4. und 5. Finger oft schwächer als die anderen Finger

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Aber Achtung, du musst dafür die Finger bewegen. Eine Kopf- und Armbewegung genügt nicht.

Mit deiner Technik erreichst du das locker mit einem Armschwung nach oben, der aus der Hüfte kommt. Die Finger setzen sich dann automatisch in die richtige Position. Die Hüfte wird getragen von den Beinen und diese stehen auf der Erde. Das ist dann eine fließende Bewegung. Hoffentlich bewegen sich die Beine richtig mit, sonst geht die ganze Bewegung schief. Der Mond steht auch heute günstig das könnte was werden …:-)
 
Die nachfolgenden Aussagen werden Horowitz zugeschrieben [The Etude, March 1932, pp. 163-164]:

In my own technic, the fifth fingers (both right and left) are the basis for playing runs, chords and octaves. Great strength is necessary in the fingers, but it comes with playing, if one plays rightly, that is, musically. From the moment one feels that the finger must sing, it becomes strong. That is a quite different matter from playing exercises or etudes with mechanical repetition merely for the sake of strengthening, and saying, "I will exercise my fingers and make them strong." Such playing as this latter sort does not help.

http://www.nettheim.com/horowitz/horowitz32.html

Im Artikel erwähnt er noch zweimal die Notwendigkeit von Fingerkraft.
Zweckmäßiges Üben bringt also die notwendige Fingerkraft mit sich. Das stützt meine Vermutung, dass euch Profis gar nicht mehr auffällt, dass ihr diese Fingerkraft mal erwerben musstet und ich glaube immer noch: Wenn jemand lange falsch und unmusikalisch geübt hat, kann tatsächlich auch mangelnde Fingerkraft ein Problem sein. Allerdings sicher nicht das größte Problem für denjenigen ;)
 
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Nachtrag und Exkurs: Ich finde den Artikel insgesamt hochinteressant

http://www.nettheim.com/horowitz/horowitz32.html

und würde jedem empfehlen, diesen komplett zu lesen, der wie ich findet, dass Horowitz einer der größten Pianisten des letzten Jahrhunderts war. Für mich hatte er einen ganz speziellen Klang, den man heraushören konnte. Wenn die Überlieferung denn korrekt ist, plaudert er hier erfrischend offen über seine Technik, die ja doch eher speziell war.
Hat Gould auch einmal so freimütig über seine Technik berichtet? Weiß das jemand? Das fände ich auch sehr spannend. Für mich hatte das was von "maximaler Kontrolle auf Kosten des Körpers".
Mich persönlich faszinieren diese schillernden Gestalten etwas mehr als z.B. ein Rubinstein, der ja vermutlich eine Bilderbuch-Technik hatte, die viele Klavierlehrer gerne auch bei ihren Schülern sehen würden ...
Vielleicht schreibe ich auch Quatsch, ich bin ja nur Laie, also seid nicht so streng ;)
 
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Womöglich wäre es gescheit zu definieren, was man unter "Kraft" versteht und welche Muskelgruppen man überhaupt "stärken" will. Bei allem Respekt vor pianistischen Koriphäen wie Horowitz – war er auch ein guter Anatom? Offenbar nicht (warum auch, der konnte ja klavierspielen).

Beim Fingerhakeln oder Dosenaufschrauben braucht man auch "Kraft" in den Fingern, aber ich wette, dass dabei von den gefühlt 1001 Muskeln, die an den Bewegungen beteiligt sind, andere "gekräftigt" werden müssen als fürs Klavierspielen.

Handmuckis.GIF
https://www.dr-gumpert.de/html/uebersicht_muskulatur.html#c111142

Bis auf die lumpigen Interossei (Abb. unter 10) liegen sämtliche HANDmuskeln entweder am Daumen oder am angeblich "schwachen" 5. Finger.

Das hat doch alles nichts mit "Kraft" zu tun, sondern mit Ansteuerungsfähigkeit! Wenn bei den 08/15-Fingerübungen etwas trainiert wird, dann vor allem die Fähigkeit, Finger unabhängig voneinander zu bewegen, die normalerweise im Verbund agieren.

Mal an sich selbst beobachten: Macht die Übungen, die angeblich zur "Fingerkräftigung" dienen, mit der rechten Hand und ertastet mit der linken die Muskeln, die wirklich arbeiten. Da arbeitet im Unterarm mehr als an der Hand (anatomisch kein Wunder). Dann mal schnelle parallele Fingerübungen mit beiden Händen die Klaviatur rauf und runter spielen und sich intensiv selbst explorieren. Da arbeitet sogar die Rumpf- und Bauchmuskulatur mehr.

Mein bisheriger persönlicher Eindruck ist übrigens, dass vor allem die Schultermuskulatur "gekräftigt" wird/werden sollte, speziell der Deltoideus (komplett), der Supraspinatus und die oberen Teile des Trapezius. Am Unterarm die üblichen Verdächtigen, der Brachioradialis und seine vielen kleinen Freunde.
 
Horowitz war ja auch einer der besten Klavierlehrer der Welt ...
 
Spotte du nur :D Zeig mir mal einen, der so einen Klang hinkriegt!
Und wenn er schon bereit ist, sich öffentlich dazu zu äußern, höre ich gerne zu; ob das nun didaktisch hervorragend aufgearbeitet ist oder auch nicht ;)

Ich finde es einfach interessant, was Horowitz über Gebrauch und Bedeutung der Finger für sein Spiel sagt. Er spielte ja mit recht flacher Hand:

But if I carry my hand and wrist more nearly level, with fingers near the key, and keep the fingers extremely free in the knuckle, always feeling the tone, then I am using the suitable technic. I can practice for a long time, and I have a musical, interesting tone.

oder

The fifth finger I might call the "guide" through passages of scales or arpeggios ("runs"), chords and octaves. It is almost as if the fifth finger, with its acute sensitiveness, strength and control, taught the other fingers how to play.


Mir ging es hier nicht um Kräftigungsübungen, da ist wohl eher lexel der Ansprechpartner. Dass bei zweckmäßigem und musikalischem Üben die benötigte Kraft en passant mitentwickelt wird, das glaube ich gern.
 
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Womöglich wäre es gescheit zu definieren, was man unter "Kraft" versteht und welche Muskelgruppen man überhaupt "stärken" will. Bei allem Respekt vor pianistischen Koriphäen wie Horowitz – war er auch ein guter Anatom? Offenbar nicht (warum auch, der konnte ja klavierspielen).

Beim Fingerhakeln oder Dosenaufschrauben braucht man auch "Kraft" in den Fingern, aber ich wette, dass dabei von den gefühlt 1001 Muskeln, die an den Bewegungen beteiligt sind, andere "gekräftigt" werden müssen als fürs Klavierspielen.

Den Anhang 19616 betrachten
https://www.dr-gumpert.de/html/uebersicht_muskulatur.html#c111142

Bis auf die lumpigen Interossei (Abb. unter 10) liegen sämtliche HANDmuskeln entweder am Daumen oder am angeblich "schwachen" 5. Finger.


Das kann man aber auch anders interpretieren. Das Bild kann ja in der Form viele Details gar nicht zeigen.

Die Hauptbeugung von Finger 2-5 erfolgt hauptsächlich über Unterarmmuskeln und Sehnen, aber schau doch mal den Sehnenverlauf an:
http://flexikon.doccheck.com/de/Musculus_flexor_digitorum_superficialis
Der ist doch für Finger 4 und 5 im Vergleich zu 2 und 3 alles andere als statisch optimal. Dort ist eine Kraft-Umlenkung notwendig, beim kleinen Finger recht heftig.
Die Sehnen dort dürfen gar nicht so sehr wie bei Finger 2 und 3 und sind sicherlich auch deutlich kleiner ausgeprägt - beim kleinen Finger allein schon baugrößenbedingt ;)
Ich denke mal, auch wenn dort nur ein großer Muskel dargestellt ist, sind die Sehnen an unterschiedlich vielen Muskelbündeln aufgehangen.

Zur Unterstützung der Beugung des kleinen Fingers in der Griffbewegung zum Klavier (Stützung nach unten, Hohlhand) gibts z.B. auch solche Muskeln:
http://flexikon.doccheck.com/de/Musculi_interossei_dorsales
Davon gibts viele Muskeln in verschiedenen Bewegungsrichtungen, und die sind beim kleinen Finger vergleichsweise alles andere als groß.


Ich glaub, man schüttet hier das Kind mit dem Bade aus.
Die Profispieler wissen, wer mit Kraft im kleinen Finger spielen will, der macht vom Geamtbewegungsablauf her etwas falsch.
Daraus abgeleitet versteigt man sich in die pauschalisierende Behauptung, der kleine Finger (und Ringfinger) seien genauso stark wie alle anderen Finger.

Dem wiedersprechen sofort viele Nichtklavierspieler, und können das auch schnell mit Experimenten und Anschauung belegen. Wir können ja mal solange Gewichte an die Fingerspitzen hängen, bis sie nachgeben ;)
Ich kann Liegestütze auf Daumen/Zeigefinger oder Daumen/Mittelfinger machen, aber nicht auf kleiner Finger/Ringfinger - da wäre der Arztbesuch vorprogrammiert.
Sportkletterer nehmen sicher auch lieber Zeige/Mittelfinger als Ring/kleinen Finger.

Der kleine Finger hat als Außenfinger wegen den Griffbewegungen viele extra Muskeln (siehe Bild von Barrat), aber die sind alle sehr klein und vermutlich sprechen diese vielen seperaten Spezial-Muskeln doch eher für besonders viel Trainingseffekt - gerade bei diesem Finger - als gegen einen Trainingseffekt. Wenn ich mir manche Profiklavierspielerhände anschaue, so ist doch genau dieser Außen-Handbereich, wo diese vielen Kleinfinger-Muskeln im oberen Bild von Barrat liegen, eher überdurchschnittlich ausgeprägt. Kein Kraft-Trainingseffekt?

Wer von Kind auf kleinen Finger trainiert durch entsprechende Instrumente, der hat da sicherlich ganz andere Kraft drin - die liegt natürlich zum Teil in der besseren motorischen Verschaltung begründet, aber eben nicht ausschließlich, es gibt auch eine erhebliche Kraft-Trainingskomponente - sowohl Muskeln als auch Sehnen.
Es ist letztlich auch total egal, wie Kraftlosigkeit ursächlich entsteht: aus motorischer Verschaltung, muskulär oder Sehnenstabilität - Training wirkt doch an all diesen Komponenten gleichermaßen.

Insbesondere ältere Anfänger, die nie den kleinen Finger nutzten, haben dort sowhl motorisch verschaltet Defizite, aber auch Muskeln und Sehnen sind deutlich untrainierter. Die notwendige Stabilität für bestimmte Bewegungen ist einfach eine ganz andere.

Ob man jetzt extra Klein-Finger-Kraft trainieren sollte, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich argumentiere nur gegen die These, die oft angesprochenen Probleme mit dem kleinen Finger (gab den Thread schon paar mal) haben rein gar nix mit Kraft zu tun. Ich verstehe durchaus, dass Anfänger beim Spielen meistens zzu stark auf diese Kraftkomponente schauen / vermuten, aber eigentlich ein übergeordnetes Bewegungsproblem besteht. Aber es gibt sicherlich auch Leute, die dort stärkere Defizite als andere haben und was insbesondere von-Kindesbeinen-an-zum-Profi gar nicht nachvollziehen können.


PS: Standarddisclaimer gegen blasierte Clavio-Aggrospottereien. Ich bin weder Klavierspieler noch Handchirurg und auch kein Fußballtrainer, ich schaue nur mit Laienlogik auf ein für mich interessantes Thema.
 
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Was noch dazu kommt ist die Länge des kleinen Fingers. Da gibt es ja krasse Unterschiede.

Es gibt Pianisten da ist der kleine Finger fast so lang wie der Ringfinger. Bei mir reicht er nicht mal annähernd bis zum obersten Gelenk des Ringfingers.

Durch die jeweilige Länge ergeben sich ja jeweils andere mechanische Möglichkeiten.
 
PS: Standarddisclaimer gegen blasierte Clavio-Aggrospottereien. Ich bin weder Klavierspieler noch Handchirurg und auch kein Fußballtrainer, ich schaue nur mit Laienlogik auf ein für mich interessantes Thema.

Die Nummer mit den Liegestützen imponiert mir natürlich, Respekt! Aber diese Art von "grober Kraft" braucht man definitiv nicht fürs Klavier (Gott sei Dank ).
 
Die Nummer mit den Liegestützen imponiert mir natürlich, Respekt! Aber diese Art von "grober Kraft" braucht man definitiv nicht fürs Klavier (Gott sei Dank ).

Das glaube ich dir, habe ich aber auch nicht in Frage gestellt.
Der übergreifende, korrekte Bewegungsablauf sollte zu viel Kraftbedarf im kleinen Finger vermeiden.
Es gab aber die These, der "angeblich schwache" Finger etc., der Finger mit dem man Leute killen kann und ähnliche Übertreibungen.
Der kleine Finger ist schwächer - das ist ein Fakt, egal ob nun aus motorischen Gründen, aus Kraft oder Sehnengründen. Völlig wurscht. Und bei ungeübten Leuten ist die Diskrepanz ggf. erheblich.
These: Gerade die ersten 20% Training (beim bislang arg vernachlässigten kleinen Finger) führen zu relativ großer Wirkung. Es sollte also ggf. nicht wundern, dass beim erwachsenen Anfänger sich falsche Bwegungsmuster _und_ untrainierter kleiner Finger perfekt ergänzen, um zu vielen solchen Fäden/Problembeschreibungen zu führen. Den Absolutismus: Es ist nur die übergeordnete Bewegung, das ist wieder so eine typische clavio-Übertreibung.
 
Der kleine Finger ist schwächer - das ist ein Fakt, egal ob nun aus motorischen Gründen, aus Kraft oder Sehnengründen. Völlig wurscht. Und bei ungeübten Leuten ist die Diskrepanz ggf. erheblich.

Vorschlag zur Einigung: Der 5. und der 4. Finger sind schwächer (als die 3 anderen), aber zum Klavierspiel allemal "stark" genug?
 
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