Absage- und Aufhöreritis

.... vielleicht eine allgemeine Kultur der Unverbindlichkeit, die typisch für die heutige Zeit ist ?
Ich frage mich, ob viele Leute, auch wenn sie es niemals zugeben würden, mittlerweile von den Anforderungen, die tagtäglich an sie gestellt werden, überfordert sind, so dass sie jegliche Verbindlichkeit im privaten Bereich als einen unzumutbaren Stress empfinden. Man spricht zwar immer davon, das Leben werde immer komplexer, aber in welchen Abwehrmechanismen sich das konkret widerspiegelt, wird selten benannt.

Lg marcus
 
So verkehrt ist das aus egoistischer Sicht nicht, wenn man sich ein Maximum an Optionen offen lässt.
Der Physiker, Kybernetiker und Pionier der Computermusik Heinz von Foerster (1911 - 2002) formulierte 1973: "Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird."
https://www.heise.de/tp/features/Ha...Wahlmoeglichkeiten-groesser-wird-3426853.html
Alles hat zwei Seiten. Die moderne Technik fördert und stützt diese Maxime, weil man dem Gegenüber nicht ins Auge sehen oder mit ihm sprechen muss. Eine schwierige Zeit, denn Unverbindlichkeit zerstört jede Art von Tiefgang.
 
... dass sie jegliche Verbindlichkeit im privaten Bereich als einen unzumutbaren Stress empfinden. Man spricht zwar immer davon, das Leben werde immer komplexer, aber in welchen Abwehrmechanismen sich das konkret widerspiegelt, wird selten benannt.
Ja, das mag auch ein Grund sein. Man sehnt sich nach Ruhe/Muße, betrachtet sich selbst auferlegte Verbindlichkeiten als Belastung und wehrt sich dagegen. Hier müssen Psychologen ran. :puh:
 

:denken: Warum? Wenn an der These etwas dran ist, misten die Betroffenen doch selbst ihre Termin-/Verpflichtungsfülle aus.

Was den geringsten Stellenwert hat (hier: offenbar Klavierstunden) wird gestrichen. Der Psychologe müsste ran, wenn die Betroffenen bis zum Kollaps/Nervenzusammenbruch/Burnout weiter rotieren würden. :konfus: Der würde dann raten: Streichen Sie, was Ihnen nicht so wichtig ist.
 
Lieber Musix,

nach Studium der 9 Seiten muss ich auch meinen Senf dazugeben. Du bist Unternehmer, kein Therapeut und Händchenhalter. Letzteres kannst Du zwar machen, dann darfst Du Dich aber nicht über Deine Situation beschweren und die finanziellen Auswirkungen.
Du verkaufst Deine Zeit gegen Bezahlung. Wenn die Kunden nicht bezahlen, musst Du sie rausschmeißen weil Du ansonsten keine Einnahmen in der Zeit generieren kannst. Punkt. Dass manche (viele) Leute sich rücksichtslos verhalten mag viele Gründe haben, die persönlichen Motivationen sind aber für Dich egal, weil es Dein Einkommen gefährdet.
Deine Kunden müssen wissen, für welche Dienstleistungen sie wie viel Geld bezahlen sollen. Als primärer Kommunnikationsweg bietet sich dafür eine einfache homepage an. Dort solltest Du ausführen warum Du ein geeigneter Klavierleher bist (Ausbildung, Fortbildung Berufserfahrung etc.), welchen Kundenkreis Du damit ansprichst (Anfänger, Fortgeschrittene, Studenten, alte Schüler, junge Schüler...) und was Du als Stilrichtungen anbietest (das schienen ja eine Menge zu sein). Vorsichtig aber, zu viel ist m.E. dabei auch nicht hilfreich weil der Fokus verlorengeht. Du solltest schreiben, ob Du zu Hause unterrichtest oder der Kunde zu Dir kommt.
Dann musst Du den Leuten erklären, dass das was Du anbietest xx Euro kostet und in welcher Ausgestaltung Du das anbietest. Dazu haben hier schon viele Leute was geschrieben und das schien mit alles plausibel zu sein.
Ich persönlich bin auch kein Fan von Dumpingangeboten - in der Regel gibt es einen Grund warum die Leute (nur) weniger verlangen (können) als andere Vergleichbare, und das ist in der Regel kein guter Grund aus Kundensicht. Bewegt man sich im hochpreisigen Segment muss Dein Hintergrund dazu passen und auch Deine Leistung dazu, ansonsten endet es schnell "mit mieser Presse".
Das vorgesagte spielt sich eigentlich genauso im Bereich der Mundpropaganda ab.

Auf Seite 8 antwortest Du @hasenbein, warum Du Dich für einen überdurchschnittlichen Klavierlehrer hälst, u.a. weil Du auf die Schüler eingehst und nicht nach Schema F unterrichtest. Sorry, das ist nicht überdurchschnittlich, das sollte Dein eigener Anspruch sein. Wer das als KL nicht macht ist m.E. unterdurchschnittlich. Die von Dir beschriebenen Arrangements - ich verstehe das als bezogen auf die Leistungsstufe, sollte eigentlich auch halbwegs normal sein. Mein KL hat sowohl eigene als auch solche von Heumann (oder manchmal eine Mischung daraus). Die Frage die sich mir stellt ist eigentlich mehr, verschwendets Du nicht potentielle Unterrichtszeit mit den eigenen Arrangements wo man die doch auch vorgefertigt einkaufen könnte, jedenfalls teilweise? Versteh mich nicht falsch, Dein soziales Engagment mit dem Senior finde ich bewundernswert und toll, ist aber eine völlig andere Schiene als die Frage, ob Du ein guter KL bist oder ein Unternehmer.

Zur weiteren Umsetzung Deines Unternehmertums kommst Du heute leider nicht mehr um klare Ansagen an die Schüler herum. Also X Euro für X Stunden, Absagen werden so gehandhabt, Ferienzeiten gelten als etc... entweder die Leute kommen damit klar oder nicht. Ich stelle mal die These auf, dafür reicht zur Not ein Merkzettel, die Du den Schülern gibst. Bei den geringen Beträgen lohnt sich aus meiner Sicht eine rechtliche Nachverfolgung in der Regel nicht weil der Aufwand in keinem zeitlichen Verhältnis steht. Das bedeutet aber auch, bei Fehlverhalten einmal verwarnen und dann die Zusammenarbeit beenden wenn es sich wiederholt. Die Leute stehlen Dir Deine Zeit und die ist Dein einziges Wirtschaftsgut. Viele verhalten sich ja gerade so sch... weil sie damit durchkommen. Du solltest aber den Anspruch haben, auch gute Schüler (moralisch gesehen) zu haben. Wenn Du nur der nette Onkel bist, wirst Du nur ausgenutzt.

Mein Eindruck ist ein bisschen, Du bist wirklich nett und lieb, lässt Dich aber gnadenlos ausnutzen und fühlst Dich nicht genug geachtet für Deine großen Taten wie "verschiedene Klavierschulen für verschiedene Schülertypen".
In dem Faden wurden aus meiner Sicht viele gute und sinnvolle Tips und Anregungen gegeben. Jetzt musst Du den Hintern zusammenkneifen und Dich der Realität stellen. Wenn Du Dich entscheidest nichts zu ändern ist das auch eine unternehmerische Entscheidung, dann darfst Du Dich aber nicht beschweren, wenn es nicht so läuft. Es ist keine Schande als als Unternehmer zu scheitern, aber wenn man nichts zur Verbesserung der Situation versucht hat, ist man kein Unternehmer und sollte sich eine andere Beschäftigung suchen, wo andere für einen die Entscheidungen treffen.

Ich wünsche Dir viel Ruhe und Erfolg bei Deiner Analyse der Situation und wünsche viel Erfolg bei der Entscheidung die Du treffen wirst.

Alles Gute
Pianokater
 

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