Wie hoch darf der Perfektionsanspruch an die Schüler sein?

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Sabri

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Die eine möchte Musik auf Lehramt studieren und braucht Klavier als Zweitinstrument. Im Moment hat sie nicht so viel Zeit (Abitur) und kann sich sowieso keinen richtigen Unterricht leisten.
Bei ihr kann ich aber davon ausgehen, dass sie die Sachen die wir machen nicht nur "so larifari" spielen möchte und sich auf alles einlassen wird, was ich ihr vorschlage.

Würdet ihr da auch gleich alles ganz genau machen, obwohl sie wenig Zeit fürs Klavierspielen hat? (dann würde man ja relativ langsam vorankommen, ich halte es aber trotzdem für das Beste)

Ich würde wahrscheinlich alles etwas straffen, also mehr auf Technik und Theorie arbeiten, als an komplizierten Stücken. Wenn jedem Üben allein zehn Minuten Fingerübungen oder Etüden vorangeht, ist das schonmal die beste Übung für spätere Stücke, auch wenn ihr selber nicht dazukommt, oder nur zu wenigen. Immerhin braucht sie ja eine Vorbereitung zur Selbsterarbeitung.



Die andere ist jetzt 15.
Sie erzählte mir, dass sie sich etwas anspruchsvollere Stücke gewünscht hatte (und dann nur eins) und stattdessen mehrere einfache aufbekommen hat. Ihr Hauptproblem ist, dass sie keine Lust zum üben hat.
Das Niveau steht ungefähr bei den ganzen Heumannbearbeiten von z.B. "Entertainer" etc.

Wie würdet ihr es hier machen?
Einfach "grob" bearbeiten und Tips geben, wie man sie es üben könnte, um es noch besser zu machen (aber eben nur, wenn die lust da ist) und dann mit dem nächsten anfangen?

Hm... Solche Schüler habe ich auch, und mit denen ist es wirklich am Schwierigsten. Mit einer spiele ich nun seit einem halben Jahr Stücke auf immer dem gleichen Niveau, in der Hoffnung, sie gibt sich endlich einen Ruck und übt mal, damit sie etwas weiterkommt. Vielleicht kommt es darauf an, was sie mit ihrem Klavierspielen anfangen will - einfach nur so "klimpern" und mal hier, mal da ein bißchen spielen, oder ist das Ziel etwas anspruchsvoller? In ersterem Fall würde ich ihr recht viel Freiheit einräumen und mit ihr alles so gut erarbeiten, wie es eben klappt. In letzterem Fall würde ich ihr freundlich sagen, daß sie sich mal hinsetzen und üben muß, um wenigstens einen Schritt weiter zu sein, auch wenns jetzt mal eine zeitlang schwierig wird.
(Hürden-/Leitermethodik)
 
Ich würde mich nicht trauen, eine angehende Musikstudentin zu unterrichten, besonders, wenn ich erst einen Schüler hatte.
 
@asmis: Danke für deine Antwort!
Die "Problemschülerin" ist eindeutig der erste Fall: Also nur für den eigenen Bedarf ein bisschen klimpern.

@Livia: Sie will ja a)nur auf Lehramt studieren (und wenn ich bedenke, dass ich in der O-Stufe schon besser spielen konnte als die Musiklehrer, kann das wohl nicht all zu schwer sein) und b) wäre Klavier bloß Zweitinstrument.

Sie hatte erst überlegt, ob sie überhaupt irgendwo Unterricht nehmen soll, da sie für die "normalen" Preise zusätzlich arbeiten gehen müsste und sich der Aufwand dann insgesamt nicht lohnen würde, da sie momentan kaum Zeit zum Üben hat.
Wenn dieses Mädchen mit mir nicht zufrieden ist, kann sie es ja immer noch sagen ;)
Außerdem hatte ich meine Lehrerin mal diesbezüglich (Unterricht) angesprochen und sie hat mir grünes Licht und, wenn nötig, ein Angebot auf Hilfestellung gegeben.

lg
 
Man Sabri, hört sich an wie Jack London oder noch besser Joseph Conrad.
Glaubst Du wirklich, was du so erzählst?
Bitte nicht wieder löschen is nicht bös gemeint.

Gruß Chief
 
Hallo!
Würdet ihr da auch gleich alles ganz genau machen, obwohl sie wenig Zeit fürs Klavierspielen hat? (dann würde man ja relativ langsam vorankommen, ich halte es aber trotzdem für das Beste)

Hallo Sabri,

ich antworte Dir mal aus der Sicht der Schülerin.

Auch ich habe nicht immer alle Zeit der Welt zum Üben, da ich voll berufstätig und auch ansonsten sehr eingespannt bin. Aber ich bin motiviert! Na ja, und ich versuche mir natürlich auch so viel Zeit wie möglich abzuzwacken...

Ich bin mit der Vorgehensweise meines Lehrers sehr zufrieden und der macht es wie folgt:
Im Großen und Ganzen erarbeiten wir alles (ganz) genau, es sollen sich ja keine grundsätzlichen Fehler einschleichen. Meist bekomme ich zu jedem neuen Thema ein paar kleine Übungsstücke. Merkt der Lehrer, dass ich das Thema prinzipiell verstanden und auch umgesetzt habe, aber es ein paar kleine Stellen gibt, wo ich es (übungsbedingt) nicht 100% richtig mache, ist er nicht päpstlicher als der Papst und wir gehen weiter... Viele Dinge tauchen ja auch immer wieder auf und festigen sich dann. Oft spiele ich nach ein paar Wochen eine Übung, die vorher nicht richtig saß und plötzlich klappt es.

Ich finde die Methode eigentlich ganz gut. Wenn ich ALLES 100% richtig spielen müsste (Noten, Tempo, Dynamik, Anschlag, Haltung etc.) hätte ich einige Übungen (im Verhältnis zu meiner tatsächlich vorhandenen Übungszeit) so lange spielen müssen, bis sie mir zu den Ohren wieder herausgekommen wären - nicht sehr motivierend. Darüber hinaus können sich doch auch einige Dinge erst im Laufe der Zeit entwickeln...

Bei „größeren“ Stücken (von denen ich bisher nicht wirklich viel gespielt habe, bei meinem Status zählen da schon 2 Seiten zu ;-) ) ist meine eigene Motivation auch sehr hoch, auch nach der Behandlung im Unterricht, das Stück nicht abzuhaken, sondern noch zu verfeinern“.

Dazu muss ich aber sagen, dass ich ja Hobbyspielerin (Anfänger) bin und die Ansprüche nicht die sind, dass ich irgendwann mal große Konzertsäle fülle... Für mich ist es wichtiger, die Zeit, die ich spiele Freude zu haben, als mich jahrelang mit „zu quälen“, nur um irgendwann ein hohes Level zu erreichen. Bitte nicht falsch verstehen - ich bin schon ehrgeizig und möchte auch vorankommen!!!

Ich denke, die erste Schülerin (Abiturientin), die das Klavierspiel ja halbwegs professionell benötigt und sie ja auch (unabhängig von Zeit und und Geld) sehr gewillt ist, wird sich die Zusammenarbeit und das Fortkommen nach 2-3 Stunden sehr gut „von selbst“ einpendeln.

Bei der zweiten Schülerin habe ich jetzt schon Mitleid mit Dir! Ich würde das Problem offen ansprechen und ggf. probehalber mal ausprobieren mit einem anspruchsvollerem Stück. (Vielleicht gibt es ja ein Stück, dass für sie anspruchvoll wirkt, aber ihrem Niveau entspricht?) Vielleicht fehlte ihr ja bisher die Motivation zu üben, weil sie immer Dinge spielen musste, die sie nicht mochte? Nach Erarbeitung des ersten Stückes würde ich dann mit Ihr das Spiel analysieren: ist sie zufrieden mit dem Stand der Dinge, bist Du es? Wie fahrt Ihr fort? Vielleicht klappt es ja so besser oder die Schülerin sieht noch konkreter, dass sie ohne Üben nicht weiterkommt (und will ggf. wieder selber einfachere Sachen spielen).

Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Glück, Erfolg und Spaß bei der Sache!

LG pianina
 
Es kommt auf jeden Fall auf die Ansprüche der Schüler an. Wenn jemand perfekt werden will, muß man ihn auch daran erinnern und notfalls vor die Wahl stellen - perfekt werden und entsprechend üben oder den Anspruch herunterschrauben. Das ist natürlich ein Extrembeispiel. Auf jeden Fall mußt du wissen, was notwendig ist, um die Ziele der Schüler zu erreichen, denn das fällt in deinen Verantwortungsbereich. Wenn ein Schüler nicht bereit ist, entsprechend dafür zu arbeiten, mußt du ihm halt sagen, daß es so nichts werden wird. Die Entscheidung trägt dann wieder der Schüler.
 
Sie will ja a)nur auf Lehramt studieren (und wenn ich bedenke, dass ich in der O-Stufe schon besser spielen konnte als die Musiklehrer, kann das wohl nicht all zu schwer sein
Bist du so wahnsinnig gut, oder sind eure Musiklehrer so schlecht?
Also unsere Musiklehrer können jedenfalls sehr gut Klavier spielen.
 
Ich würde mal drauf hoffen, dass der 2. Fall eines tages zu ihnen agt: "So, ejtzt spielen wir aber mal was schweres". Und falls da nicht funktioniert, sag' es einfach selbst zu ihr.
 
Danke für eure Antworten!
Ich werde mich wohl einfach total nach den Wünschen der "Schüler" richten und vorher nochmal genau abklären, was sie sich vorstellen.

Übertreibe es nicht! Gerade jüngere Schüler (andere auch) brauchen Lehrer, vor denen sie Respekt haben. Du mußt dich also auch mal durchsetzen, wenn es um nicht so bequeme Dinge geht. Schüler werden es dir nicht danken, wenn du alles hin nimmst, junge Menschen haben sogar die Tendenz, auszuprobieren, wie weit sie gehen können. Und wenn ein Schüler sich aufs Studium vorbereitet, wird er den einen oder anderen Tritt in den Hintern sogar erwarten. Das richtige Mittelmaß mußt du natürlich herausfinden, vermutlich für jeden Schüler neu.
 
Hallo Sabri,

hast Du in der Zwischenzeit schonmal eine der Schülerinnen unterrichtet?
Wenn ja, wie waren Deine ersten Eindrücke?

Liebe Grüße; pianina
 

Hallo pianina!

Da ich leider krank war (bin :? ), mussten wir die Sache auf die Ferien verschieben.
Anfangen werde ich aber mit der, die eigentlich keine Lust hat ;)
Da es die Schwester meiner Freundin ist und ich öfter mal zu Besuch bin, dachte ich, dass man vielleicht auch erstmal ohne richtigen Termin einfach ein wenig "klimpert". Davon erhoffe ich mir, die Situation etwas besser einschätzen zu können (mit sowas den Anfang zu "legen" ist wohl besser, als wenn ich ankomme und sage "Deine Mutter und deinen Schwester(n) sagen, dass...")

Wenn es soweit ist, berichte ich.

lg,
Sabri
 
@asmis: Danke für deine Antwort!
@Livia: Sie will ja a)nur auf Lehramt studieren (und wenn ich bedenke, dass ich in der O-Stufe schon besser spielen konnte als die Musiklehrer, kann das wohl nicht all zu schwer sein) und b) wäre Klavier bloß Zweitinstrument.

lg

Also, ich kann mich erinnern, dass ich mal eine Schülerin auf die Klavier (2. Fach) Aufnahmeprüfung für Lehramt vorbereitet habe - und sie hat Präludium & Fuge F-Dur 1. Band und noch einen Sonatensatz von Mozart gespielt.
Ich würde es nicht verwechseln mit Klavier als 2. Fach, wenn man z.B. Geige studieren möchte, dann wird nicht sehr viel verlangt.

Aber bei Lehramt sind die Anforderungen schon etwas höher - meine ich,
zumal, wenn ich richtig erinnere, ein Haupt und ein Nebenfach gefordert wird, also zB Gesang+Klavier.

LG K-S
 
Hallo,

ich denke, es macht einen Unterschied, ob Lehramt Grundschule an der Uni oder für Sekundarstufe II an der Musikhochschule. Im letzteren Fall würde ich die Anforderungen nicht unterschätzen.
Bei solchen Prüfungen ist es wichtig, dass es gut gemacht ist. Das Stück darf eher eine Spur leichter sein, aber nicht schlecht gespielt. Die Prüfer wollen sehen, was jemand kann, nicht was er nicht kann. Wenn mir jemand ein schweres Stück schlecht vorspielt, ist nur sehr schwer zu erkennen, wo der tatsächliche Leistungsstand ist.

Im zweiten Fall... Klavierspielen wollen und keine Lust zum Üben zu haben ist ein Problem. Ich sehe zu, dass ich solche Schüler wieder loswerde. Das hat wenig Sinn. Dann kommen Argumente "soll ja nur zum Spaß sein" usw. Leider vergeht auch dem Schüler der Spaß schnell, wenn nichts dabei herauskommt. Ist einfach schwierig. Da gibt es keine "Methode". Im besten Falle machst du deiner Schülerin Appetit und sie fängt an zu Üben.

Grüße
Axel
 
Danke für die Antwort, aber das Thema hat sich erledigt (habe sehr wenig Zeit und wenn jetzt alles schief läuft muss ich mich auf meine eigene Aufnahmeprüfung vorbereiten) ;)
 
@Sabri: Darf ich fragen auf was für eine Aufnahmeprüfung du dich vorbereitest?
 
Musik studieren ohne Abi? hab ich da was verpasst? Geht das wirklich? Das wäre ja ne echte Alternative (für später)

PS: Hab nur guten Reals. Abschluss
 
Will mal als nicht Klavierlehrer meinen Senf dazu geben.

Als ich in die erste Klasse kam wollte ich unbedingt Klavier spielen; wieso weiß ich nicht mehr. Schließlich haben mir meine Eltern ein Klavier gekauft und ich habe Unterricht bekommen. Doch ich hatte nie Lust zu üben, weil ich immer vorgeschrieben bekam was ich spielen sollte, was viele Schüler hassen. Immer wenn ich in den Unterricht kam und meine Lehrerin merkte, dass ich nicht geübt hatte wurde sie aufbrausend und verbrachte eine Viertelstunde der Unterrichtszeit damit Beschimpfungen in ihrer Muttersprache in mein Aufgabenheft zu schreiben. Dadurch hatte ich nur Angst, beim nächsten Unterricht wieder Ärger zu kriegen, was mich nicht sonderlich zum üben anregte. Doch egal wie lange ich wegen dieser Übungsfaulheit an einem Stück gesessen habe, habe ich unabhängig davon immer Stücke vorgesetzt bekommen, die nicht schwerer als die letzten zehn davor waren und die Lehrerin ließ mich auch auf Wunsch nichts schwereres spielen. Da ich so jahrelang auf der Stelle blieb wechselte ich bei der nächsten Gelegenheit den Klavierlehrer. Der Lehrer den ich seit dem habe lässt mich spielen was ich will, auch wenn ich mich in monatelanger Arbeit durchkauen muss und es ein paar Wochen später trotzdem wieder verlehrne. Aber seit ich diesen Lehrer habe übe ich regelmäßig Klavier und habe ich wieder richtig Spaß daran. Er fragt mich jede Woche ob ich geübt habe und wenn ich sage: "Nein, ich hatte keine Zeit." Dann versteht er das auch und arbeitet in der Stunde das nach, was ich eigentlich in der Woche üben sollte.

Meiner Meinung nach ist das der beste Perfektionsanspruch an Schüler, sie das spielen zu lassen was sie wollen, egal wie lange man daran sitzt oder wie sehr man persönlich etwas gegen dieses Lied hat (Kann ja auch Pop sein oder ich habe mal ein längeres Stück gespielt, bei dem Klavier nur Begleitung war und die Hauptstimme gefehlt hat, ich wollte es trotzdem spielen, obwohls sich nach gar nichts angehört hat). Wenn Schüler wegen der Schule, Stress auf der Arbeit oder ähnlichem nicht zum üben kamen sollte man das respektieren und selbst wenn ein Schüler nie übt sollte man nicht ausrasten, sondern ihm vorschlagen das aktuelle Lied abzubrechen und ein anderes zu spielen, damit er wieder neue Motivation hat.

Soweit mein Tübchen Senf dazu ;-)
 
Felix, ich dachte schon, meine Klavierlehrerin wäre die Einzige, die nach diesem Prinzip vorgeht. Ich finde diese Methode jedenfalls auch sehr gut.
 

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