Extreme Angst vor dem Vorspiel

Lampenfieber ist demnach - evolutorisch betrachtet - die Angst, sich zu exponieren. Mit den sich ergebenden Risiken (angegriffen werden) aber eben auch Chancen (sich Reputation verdienen).

Ein Mensch ohne Lampenfieber wäre evolutorisch somit "gestört", quasi eine Fehlentwicklung! Ganz meine Meinung! Deshalb haben alle Menschen ja auch mehr oder weniger Lampenfieber. Im Eingangsthread geht es aber nicht um Lampenfieber, sondern die Beschreibung passt auf eine beginnende Sozialphobie.

Der Song dazu heißt "Die 50 Grautöne der Angst".

Wer Lampenfieber hat, fängt nicht an zu frieren, verliert nicht die motorischen Fähigkeit, bekommt keinen rasenden Puls und keine Panikattacke, die bis zur Ohnmacht führen kann.

Ein guter Trost gegen Lampenfieber ist es also zu wissen, dass anderen Leute auf ganz anderen Gebieten ganz andere Probleme haben. Manche können z.B. kein Konzert in einem Fahrstuhl geben... :-)

Ratschläge gegen "normales" Lampenfieber helfen bestimmt nicht, wenn dein Unterbewusstsein dir mitteilt, wer Herr im Hause "Ich bin dein Körper" ist! Jede Form von Zwang und das sich permanente Bestätigen von Angstsituation machen die Situation vermutlich nur schlimmer, da man Angst auch konditionieren kann.
 
Im Eingangsthread geht es aber nicht um Lampenfieber, sondern die Beschreibung passt auf eine beginnende Sozialphobie. (etcetera...)

Sag mal, bist Du Psychologe...? Der noch dazu aufgrund eines kurzen Textes eine öffentliche "Ferndiagnose" hier abgibt...?

Wer Lampenfieber hat, fängt nicht an zu frieren, verliert nicht die motorischen Fähigkeit, bekommt keinen rasenden Puls und keine Panikattacke, die bis zur Ohnmacht führen kann.

Ach ja....??

Zitat von Wikipedia:
Lampenfieber äußert sich als akuter Stress: Typische Symptome können sein Herzklopfen, Erröten, Zittern, Anspannung, Reizbarkeit, körperliche und emotionale Beklemmung, Konzentrationsmangel und Vergesslichkeit.
 
Sag mal, bist Du Psychologe...? Der noch dazu aufgrund eines kurzen Textes eine öffentliche "Ferndiagnose" hier abgibt...?
Ja klar. Auch du bist ein offenes Buch für mich :-)

Betrachte "Lampenfieber" bitte als Prozess.

Hierzu einige Fragen:
1. Verschlimmern sich die Symptome?
2. Sind die Symptome bereits so stark ausgeprägt, dass der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann?
3. Gibt es noch störungsfreie Zeiten/Situationen.
4. Werden die Symptome als extreme Blockade des Glücklichseinkönnens/Erfülltseins angesehen?
5. Wirken die Symptome objektiv als Hindernis für Aufstiegschancen?
 
Nein. Ich will mich nicht an einer solchen psychologischen Analyse beteiligen...

Also, Du siehst Lampenfieber nicht als Prozess an. Das ist "interessant", da du weiter oben den Ratschlag erteilst, Vorführsituationen permanent zu suchen und gegen das Lampenfieber immer wieder anzuspielen.

Bei "kreativen" Lampenfieber ist dein Rat übrigens absolut sinnvoll. Routine wirkt Wunder! Im Bett übrigens auch. Wichtig ist es aber, auf positiven Erfahrungen aufzubauen und schlechte Erlebnisse nicht überzubewerten! Das Thema ist doch noch lange nicht erschöpfend behandelt! :-)
 
da du weiter oben den Ratschlag erteilst, Vorführsituationen permanent zu suchen und gegen das Lampenfieber immer wieder anzuspielen.

Nein - ich gebe keinen konkreten Ratschlag an den TE ab. Ich habe geschrieben: "Viele meinen, daß...", das ist ein Unterschied, und überläßt die Bewertung dem Leser/TE selbst.

Also, Du siehst Lampenfieber nicht als Prozess an.

Meine (bisherigen) Erkenntnisse und mein Wissen zu Lampenfieber hatte ich schon dargelegt. Mehr ist da momentan nicht.

Bei "kreativen" Lampenfieber ist dein Rat übrigens absolut sinnvoll. Routine wirkt Wunder! Im Bett übrigens auch

logisch doch....wer da "Extreme Angst vor dem Vorspiel" (siehe Fadentitel!) hat, sollte da ebenfalls etwas dran arbeiten :D:D:D:D
 
Hallo Tando, wer von uns kennt dein Problem nicht? Und die Poster haben sehr viel wahre und wichtige Dinge dazu gesagt, so. z.B. keine zu schwierigen Werke zu wählen, mehr Zeit zur Vorbereitung aufwenden, innere Sätze der Ruhe zu verankern. Wir sind keine steuerlosen Opfer unserer Gefühle, sondern können unser Gehirn programmieren, wenn wir dies so intensiv üben wie das Klavierspiel. Diese kognitive Steuerbarkeit unserer Gefühle formuliert die sog. "rational-emotive Verhaltenstherapie". Zum Stichwort Verhaltenstherapie: ich selbst würde dir zudem zu einer systematischen Desensibilisierung raten.
Nimm leichte Werke vor einem nicht vergleichenden und messenden Publikum: spiel Beerdigungen auf dem Friedhof (kein Witz), mach einen Liederabend im Altenheim mit einigen Solo-Einlagen, die du locker herunterspielen kannst, lad Freunde im kleinen Kreis ein. So machst du nach und nach ständige Erfolgserfahrungen, die deine Angst und deinen Adrenalinspiegel senken. Man kann sich also dem angstauslösenden Reiz graduell nähern: wer Angst vor Spinnen hat, sollte sich also nicht gleich zu einer Tarantel in den Käfig setzen, sondern mit einem kleinen Weberknecht anfangen....diese Form der Verhaltenstherapie ist übrigens in der Psychotherapie als wirksame Methode auch von den Kassen anerkannt. Du aber sollst ja nicht "in Behandlung" gehen, sondern möchtest ja lernen mit der Angst umzugehen. Daraus folgt: als nächstes würde ich mal diesen Angst-Auftritt abblasen und tief durchatmen.
Und dann such mal harmlosere Vorspielgelegenheiten... Gruß! Stephan
 
Also mir geht fast ähnlich, ich spiele auch seit längerer Zeit und habe in letzter Zeit mehr Lampenfieber.
Grundsätzlich ist Nervosität etwas positives: Der Körper schüttet Adrenalin aus, Puls und Blutdruck steigen etwas. Dies steigert allerdings auch die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Das darf man nicht vergessen. Bei leichter Nervosität gelingen vielleicht manche Dinge noch besser.
Wenn es allerdings zuviel wird, ist das ganz und gar nicht gut. Ich habe auch mal die Erfahrung gemacht. Ich habe die As-Dur Polonaise von Chopin vorgetragen und war sogar zittrig davor. Dann habe ich die ganzen chromatischen Quarttonleitern am Anfang vermasselt.
Ein Tipp für das Langfristige: Ich weiß nicht, ob du professionell spielst, und wenn ja, wie lang man dann für ein schwieriges Stück üben sollte, aber: Vielleicht sind drei Wochen doch etwas wenig für ein neues Stück. Man braucht viel Routine bei einem Stück, muss es immer wieder durchspielen, vielleicht auch mal in unterschiedlichen Varianten. Dazu muss man es erst einmal können. Dieser Prozess braucht Zeit. Meine Klavierlehrerin hat mir geraten, man soll für ein Stück mindestens 6-8 Wochen. Ich habe Abitur in Musik gemacht. Die kürzeste Vorbereitungszeit waren 8 Wochen. Die anderen Stücke habe ich deutlich(!) länger geübt.

Für Morgen: Kopf hoch!!
 
Routine wirkt Wunder! Im Bett übrigens auch.
Wird das schnarchen zur Routine
Meidet jede flotte Biene
Friedefreudes Lagerstätte
und er geht allein zu Bette -
Dann sinkt auch das Lampenfieber
Glücklich wird man sehr darüber.
:D:D

Das Thema ist doch noch lange nicht erschöpfend behandelt! :-)
verschwindet das Lampenfieber während der ersten Takte (infolge der Konzentration auf die Musik), dann ist alles in Butter --
verschwindet es nicht während der ersten Takte, dann ist ein sehr lästiger Zustand erreicht...
 

verschwindet das Lampenfieber während der ersten Takte (infolge der Konzentration auf die Musik), dann ist alles in Butter --
verschwindet es nicht während der ersten Takte, dann ist ein sehr lästiger Zustand erreicht...
Lampenfieber ist kein Zustand, Lampenfieber ist ein Prozess.

Sozialphobie ist ein Zustand.

Lamperfieber geht in Sozialphobie über, wenn das Lampenfieber von Takt zu Takt rasend und unkontrollierbar an Stärke gewinnt. Extremes Lampenfieber wirkt sogar ansteckend. Vermutlich ein Berufsrisiko von Klavierlehrern.
 
Routine wirkt Wunder! Im Bett übrigens auch.

Also irgendwie bekommt der Titel dieses Themas hier eine ganz andere Bedeutung als beabsichtigt. Weiss auch nicht, warum ich so sexualisiert denke. Muss lt. Dr. Klaus Miehling an dem verfluchten Jazz liegen den ich höre:-(.

TANDO, sorry, dass es OT ist. Ich habe großen Respekt vor jedem, der vor Publikum spielt. Du hast es doch schon oft gemacht, also wird es bestimmt auch bei Deinem morgigen Konzert klappen. Ich drücke Dir auf jeden Fall fest die Daumen (obwohl das wahrscheinlich überhaupt nicht nötig ist).

Liebe Grüße
Christian
 
Wenn man die Musik um seiner selbst willen spielt, ist alles gut. Wenn man um seiner selbst willen nicht spielt, ist es nicht gut.
Nur die Dinge, die ich tue, weil ich sie tun muß, kann ich auch vorzeigen oder auch nicht - Vorzeigen wäre mir nicht wichtig, weil ich ja die Sache für mich tue und nicht für andere.

Ergibt sich aber das Vorzeigen, ist es nur eine eine Randerscheinung, d. h. nicht lässig zu sein - es geht (in diesem Falle) um die Musik und die will ich ja nur "gut" spielen. Gelingt es mir ausgerechnet an diesem einem Abend nicht, habe ich nicht versagt, sondern die Erfahrung gewonnen, wie, wo ich was besser machen kann. Zum Vorspielen wird man ja nicht gezwungen. Es ist freiwillig.

lg
Kulimanauke
 
Fürs Konzert, unmittelbar vor dem Spielen:
Nimm dir viel Zeit.
Auf die Bühne gehen (nicht rennen). Verbeugen. Auf den Stuhl setzen, Höhe prüfen. Stuhlhöhe einstellen, bis sie stimmt. Füße ordentlich auf den Boden stellen, sichere, feste Verbindung von Fuß zu Boden und Po zu Stuhl spüren. Konzentrieren, durchatmen. Füße aufs Pedal. Den Beginn des Stückes vorstellen, für Klang und Tempo. Hände auf die Tasten. Einmal kurz ein Lächeln andeuten (nur für dich selbst - beruhigt und macht glücklich ;) ) und sich freuen, dass man die Möglichkeit des Auftretens hat.
Klingt nach einer halben Stunde, sind vielleicht ein bis zwei Minuten, um die auch das Publikum froh sein kann, denn es muss sich ebenfalls auf den musikalischen Vortrag einstellen.

Liebe Stilblüte,

Danke für diese ausführliche Erklärung. Ich habe immer versucht dieses "Zeitschinden" der Pianisten unmittelbar vor Beginn mir zu Eigen zu machen,- es fehlte aber die Anleitung dazu. Danke! :p

Gruß Ute
 
Lampenfieber ist kein Zustand, Lampenfieber ist ein Prozess.

Sozialphobie ist ein Zustand.

Lamperfieber geht in Sozialphobie über, wenn das Lampenfieber von Takt zu Takt rasend und unkontrollierbar an Stärke gewinnt. Extremes Lampenfieber wirkt sogar ansteckend. Vermutlich ein Berufsrisiko von Klavierlehrern.

Es verwirrt mich ein bisschen, das Sozialphobie der Zustand und Lampenfieber der Prozess ist. Lampenfieber ist ein kurzes Ereignis und ist nach dem Auftritt wieder weg. Eine Sozialphobie ist doch eher ein über Wochen, Monate, Jahre anhaltender (ja auch) Zustand, der doch aber sicher einer Entwicklung unterliegt und damit würde ich es eher als Prozess sehen (?). Und wenn ich das jetzt falsch sehe, was sind die Bestandteile des Prozesses "Lampenfieber"? Ich finde das wirklich interessant und würde gern irgendwie den Fuss in die Tür kriegen, aber dazu muss man sicher sehr viel mehr wissen. Gibt es vielleicht ne' Kurzfassung?

Welche Rolle spielen die unterschiedlichen Hirnregionen und an welche kommen wir ran?????

Dankbarer Gruß Ute
 
Die beschriebenen Symptome sind Angstsymptome und die werden nicht vom Bewusstsein ausgelöst, sondern vom tiefen Unterbewusstsein.

Mir sind Pianisten, die nicht vorspielen können, 1000x lieber als Chirurgen, denen plötzlich die Hände zu zittern beginnen (bei Ärzten und Musikern wird übrigens viel besoffen...). Wenn ich operiert werde, bin ich mir sicher, dass der Selektionsdruck bei der Arztausbildung dafür gesorgt hat, dass nur noch geeignete Kandidaten durchgekommen sind!

Du musst jedenfalls bekloppt sein, wenn Du einen "Beruf" ergreifst, der nicht deinem inneren Wesen entspricht. Dann wirst Du immer gegen die Angst ankämpfen müssen.

2 treffende Antworten:


Sollen Argerich, Callas, Horowitz und viele andere auch einen "geeigneten Job suchen"? Da halte ich den Tipp mit dem Spezialisten doch für viel sinnvoller.

wenn das stimmt, dann hatten z.B. Artur Rubinstein und Svjatoslav Richter den falschen Beruf gewählt, denn sie hatten entsetzliches Lampenfieber --- trotzdem bringe ich es nicht fertig, die für bekloppt zu halten (dafür spielten die auch mit Lampenfieber einfach zu gut)

.

zum Thema Chirurgen:

Nein,die haben in der Regel kein Lampenfieber :D
Aber warum?
Einmal sollte der Eingriff absolute Routine sein, als Chirurg schneidet man ja nicht hollotero in der Gegend herum und entdeckt mit Verwunderung die Geheimnisse der menschlichen Anatomie.... man weiß von der ersten Schnittführung an, was einen wo erwartet, wo was zu beachten ist, hat den Eingriff unter Beobachtung eines erfahrenen Lehrers unzählige Male durchgeführt, bevor man es alleine machen darf.Wenn er den Eingriff das allererste Mal durchführt ist durchaus eine gewisse Anspannung dabei, da wacht aber ein erfahrener Ausbildner darüber, dass jeder Handgriff korrekt sitzt, es gibt keien Rhythmus,der einen vorwärts drängt, man kann jederzeit stoppen, nachfragen, überlegen.Der Ausbildner prüft auch zuvor, ob jeder Handgriff im Voraus abgerufen und bekannt ist, ähnlich dem perfekten Beherrschen eines Musikstückes.In der Chirurgie geht es ausschließlich um Wissen und Routine, die rein handwerklichen Fertigkeiten, die zum Führen eines Skalpells oder einer Naht erforderlich sind, sind zu vernachlässigen, beim Musizieren vor Publikum sieht es diesbezüglich ganz anders aus.

, ich bin auch sonst ein Perfektionist und hasse es, Fehler zu machen.

Am Donnerstag (also übermorgen ...) soll ich ein Programm mit ordentlich virtuosen Werken vorspielen,

die ich eigentlich auch im Schlaf kann und auch recht sicher auswendig. Ich hatte drei Wochen Zeit, die Werke zu lernen, entsprechend sitzen nicht alle Stellen komplett perfekt, aber wenn ich das direkt vor dem Konzert nochmal anschaue, werde ich alle Werke auswendig hinkriegen.

tando hat seinen Auftritt heute ja hoffentlich gut vorbei, also kann man ja weiter reden.

Er/sie ist "Perfektionist" , das ist zwar keine Krankheit, kann aber genau zu den beschriebenen Problemen führen, wenn man, -wie zu lesen- etwas nur "recht sicher" kann und nicht absolut sicher, da liegen Welten dazwischen, wäre tando eine professionelle Ausbildung durchlaufen,wüsste er das.
Beneidenswert sind diesbezüglich die selbstsicheren Nichtskönner, die sich bemüßigt fühlen, vor großem Publikum ihren Flohwalzer zu präsentieren, und sogar da noch ständig danebenhauen und dabei noch mit stolz geschwellter Brust strahlen...

Ich denke also eher dass da jemand von seinem Lehrer zu schnell in Aufführungssituationen bugsiert wird mit Werken, die er schlicht und ergreifend nicht beherrscht ("im Schlaf" kann das Fingergedächtnis allerhand, das hilft einem aber bei einem "recht sicher" sitzenden Stück , das man dann hoffentlich schon "auswendig hinkriegen wird" beim Auftritt gar nichts).Finde ich sehr schädlich für sein Selbstvertrauen ehrlich gesagt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Beneidenswert sind diesbezüglich die selbstsicheren Nichtskönner,
Und zwar in allen Bereichen des Lebens!
wirklich? ...ich möchte nicht im Flugzeug sitzen, wenn der Pilot zur Gattung der selbstsicheren Nichtkönner zählt, ich möchte auch nicht im Krankenhaus liegen, wenn der Chirurg ebenfalls zu dieser Spezies zählt... ;);):D:D
 

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