Elementare Musiktheorie Mythen

Danke für die Beispiele.

Deswegen schrieb ich 'ich kenn die nur' ... halt die Dinger, die in der Kirche ausgeteilt und wieder eingesammelt werden. :-)

Früher gab es keine Gesangsbücher.

Grüße
Häretiker
 
Ich glaube nicht, dass man im Alter grundlegend die Fähigkeit zur Intuition verliert.

Sehe ich auch so. Trotzdem (deshalb schrieb ich ja auch "aus biographischen Gründen") ist der Erwachsene Mensch in der Bereitwilligkeit, auf "Intuition zuzugreifen und dieser auch zu trauen, mit einem Kind und der Methode seiner Weltaneignung nicht zu vergleichen. Killerargument: Spracherwerb. ;-)

Das Gehirn baut sich im Laufe des Lebens um. Nichtgenutzte Bereiche verlieren an Impulsfreudigkeit. Vom Zeitfenster des "intuitiven Lernens" mal ganz abgesehen, das schließt sich nämlich mit ca. 10 - 12 Jahren.

Warum sollten Erwachsene mit dieser Art des spielerischen Zugangs nicht auch eine Basis für Ihre Musikalität erlangen können?
Es macht halt (vermutlich) nur keiner. Sieht vielleicht auch doof aus, wenn plötzlich 50jährige in der Kleinkindgruppe mitmachen.
Vielleicht sollte man ja mal einen Krabbelgruppe zur musikalischen Früherziehung Erwachsener gründen? :-D
Ich denke, dass wenn man als Erwachsene die Scheu und das Peinlichkeitsgefühl ablegen würde und wie Kinder (und zwar wörtlich) an die Sache heranginge, genauso erfolgreich wie Kinder seine Musikalität fördern oder entdecken könnte.

Jenseits womöglich empfundener "Peinlichkeit" (ist das so? sicher individuell verschieden) lernt man in der früher beliebten Orff-Gruppe (oder anderen Varianten musikalischer Früherziehung) keine Musiklehre. Man lernt dort spielerisch sehr viel (Takt + Rhythmus vor allem), aber nicht die Sixte ajoutée oder den verkürzten Dominantnonenakkord, obwohl letzterer einem permanent begegnet.

Ich gebe Dir aber dahingehend recht, dass erwachsene Anfänger gut daran tun, die permanente Selbstkontrolle für den Zugang zur Musik ein Stück weit aufzugeben. Wer ein kleines Kind zur Verfügung hat, kann mit dem ja ohne weiteres enthemmte Rhythmusübungen veranstalten, sobald die Nachbarn im Urlaub sind (Trommeln oder sonst was Lautes, das besonders deshalb Spaß macht, weil man in der mitteleuropäischen Kultur das Lärmen aus gutem Grund abgewöhnt bekommt). :super:





Mein persönliches Hauptproblem bei Musiktheorie ist, dass viele Bücher aus Sicht von Naturwissenschaft-Gewohnheiten nicht immer stringent begründet geschrieben zu sein scheinen und teils wie eine so-ist-das-halt-Faktensammlung wirken.

Ach weißt Du ... als Nichtmathematiker denkt man ganz genauso über Mathebücher... :teufel: :schweigen: Ehrlich. :girl::blume:
 
Denn in den meisten Noten steht nur wenig drin, was über den blanken Notentext hinausgeht, nämlich spezielle Gestaltungsvorgaben (das sind oftmals, nicht immer, Abweichungen von den üblichen

Und was von dem was in den Noten steht wie wörtlich zu exekutiert ist, weiss man auch nur mit einem Mindestmaß an musikalischer Bildung, das über das hier besprochene elementare Harmonielehre Wissen hinausgeht!
 
Ich kenne allerdings den Terminus "Gesangsbuch" nur mit Noten.

Ich kenne allerdings nur den Terminus Gesangbuch (ohne s) - denn so hießen die Kirchengesangbücher ja eigentlich (ok und Gotteslob - der Vollständigkeit halber). Aber ok, man muss sich ja anpassen (es heißt ja eigentlich auch früh und nicht frühs und dennoch wird zweites jetzt im Duden aufgenommen... ein eindeutiger Verfall der Sprache :lol::lol:)
Es gab früher Gesangbücher ohne Noten, da die Menschen die Choräle ja eh oft nach dem Motto Vorsänger - Nachsänger gestaltet haben (daher auch der Begriff Kantor). Außerdem waren die Leute regelmäßige Kirchgänger und kannten die Lieder natürlich - da braucht es keine Noten mehr.
 
Moin!

Ich kenne allerdings nur den Terminus Gesangbuch (ohne s) - denn so hießen die Kirchengesangbücher ja eigentlich (ok und Gotteslob - der Vollständigkeit halber).

Ich kenne es hauptsächlich nach Gehör, so wie die Leute es aussprechen. Und dort höre ich so deutlich ein Fugen-s, dass ich schon spaßeshalber sagte "Das Buch mit den zwei x: Xanxbuch". So wie bei "Mehrwertsteuer" und "Mittagpause", da höre ich auch immer ein Fugen-s.

Erinnert mich an die Bundeswehr, die immer darauf Wert legte, dass es "Essenmarke" heißt mit der Begründung, es hieße ja auch nicht "Bratskartoffeln". Meine Frage, warum nicht auch "Verteidigungminister" und "Gefechtübung" wurde nicht sinnvoll beantwortet.


Mein Arbeitskollege musste "Makromar" (so seine Aussprache) nehmen. Später wusste ich, dass das r woanders ist. Ist halt gewandert wie "Bedrouille" (eig. "Bredouille").


Grüße
Häretiker
 
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@Andre73
Ich bin Spätanfänger und Laie in Musiktheorie, aber ich habe mehrere Bücher dazu hier und lese auch immer mal wieder rein und verfolge auch immer solche Themen hier interessiert auf clavio.
Ich finde die gar nicht überflüssig sondern durchaus erhellend und sicher auch sehr hilfreich beim Erlernen von Stücken.
diese Haltung ist doch klasse, genau richtig! Mach da weiter: viel Praxis, begleitend auf praktischer Ebene (am Instrument) immer wieder und peu a peu erweiternd die Grundlagen (Skalen, Kadenzen, erweiterte Kadenzen, Vorhalte, Modulationen, usw usf ich muss das nicht alles aufzählen) und das wird sich auszahlen :-)

Deine weiteren Überlegungen
Mein persönliches Hauptproblem bei Musiktheorie ist, dass viele Bücher aus Sicht von Naturwissenschaft-Gewohnheiten nicht immer stringent begründet geschrieben zu sein scheinen und teils wie eine so-ist-das-halt-Faktensammlung wirken.
Dennoch liegt es evtl. auch konzeptionell bedingt, dass man eben nicht alles stringent durchbegründen kann, wie man das als Mathematiker, Physiker oder Informatiker gewohnt ist.
Mathematik oder Physik sind nicht durch subjektive und schwer greifbare Hörphysiologie und Hörpsychologie geprägt - deren Modelle und Folgerungen sind universell und nicht zwingend auf den (ggf. sogar noch europäischen) Menschen ausgerichtet.
Der große Zoo*) an Tonleitern, Akkorden, Kadenzen, Harmonieverläufen, Rhytmusmustern, die Anwendbarkeit von Verzierungen, das Erkennen von Funktionen aus dem Kontext etc. etc. erscheinen einem langjährig praktizierenden Profimusiker ganz logisch - aber einem logisch geprägten Menschen, der sich neu mit Musik beschäftigt erst mal gar nicht.
kann ich nachvollziehen, mir würde es unter diesen Voraussetzungen genauso gehen!
(was jetzt folgt ist kein 1:1 Vergleich und benötigt keine Diskussion(en) über Logik und Spieltheorien)
Das Schachspiel sollte eigentlich in sich recht logisch sein - dennoch ist die Anordnung der Figuren zu Spielbeginn nicht logisch ableitbar; so viel Logik auch im Spielverlauf bzw. der Spielstrategie enthalten ist: einem Mathematiker müssten die willkürlich gesetzten Regeln Unbehagen bereiten! Warum muss der Turm anfangs im Eck stehen? (usw.) - ähnlich könntest du die (Spiel)Regeln in der Musik erst einmal akzeptieren bzw einfach hinnehmen. Niemand hinterfragt doch beim Schach die willkürlich gesetzten Spielregeln.
"Der große Zoo" *) ist anfangs exotisch, labyrinthisch, widersprüchlich, scheinbar verworren - mit der Zeit aber, Interesse und Engagement vorausgesetzt, wirst du dich im Zoo immer besser zurechtfinden.

____________
*) diese Formulierung im Kontext gefällt mir außerordentlich gut!
 
Das Schachspiel sollte eigentlich in sich recht logisch sein - dennoch ist die Anordnung der Figuren zu Spielbeginn nicht logisch ableitbar; so viel Logik auch im Spielverlauf bzw. der Spielstrategie enthalten ist: einem Mathematiker müssten die willkürlich gesetzten Regeln Unbehagen bereiten! Warum muss der Turm anfangs im Eck stehen? (usw.)​

Gehört sicherlich nicht zum eigentlichen Thema, aber ich finde die Aufstellung im Schach eigentlich schon sehr logisch. Türme befinden sich nunmal an Ecken in Befestigungswällen und von da oben wird weit geschossen, und da diese weiter entfernt sind vom Zentrum, wo der Herrscher residiert, gibt's nahe an den Türmen die Kavallerie (die wendig ist und überall hin kann) und näher am Palast die schnellen Läufer.

Im älteren Schach, dem eigentlichen Chinesischen oder der Variante aus Korea, wird's noch logischer/realistischer - da heisst der Turm noch "Streitwagen" und da befindet sich der König zusammen mit zwei Figuren ("Beamte") im Palast, der 9 Felder groß ist und von keiner dieser drei Figuren verlassen werden kann - die Beamten stehen dem Herrscher also immer irgendwie im Weg herum :)
In der Koreanischen Urversion kann der Spieler zu Beginn zudem wählen, wie herum Pferd und Läufer (bzw.eigentlich "Pferd" und "Elefant") beidseits des Palastes stehen sollen - kann links auch anders sein als rechts.
Das blaue in der Mitte ist übrigens ein Fluss. Den kann der Elefant leider nicht überschreiten. Zu schwer, kann nicht schwimmen, oder wasserscheu, weiss nicht genau
;)


xiangqi-chinese.png
 
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Im älteren Schach, dem eigentlichen Chinesischen oder der Variante aus Korea, wird's noch logischer/realistischer - da heisst der Turm noch "Streitwagen" und da befindet sich der König zusammen mit zwei Figuren ("Beamte") im Palast, der 9 Felder groß ist und von keiner dieser drei Figuren verlassen werden kann - die Beamten stehen dem Herrscher also immer irgendwie im Weg herum :)

Einen "Herrscher" oder "König" sehe ich hier allerdings nicht, da gibt es einen "General" bzw. "Heerführer".
In der koreanischen Variante tragen die zentralen Figuren zwei altchinesische Landesnamen: Han und Chu:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chu_(Staat)#/media/File:EN-CHU260BCE.jpg


Das blaue in der Mitte ist übrigens ein Fluss. Den kann der Elefant leider nicht überschreiten. Zu schwer, kann nicht schwimmen, oder wasserscheu, weiss nicht genau
Die roten Pendants zu den Elefanten sind die "Minister". Die können anscheinend auch nicht schwimmen.
 

Sage einmal, D-Dorisch kannte ich bereits vom "Drunken Sailor". Nun wollte ich gestern, durch die Anregungen von @Häretiker, so ein Kirchenlied ausprobieren, geschrieben in C-Dorisch.

Wir glauben all an einen Gott (Luther)
https://de.wikibooks.org/wiki/Liederbuch/_Credo

Klingt von der Melodie nicht schlecht, würde ich meinen. Beim Versuch die Midi von der Hörprobe zu importieren, hängte sich die DAW auf. Sah nur, dass bei der Taktangabe etwas von über 3.000 stand und nichts mehr ging. Bei Klick auf die Noten erhält man aber eine kleinere Midi nur mit den angezeigten Noten, die sich dann problemlos z.B. in MuseScore importieren lassen sollte.

Nun die Theorie, da sind größere Lücken vorhanden und so habe ich erst einmal nur eine Liste mit Seiten erstellt, die weiterhelfen könnten. Die Vorzeichen und Tonarten lassen sich ja einfach ableiten, also C-Dorisch von B-Dur. Enden könnten es auf dem entsprechenden moll-Akkord. Nur beim Rest, wenn ich das lese, dann weiß ich auch, was so alles an Wissen noch fehlt.

Bsp. 6.3.2.2.-2: Kadenzmodelle im Dorischen
http://www.mu-sig.de/Theorie/Tonsatz/Tonsatz13.htm#t6322
 
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Türme befinden sich nunmal an Ecken in Befestigungswällen und von da oben wird weit geschossen
...wissen das die mittelalterlichen Ringwälle auch?
...wie ist das mit dem Bergfried?
...und im 19. Jh., als die Geschütztürme zu so genannten "Kavaliers" wurden, standen die in den polygonalen Festungen auf den "Ecken"?
@mberghoefer gehört nicht zum Thema, ist aber auch interessant :-):-)
 
Schnell was zu Mathematik, bevor hier Unwissenheit überhand nimmt.
Dort gibt es Axiome zu Hauf, ebenso in anderen Theorien.
Was das ist hier
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Axiom

Ich sehe da eben doch einen Unterschied,
Die Axiome der reellen Zahlen (als Beispiel) werden in jedem gängigen, modernen Analysisbuch stringent eingeführt und jeweils ziemlich identisch begründet, warum man diese benötigt. Ein Buch, was das nicht leistet, ist einfach Schrott bzw. veraltet und wird nicht als Standardwerk verehrt, sondern allenfalls aus historischen Gründen aufbewahrt.
Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass andere Mathematiker (also welche, die unsere Axiome nicht kennen, im Extremfall sogar Außerirdische) auf die gleichen bzw. sehr analoge Axiomensysteme kommen, um Rechnen mit reellen Zahlen / Grenzwerte etc. von Grund auf zu etablieren und dabei auch homogen mit den verallgemeinerten Körperaxiomen der Algebra zu sein.
Axiome sind jedenfalls nochmals viel zwingender als relativ willkürlich eingeführte (und trotzdem zusammenpassende!) Schachregeln (es gibt auch relativ künstliche Axiomensysteme zum Herumspielen, aber nicht in der etablierten Mathematik und auch diese sind in sich zwingend und nicht durch Psychologie, Physiologie oder Geschichte geprägt).

Diese Stringenz kann man einfach nicht mit mit Musiktheorie vergleichen, die eben auch elementar durch Physiologie des Gehörs, durch Psychoakustik, durch geschichtliche Einflüsse, durch Hörgewohnheiten etc. geprägt ist.
 
Ich sehe den eigentlich Unterschied darin, dass z.B. die Mathematik versucht, Ereignisse / Gesetze nachzuweisen und die Musiktheorie lediglich versucht, Ereignisse zu benennen.
 
Ich sehe den eigentlich Unterschied darin, dass z.B. die Mathematik versucht, Ereignisse / Gesetze nachzuweisen und die Musiktheorie lediglich versucht, Ereignisse zu benennen.

Die Frage, ob beispielsweise die Zahlen oder andere mathematische Gegenstände Teil der uns umgebenden Natur sind oder Artefakte, die der Mensch erfunden hat und damit die Frage warum wir die Natur mit mathematischen Mitteln so erfolgreich beschreiben können, ist eine zentrale Fragestellung der mathematischen 'Philosophie'!
Hochinteressant ist dazu das Buch 'Ist Gott ein Mathematiker' von Livio
https://www.amazon.de/Ist-Gott-ein-Mathematiker-geschrieben/dp/3406605958
 

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