Wie übt man solche Stellen?

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Im letzten der drei Fantasiestücke für Klarinette und Klavier von Schumann finden sich mehrere Stellen dieser Art:
Medium 996 anzeigenDas Ganze passiert in hohem Tempo. Wie übt man das so, dass es möglichst gleichmäßig klingt? Schwierigkeiten macht mir auch, dass beide Hände gebunden spielen müssen. Es fällt mir aus irgendeinem Grund viel leichter, die Töne der rechten Hand nur Staccato zwischen die gebundenen Töne der linken Hand zu setzen, aber das ist ja nicht ganz korrekt.
 
Moin!

die Töne der rechten Hand nur Staccato zwischen die gebundenen Töne der linken Hand zu setzen
Deine Verbalisierung des Problems führt vielleicht schon zur Lösung: Die Töne der rechte Hand gehören eben nicht "zwischen" die der Linken, sondern es sind zwei um 1/16 versetzte aufsteigende Linien. Die Töne überlappen einander.

So, wie Du es beschreibst, führt bei Dir (im Kopf, aber auch von der Gewichtsverteilung) hier die Linke Hand; sie spielt ja auch auf der schweren Zeit. Die Rechte tupft dazwischen, ist also leicht. Wie Du ja bemerkt hast, ist das falsch. Die Rechte muss auch ihr Gewicht haben, und die Töne müssen liegen bleiben. Das ist eine komplett andere Bewegung, und deshalb wirst Du durch graduelles Verbessern (Töne rechts immer länger halten) nicht umlernen können. Du musst die Stelle komplett neu einüben.

Ich würde die Stelle jetzt zunächst sehr, seeeehr langsam spielen. Dabei nicht nur auf die Tonlänge, sondern das Gewicht achten. Beide Hände haben ihr Gewicht und sind vielleicht sogar recht tief im Handgelenk. Ich würde dazu große wiegende Bewegungen mit dem ganzen Körper machen, um mir die Gewichtsverlagerung links-rechts-links-rechts klarzumachen. Das muss man nicht zu sehr ausdehnen, es ist in gewisser Weise kontrproduktiv, weil Du im hohen Tempo diese Bewegungen nicht mehr machen kannst, sondern im Gegenteil mit sehr wenig Bewegung spielen musst. Vielleicht sogar mit wenig Gewicht, das kann ich hier ohne Klavier nicht einschätzen. Da sollen die Klavierlehrer was zu sagen. Mir würde es zunächst darum gehen, vom alten Bewegungsmuster wegzukommen.

Sodann würde ich den Lauf in 2er Gruppen zerlegen und die bereits im Zieltempo spielen: links-rechts – pause (beide Hände halten) – links-rechts – halten – links-rechts ... Dabei immer noch drauf achten, beim "Halten" beide Hände mit Gewicht liegen zu lassen und nicht hochzureißen.

Als letztes würde ich die Stelle von unten schrittweise aufbauen. Also im Zieltempo folgendes spielen:
  1. links-rechts (ist nicht schwer, aber liegenlassen)
  2. links-rechts-links
  3. links-rechts-links-rechts (so lange üben, bis es sauber klappt, d.h. das erste dis in der RH wirklich ausgehalten und zum E gebunden wird)
  4. links-rechts-links-rechts-links
  5. etc.
Bei jedem Schritt kann man, wenn es nicht perfekt, sauber, gleichmäßig und legato klingt, das Tempo nochmal etwas drosseln, aber nicht zu sehr, denn dann verfällt man evtl. wieder in andere Bewegungen. Man kann natürlich auch jederzeit eine Stufe zurückgehen.

Bin Laie. Aber so würde ich es machen.

Gruß
- Karsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab so 'ne ähnliche Stelle (zeitlich versetzt), aber doch ganz anders (sorry für die komische Ausgabe, die Bögen sind von LvB, die decresc. von mir in der Annahme, dass LvB die voraussetzt):
upload_2018-6-22_7-46-48.png
Das sind ja lauter "Seufzer", die ich schwer-leicht, technisch also tief-hoch spielen möchte. Allerdings fällt das rechte "leicht" resp. "hoch" immer gerade mit dem linken "schwer"/"tief" zusammen. Grrr. Zum Glück ist es nicht besonders schnell.
 
Im letzten der drei Fantasiestücke für Klarinette und Klavier von Schumann finden sich mehrere Stellen dieser Art:
Medium 996 anzeigenDas Ganze passiert in hohem Tempo. Wie übt man das so, dass es möglichst gleichmäßig klingt? Schwierigkeiten macht mir auch, dass beide Hände gebunden spielen müssen.
Ich würde das zu Übungszwecken mal so spielen, dass die rechte Hand führt und die dominante Stimme ist.
 
Die Stellen sich bei verschiedenen Pianisten anhören und vielleicht geistig verarbeiten ohne Klavier, meditativ, würde dir vielleicht helfen. Wenn man weiß wie es klingen soll und kann, ist zur Ausführung der erste Schritt.
 
Lieber charis,

du könntest versuchen, als ersten Schritt unisono zu spielen, erst langsam, dann allmählich ins Tempo zu bringen.

Wenn du im Tempo locker unisono spielen kannst, übst du direkt im Tempo, wie es da steht, nimmst aber erst mal nur drei Noten pro Hand. Dann vier, fünf ... . Evtl. auch mal von hinten anfangen, also erst die letzten drei Noten, dann rückwärst additiv immer eine dazu.

Das unisono ist wichtig, damit du den Fluss bekommst (Armführung!) und nicht hakelig zwischen rechts und links abwechselst. Es sind zwei strömende Linien, die horizontal verlaufen und bei denen die eine einfach später anfängt als die andere. :D

Wenn du das kannst (erst dann), kannst du das Notierte auch ganz langsam spielen und dabei hören, welche Klänge und Dissonanzen sich durch die Verschiebung ergeben (vertikales Hören).

Gib mal Rückmeldung, ob das was gebracht hat. Vielleicht klappt es ja mittlerweile sowieso schon. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe chiarina,

die Diagnose von @dilettant war schon aufgrund meiner Formulierung richtig: Es handelte sich vor allem um einen Denkfehler von mir, bzw. um eine falsche Klangvorstellung. Jetzt, wo ich die Stelle als "zwei strömende Linien" sehe, klingt es deutlich besser. Was ein wenig noch fehlt, ist Tempo (das ganze Stück soll ja in einem geradezu halsbrecherischen Tempo gespielt werden) und Gleichmäßigkeit. Da könnte jetzt Dein Übvorschlag ins Spiel kommen, für den ich mich sehr bedanke! Ich werde es auch mal ein paar Stunden so üben.

Liebe Grüße
Charis
 
(Armführung!) und nicht hakelig zwischen rechts und links abwechselst.
Genau das ist das Problem, das viele bei phasenverschobenem spielen haben. Die Ursache ist unklare Klangvorstellung gepaart mit in unnötige Details hineinhören/aufpassen (links rechts Gestocher) - für solches falsche bzw hinderliche denken/aufpassen ist da keine Zeit.

Wäre dir diese Stelle trotz hohem Tempo eine Frage wert, wenn dort einfach eine Hand gebrochene Oktaven spielen würde? (spiel das mal mit nur einer Hand!)

Wenn du Chiarinas Tipps geübt hast, dann pfeif auf "Legato-Bögen" - spiel sehr schnell und melodisch, aber non legato (!!), so ne Art weiches staccato. Je höher das Tempo, umso mehr verwischt sich der klangliche Unterschied zw dickem legato (was man ohnehin nicht bei schnellen Tönen am Klavier braucht) und akkuraten staccato: das liegt am Nachhall des Klaviers.

Zudem kann es nicht schaden, wenn du dich mit diesem "abwechselnden" spielen befasst, bei Albeniz, Debussy findest du genügend (auch deutlich anspruchsvolleres) "Trainings"material.
 
Eine ähnlich gemeine Stelle, aber mit deutlich größerem Umfang, findet sich auch bei Beethoven in der Sonate op. 27,1 im 2. Satz ab Takt 88 (im angehängten Video in einer sehr zügig gespielten Version ab 6:38 min und alternativ in einer sehr gemütlich gespielten Version ab 22:49 min - ich persönlich bevorzuge ein Tempo irgendwo dazwischen, aber näher an der schnellen Version als an der langsamen).

 


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