Was "Kanu" und "Klavier" gemeinsam haben:

  • Ersteller des Themas Roman aus Wien
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Also wenn überhaupt einer hier modernes deutsch kann, dann die Mitteldeutschen, denn unser Martin Luther hat für seine Bibelübersetzung diese Sprache erfunden :D
Und daher sage ich: Die Antwort ist einfach und klar - es kommt drauf an. "Clavier" war mal der Oberbegriff für alles, was Tasten hatte, wie schon erwähnt (Daher "Wohltemperiertes Clavier"). Im 19. Jahrhundert verschob sich die Bedeutung, weil es nur noch die Orgel auf der einen Seite und die Hammerklaviere auf der anderen Seite gab. Diese allerdings in verschiedenen Bauformen. Insofern ist "Klavier" heute grundsätzlich der Oberbegriff für alle Hammerklaviere, also ist jeder Flügel ein Klavier, nicht aber jedes Klavier auch ein Flügel. Das Problem: Wenn es gerade auf die Unterscheidung zwischen Hammerklavieren in Flügel- und Senkrechtform ankommt, wie das hier im Forum und vermutlich auch im Ausgangsfaden der Fall sein kann, ist die deutsche Sprache unscharf, denn, anders als im Englischen, gibt es keine deutsche Bezeichnung für ein "Senkrechtklavier" ("Pianino" ist ja wohl kaum deutsch. "Klavier auch nicht", könnte man entgegnen, womit wir wieder bei der Problematik der Eindeutschung von Fremdwörtern sind, vgl. Frisör.) "Vertikalklavier" wäre eine schöne Bezeichnung, kurz "Vertikal" ;-) "Ich habe mein Vertikal für einen Flügel in Zahlung gegeben" - klingt doch ganz gut, nicht? Aber zurück zum Thema. Wenn es also im Kontext auf die Frage ankommt, ob wir von einem Flügel oder einem Senkrechtklavier sprechen, ist es der Klarheit dienlich, den Flügel als solchen, sein Pendant aber als Klavier zu bezeichnen, während das in einem Kontext, der mehr auf die Instrumentengattung bezogen ist ("Spielst Du lieber Flöte oder Klavier?"), wieder anders aussieht.
Oder, wie die Anekdote weiß: Die Frau des italienischen Botschafters klagte einmal gegenüber Bismarck, wie schwer doch die deutsche Sprache sei. Z.B. verstehe sie nicht, wo eigentlich der Unterschied zwischen "senden" und "schicken" liege. "Das, Madame", erwiderte der "eiserne Kanzler", "ist ganz einfach: Ihr Gatte ist zwar ein Gesandter, aber kein (g/G)eschickter"...

Gruß,
Cem,
der sich wieder ans Clavier, also an sein Spinett, setzt.
 
[...]"Pianino" ist ja wohl kaum deutsch. [...]

Papperlapapp, natürlich ist Pianino deutsch - man findet es in jedem seriösen Wörterbuch oder Lexikon der deutschen Sprache und es handelt sich dabei keineswegs um eine Variantenbildung der österreichischen Standardsprache.

Rolf und Gómez verwenden das Wort ganz selbstverständlich - oder macht sie das jetzt zu verkappten Österreichern? :D:D:D

LG, PP
 
Weitere mögliche Bezeichnungen ...

... anstelle des oft unbekannten "Pianino" wären neben den von Cembalist genannten Begriffen "Senkrechtklavier" und "Vertikalklavier" auch "Hochkantklavier" oder "Wandklavier". Gibt es weitere eindeutige Synonyme für "Pianino"? Wem fallen neue ein?


Grüße aus Wien
Roman
 
Und daher sage ich: Die Antwort ist einfach und klar - es kommt drauf an. "Clavier" war mal der Oberbegriff für alles, was Tasten hatte, wie schon erwähnt (Daher "Wohltemperiertes Clavier").

So ist es. Und wichtiger als der weiter oben erwähnte lat. Ursprung (clavis) ist dabei das frz. clavier, weil dort durch Metonymie (pars pro toto) der Übergang von der Bedeutung "Klaviatur" zu "Tasteninstrument" erfolgte, und zwar in Redewendungen wie savoir son clavier, `seine Tasten kennen', `spielen können'; auch wenn Goethe sagt Minchen saß am clavier liegt noch dieselbe Metonymie vor. Piano etc. ist, technikgeschichtlich bedingt, jünger, was sich eben darin widerspiegelt, daß die Komposita von Klaviermacher bis Klavierauszug alle auf dem clavier beruhen.


Woher kommt also diese unsinnige und unpraktische Unsitte, "Klavier" als Synonym für "Pianino" zu verwenden?

Aus der Opposition "Flügel : Klavier" in den Prospekten der Klavierhersteller?


Schöne Grüße,

Friedrich,

der wiewohl ein Sprecher des Bairischen, doch "Pianino" für eine (hübsche) österreichische Variante hält.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Aus der Opposition "Flügel : Klavier" in den Prospekten der Klavierhersteller?

War jetzt mal auf den Blüthner Homepages - auf blüthner.de werden die Pianinos tatsächlich als Klaviere bezeichnet, auf blüthner.at (wie sich's gehört :D) als Pianino. Steingraeber unterscheidet zwischen Flügel und Piano, Yamaha Flügel und Klaviere (auf at und de), Feurich Flügel und Piano (im Text dann Klaviere).

Hm, in meinem DTV Atlas Musik, steht jedenfalls Pianino, ebenso im Duden und im Meyers Konversationslexikon. Scheint ja alles darauf hinauszulaufen, daß das Pianino in Deutschland ausstirbt - bald wird man wohl in den Lexika den Zusatzvermerk "veraltet" bzw. "nur noch in Österreich gebräuchlich" lesen können. :(

LG, PP
 
Scheint ja alles darauf hinauszulaufen, daß das Pianino in Deutschland ausstirbt

Es war in D. wohl nie so recht lebendig. Ich hab mich jetzt in verschiedenen Nachschlagewerken ein bissl schlau gelesen (Encyclopedia Britannica, MGG, Meyers Conversationslexicon von 1905, Adelungs Wörterbuch, Grimm), und daraus ergibt sich folgener präliminarer Eindruck:

1. Die alte Bezeichnung ist natürlich Klavier, aus frz. clavier, dort schon als pars pro toto für "Tasteninstrument" verwendet (siehe oben).

2. Piano ist eine Kurzform für das von Bartolomeo Cristofori vor 1711 entwickelte gravecembalo col piano e forte. Pianino als Diminutiv zu Piano ist wiederum französischer Herkunft und wird von Pleyel für seine Weiterentwicklung des engl. upright piano verwendet, ebenso von Kalkbrenner in Paris 1833 für ein von ihm entwickeltes P.

3. Die Bezeichnung Klavier wurde von den dt. Klavierherstellern ab etwa 1850 für ihre eigenen Weiterentwicklungen des Pianinos verwendet.

Daraus ergibt sich das Bild, daß "Pianino" in Österreich rezipiert und beibehalten wurde, wogegen in Deutschland seit der Mitte des 19. Jh. der frz. Terminus durch "Klavier" verdrängt wurde, sei es aus nationaler Abgrenzung, sei es, weil man die Eigenständigkeit der eigenen Weiterentwicklung hervorheben wollte. In Deutschland entsteht so eine sog. äquipollente Opposition "Klavier : Flügel", wie sie heute in den Herstellerprospekten üblich ist. "Pianino" ist also kein genuiner Austriakismus, sondern eine zum Regionalismus gewordene Reliktform.

Grüße,

Friedrich
 
1. Die alte Bezeichnung ist natürlich Klavier, aus frz. clavier, dort schon als pars pro toto für "Tasteninstrument" verwendet (siehe oben)....
3. Die Bezeichnung Klavier wurde von den dt. Klavierherstellern ab etwa 1850 für ihre eigenen Weiterentwicklungen des Pianinos verwendet.

Daraus ergibt sich das Bild, daß "Pianino" in Österreich rezipiert und beibehalten wurde, wogegen in Deutschland seit der Mitte des 19. Jh. der frz. Terminus durch "Klavier" verdrängt wurde, sei es aus nationaler Abgrenzung, sei es, weil man die Eigenständigkeit der eigenen Weiterentwicklung hervorheben wollte. In Deutschland entsteht so eine sog. äquipollente Opposition "Klavier : Flügel", wie sie heute in den Herstellerprospekten üblich ist. "Pianino" ist also kein genuiner Austriakismus, sondern eine zum Regionalismus gewordene Reliktform.

Grüße,

Friedrich

Lieber Friedrich,

danke für deine Recherchen und deinen wirklich lehrreichen Beitrag zu diesem Thema! Das einzige, was ich daran in Frage stelle, ist deine Begründung für die unterschiedliche Begriffsentwicklung für das "upright" in Österreich (pianino) und in Deutschland (Klavier, als über die Gattungsbezeichnung hinausgehende Spezifizierung des aufrecht stehenden Tasteninstruments).

Ich bin der Überzeugung, dass die Sprachentwicklung schlichtweg nicht immer logischen Regeln oder Begründungen folgt! Über historisch nachvollziehbare Ursachen lässt sich letztendlich lediglich spekulieren! Ebenso unklar erscheint es ebenso (vielleicht ein hinkender Vergleich!), woher Begriffe wie "Fissematenten" oder "Jalousien" kommen. Es gibt hierzu natürlich zahlreiche Erklärungsangebote, aber eindeutig sind sie alle nicht. Schön wäre es natürlich, wenn man jede ethymologisch entstandene Begriffsbildung logisch nachvollziehen könnte - aber ich glaube, dass dies eher nicht der Fall ist! Die Sprachentwicklung im Laufe der Zeit entwickelt sich eben aufgrund äußerst vielfältiger "Umweltbedingungen" und Zufallsereignisse! Man nehme nur in heutiger Zeit einen nicht der anglo-amerikanischen Sprache mächtigen Zeitgenossen, der den Begriff "table of contents" mit "Tisch der Zufriedenheit" übersetzt! Natürlich ist dies ein allseits bekannter joke - aber auch solche Späße können die Sprachentwicklung beeinflussen!

Und letztendlich: Wozu all diese linguistische Haarspalterei?? Ich glaube, dass Österreicher Deutsche und umgekehrt Deutsche auch Österreicher (nicht nur auf der das Klavier betreffenden Ebene) verstehen können! Wenn die eine Seite eine Sache anders ausdrückt als die eigene - dann registriert man es und vermag es auch aufgrund der (zumindest sprachlich) grundsätzlich gemeinsamen Basis richtig einzuordnen und zu verstehen!

Mir fällt hierzu ein vor mehr als 15 Jahren in beruflichen Zusammenhängen geführtes Telefongespräch bezüglich eines großen in Wien zu veranstaltenden Kongresses ein. Mein (von mir angerufener) Ansprechpartner begrüßte mich telefonisch mit den Worten: "Küss die Hand gnädige Frau....und was ist ihre Klappe?"

Liebe Grüße

Debbie digitalis

LG

Debbie digitalis
 
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Es war in D. wohl nie so recht lebendig. [...]

Lieber Friedrich,

Danke für deine interessanten Ausführungen!

Indes habe ich einen etwas anderen (präliminaren ;)) Eindruck gewonnen - zumindest was den zeitlichen Rahmen der Verwendung des Begriffs "Pianinos" in der deutschen Fachliteratur betrifft. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts findet man über Google Books zahlreich Literatur in der "Pianino" verwendet wurde - Berichte über Manufakturen, die zu diesem Zeitpunkt auch häufig noch das Pianino in ihrem Firmennamen trugen, Messeberichte aber auch Fachbücher.

Auch heute scheint zumindest in der Fachliteratur die Verwendung des Begriffs Pianino durchaus üblich sein, allerdings findet man auch immer häufiger Klavier und Piano zur Bezeichung des aufrecht stehenden Klaviers. Klaus Wolters zieht in seinem Buch "Das Klavier: eine Einführung in Geschichte und Bau des Instruments und in die Geschichte des Klavierspiels" die Verwendung von "Pianino" vor, warum geht aus der "Snippet Ansicht" nicht hervor.

Hier noch ein Link zu einem Artikel aus Meyers Konversations - Lexikon.

Ein Gedanke der mir gekommen ist - hat die Meidung des Begriffs "Pianino" eventuell auch damit zu tun, daß es sozusagen immer nur als (schlechter) Ersatz für den Flügel gegolten hat? Vielleicht denken die Hersteller ja auch, daß es für das Image des Produktes besser sei, den Begriff Klavier bzw. Piano anstatt der Verkleinerungsform zu verwenden. Interessant in diesem Zusammenhang, Bösendorfer bezeichnet sein Pianino auf der Hompage als Piano bzw. Konzertpiano. ;)

Herzlichen Gruß, PP
 
Und letztendlich: Wozu all diese linguistische Haarspalterei?? Ich glaube, dass Österreicher Deutsche und umgekehrt Deutsche auch Österreicher (nicht nur auf der das Klavier betreffenden Ebene) verstehen können! Wenn die eine Seite eine Sache anders ausdrückt als die eigene - dann registriert man es und vermag es auch aufgrund der (zumindest sprachlich) grundsätzlich gemeinsamen Basis richtig einzuordnen und zu verstehen!

Liebe Hexe Digitalia,

Ja, was soll die Haarspalterei? Die Frage ist hier halt mal aufgeworfen worden. Und die Suche nach einer Antwort gehört, wie Klavierspielen, zu den zweckfreien und vergnüglichen Betätigungen, jedenfalls für den, der sich, wie sicherlich wir beide, nicht der "Ey, was soll der Scheiß" - Fraktion zurechnet. Und nein, ich habe kein Problem (Ober)österreicher und Tiroler zu verstehen, denn ich bin (ein randständiges) Mitglied derselben Sprachfamilie, der sie zugehören; schon deshalb lag es mir völlig fern, ihnen normativen Sprachunterricht erteilen zu wollen: ich bin nicht Deutschlehrer, sondern Sprachbeobachter.

Ich bin der Überzeugung, dass die Sprachentwicklung schlichtweg nicht immer logischen Regeln oder Begründungen folgt!
Da braucht es keine Überzeugungen, denn das ist nachprüfbar. Phonologische und morphologische Prozesse verlaufen durchaus regelhaft, wie u.a. die Indogermanistik seit 150 Jahren nicht müde wird zu zeigen. Mit der Bedeutungsentwicklung ist es klärlich anders, aber auch sie folgt bestimmten Trends, z.B. dem Metaphorisierungs- und Metonymisierungspfad. Aber es ist völlig ausgeschlossen, daß wir es beim Übergang vom "Pianino" (dieser Begriff muß ja zunächst mit der Sache nach Deutschland gekommen sein) zum "Klavier" mit Bedeutungsentwicklung oder etymologischen Prozessen zu tun haben, wie es etwa bei der Relation von "Klavier" zu seiner Ableitungsbasis der Fall ist. Der Übergang kann nur Ergebnis einer arbiträren Entscheidung sein. Die MGG verweist darauf, daß dieser Wechsel bei den dt. Klavierherstellern ab 1850 stattfindet, und ich habe keinen Anlaß, an dieser durch und durch seriösen Quelle zu zweifeln. Ich habe über möglich Gründe des Wechsels spekuliert; ein weiterer könnte der von PianoPuppy genannte sein, daß "Pianino" eine peiorative Konnotation hat. Da hülfe uns nur Quellenstudium weiter.

Daß übrigens das "Pianino" sich in der Fachliteratur länger hält, gehört auf ein ganz anderes Blatt; Fachwissenschaftler sind halt nicht leicht geneigt, jeden sprachlichen Unfug widerstandslos mitzumachen. Aber, wie unser Beispiel lehrt, sind sie gegen die Menge der Sprachnutzer machtlos. Es ist das alte, von mir in anderem Zusammenhang schon einmal angeführte sprachistorische Gesetz, das wir hier wirksam sehen: am lange Ende setzt der Prolet sich immer durch. Wäre es nicht so, hätten wir heute kein Französisch oder Italienisch oder [setzt hier Eure Lieblingssprache aus dem Romanischen ein].

Schöne Grüße,

Friedrich
 
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Liebe Hexe Digitalia,

Ja, was soll die Haarspalterei? Die Frage ist hier halt mal aufgeworfen worden. Und die Suche nach einer Antwort gehört, wie Klavierspielen, zu den zweckfreien und vergnüglichen Betätigungen, jedenfalls für den, der sich, wie sicherlich wir beide, nicht der "Ey, was soll der Scheiß" - Fraktion zurechnet....

Da braucht es keine Überzeugungen, denn das ist nachprüfbar. Phonologische und morphologische Prozesse verlaufen durchaus regelhaft, wie u.a. die Indogermanistik seit 150 Jahren nicht müde wird zu zeigen....

Der Übergang kann nur Ergebnis einer arbiträren Entscheidung sein. Die MGG verweist darauf, daß dieser Wechsel bei den dt. Klavierherstellern ab 1850 stattfindet, und ich habe keinen Anlaß, an dieser durch und durch seriösen Quelle zu zweifeln. Ich habe über möglich Gründe des Wechsels spekuliert; ein weiterer könnte der von PianoPuppy genannte sein, daß "Pianino" eine peiorative Konnotation hat. Da hülfe uns nur Quellenstudium weiter.

Daß übrigens das "Pianino" sich in der Fachliteratur länger hält, gehört auf ein ganz anderes Blatt; Fachwissenschaftler sind halt nicht leicht geneigt, jeden sprachlichen Unfug widerstandslos mitzumachen. Aber, wie unser Beispiel lehrt, sind sie gegen die Menge der Sprachnutzer machtlos. Es ist das alte, von mir in anderem Zusammenhang schon einmal angeführte sprachistorische Gesetz, das wir hier wirksam sehen: am lange Ende setzt der Prolet sich immer durch. Wäre es nicht so, hätten wir heute kein Französisch oder Italienisch oder [setzt hier Eure Lieblingssprache aus dem Romanischen ein].

Schöne Grüße,

Friedrich

Lieber Friedrich,

vielen Dank für deinen äußerst aufschlussreichen Beitrag! Ich bin kein Sprachwissenschaftler und will daher auch keine sprachwissenschaftlichen Theorien aufstellen!

Deine Äußerungen finde ich absolut überzeugend! Wahrscheinlich hast du auf dem Gebiet der Sprachentwicklung sehr gute Kenntnisse! Ich bin lediglich "Sprachnutzer" und "Sprachanwender" (mit Hochschulabschluss für Übersetzen und Dolmetschen); habe letztendlich hinsichtlich der Begriffsverwendung Klavier/pianino lediglich meinen persönlichen Eindruck wiedergegeben und etwas spekuliert (durch googelnde Erkenntnisse unterstützt).

Die von PP aufgeworfene These, dass der Begriff Pianino sich im deutschen Sprachraum möglicherweise nicht durchgesetzt hat, da er aufgrund der grammatikalischen Verkleinerungsform ungünstig und pejorativ besetzt sein könnte, erscheint mir auch schlüssig. Vergleicht man das angloamerikanische grand piano (Flügel) mit einem pianino, so nimmt sich der Vergleich rein sprachlich äußerst ungünstig aus!

Was die Klavierhersteller betrifft, so müssen diese wahrscheinlich - international - marketingbedingt etwas linguistische Prestigekosmetik betreiben, um auch die "Senkrechtklaviere" mit entsprechendem Nimbus verkaufen zu können. Schade, dass immer "Kleider Leute" bzw. "Produktbezeichnungen Qualitätsprodukte" machen müssen!:D

LG

Debbie digitalis
 
Neue Thesen zu den Ursachen

3. Wo die Ursache dieser falschen und unpraktischen Begriffsverwendung liegt, konnte hier von den vielen engagierten Fachleuten leider nicht geklärt werden.

Meine Feststellung am 14. Oktober in Beitrag #16 war voreilig. Inzwischen gibt es weitere Thesen, woher die Unsitte "Klavier" als Synonym für "Pianino" zu verwenden, stammen könnte. Dies ist vor allem den Beiträgen von Debbie digitalis, Friedrich und Piano Puppy zu verdanken. Danke auch an Styx für seine herrliche Doppelconférence zum Klavierkauf.

Die neuen Thesen aus den jüngeren Beiträgen:

1. In der musikalischen Fachliteratur wird die richtige Bezeichnung "Pianino" verwendet.
2. "Pianino" dürfte in Deutschland seltener verwendet werden als in Österreich.
3. Die Bezeichnung "Pianino" könnte (möglicherweise wegen der Verkleinerungsform) auch als leicht pejorativ empfunden werden. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass mehrere Klavierhersteller ihre Pianinos nicht als solche, sondern als "Klaviere" oder "Pianos" bewerben.
4. Die fachlich korrekte Terminologie der Fachleute unterliegt der Übermacht der fachunkundigen Sprachnutzer.

Mit der 3. These dürfte sich meine Vermutung, wonach die missverständliche Bezeichnung "Klavier" für "Pianinos" aus dem Bereich der Klavierhersteller selbst stammt, erhärten.
These Nr. 4 dürfte hingegen nicht zutreffen: Menschen, die mit Klavieren nichts zu tun haben, ist der (bautechnische) Unterschied zwischen Flügel und Pianino unwichtig. Hingegen steht die Unterscheidung zwischen Klavieren und anderen Musikinstrumenten für Fachunkundige im Vordergrund.

Meine These:

Klavierhersteller, die nur Klaviere und keine anderen Musikinstrumente erzeugen, brauchen im Produktionsbereich den Überbegriff "Klavier" nicht. Im Produktionsbetrieb ist die Doppeldeutigkeit des Begriffes "Klavier" auch kein Problem. Dass Flügel auch Klaviere sind, weiß dort sowieso jeder. Der frei gewordene Begriff kann nun für Pianinos verwendet werden. Vorteil: Man braucht nur zwei statt drei Begriffe. Außerdem ist "Klavier" nur halb so lang wie "Pianino". Irgendwann findet der interne Sprachgebrauch Eingang in die Prospekte und fertig ist die Verwirrung.

Was hält Ihr - vor allem auch die Klaviermacher - von meiner These? Hält sie Euren Falsifizierungsversuchen stand?

Grüße aus Wien
Roman
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Uups -wieder was gelernt...

also: bisher war ein Klavier für mich ein Klavier und ein Flügel eben ein Flügel. Dass letzterer im englischsprachigen Raum als "Grand piano" bezeichnet wird, habe ich auch erst in den letzten Monaten realisiert. Und den Begriff "pianino" kannte ich bisher überhaupt nicht! Bestenfalls den Begriff Klaviano; als (Marken-)Bezeichnung meines unsäglichen Jugendklaviers.

Und was nutzt mir das jetzt?:rolleyes:

Grüße
Barbara

PS: und ein Feudel ist ein Putzlappen und ich bin ein Pfannkuchen
 
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[...] die Unsitte "Klavier" als Synonym für "Pianino" zu verwenden[...]

Naja, zunächst solltest du dich mal von der Einstellung befreien, daß es Unsitte ist, das Pianino Klavier zu nennen - wie wir ja hier in diesem Faden sehr gut sehen können, ist es zumindest in Deutschland durchaus Sitte. ;)

1. In der musikalischen Fachliteratur wird die richtige Bezeichnung "Pianino" verwendet.

In der Fachliteratur wird unter anderen Begriffen Pianino verwendet, man findet auch Piano und Klavier. So findet man Bücher mit Titel wie "Piano- und Flügelstimmung", "Piano- und Flügelbau" etc.

Friedrich schreibt ja auch in seinem Beitrag, wenn ich das richtig verstanden habe, daß die Begriffe Klavier bzw. Piano für die Bezeichnung des aufrecht stehenden Klaviers mittlerweile auch Eingang in die Enzyklopädien gefunden haben. Also handelt es sich dann wohl ganz amtlich um richtige Bezeichnungen und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis das Pianino gänzlich aus der Fachliteratur verschwindet.

LG, PP
 

Was es dir nutzt, kann ich nicht sagen. ;)

Ich fand die Diskussion um die Begriffe ganz interessant und habe daraus gelernt, daß die Verwendung von Klavier zur Bezeichnung eines Pianinos eben nicht falsch ist. Und ich weiß nun, daß ich in Deutschland sofort meine Herkunft verrate, wenn ich dort in ein Fachgeschäft gehe und nach Pianinos frage. :D:D:D

LG, PP
 
Diese Diskussion erinnert mich an die Bezeichnungen "Marmelade" und "Konfitüre":

Fast alle, die ich kenne, frühstücken Marmelade, und meinen damit eben süßen Frucht-Brotaufstrich. Fachlich korrekt ist das aber Konfitüre, das hat sich im Alltag aber nicht so recht durchgesetzt. Marmelade (fachlich korrekt) ist ausschließlich für Orangen-Marmelade vorbehalten...

Anscheinend gehen hier die fachlichen Bezeichnungen mal wieder (?) an der Alltagssprache vorbei.

Ein Klavier, ein Klavier,....Mutter wir danken Dir!

Barbara

Nachtrag: Ich habe auch noch nie von jemanden gehört, er/sie spielt "Flügel" oder "Piano"... die Leute spielen Klavier. Nach meiner Wahrnehmung ist "Klavierspielen" wesentlich verbreiteter als "Flügel-Spielen" oder Piano-Spielen oder Pianino-Spielen. Wobei, das spricht dann wieder für den Oberbegriff "Klavier". Ja, ja Sprache...ist schon spannend!
 
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Ein Pianino als ...

... "Klavier" zu bezeichnen, um es vom Flügel zu unterscheiden, ist genau so richtig, wie einen Apfel als "Obst" zu bezeichnen, um ihn von der Birne zu unterscheiden.

Friedrich schreibt ja auch in seinem Beitrag, wenn ich das richtig verstanden habe, daß die Begriffe Klavier bzw. Piano für die Bezeichnung des aufrecht stehenden Klaviers mittlerweile auch Eingang in die Enzyklopädien gefunden haben. Also handelt es sich dann wohl ganz amtlich um richtige Bezeichnungen und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis das Pianino gänzlich aus der Fachliteratur verschwindet.

Daher ist es eine Unsitte (= schlechte Angewohnheit ).

Grüße aus Wien
Roman
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nachtrag: Ich habe auch noch nie von jemanden gehört, er/sie spielt "Flügel" oder "Piano"... die Leute spielen Klavier. Nach meiner Wahrnehmung ist "Klavierspielen" wesentlich verbreiteter als "Flügel-Spielen" oder Piano-Spielen oder Pianino-Spielen. Wobei, das spricht dann wieder für den Oberbegriff "Klavier". Ja, ja Sprache...ist schon spannend!

Ich spiele aber lieber auf einem Flügel als auf einem Pianino Klavier. ;)

Ansonst ist es recht logisch, daß man für die Bezeichnung dieser Fertigkeit den Oberbegriff Klavier verwendet - immerhin kann man ja, wenn man es mal gelernt hat, sowohl auf einem Pianino als auch auf einem Flügel spielen.

Pianino wird übrigens in Österreich ganz normal verwendet - eigentlich sehen wir darin keinen dezidierten Fachbegriff. Ganz abgesehen davon, finde ich es aber nicht gänzlich abwegig, wenn in einem Klavierforum, die Fachsprache des Klavierbaus diskutiert wird.

Marmeladen und Konfitüren gehören da wohl eher in die Plauderecke. ;)

LG, PP
 

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