Klavier lernen als Melodieinstrumentalist

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xpomul

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15. Nov. 2018
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Moin!

Ich spiele seit mehr als 25 Jahren (recht gut) Querflöte, d.h. ich kann Noten lesen, Musiktheorie, Ausdruck, Phrasierung, etc.
Ich kann auch "auf einem Klavier spielen" im Sinn von: Ich weiß welcher Ton zu welcher Taste gehört und ich kann recht problemlos eine einstimmige Melodie auf einem Klavier spielen (vor allem in C-Dur ;-)).

Ich kann aber nicht *Klavier spielen* und würde das gern ändern.

Wovor ich den meisten Respekt habe ist, dass ich gewohnt bin, Noten "horizontal" einstimmig zu lesen und eine Note auf 10 Finger abzubilden (g -> 3 Finger und Daumen der linken Hand etc.)

Zum Klavierspielen muss ich aber nun eben lernen, Noten "vertikal" zu lesen und pro Note einen Finger zu verwenden, nur eben jedesmal einen anderen und mit Fingersatz dann auch nicht mal immer denselben, dafür aber dann mehrere gleichzeitig und womöglich mit verschiedenen Rhythmen... ;-)

Mich würde interessieren, ob es besondere Tipps gibt (vielleicht von Leuten, die mit beidem Erfahrung haben und/oder die sogar ähnlich "umgelernt" haben), die mir beim Lernen helfen.

Oder ist das "Vorwissen" eher egal und die Übungstechniken sind für Neulinge und "Umsteiger" ähnlich/gleich?

Viele Grüße
Stefan
 
Erstmal herzlich willkommen!

Ich habe in meiner Jugend 8 oder 9 Jahre Querflöte gespielt und nun letztes Jahr mit 46 das Klavierspielen angefangen.

Viel kann man übernehmen. Das Musiverständnis, das Gefühl für Rhythmus und Betonungen, das Gehör. Und das ist schon eine ganze Menge. Die rechte Hand ist zumeist im Violinschlüssel notiert, das geht auch prima.

Wo ich anfangs massiv Probleme hatte, ist das lesen im Basschlüssel. Nach 1 1/2 Jahren klappt das inzwischen aber schon ganz gut. Auch das vertikale Notenlesen wird immer besser, es ist eine Übungssache. Aber erwarte nicht, dass das nach zwei Wochen klappt. Wo man als Flötist auch schwierige Sachen vom Blatt spielt, da wird man als Spätanfänger mit dem Klavier nie hinkommen. Aber das ist nicht schlimm, dafür kann man ja üben.

Auf dem Klavier spielt man dann mehr auswendig, weil das auswendig lernen schneller geht, als man gewohnt ist. War mit der Flöte ja nie nötig, man konnte ja von Noten spielen, hatte die Augen nicht auf den Fingern sondern auf den Noten.

Der Rest ist dann Fingerfertigkeit und das ist mal eine ganz andere Hausnummer als auf der Flöte, wo die Finger immer an der selben Position bleiben. Profis brauchen 10-20 Jahre in denen sie täglich 5-10 Stunden üben, bis sie dahin kommen, wo sie uns mit virtuosem Spiel beeindrucken. Aber auch als Hobbyspieler kann man irgendwann Musik machen, die auch die Nachbarn ertragen.

Viel Spaß und viel Geduld!
 
Komme von der Geige und habe beides teils auch parallel gespielt.
Das vertikale Lesen und Musizieren muss man meines Erachtens tatsächlich komplett neu lernen. Hier hat mir nichts an Vorwissen geholfen.
 
Ich habe als Kind mit Blockflöte begonnen, dann etwas mehr als drei Jahre Klavierunterricht gehabt.
Nach knapp 4 Jahrzehnten dann wieder mit Klavier eingestiegen und im Jahr darauf noch einen kompletten Neustart mit Querflöte gewagt.

Es ist in der Tat das vertikale Notenlesen, das am schwierigsten sein dürfte, und zwar nicht vom Musikalischen her. Denn wenn Du in irgendwelchen Formationen gespielt hast (Kammermusik, Orchester, …) bist Du ja an Formen des Zusammenwirkens einzelner Stimmen gewöhnt. Es ist eher das Lesen und das gleichzeitige Ausführen der Stimmen in den beiden Händen, was schwierig ist. Bei der Flöte erzeugen die beiden Hände zusammen einen Ton, am Klavier bis zu 10 Tönen.

Was - logischerweise - keine (so) große Rolle spielt, ist die Atemtechnik sowie die Tonproduktion durch Lippenmuskulatur etc …., Dinge, die ich als Späteinsteigerin an der Querflöte auch nicht ganz trivial finde.

Ich empfinde beide Instrumente als sehr verschieden in ihren Ansprüchen und das gefällt mir.
 
Oder ist das "Vorwissen" eher egal und die Übungstechniken sind für Neulinge und "Umsteiger" ähnlich/gleich?

Vorwissen ist nie egal. :super: Zumal wenn es um musikalisches Vorwissen geht. Mit der Querflöte hast Du ja bestimmt nicht nur einsam und allein gespielt, sd mit anderen zusammen. Hinhören ist Dir also geläufig, und das ist auch beim Klavier ein guter Teil der Miete.

Der Anfang am Klavier (Bezug auf Technik/"vertikales" Notenlesen) wird so sein wie bei jedem Anfänger. Aber vermutlich wirst Du etwas schneller vorankommen als jemand, der gar kein Instrument beherrscht, weil Dein Ohr geschult ist und Du mit beiden Händen schon Musik geformt hast.

Merkste dann ja. ;-)
 
Auf dem Klavier spielt man dann mehr auswendig, weil das auswendig lernen schneller geht, als man gewohnt ist. War mit der Flöte ja nie nötig, man konnte ja von Noten spielen, hatte die Augen nicht auf den Fingern sondern auf den Noten.
Das man auf dem Klavier mehr auswendig spielt ist ja wohl eher der Eindruck, den man von Pianisten als Solisten im Konzertbetrieb hat.

Schon bei Kammermusik sieht es ganz anders aus. Und erst recht als Hobbypianist, der ja gern viel und unterschiedliche Literatur spielen will und selten so versiert ist, dass er tatsächlich ganze Sonaten zum Vergnügen für sich selbst auswendig lernt.

Auch der Ansatz jedes seriösen Klavierunterrichtes ist bestimmt nicht, die Noten nur mal kurz als schriftliche Notation zu begreifen, die man memoriert, um dann in die Tasten zu greifen. Das abschließende Auswendigspielen ist eher Sahne obendrauf, jeder Solist kann auch sein Repertoir von den Noten spielen und tut es auch, um eingeschleifte Ungenauigkeiten zu beheben.

Also das Erfassen des ganzen Notenbildes ist notwendig, die Umsetzung fällt mit der Zeit immer leichter. (Und bei der Geige ist übrigens Mehrstimmigkeit auch vorhanden ......)
 
Das mit dem Auswendig lernen ist meine ganz persönliche Erfahrung.

Als Flötist hat man die Finger außerhalb der Reichweite des Auges. Da guckt man automatisch auf die Noten und ich zumindest hab in den 9 Jahren eigentlich nie irgendwas auswendig gespielt. Wozu auch. Konnte aber prima vom Blatt spielen, auch schwierige Sachen.

Am Klavier ist das anders, da guckt man sich auf die Finger, die blind erst einmal gar nichts treffen. Die Noten in der Zielgeschwindigkeit lesen fällt unheimlich schwer zu Anfang, der Bassschlüssel ist neu, dann gleich 4,5,6 Noten auf einmal... Das Üben führt zumindest bei mir dazu, dass ich Stücke relativ zügig auswendig kann. Sonaten spiele ich nicht, aber eine Sonatine von Clementi oder zur Zeit der Maple Leaf Rag gehen über 4 Seiten und die sitzen textlich sicher.
 
... so versiert ist, dass er tatsächlich ganze Sonaten zum Vergnügen für sich selbst auswendig lernt

Ich habe gleiche Erfahrungen gemacht wie @Ralph_hh und selbst nach 40 Jahren bin ich nicht annähernd so versiert, dass sich auswendig spielen überhaupt vermeiden lassen würde.
Auswendig ist natürlich nicht gleich auswendig. Evtl. wird hier auch audiomotorisches mit visuellem Gedächtnis verwechselt. Rein visuell habe ich nur wenig Notentext im Gedächtnis.
bei der Geige ist übrigens Mehrstimmigkeit auch vorhanden
Das stimmt natürlich und hat mir sicherlich auch beim Erfassen von wenigen Intervallen im Violinschlüssel geholfen. Das war´s aber auch schon und unter einem Terzlauf verstehe ich auch noch nicht vertikales Musizieren.
 
Am Klavier ist das anders, da guckt man sich auf die Finger, die blind erst einmal gar nichts treffen.
Na, das sollte aber so nicht sein. Die Finger sollen vom Ton geführt werden, das Danebengreifen ist dann schnell Geschichte, weil falsche Töne wehtun. Und ordentliches strukturiertes Lernen braucht kein Gucken auf den Finger, bei Geige (Lagenspiel etwa..) und Flöte etwa geht es doch auch....:bye:
 
Na, das sollte aber so nicht sein. Die Finger sollen vom Ton geführt werden, das Danebengreifen ist dann schnell Geschichte, weil falsche Töne wehtun.
Ich hab keine Ahnung, wie lange Du schon spielst, aber deine Anfänge müssen schon lange her sein... Oder Du hast anders gespielt als jeder andere Anfänger.

Deine Ansichten sind bestimmt korrekt, aber für einen Anfänger nicht umsetzbar. Wenn ich in die Noten gucke und gar nicht auf die Finger, dann höre ich mit Sicherheit, dass das alles falsch ist, aber deshalb treffen die Finger dann noch lange nicht besser. Das kommt erst mit der Zeit. Bis dahin treffen die Finger erst blind, wenn sie ein Stück oft genug geübt haben und dann sitzt das Stück längst auswendig im Kopf.
 

Hier war einmal in den letzten Monaten ein YT-Video eingebunden, da trugen eine jüngere Pianistin und ein etwas älterer Pianist so eine Brille, mit der sich die Augenbewegung erfassen ließ. Beide spielten sie ein Werk vom Blatt und es war gut zu erkennen, wohin sie schauten. Ohne gelegentlichen Blick auf die Tastatur kamen beide nicht aus, doch bei der jüngeren Pianisten wechselte der Blick öfters oder so.
Leider finde ich jetzt kein passendes Video bei YT und bei welchem Thema das hier eingebunden war, weiß ich gleich gar nicht.

Edit: Habe es noch unter dem Ausdruck Eye-Tracking gefunden. In der ersten Hälfte ohne und in der zweiten mit Blatt.


View: https://www.youtube.com/watch?v=GVvY8KfXXgE
 
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Wie lange spielst Du denn nun schon? Und was spielst Du?

Ich kann mir nach meinen bescheidenen 1 1/4 Jahren noch lange nicht vorstellen, die Sprünge über mehr als eine Oktave von einem Akkord zum anderen in der LH mal blind zu treffen.
 
Na ja, das Anfangsalter lässt eingrenzen, wenn bei Amazon beim Schaum-Tastenfinder vermerkt ist:
Für Klavierschüler im Alter von 7- 11 Jahren.
Was nicht bedeuten soll, dass dieses Buch für Späteinsteiger ungeeignet wäre, nur die beginnen ja lieber mit "Für Elise" oder ähnlichen Werken. Ach ja, ich hatte mir dann wohl die falsche Klavierschule zugelegt. Weil da stand "für Kinder ab 8 Jahren, Jugendliche & erwachsene Wiedereinsteiger", so dachte ich, dass diese auch für den Einstieg im Rentenalter gut sein müsste. Habe diese dann doch nur wenig benutzt. Bei einem einfachen Song schloss ich die Augen, ein Lätzchen benötigt man nicht. Nur bei Sprüngen und allem Ungewohnten ist es halt vorbei.

Eigentlich beginnt es ja bislang immer noch bei mir damit, die Hand zuerst auf die Tastatur legen, um zu testen, mit welchen Fingersätzen ich am günstigsten zurechtkomme, dann die Ziffern notiere. Ergibt am Ende ein Auswendiglernen.
 
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...dem "Melodieinstrument" ist es ganz natürlich, einen längeren Ton crescendo oder crescendo-diminuendo oder umgekehrt zu bringen, zahllose Melodien erfordern das - am Klavier wird man da ein wenig betreten gucken, weil die melodischen Möglichkeiten anders, begrenzter sind...
 
Richtig! Das Klavier braucht unbedingt pro Pedal noch einen Schweller, wie's ihn bei der (Heim)Orgel gab (gibt). Umgesetzt als Kniehebel (a la Harmonium). Kann das wirklich sein, dass das noch keiner gebaut hat? Ich glaube, ich melde das mal als Patent an.
 
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Auch das Blindspielen will gelernt werden und gehört für viele anfänglich nicht unbedingt zu den wichtigsten Lerninhalten.
Na, da bin ich aber anderer Meinung. Bei anderen Instrumenten wird es einem nur nicht so leicht gemacht, visuell etwas zu steuern.
Wie im Video zu sehen, hat man das Spiel so niemals visuell erst gelernt, sondern gleich nach Gehör. Wenn der Finger erst suchen muss, wo er hin will - ist eh alles zu spät. In den Nahaufnahmen kann man auch einigeTricks sehen, wie im Zusammenhang gespielt werden kann, ohne irgendwie springen zu müssen - alles eine Frage des Übens und der zur Verfügung gestellten Techniken....

View: https://youtu.be/qpiF-dYZzJQ
 

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