Durchgefallen (D-Prüfung)

Wenn man mit der rechten Hand Sopran und Alt spielt und mit der linken Tenor, dann kommt es an manchen Stellen mit dem Gebunden-Spielen nicht hin. Da kann man noch so sehr Fingersatz-Tüftelei betreiben; es kommt einfach an vielen Stellen nicht hin, wenn man nicht gewisse Noten oder Passagen der Altstimme stellenweise mit der linken Hand spielt. Jedenfalls nicht alles so schön gebunden, wie es sein soll.
@Dorforganistin: wie machst Du das z. B. bei EG 330 mit dem Übergang von der 5. zur 6. Note (Sopran und Alt)? Wie kriegst Du das gebunden hin?

Ich habe mir das nochmal angeschaut. Einfache Antwort:
1. gebunden ist nicht immer "schön"
2. Gar nicht. Ich würde mit dem Daumen springen. Dann ist der Alt eben nicht gebunden. Von der singenden Gemeinde hört das keiner, wie auch? Das bekommt man - wenn es elegant gemacht ist - nur mit, wenn man hinter einem Orgelschüler steht, auf die Tasten schaut und etwas zu mäkeln finden will.

Was macht deine Lehrerin denn, wenn sie selbst einen Gottesdienst begleitet? Fände ich interessant, wie sie vormacht, was sie da verlangt.

Hier gibt es einen lesenswerten Artikel von Wolfgang Rübsam: http://www.trierer-orgelpunkt.de/ruebsam.htm
Der legt zwar Fingersätze fest, ist aber konsequent gegen Legatoorgien, selbst bei romantischem Repertoire. Das macht er offenbar mit großem Erfolg seit Jahren so. Ich bin im Detail an einigen Stellen auch skeptisch, was das klangliche Ergebnis angeht, aber er dürfte in vielen Punkten nicht so falsch liegen.

Über Herrn Duprés Bachspiel kann man sich recht gut anhand von Aufnahmen ein Bild machen. Ich nehme mal zwei wenig gelungenge Beispiele:
Hier viel zu schnell und etüdenhaft herunterspielt:
View: https://www.youtube.com/watch?v=6ikTnFqbLps

und hier viel zu statisch und völlig tot:
View: https://www.youtube.com/watch?v=E4HWggYFfdk

Ihm kommt sicher der Verdienst zu, den kompletten Bach erstmalig im Konzert gespielt zu haben, eine Pionierleistung. Allerdings würde er mit solchen Interpretationen heute keinen Blumenpott mehr gewinnen. Seine Technik war natürlich darauf aus, genau dieses klangliche Ergebnis zu erzielen. Ein Grund für mich, mit seinen Fingersätzen sehr vorsichtig zu sein.
 
Hallo Lorinaja, das ist ja grotesk, dass du für ein Kirchenlied 2 Monate üben musst. Geht gar nicht. Üben soll man vernünftige, gottesdienstgeeignete Literatur. Ich würde dringend dazu raten, Harmonielehreunterricht zu nehmen. Wenn Du da fortgeschritten bist, kannst du diese ausgeschriebenen Orgelbücher einmal nehmen, und Analysen machen, wie da harmonisiert wurde. Dann kannst du auch selbst harmonisieren, und zu Beginn Akkordkurzbezeichnungen, faktisch "Leadsheets" über die Melodie schreiben, und dir auch gute Anregungen aus diesen Orgelschwarten holen: manchmal haben die ganz witzige Einfälle. Also: Alles auf Kadenzen einstellen, in allen Lagen, dann Umkehrungen, dann Nebendreiklänge, Septakkorde, Sixte ajoutees, und, ganz wichtig: Zwischendominanten und Doppeldominante, und so fort.
Erst werden dich die Stimmführungsregeln ein bisschen bremsen und ärgern, aber ich habe es noch nie erlebt, dass Regenschirme und Handtaschen auf die Orgelbühne geflogen kamen, weil in Takt 7 eine Quintparallele war..;-). Wenn Du dann zur Prüfung idiotischerweise aus dem Orgelbuch spielen mußt, dann mach Dir diese, dir dann inzwischen bekannten Akkordsymbole einfach über diesen vierstimmigen Satz...;-) Und noch ein Vorteil beim Harmonielehreunterricht: er bildet die Basis auch für das freie Improvisieren. Ohne zu üben, spielst'e da rasch mal ein Gottesdienstvorspiel aus dem Ärmel. Die Melodie dazu kannst du dir ja auf der Treppe zum Orgelaufgang überlegen, oder du lehnst dich an ein Choralmotiv an.
 
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@Beate hattest du mittlerweile schon wieder Unterricht und hattest Gelegenheit, das Thema mit deiner Lehrerin zu besprechen? Würde mich irgendwie interessieren, was sie gesagt hat.:-)
 
Ich hatte Lanka Divore schon per PN geantwortet, aber wenn die Antwort noch mehr Leute interessiert, schreibe ich sie jetzt auch ins Forum:
Sie hat gesagt, dass wir uns jetzt erstmal schwerpunktmäßig auf Choräle konzentrieren und einen nach dem anderen drannehmen. Sie meinte, dass ich es dann mit der Zeit immer schneller hinkriege, wenn ich mehr und mehr Übung im Lesen der 4-stimmigen Sätze bekomme. Mit weniger Fingersätzen möchte sie
noch nicht arbeiten, aber sie meint, dass das noch kommt und dass ich irgendwann dann auch ohne Fingersätze auskomme.

Liebe Grüße von
Beate
 
Tja, und genau das ist methodisch völlig FALSCH.

Eine Kompetenz und Routine im Umgang mit Fingersätzen bekommt man nur, wenn der Lehrer eben NICHT ständig Fingersätze hinschreibt, sondern der Schüler die Fingersätze SELBST herausfinden und erspüren muss und nur in Ausnahmefällen (besonderer "Fingersatz-Kniff", auf den der Schüler nicht selbst kommt, oder wenn der Schüler sich was sonst nicht merken kann) der Fingersatz drübergeschrieben wird.

Diese Fingersatz-Schreiberei ist Kennzeichen eines letztlich faulen Unterrichts, bei dem der gänzlich unzweckmäßige Grundgedanke herrscht "Hauptsache, ich kriege es hin, dass der Schüler das Stück möglichst schnell richtig spielen kann."
 
Da sollte man wohl bei den Ausbildungsphasen etwas differenzieren. Zu Beginn muss der Schüler ja zunächst einmal vorbildliche Muster für Fingersätze, und das Spektrum von Fingersatzmöglichkeiten kennenlernen, was mit pianistischen Grundkenntnissen ja nun einmal einhergeht. Typische wiederkehrende Baulelemente in der Musik, wie Tonleiterabschnitte, Arpeggien, etc. gehören zu einer gewissen Topik, also den typischen wiederkehrenden Elementen, für die es sinnvoll ist, Fingersatzmuster zu kennen. Desgleichen gilt für Trillerfiguren. Ansonsten käme zum Beispiel ein Schüler nicht gleich darauf, einen B-Dur-Lauf in der Regel besser mit 2 statt mit 1 zu starten, etc,. Nach einer ersten Phase des Erlernens von Mustern, bzw. Modellen für "elegante" Fingersätze, muss dann, und da ist Hasenbein unbedingt zuzustimmen, der Schüler die Aufgabe erhalten, selbst Fingersätze zu entwerfen, die mit dem Lehrer gründlich durchgesprochen und verbessert werden. Ansonsten entsteht eine ungebührliche Abhängigkeit vom Lehrer, die den Zielen eines soliden Klavierunterrichts niemals entsprechen kann. So lernt der Schüler im Laufe der Jahre selbst und selbständig Klavierwerke auch im Hinblick auf die Fingersätze zu erarbeiten.
 
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Da sollte man wohl bei den Ausbildungsphasen etwas differenzieren. Zu Beginn muss der Schüler ja zunächst einmal vorbildliche Muster für Fingersätze, und das Spektrum von Fingersatzmöglichkeiten kennenlernen, was mit pianistischen Grundkenntnissen ja nun einmal einhergeht. Typische wiederkehrende Baulelemente in der Musik, wie Tonleiterabschnitte, Arpeggien, etc. gehören zu einer gewissen Topik, also den typischen wiederkehrenden Elementen, für die es sinnvoll ist, Fingersatzmuster zu kennen. Desgleichen gilt für Trillerfiguren. Ansonsten käme zum Beispiel ein Schüler nicht gleich darauf, einen B-Dur-Lauf in der Regel besser mit 2 statt mit 1 zu starten, etc,. Nach einer ersten Phase des Erlernens von Mustern, bzw. Modellen für "elegante" Fingersätze, muss dann, und da ist Hasenbein unbedingt zuzustimmen, der Schüler die Aufgabe erhalten, selbst Fingersätze zu entwerfen, die mit dem Lehrer gründlich durchgesprochen und verbessert werden. Ansonsten entsteht eine ungebührliche Abhängigkeit vom Lehrer, die den Zielen eines soliden Klavierunterrichts niemals entsprechen kann. So lernt der Schüler im Laufe der Jahre selbst und selbständig Klavierwerke auch im Hinblick auf die Fingersätze zu erarbeiten.

Grundsätzlich kann man sagen: Wenn man mit einem Lehrer ein Stück durchnimmt, und der Lehrer krickelt alles voll mit Fingersätzen (oder nimmt Noten, in denen überall ausführliche Fingersätze stehen), dann ist (ich versuche mich moderat auszudrücken...) zumindest dieser Teil des Unterrichts schlecht, und die Wahrscheinlichkeit, dass auch sonst in seiner Methodik nicht alles so doll ist, ist hoch.
 
Ja genau, die 7-8-9- Jährigen sollen die stummen Wechsel und Repetitionen mit alternierenden Fingern gefälligst ( nach Gehör natürlich) selbst herausbekommen, ansonsten sollte man den KL vor den Kadi zerren, so eine Niete...
 

Schade, ich dachte, wir hätten alle sehr deutlich gesagt, dass wir genau diese Fingersätze für das Hauptproblem halten. Und jetzt geht es weiter so... Hoffentlich haben wir uns da geirrt...sonst ist die nächste Ernüchterung vorprogrammiert.
 
Tja, bei manchen Leuten redste gegen die Wand. Und anschließend wird gejammert.
 
Es gibt in vielen Bereichen nicht nur eine einzig richtige Herangehensweise.Meine Lehrerin ist super-engagiert und ich musste auch schon selbst Fingersätze schreiben, die sie zu Hause nachgeguckt und korrigiert hat.Dadurch dass ich erstmal die Fingersätze vorgesetzt bekommen habe, kriege ich nach und nach immer mehr ein Gefühl dafür, wie man es am praktischsten macht. Meine Orgellehrerin hat mir eine solide Grundlage gegeben, von der aus man dann weitermachen kann (selbst Fingersätze schreiben, mit der Zeit weniger schreiben, irgendwann ohne auskommen). Das ist vergleichbar mit Kindererziehung: erst soll man den Kindern Wurzeln geben, dann Flügel. Wenn Ihr andere Vorgehensweisen richtig findet, dann ist das ja in Ordnung; viele Wege führen nach Rom, nicht jede Methode ist für alle Menschen gleich gut oder schlecht geeignet.So wie meine Orgellehrerin es macht, ist es mindestens für mich richtig und völlig nachvollziehbar. Dass da jemand etwas von "faul"geschrieben hat, ist total daneben, denn sie ist das Gegenteil von faul. Sie ist hochmotiviert, ihren Schülern alles gut und richtig beizubringen.
 
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Mit den Fingersätzen ist es so eine zwiespältige Angelegenheit.
Ich schreibe nur in Ausnahmen mal was in die Noten rein. Dadurch bleibt man fexibel. Wenn man gute Musik machen will, muss man locker bleiben. Da sind diese mit Fingersätzen vollgemalten Vorlagen hinderlich. Und wenn Hasenbein jetzt rummeckert, wandert er demnächst bei mir in die Bratpfanne :super:
Gruß altermann
 
Ich würde auch nicht sagen faul. Hasenbein war mal wieder in der Formulierung mehr als direkt, kennen wir ja. In der Sache kann ich es teilweise nachvollziehen. Es gibt durchaus Klavierlehrer, die die Unterrichtszeit damit herumbringen, einem Schüler die eigenen Fingersätze in die Noten zu schreiben statt wirklich etwas anzubieten und musikalisch zu arbeiten. Da geht die Stunde natürlich schnell vorbei, besonders, wenn man selbst noch anfängt nach Fingersätzen zu suchen.

Ferndiagnosen sind immer schwierig. Möglicherweise weiß es deine Lehrerein einfach nicht besser. Ich habe keine Ahnung, über welche Qualifikation sie verfügt und aus welcher Schule sie kommt, aber einige der von dir geschilderten Punkte machen eben stutzig. Nicht jeder Kirchenmusiker hat auch Instrumentalpädagogik studiert und das Methodenrepertoire und die Relexionsfähigkeit zu überlegen, was das Problem sein könnte und dann alternative Strategien zu entwickeln.

Was ich nicht so ganz verstehe: Mit der angewandten Methode gab es offenbar ein Problem. Das hast du gesehen und hier nachgefragt. Relativ übereinstimmend haben hier mehrere Fories auf das gleiche Problem der Fingersätze hingewiesen, dabei eben auch Leute, die schon einige C-Kurs Schüler durch die Prüfung gebracht haben. Bei aller Methodenvielfalt: Es gibt eben auch Sachen, wo man relativ sicher sagen kann, dass sie eher seltener zum Erfolg führen. Aber wenn es eben nicht erfolgreich ist, muss man anfangen zu überlegen. Jetzt sagst du einfach, nee, die Methode ist die richtige, obwohl es im Ernstfall nicht geklappt hat und machst weiter so. Das ist ganz klar deine Entscheidung, aber dafür hättest du nicht hier fragen müssen. Klar, ein grundsätzlicher Methodenwechsel ist ein Schritt aus der Komfortzone. Das muss jeder wissen, ob er den gehen will. Vielleicht kannst Du aber auch verstehen, dass der eine oder andere etwas befremdet ist, nachdem sich eben doch einige relativ viel Mühe mit umfangreichen Antworten gemacht haben.

Ich hoffe, du hast für dich die richtige Entscheidung getroffen und es klappt beim nächsten Anlauf besser.

Schöne Grüße
 
Vielen Dank für Eure Beiträge! Axel, wenn Du guckst, mit welcher Frage ich diesen Thread hier begonnen habe, siehst Du, dass ich nicht nach der Methodik gefragt habe. Ich fand es trotzdem interessant, hier einiges darüber zu erfahren. Das, was mir meine Orgellehrerin über ihre Vorgehensweise mit den Fingersätzen gesagt hat, erscheint mir sehr plausibel. Für mich kommt ein Lehrerwechsel überhaupt nicht infrage. Ich mache es zur Zeit so, dass ich einfach zusätzlich zu dem, was wir im Unterricht machen, jeden Tag ein paar Choräle "durchspiele" , wo noch keine Fingersätze notiert sind. Das ist ein gutes Nebenbei- Training.
 
Wenn wir schon beim Thema "Fingersätze" bei der Choralbegleitung sind:

Das skurrilste Erlebnis in diesem Zusammenhang war der Besuch einer Kirche an einem Urlaubsort in Salzburg:

Eine Konzertfach-Organistin, die an diesem Tag die Abendmesse spielen sollte, war dabei, sich bei der Sanctus-Strophe der Schubert-Messe (GL 711/5) für so gut wie jede Note einen Fingersatz (!) einzutragen.

Da muss ich insbesondere an P. Planyavsky seinerseitigen Ausspruch denken: "Ein (reiner) Konzertorganist ist wie ein Chemiker in einer Apotheke".

Johannes
 
Fingersätze bei Chorälen sind natürlich ein Witz, da darf ich auch meinen Beitrag hier oben dahingehend verstanden wissen, dass sich die erläuterte Modell-Methode auf jede andere Literatur bezieht.
Habe den Kontext hier mit Kirchenliedbegleitung nicht hinreichend berücksichtigt. Da bleibt es dabei, in Harmonien zu denken, Kadenzen und Lagenwechsel, Umkehrungen, etc intensiv zu üben, und Fingersätze natürlich komplett zu vermeiden. Ziel kann nur sein, die ausgeschriebenen Sätze maximal als Anregung, aber besser noch als Anfeuermaterial im Kamin einzusetzen...;-)
 
Viel entscheidender als (richtige) Fingersätze ist die richtige Akzentuierung und Führung des Gemeinde-Gesanges bei der Choralbegleitung: Dies insbesondere, als dies stets in Abhängigkeit vom gesungenen Text zu erfolgen hat. Eine 2. Liedstrophe ist daher stets anders als die 1. Liedstrophe zu begleiten.

Eine in der Choralbegleitung völlig ungeübte Konzert-Organistin, die meint mit richtigen Fingersätzen bei der "Heilig-Strophe" der Schubert-Messe das Auslangen zu finden, ist mE völlig daher falsch unterwegs.

Johannes
 

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