Kleine Interessensfrage an die Cracks...

Ich bin auch kein Profi und antworte trotzdem spontan: Mein Dauerscheitern findet seit sehr vielen Jahren am 1. Satz der Pathetique (op. 13) von Beethoven statt. Das Ding sträubt sich einfach komplett gegen mich (bzw. vermutlich eher anders herum, ich sträube mich auch gegen den Satz, obwohl ich es immer wieder mal versuche). Ich vermute es liegt daran, dass ich die Pathetique im Klavierunterricht viel zu früh lernen wollte, die Klavierlehrerin das zugelassen hat und ich sie dann ganz miserabel "gelernt" habe und diese falschen Ansätze immer noch irgendwo tief drin sitzen. Die anderen beiden Sätze konnte ich einige Jahre später dann recht schnell umlernen bzw. neu richtig lernen, aber dieser verflixte 1. Satz...
Klar, dieser Satz ist definitiv nicht leicht zu spielen, aber ähnlich schwere Stücke fallen mir ansonsten viel leichter als dieser konkrete Sonatensatz.
 
Bitte schüttelt jetzt nicht den Kopf über mich, sondern freut euch, dass ihr keine schwere Mozart-Depression habt!

Ich beneide Dich eher um die differenzierte Wahrnehmung. Wobei es eigentlich Unsinn ist das zu tun, im Grunde ist es doch viel besser, Unzulänglichkeiten nicht zu bemerken. Es gibt mehr Musik an der man sich freuen kann. In mir steckt wohl doch ein Perfektionist ;-)

Nachtrag: Da fällt mir gerade auf, den Mozart Sonaten konnte ich nie etwas abgewinnen, vielleicht liegt es gar nicht an der Musik, sondern an den Interpretationen die ich kenne. Ich werde mir eine Aufnahme von Clara Haskil besorgen.
 
Bin jetzt auch kein Crack und kein Profi.
Das schwerste Stück, das ich angefasst habe, war ohne jeden Zweifel mit Abstand die Wandererfantasie von Schubert und zwar in allen Belangen.
Ich habe auch die Chopin-Balladen 1 und 2 gespielt und Revolutionsetüde, den ersten Satz der Appassionata, den 3. aus Prokovievs 7. Sonate, Liszt St. Francois de Paule, Funerailles, Rondo capriccioso von Mendelssohn, Op. 23 Nr. 5 von Rachmaninow, Pathétique - ging alles zumindest so, dass ich das ich sag mal im halböffentlichen Kreis auch mal präsentieren konnte.

Die Wandererfantasie war meiner Meinung nach aber eine andere Liga als all die anderen Sachen und hat mir nicht nur implizit, sondern mit dem Zaunpfahl meine Grenzen aufgezeigt.

Eigentlich im ungefähr gleichen Schwierigkeitsgrad wie die oben genannten Stücke liegt für meine Begriffe die Mondscheinsonate, da habe ich aber auch beim dritten Satz total versagt.
 
Und wer kennt das nicht? Wenn der Frust am größten ist, liegt der Erfolg oft in greifbarer Nähe. Gerade wenn man überlegt, das Töpfern oder Malen ja auch schöne Hobbys sind, sollte man einige Tage das Stück mit den unliebsamen Stellen einmal ruhen lassen. Wenn bis dahin systematisch richtig und gut geübt wurde, verschalten sich Synapsen quasi über Nacht, wie die Hirnforschung lehrt. Und wie oft passiert es dann, o Wunder, das zwei Tage darauf die "kritische Stelle" mit Leichtigkeit läuft.
Und wenn nicht, hilft ein qualifizierter KL die evtl. vorhandenen Defizite zu erkennen und nachzulernen. Mitunter aber frustieren sich Klavierspieler dadurch, dass sie selbst zum verrecken ein Stück spielen wollen, dem sie (noch) nicht gewachsen sind. Da helfen die Tugenden Fleiss, Disziplin und Geduld. Ein hohes Ziel motiviert. Und noch etwas: gute Musik gut zu interpretieren, hängt nicht am Schwierigkeitsgrad des Werks. Lieber ein technisch einfacheres Werk richtig gut spielen, als bei der Revolutionsetüde im 3. Takt herauszufliegen...;-)
 
Eigentlich im ungefähr gleichen Schwierigkeitsgrad wie die oben genannten Stücke liegt für meine Begriffe die Mondscheinsonate, da habe ich aber auch beim dritten Satz total versagt.

Hmm, der dritte Satz der Mondscheinsonate ist eigentlich, im Vgl. zur Appassionata, der Wandererfantasie oder der 7. Prokofjewsonate "leicht". Es gibt auch nur zwei technische Probleme: Schnelle Albertibaesse und "kleine" Arpeggien. Wenn man die kann, ist der Satz nicht so schwierig.

Ich bin immer zufrieden, wenn ich Fortschritte an einem Stueck mache. Im Konzert ist es trotzdem nicht so, dasz wirklich geglueckte Interpretationen garantiert sind. Aber es gibt immer wieder Momente, die man als gelungen empfindet, aber eben auch das Gegenteil.
Ich huete mich allerdings davor, ein Stueck, das ich nicht verstehe oder manuell nicht kann, in einem Konzert vorzuspielen.
Ich habe jetzt allerdings kein Stueck, das ich dringend im Konzert auffuehren will und zugleich aber ueber Jahre "nicht kann". Ich glaube, dasz ich, wenn ich es nicht spielen kann, es auch musikalisch nicht verstehe und daran die Lust verliere. Bei Profis mag das anders sein, da sie manchmal bestimmte Stuecke spielen "muessen", aber ich bin da ganz frei.
 
Hmm, der dritte Satz der Mondscheinsonate ist eigentlich, im Vgl. zur Appassionata, der Wandererfantasie oder der 7. Prokofjewsonate "leicht". Es gibt auch nur zwei technische Probleme: Schnelle Albertibaesse und "kleine" Arpeggien. Wenn man die kann, ist der Satz nicht so schwierig.

Beides nicht meine Stärke. Ich fand den dritten Satz aus der Prokofiev-Sonate z.B. auch manuell leichter, als so eine Chopin-Ballade. Sprünge liegen mir halt mehr. Bei der Mondscheinsonate hat meine (ehemalige) Klavierlehrerin mir mangelnde Erfurcht beim Einüben unterstellt. Vielleicht hat sie Recht, den Satz habe ich aber leider wohl für immer versaut.
 
Bei der Mondscheinsonate hat meine (ehemalige) Klavierlehrerin mir mangelnde Erfurcht beim Einüben unterstellt. Vielleicht hat sie Recht, den Satz habe ich aber leider wohl für immer versaut.

Seltsam, Dir gefaellt anscheinend die Mondscheinsonate, aber Du hast "mangelnde Ehrfurcht", was soll das denn heiszen? Wenn man die Arpeggien und Albertibaesse in der geforderten Geschwindigkeit nicht schon vorher kann, ist etwas Geduld gefordert, die richtigen Bewegungen einzuueben. Allerdings ist das nicht so schwierig: Keine Oktavspannung in der rechten Hand, selbige ist immer in Bewegung, musz die richtigen Schwerpunkte setzen und ist zum Glueck eigentlich nie laut. Bei den Albertibaessen sind auch nicht alle Toene gleich laut, die richtigen Schwerpunkte erleichtern das Ganze erheblich. Dies musz man erst einmal langsam ueben, um sich alles klar zu machen, dann mit Stationsuebungen die Geschwindigkeit steigern. Auch bei den Staccatoachteln links ist man am besten ganz durchlaessig.
Es ist fuer mich schwer vorstellbar, dasz jemand den dritten Satz der 7. Prokofjewsonate leichter findet als die Mondscheinsonate. Bei der Ballade ist natuerlich die Technik sehr "vielgestaltig", jedenfalls im Vgl. zu Prokofjew oder Mondschein, aber es gibt einige Stellen "zum Ausruhen" und nicht alles ist sehr schwer.
Also vielleicht fehlt es eher an Geduld als an Ehrfurcht und eher an der richtigen Uebetechnik/Zielvorstellung?
 
Seltsam, Dir gefaellt anscheinend die Mondscheinsonate, aber Du hast "mangelnde Ehrfurcht", was soll das denn heiszen? Wenn man die Arpeggien und Albertibaesse in der geforderten Geschwindigkeit nicht schon vorher kann, ist etwas Geduld gefordert, die richtigen Bewegungen einzuueben. Allerdings ist das nicht so schwierig: Keine Oktavspannung in der rechten Hand, selbige ist immer in Bewegung, musz die richtigen Schwerpunkte setzen und ist zum Glueck eigentlich nie laut. Bei den Albertibaessen sind auch nicht alle Toene gleich laut, die richtigen Schwerpunkte erleichtern das Ganze erheblich. Dies musz man erst einmal langsam ueben, um sich alles klar zu machen, dann mit Stationsuebungen die Geschwindigkeit steigern. Auch bei den Staccatoachteln links ist man am besten ganz durchlaessig.
Es ist fuer mich schwer vorstellbar, dasz jemand den dritten Satz der 7. Prokofjewsonate leichter findet als die Mondscheinsonate. Bei der Ballade ist natuerlich die Technik sehr "vielgestaltig", jedenfalls im Vgl. zu Prokofjew oder Mondschein, aber es gibt einige Stellen "zum Ausruhen" und nicht alles ist sehr schwer.
Also vielleicht fehlt es eher an Geduld als an Ehrfurcht und eher an der richtigen Uebetechnik/Zielvorstellung?

Jo falsche Übetechnik und mangelnde Geduld aus einer "ach das krieg ich locker hin"-Haltung heraus.
 
Welches Stück habt/empfindet ihr immer noch als so schwierig, daß ihr bis heute unzufrieden seid mit eurer Interpretation, weil ihr das Gefühl habt ihr erreicht weder musikalisch noch technisch die Vorstellung oder Idealversion die ihr im Ohr habt?
Schumann: Vogel als Prophet.
Manchmal bin ich nah dran, aber nie bin ich zufrieden. Vielleicht hält aber genau das ein Musikstück für einen selbst am Leben.
 

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