt und bei Problemen weiterhilft.

Alles erlernbar, das Argument fehlendes Talent ist ein faule Ausrede und passt gut in unsere Zeit "ja nur kein Aufwand", es wird schon von selbst klappen ...
 
Sehe nicht was man am Klavierspiel nicht lernen kann:

Ganz soo einfach ist es leider nicht! Zum Einen muss man akzeptieren, dass manche mit weniger Aufwand schneller vorankommen! Ob man das Talent oder hohe Adaptivität für die klavierspezifischen körperlichen und geistigen Anforderungen nennt ist dann egal!
Zum zweiten gibt es durchaus die Situation, dass die Hände den 10000 Stunden oder mehr nicht gewachsen sind! In neuerer Zeit (Perfektionismus, großer Ton, . .) ruinieren sich zunehmend mehr angehende Pianisten die Hände!
 
Sehe nicht was man am Klavierspiel nicht lernen kann:
Ich möchte dir nicht zu nahe treten. Aber wenn du es nicht weißt, was man da nicht lernen kann, ist es vermutlich genau das, was du nicht lernen kannst.

"Lehre" beinhaltet Erklären und Vormachen, sowie diverse Mischungen von beidem. Unter "Erklären" fällt auch "Fragen stellen" und "sich über etwas unterhalten".

Erklären kann man Mathematik und Musiktheorie, erzählen kann man von Daten und Fachausdrücken. Was man nicht lehren bzw. weitergeben kann (!) sind Dinge, die im Inneren stattfinden, etwas, das man spührt und / oder fühlt, denkt, erlebt, erfährt. Dazu gehören "greifbare" Dinge wie das Empfinden für Puls, alle Arten von Erlebnissen, aber auch Fantasie und Kreativität.
Was man durchaus kann, je nach Geschicklichkeit des Lehrers, ist, Schüler an die Hand zu nehmen und an die Schwelle zur Erfahrung bringen, die sie machen "sollen". Ob sie diese dann machen und wie intensiv bzw. umfangreich sie ausfällt, liegt nicht in der Macht des Lehrers.

Es gibt unterschiedlich empfindsame Menschen (Stichwort Hochsensibilität bspw.), und so gibt es auch Unterschiede in der Empfindung von Musik, da bin ich mir relativ sicher. Gleichzeitig hab ich am eigenen Leib erfahren, dass Empfindsamkeit auch trainiert und geweckt werden kann. Aber geweckt werden kann nur, was vorher geschlummert hat.
 

In einem Video meinte der Maler Gerhard Richter sinngemäß, er könnte es nicht erklären, weil es keine Worte dafür gibt. Eben darin würde der Unterschied von Sprache und Kunst als Ausdrucksform liegen. Könnte er es mit Worten erklären, brauchte er es nicht mehr zu malen.

War jetzt nur frei wiedergegeben, weil ich keine Lust habe, nun nach dem Video zu suchen, in dem er sich so in etwa äußerte.

Was Du machst, ist Kunst wie ein erlernbares Handwerk zu betrachten und ganz so ist es nun einmal nicht. Du kannst mit dieser Einstellung ein guter Kunsthandwerker werden, nie aber ein richtig guter Künstler. Aber sei es drum, aus mir wird auch nicht mehr, nur habe ich wenigstens noch ein Gefühl dafür, was ich später einmal mit Musik vermitteln möchte. Und sei es nur Lebensfreude oder den Geruch des Frühlings.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde es so erklären, auch wenn Vergleiche immer irgendwo hinken:

Das Werkzeug zum Kunstmachen kann man (durch Üben und Lernen) erwerben. Es kann mit der Zeit teurer und hochwertiger werden, besser geordnet und schneller verfügbar, und die Vielfalt und Anzahl der Werkzeuge nimmt zu. Je öfter man sie verwendet, desto leichter und vertrauter geht man mit ihnen um und entscheidet beinahe automatisch, welches Werkzeug man in einem bestimmten Fall verwenden möchte oder sollte.

Die Inspiration, die nötig ist um mit diesen Werkzeugen ein Werk zu schaffen, geht über das Wissen der reinen Benutzung hinaus. Dafür kann man sich viele bereits bestehende Kunstwerke ansehen und sich aus der "Umwelt" Inspiration holen.

Der kreative Schaffensprozess kann nur aus dem Mensch kommen. Am besten aus dem vor-bereiteten Menschen. Wenn er genügend Inspiration erhalten und Werkzeuge zur Verfügung hat, ist alles da, damit ein Kunstwerk entstehen kann. Woher dieses dann kommt, weiß ich nicht.
Vielleicht ist Kreativität vergleichbar mit Inituition (Bauchgefühl): Zahlreiche Informationen aus der Vergangenheit wurden vom Gehirn aufgesogen, gut geschüttelt und bunt angemalt, und irgendwann, wenn es passt, neu zusammengesteckt wieder ausgespuckt.
 
Was Du machst, ist Kunst wie ein erlernbares Handwerk zu betrachten und ganz so ist es nun einmal nicht.
Und selbst, wenn es so wäre - es gibt auch sehr unterschiedlich gute Handwerker. Sogar dann, wenn sie exakt dieselbe Zeit zum Erlernen ihres Handwerks aufgebracht haben und über dieselbe Berufserfahrung verfügen. Auch da spielt ganz offensichtlich Talent eine Rolle.
 
Hmm, bei Handwerkern nennt man es Geschick (eigentlich ist das ja "nur" das Zusammenspiel von räumlichem Denken, Vorstellungskraft und Feinmotorik). Ich bin mir nicht sicher, ob Geschick angeboren ist. Falls nicht, wird es aber sicherlich in den ersten Kindheitsjahren geprägt.

Lehre" beinhaltet Erklären und Vormachen, sowie diverse Mischungen von beidem. Unter "Erklären" fällt auch "Fragen stellen" und "sich über etwas unterhalten".

Erklären kann man Mathematik und Musiktheorie, erzählen kann man von Daten und Fachausdrücken. Was man nicht lehren bzw. weitergeben kann (!) sind Dinge, die im Inneren stattfinden, etwas, das man spührt und / oder fühlt, denkt, erlebt, erfährt. Dazu gehören "greifbare" Dinge wie das Empfinden für Puls, alle Arten von Erlebnissen, aber auch Fantasie und Kreativität.
Was man durchaus kann, je nach Geschicklichkeit des Lehrers, ist, Schüler an die Hand zu nehmen und an die Schwelle zur Erfahrung bringen, die sie machen "sollen". Ob sie diese dann machen und wie intensiv bzw. umfangreich sie ausfällt, liegt nicht in der Macht des Lehrers.

Es gibt unterschiedlich empfindsame Menschen (Stichwort Hochsensibilität bspw.), und so gibt es auch Unterschiede in der Empfindung von Musik, da bin ich mir relativ sicher. Gleichzeitig hab ich am eigenen Leib erfahren, dass Empfindsamkeit auch trainiert und geweckt werden kann. Aber geweckt werden kann nur, was vorher geschlummert hat.
Irgendwie erkenne ich keinen Widerspruch zu der Aussage von playitagain.
 
Ich schon. Aber ich kann's einfach grad nicht besser erklären.
 
Vermutlich ist es aber am Ende doch so, dass die Menschen, die am Ende auf der Musikhochschule landen eine Menge Talent mitbringen.

Nicht die, die in der Musikhochschule landen, sondern diejenigen, die auf den großen Konzertbühnen landen. :super:




Mit Fleiß allein kommt man sehr weit – was ein Glück! (höhö) – aber nicht auf die Veranstaltungskalender der großen Konzerthäuser.

Dass Talent alleine auch nicht "reicht", beichten gern auch die ganz Großen (Rubinstein zum Beispiel).

Wenn Fleiß und Talent zusammenkommen, bedarf es darüber hinaus noch eines intelligent gestrickten Netzwerks, der berüchtigten Portion Glücks und enormer mentaler Stärke, sonst findet auch das exorbitant fleißige Supertalent nicht den Weg an die Spitze. ;-)
 
Somit glaube ich langfristig (nach Jahren übens) nicht an die Talent Hypothese und das "Talent" (anfangs) spielt letztlich am Ende (nach 10k h als Bsp.) keine Rolle mehr.

Das glaub ich nicht, wie auch andere schon schrieben.
Wer solche Theorien aufstellt, der hat wahrscheinlich nicht mehrere Kinder und kann nicht im täglichen Experiment beobachten, wie stark individuelle, genetisch geprägte Veranlagungen/Talente etc. die Kinder jeweils durchs Leben begleiten und was für eine Multiplikatorwirkung die unterschiedlichen Talente auf Übezeit haben.

Man kann dem einen Kind in 10h Mathe mühevoller Arbeit nicht beibringen, was das andere in 30 Minuten abgeschlossen und verstanden hat - und dann gehts zum nächsten Thema, wo das bemühte Kind nach ner Woche gefühlt wieder von vorne anfängt. Umgekehrt hat das andere Kind dann evtl. eine viel bessere techniche oder künstlerische Auffassungsgabe und das ganze kehrt sich um.


10.000 fokussierte Übestunden sind sicherlich in jedem Bereich toll, um ein gutes Niveau zu erreichen - man kann es sicherlich oft genug auch Meisterschaft nennen. Aber auch im Bereich "Meisterschaft" gibt es eben immer noch genug Graustufen - besonders wenn die Luft dünn ist (Solo-Konzertbühne, kleiner Markt) - reicht es eben nicht, seinen 10.000 Stunden-Zettel vorzuweisen.
 
10.000-Stunden-Zettel... :009:
Kann man sich mit dem in der Carnegie Hall anmelden?

Ist hier überhaupt erwähnt worde, dass diese Stunden in den ersten 10 Jahren zu absolvieren sind und Altenmüller wohl von Hochbegabungen ausgeht, bei denen eine Übestunde sowieso schon effizienter ist?
 

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