"Diese Musik liebe ich wirklich" (Youtube-Links)

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Ich liebe diese Musik, weil ich dabei wunderbar entspannen kann und sie mir Energie gibt oder hilft, wenn ich Schmerzen habe. Bei völliger Konzentration auf diese Musik schaffe ich es aus Migräne Kopfschmerzen werden zu lassen. Wenn ich es mir in meinem gemütlichen Fernsehsessel bequem mache, die Beine hochgelegt, und diese Musik höre, dann versinke ich völlig in ihr. Außerdem eignet sie sich sehr gut für das Vertonen von Unterwasserfilmen.

Liquid Mind - Laguna Indigo (Planets) - YouTube
Liquid Mind - Gently Down - YouTube
Liquid Mind - Night Light - YouTube
Liquid Mind - Teach Me to Whisper - YouTube

Oder diese:

Jonn Serrie - Lumia Nights - YouTube
Welcome Home
 
Ein Stück mit einer unglaublichen Intimität und zugleich einer atemberaubenden Weite! Sicher wunderschön zur Kommunion!

Herzliche Grüße und frohe Weihnachten

Euer Lisztomanie

Guter Freund,

Wie kann dir, als junger Organist der (hoffentlich) auf viele (richtige) Instrumente zurückgreifen kann, so ein „Plastikkasten“ gefallen???

Ich würde mir wünschen dass die Organisten die die Güte eine Orgel nur an der Anzahl der Manualen, Register und Knöpfen messen, endlich einsehen (würden), dass ein kleines Instrument von einem hervorragendem Orgelbauer erschaffen, weit mehr die Gemüter bewegen kann als diese „leblosen Plastikkasten“. Und selbst zum (stundenlangen) Üben zu Hause ist mir der Bordun meines „Debaisieux-Positivs“ viel lieber als eine virtuelle Kopie von Notre-Dame. Ich gebe zu, dass diese Kopien nicht schlecht sind, und gestehe auch dass ich doch manchmal den „wow-Effekt“ erlebe, aber dieser Effekt ist (bei mir) nur oberflächig, er stillt meine superfizielle Neugier, er sättigt meinen imminenten Konsumhunger: hab ich aber einmal all die Register „angespielt“, bin ich wieder für zehn Jahre geheilt und kehre mit aller größter Freude zu meinem Positiv zurück, auch weigere ich mich ganz vehement einen Gottesdienst auf einem elektronischem Instrument zu spielen.

Für die Orgelkunst spielt sich nun schon seit ein paar Jahrzehnten eine Tragödie ab, die von vielen „Opfern“ selbst verschuldet wird denn, würden die Organisten auf wahre Instrumente bestehen, würden mehr davon gebaut werden und jeder Organist der so ein Video verlinkt ist mit verantwortlich am Untergang der Orgelbaukunst meint grüßend

PiRath

PS: Von einer in Amerika lebenden und daselbst als Chorleiterin und Organisten tätig gewesenen fernen Verwandten, habe ich erfahren, dass es dort viele Kirchen geben soll, in denen die Orgel nicht mehr gespielt werden kann, weil kein Orgelbauer mehr vor Ort ist die Instrumente zu warten. Noch ist die Situation nicht so dramatisch bei uns, doch der Berufsstand nimmt rapide ab.
 
@Pierre: Nur ganz kurz, weil ich hier nicht off-topic werden will (zumindest, was den Thread Titel angeht):
1) Er hat nicht geschrieben, dass ihm das Instrument gefällt. 2) Auch die "Ich-spiele-nur-auf-richtigen-Orgeln-Organisten" tragen dazu bei, dass die Qualität der Kirchenmusik, vor allem in kleineren Gemeinden, nicht gerade an Qualität gewinnt. Diese Gemeinden haben extreme Budget-Probleme und müssen jeden Euro 2 Mal umdrehen. Ich kann vor diesem Hintergrund nachvollziehen, dass diese keine 5-6 stellige Summen in "Orgelkunst" investieren und hier die Entscheidung für eine Digitalorgel fällt - zugunsten von im Sinne von Kirche wichtigeren Projekten.

So und hier noch ein Link zum Thema. Das Stück habe ich im Sommer fast bis zum Gehtnichtmehr gehört - vorher kannte ich von Saint-Seans nur den berühmten Karneval :-)
 
Ich habe soeben von meiner derzeitigen Bettlektüre aus Neugier verführt eine wunderschöne Miniatur von Liszt entdeckt, die ich von nun an nicht mehr missen möchte:



Wunderschön ist aber auch, was jenes mich an dieses Werk herangeführt habende Buch zu eben diesem zum Geleit zu sagen hat:

Zitat von Diehter de la Motte:
Tonalität als Erinnerung [...] Diese drei Durtakte [sc. das Thema, T. 12-14], allein besehen und als Trivalität verbucht, verraten also nicht, was sie in einer solchen Ungebung zu bedeuten vermögen. Tonalität im atonalen Umfeld hat ihr wichtigstes Charakteristikum verloren, ihre Stärke, Stabilität. Diese kurzen tonalen Flächen s i n d nicht mehr, sie e r i n n e r n [Hervorhebung durch den Verfasser]. Wehmut des Abschieds. Eine Kostbarkeit - jetzt kostbar, früher nur selbstverständlich - hält man ein letztes Mal in den Händen, kostbar aber nur dem, der die Gesamtform begreift. Und da hier Wehmut auf hohem Formniveau komponiert und in der Sache selbst dargestellt ist, irrt der schlechte Pianist, der hier ein sentimentales Espressivo für angemessen hält. Großform und Detail folgen den selben Gesetzen. Die Tonika-Dominantspannung bestimmt die Kadenz der Klassik und die Großform der klassischen Sonate. Verminderter Septakkord und übermäßiger Dreiklang, die beiden möglichen Teilungen der Oktave in gleiche Distanzen, ermöglichen bei Liszt Befreiung von der klassischen Sprache in Großform und Detail. [...]

Herzliche Grüße und eine herzliche Leseempfehlung an alle Musikfreunde!

Euer Lisztomanie

P.S.: Wer die Noten mitverfolgen möchte, finde sie hier auf IMSLP.
 

@Pierre: Nur ganz kurz, weil ich hier nicht off-topic werden will (zumindest, was den Thread Titel angeht):
1) Er hat nicht geschrieben, dass ihm das Instrument gefällt. 2) Auch die "Ich-spiele-nur-auf-richtigen-Orgeln-Organisten" tragen dazu bei, dass die Qualität der Kirchenmusik, vor allem in kleineren Gemeinden, nicht gerade an Qualität gewinnt. Diese Gemeinden haben extreme Budget-Probleme und müssen jeden Euro 2 Mal umdrehen. Ich kann vor diesem Hintergrund nachvollziehen, dass diese keine 5-6 stellige Summen in "Orgelkunst" investieren und hier die Entscheidung für eine Digitalorgel fällt - zugunsten von im Sinne von Kirche wichtigeren Projekten.

Man könnte das Problem auch von einem anderen Standpunkt betrachten.

Das Problem der „Geldnot“ ist mir schon bekannt. Mich stört jedoch am Einsatz der Elektrien dass er einfach nur ein Spiegel unserer Konsumgesellschaft ist in dem doch die ganze negative Einstellung gegenüber der Tonkunst im Allgemeinen, insbesondere aber der Kirchenkunst so wunderbar „offenbart“ wird.

Diese negative Einstellung drückt sich auf verschiedene Arten aus. Erschreckend dabei ist aber die schleichende Verrottung der Wahrnehmung der Werte. Man erlaube mir hier eine kleine gelebte Anekdote zu erzählen.

Vor ein paar Jahren, wurde ich als Zuhörer zu einer „Orgelweihe“ eingeladen. Nach dem Gottesdienst war ein Empfang in der Gemeinde. Große zufriedene Reden wurden seitens des Kirchenrates und des Bürgermeisters ausgeschüttet. „Mit seinen drei Manualen und vielen Register sei das Instrument das Beste und Größte was die Kirche je besaß.“ Im Laufe des Abends erklärte ich dem Bürgermeister, dass man die ganze Sache hätte anders angehen können und auch ein „richtiges“ Instrument auf der Empore hätte aufstellen können, auch wenn dieses „kleiner ausgefallen wäre“. Antwort des Bürgermeisters: „Ja wissen Sie, ich habe nicht so ein geschultes Ohr wie Sie und ich kann den Unterschied zwischen einer Pfeifenorgel und einer Elektronischen nicht hören. Und die meisten Leute die zur Kirche gehen können das auch nicht. Was sollen wir da viel Geld investieren?“

Die Aussage des Mannes ist in mehrfacher Weise „tragisch“. Zum Ersten gibt sie den Anschein wieder, dass ein Ohr geschult sein muss um echte und unechte Instrumente wieder zu erkennen. Sollte er recht haben, müsste ihm doch auch bewusst sein, dass die Leute aus seiner Gemeinde nie das Glück haben werden, ihr Ohr zu schulen, da er ja mit verantwortlich ist, dass ein „Elektrium“ aufgestellt wurde was ja fürderhin die klangliche Referenz vieler Bürger sein wird.

Zum Zweiten drückt er aus, dass einzig und allein die „Größe“ als Qualitätssiegel in Frage kommt. Diese Haltung würde ich als typische Philosophie der „Konsumgesellschaft“ ansehen, in welcher der „Schein“ weit höher als das „Sein“ gehandelt wird. Für gleiches Geld, eine kleine Pfeifenorgel kaufen, wenn ein viel größeres Elektrium angeschafft werden kann, ist wohl eine Haltung, die heute nicht mehr „in“ ist und die eben auch den Leuten, die in den kleineren Dorfgemeinden das Sagen haben, fehlt.

Ob die Kirchenmusik in den kleineren Gemeinden dank der Elektrien an Qualität gewinnt wage ich weder zu bestätigen noch zu widerlegen, man verzeihe mir aber wenn ich ketzerisch die Frage aufwerfe „Weshalb soll in einer solchen Kirche ein „virtuelle Orgel“ stehen die selbst die Dom-Orgel in den Schatten stellt? Tummeln die großen Orgelvirtuosen sich etwa gerade in den kleineren Gemeinden herum?“ Um einen Kirchenchor oder einen Solisten (Sänger wie Instrumentalist) zu begleiten genügt ein Positiv (8‘,4‘,2‘). Verfügt das Instrument über weitere Register (2 2/3‘ Zimbel oder ein Regal) kann man auf ihm genügend Manualiter Literatur spielen um dem Gottesdienst musikalische Qualität zu verleihen: ein angehängtes Pedal vergrößert noch einmal das spielbare Repertoire.

Ja, ich gestehe dass ich zu der "Ich-spiele-nur-auf-richtigen-Orgeln-Organisten"-Fraktion gehöre. Ich betone aber dass ich mich im Gegenzug mit ganz bescheidenen Instrumenten begnüge, also mit Instrumenten die finanziell tragbar wären. Eine Pfarrgemeinde, die während zehn Jahren alle Kräfte mobilisiert um eine kleine Chororgel, oder ein Positiv anzuschaffen, hat auf kulturellem Gebiet weit mehr vorzuzeigen, als eine die in einer Nacht und Nebel Aktion ein Elektrium auf die Empore stellt. Man muss sich natürlich etwas plagen und abrackern, aber gerade in den kleineren Gemeinschaften dürfte ein angemessenes „Orgel-Projekt“ während vielen Jahren gemeinschaftsfördernd sein: ein Dorf wächst mit seiner Orgel zusammen und wird ihr treu bleiben.

Übrigens ist der Satz „Die "Ich-spiele-nur-auf-richtigen-Orgeln-Organisten" tragen dazu bei, dass die Qualität der Kirchenmusik, vor allem in kleineren Gemeinden, nicht gerade an Qualität gewinnt.“ mehrdeutig. Geht es nun darum, zu bedauern dass die Sturheit dieser Organisten die kleineren Gemeinden zwingt auf „weniger begabte Organisten“ zurückzugreifen, oder geht es um die Feststellung dass Elektrien nicht gerade die guten Organisten anziehen? Das Resultat ist zwar identisch, nur die Perspektive ändert sich.

Ganz persönlich bin ich immer noch der Meinung, dass das ehrliche Musizieren an einer Orgel, ein ausschließlich mit Pfeifen bestücktes Instrument verlangt. Ebenso bin ich der Meinung, dass jede noch so kleine Dorfgemeinschaft ein Recht auf eine „wahre“ Orgel hat denn keine ist so arm dass sie es sich nicht leisten könnte: bei den meisten Gemeinden fehlt es lediglich an Einsicht, Mut und Ausdauer bei den Regierenden meint grüßend…

PiRath
 
Normalerweise bin ich ja nicht so der Freund von Klavier-Bearbeitungen von Bach-Werken (ich spiele lieber das Original (auf der Orgel)!)´- aber diese hier hat wirklich ihren ganz eigenen Reiz:



Herzliche Grüße

Euer Lisztomanie

P.S.: Das Original ist aber immer noch unschlagbar! :D



Gamben, (Truhen-)orgel und Blockflöten sind übrigens wunderschöne Instrumente - und die Kombination: Göttlich!
 
Der Meister bei der Arbeit! :D



Das ist einer der Gründe, warum ich vielleicht Kirchenmusik studieren will (sogar auch, wenn ich nachher noch was anderes studiere und gar nicht als Organist arbeite): Ich will so improvisieren können. Diese unbändige Macht eines Instrumentes wie der Orgel, aufs genaueste kontrolliert von einem einzigen Menschen!

Man könne es auch so sagen: Orgelspiel ist tiefstes Gebet und auf die spitze getriebene Machtausübung gleichzeitig!

Das ist das Faszinierende daran!

Herzliche Grüße

Euer Lisztomanie
 
Die ersten fünf Minuten der Improvisation von Herrn Messiaen sind eher schwach.
 
Gerade dieses Stück finde ich im Original sehr problematisch. Zwei Blockflöten, über weite Strecken unisono - das klingt immer unsauber. Was Bach sich dabei gedacht hat?

Naja - man könnte jetzt anfangen, das ganze zu deuten: Die Blockflöten - wie auch die Querflöten, aber die Blockflöten noch in besonderer (fahl-hölzener) Weise - vergleiche auch Matthäuspassion Nr. 25 (Hier zittert das gequälte Herz); das ist der einzige Satz im dreistündigen Werk, in dem statt Querflöten Blockflöten vorkommen. Gerade hier wird nämlich die Menschlichkeit Jesu besonders schmerzhaft erfahrbar, hier werden seine ganz menschlich-"fleischlichen" Ängste und Nöte angesichts seiner drohenden Folter und Hinrichtung geschildert) stehen bei Bach eigentlich immer für das vom menschlichem Odem belebte, also das Fleisch. Gerade diese Unreinheit könnte nun für die in der lutherischen Theologie immer besonders betonte Sündhaftigkeit des Menschen stehen, trotz derer Gott im immer wieder neu vergibt.

Die Gambe stehen übrigens als bündige Instrumente für das "Gebunden-Sein" des Menschen, also für alles, was ihn von außen zwingt und was man ihm aufzwingt, so auch in der Matthäuspassion: Nr. 40 (Mein Jesus schweigt), Nr. 41 (Geduld! Wenn mich falsche Zungen stechen) sowie Nr. 65 (Ja freilich will in uns) und Nr. 66 (Komm, süßes Kreuz) sind die einzigen Stellen in der ganzen Passion mit Viola da gamba - hier der zugehörige Text. Man bilde sich sein eigenes Urteil:

Nr. 40/41:

Mein Jesus schweigt
Zu falschen Lügen stille,

Um uns damit zu zeigen,
Dass sein Erbarmens voller Wille
Vor uns zum Leiden sei geneigt,
Und dass wir in dergleichen Pein
Ihm sollen ähnlich sein
Und in Verfolgung stille schweigen.

Geduld!
Wenn mich falsche Zungen stechen.
Leid ich wider meine Schuld
Schimpf und Spott,

Ei, so mag der liebe Gott
Meines Herzens Unschuld rächen.

Nr. 65/66:

Ja freilich will in uns das Fleisch und Blut
Zum Kreuz gezwungen sein;
Je mehr es unsrer Seele gut,
Je herber geht es ein.

Komm, süßes Kreuz, so will ich sagen,
Mein Jesu, gib es immer her!
Wird mir mein Leiden einst zu schwer,
So hilfst du mir es selber tragen.

[Hervorhebung d. Verf.]

Sehr raffiniert wird dieses Motiv des Zwanges in der Beerdigungs-Kantate aufgegriffen:

An der Stelle, an der der Bass Jesaja 38, 1 b zitiert:

Zitat von Jesaja 38:
[Zu der Zeit wurde Hiskia todkrank. Und der Prophet Jesaja, der Sohn des Amoz, kam zu ihm und sprach zu ihm: So spricht der HERR:] Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht am Leben bleiben.

schweigen die Gamben, gleichsam, um zu zeigen, der Tod als Zwang, als mors certa, hora incerta uns so häufig überhaupt nicht bewusst ist. Wir fühlen uns ruhig und sicher, die Flöten jubeln fast schon an dieser Stelle, und auch die Koloraturen des Bass werden noch vom sie am Leben haltenden Atem durchströmt; der Zwang des Todes in Form der Gamben ist uns noch nicht bewusst. Aber er wird kommen, wie der HERR gesagt hat!

Mitten in diese trügerische Ruhe tritt der Bass und verkündet unser leidvolles Schicksal, dass dann vom Chor bekräftigend aufgegriffen wird - Sirach 14, 17-18: Es ist der alte Bund: Mensch, Du muss sterben!

Hierbei schweigen - als würde ihnen, schwer getroffen von dieser Nachricht, der Atem aussetzen - die Flöten ein weiteres mal! Doch nun äußert die verlassene menschliche Seele (Sopran, völlig alleine, nur begleitet vom immerwährenden Continuo!) im Sterben einen frommen Wunsch - Offenbarung 22, 20b: Ja, komm Herr Jesu!

Sukzessive setzen nun Gamben und Flöten wieder ein: Der Mensch ist sich nun seines Todeszwanges voll bewusst, aber der Beistand des HERRN ermöglicht ihm dennoch, wieder ruhig zu atmen: die Flöten spielen wieder!

Todesangst und Heilsgewissheit wechseln sich nun sowohl textuell als auch instrumental immer wieder alternierend ab: Bach schildert auf eindrucksvolle Weise das ringen des Menschen mit seiner Gottesgewissheit und dem drohenden Damokles-Schwert des Todes!

Das Ende des ganzen ist an Genialität kaum zu übertreffen: Zunehmend leiser werdend setzt zu erst der menschlichem Atem aus (Flöten!), dann stirbt der Mensch, der Zwang des Todes ist erfüllt und weicht von ihm (Chor und Gamben!), der Sopran äußert weiter seinen frommen Wunsch, während sie sich von ihrem irdischen Fundament löst und dem Himmel entgegen schwebt (das immerwährende Bass-Fundament setzt aus!), bis sie in einer hingebungsvollen Figur ihren letzten Worte äußert: "Herr Jesu!". Als letzter Takt steht in der Partitur eine Generalpause mit Fermate - Der Tod in auskomponierter Form!

Nun erfolgt noch die theologische Deutung: Jesus ist diesen irdischen Tod für uns schon vorweg gestorben, weshalb wir ihn nicht mehr fürchten brauchen: Während seine letzten Worte am Kreuz erklingen (vorgetragen vom Alt, der anders als der Sopran nicht für die Seele, sondern für die Leiblichkeit der Menschen steht) - Aria (Duetto Alto es Basso) con Choral: In deine Hände befehl ich meinen Geist - schweigen die Blockflöten, da er seinen menschlichem Atem ausgehaucht hat. Immer wieder werden Jesu Worte mit ihrer Bedeutung für den sterbenden Menschen vermischt: "Du hast mich erlöset, Herr, Du getreuer Gott!" (Psalm 31, 6) Die alttestamentliche Verheißung ist erfüllt worden!

Darauf spricht der Herr selbst: In Persona des Basses trägt er sein Versprechen an den gerechten Räuber gleichsam als Versprechen an jeden sterbenden Menschen vor - Lk 23, 43b: "[Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir:] Heute wirst du mit mir im Paradies sein. Nun tritt wieder der Mensch in Persona des Altes hinzu und singt in aller Ruhe den Cantus firmus des berühmten Liedes "Mit Fried und Freud fahr' ich dahin" - als Instrumentation des Todeszwanges zwar wieder begleitet von den Gamben, doch diesmal hat der Mensch gut gebaut: Die Worte des Heilands tragen ihn als Fundament durch das finstere Tal des Todes.

Hier der Text:

Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
Mit Fried und Freud ich fahr dahin
In Gottes Willen,
Getrost ist mir mein Herz und Sinn,
Sanft und stille.
Wie Gott mir verheißen hat:
Der Tod ist mein Schlaf geworden.

Zum Schlußchor erklingen dann wieder alle zum Jubel Gottes vereint und singen bzw. spielen - eine beeindruckende "Kontrafaktur"!

Auf die Melodie von "In Dich hab' ich gehoffet, Herr!" erklingt ein anderer Text. Hier sowohl das Lied als auch die Neutextierung der Kantate:

Zitat von Ich hab' in Dich gehoffet:
In dich hab' ich gehoffet, Herr,
Hilf, daß ich nicht zuschanden werd'
Noch ewiglich zu Spotte!
Das bitt' ich dich, erhalte mich
In deiner Treu', mein Gotte!

2. Dein gnädig Ohr neig her zu mir,
Erhör mein' Bitt', tu dich herfür,
Eil bald, mich zu erretten!
In Angst und Weh ich lieg' und steh',
Hilf mir in meinen Nöten!

3. Mein Gott und Schirmer, steh mir bei,
Sei mir ein' Burg, darin ich frei
Und ritterlich mög' streiten
Wider mein' Feind', der gar viel seind
An mich auf beiden Seiten.

4. Du bist mein' Stärk', mein Fels, mein Hort,
Mein Schild, mein' Kraft (sagt mir dein Wort),
Mein' Hilf', mein Heilk, mein Leben,
Mein starker Gott in aller Not;
Wer mag mir widerstreben?

5. Mir hat die Welt trüglich gericht't
Mit Lügen und mit falschem G'dicht
Viel' Netz' und heimlich' Stricke;
Herr, nimm mein wahr in dieser G'fahr,
B'hüt' mich vor falscher Tücke!

6. Herr, meinen Geist befehl' ich dir;
Mein Gott, mein Gott, weich nicht von mir,
Nimm mich in deine Hände!
W wahrer Gott, aus aller Not
Hilf mir am letzten Ende!

7. Glori, Lob, Ehr' und Herrlichkeit
Sei Gott Vater und Sohn bereit,
Dem Heil'gen Geist mit Namen.
Die göttlich' Kraft mach' uns sieghaft
Durch Jesum Christum! Amen.

Zitat von Kantate:
Glorie, Lob, Ehr und Herrlichkeit
Sei dir, Gott Vater und Sohn bereit,
Dem heilgen Geist mit Namen!
Die göttlich Kraft
Mach uns sieghaft
Durch Jesum Christum, Amen.

Man sieht - die Instrumentation ist nicht Makel der Kantate, sondern essentieller Schlüssel zu ihrer theologischen Deutung. Und das ist keine Überinterpretation - Bachs Musik ist nicht nur klangschönes menschliches Machwerk, dass theologisch ein bisschen inspiriert ist, sondern - wie Alber Schweitzer richtig sagte: Das 5. Evangelium!

Was würde ich dafür geben, diese Kantate auf meiner Beerdigung zu hören...:D

Herzliche Grüße

Dein Lisztomanie
 
Das ist alles zweifellos richtig. Es erklärt aber nicht, warum in der Sinfonia zwei Blockflöten weitgehend unisono spielen. Das wird auch zu Bachs Zeiten grenzwertig geklungen haben. Wollte er diese schrillen Schwebungen tatächlich und mit voller Absicht? Ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen ...

LG, Mick
 
Wieso? Gerade diese Schwebung ist doch einer der besonderen Effekte, die das atemhaft Fleischliche und auch das sündhafte zum Ausdruck bringen, was den Menscehn eben so auszeichnet. Ich habe mit Bach nicht gesprochen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das nicht mit voller Absicht oder zumindest mit vollem Bewusstsein gemacht hat. Entweder er wollte es explizit aus diesem oder auch einem mir unbekannten Grund, oder er hat es warum auch immer aus gutem Grund in kauf genommen - aber so etwas macht ein Komponist wie Bach doch nicht aus Versehen und instrumentatorischer Unkenntnis. Dafür ist der Rest des Werkes auch zu perfekt durchdacht!
 
Far fetched, far driven.

Nein, beide Bläser sollten gefälligst dauernd was zu tun haben für ihr Geld.
 

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