Fragen über Fragen...

Weil sie einen absoluten Tiefpunkt des Orgelspiels markieren. Im schlimmsten Fall sind hier ohne jeden künstlerischen Anspruch kleine Kadenzen und Präludien nach Tonarten sortiert aneinandergereiht, mit 4, 8 und 16 Takten.

Die Sätzchen lassen sich gerade in der vorkonziliaren katholischen Liturgie als Lückenfüller verwenden...es dudelt halt. Von der Struktur her sind es meistens 4stg. Sätze, die wie ein Choralsatz ohne Choral klingen. Oder Miniaturabschnitte aus größeren Stücken, die aus dem Zusammenhang gerissen sind.

Fast jeder Verlag hatte so etwas im Angebot. Irgendwo habe ich z.B. Tongers Taschenalbum f. Orgel herumliegen.

Im besten Fall finden sich - je nach Herausgeber - durchaus brauchbare Stücke mit etwas angestaubtem Charme, das ist aber eher die Ausnahme.

Grüße
Axel
 
Für Organisten, die nicht das Glück haben, sich hauptberuflich mit Musik beschäftigen zu können und Zeit und musikalische Fertigkeiten beschränkt sind, sind solche Sammlungen vielleicht ganz brauchbar?

Wie siehts aus mit Ariadne Musica und dem Musikalischen Blumenstrauß von Fischer? Oder diversen Sammlungen für "Landorganisten"?

Was hältst du von Komponisten wie Drischner, Brosig, Führer, Knecht?

Welche Komponisten kann man deiner Meinung nach bei der Beschäftigung mit Orgelmusik getrost auslassen?

Danke.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Au weia, da hab ich mich in etwas hineingeredet...

Auf keinen Fall möchte ich den Stab über einen komponierenden Kollegen brechen, von dem ich nur einen Bruchteil der Stücke kenne, das wäre höchst unfair.

Ich denke, es gibt auch künstlerisch hochstehende Literatur, an der man sich nicht totübt, was tatsächlich für viele Nebenamtler kaum machbar ist.

Eine Abdeckung aller Tonarten wertet natürlich nicht die kompositorische Qualität ab, man denke nur an das WTK von Bach. Da könnte Fischer sogar als Vorbild gedient haben. Zumindest lag die Technik in der Luft, da andere Stimmungssysteme "in" wurden. Fischers Präludien und Fughetten sind im Gottesdienst sehr brauchbar, würde ich nur empfehlen.

Knecht (*1756!) entschädigt uns doch dankenswerterweise dafür, dass Mozart und Haydn so wenig für Orgel geschrieben haben. Das ist doch oft sehr charmant und unterhaltsam und absolut auf der Höhe der Zeit. Von ihm gibt es tatsächlich auch eine Sammlung "Cäcilia" mit Stücken durch verschiedene Tonarten. Die Neuausgabe hat einer meiner ehemaligen Professoren besorgt.

Von Führer kenne ich kaum etwas. Das, was ich gesehen habe, würde mich nicht dazu verleiten, etwas von ihm zu spielen.

Bei Brosig mag einiges etwas konservativ sein, aber solide gemacht ist es immer. Ich habe nur ein sehr nettes Präludium in D von ihm gespielt. Sicher alles nicht revolutionär, aber nett.

Über Drischner bin ich mir nicht im Klaren. Diese quasi barocken Stücke kommen natürlich 200 Jahre zu spät, sind somit eher epigonal. Immerhin gibt er sich in der Schlichtheit nicht schwülstig. Erklärbar sicher durch seine Begegnung mit barocken Orgeln, die zu seiner Zeit eine wirkliche Entdeckung waren. Spielen kann man das sicher.

Auf meiner Homepage gibt es ein paar Empfehlungen mit leichter Literatur für den Unterricht und natürlich auch für den Gottesdienst: Axel Wilberg, Organist, Cembalist und Chorleiter

Eine ganz nette und nicht teure Sammunlung ist H. P. Braun, Orgelspielen mit Hand und Fuss. 13 oder 14 Hefte mit leichten Stücken für 100,-

Grüße
Axel
 
super, vielen dank für die empfehlungen auf der website. etliche hefte davon habe ich seit kurzem in meiner sammlung, jetzt gehts ans üben. :)
 
@Axel:

Vielen Dank für deine Einschätzungen der "Dorfschullehreralben".

Vor allem aber finde ich deine Homepage sehr informativ, und insbesondere deine Konzerttätigkeit sehr beeindruckend!!
Meisterkurse bei Koopman, Laukvik usw. - Mann-O-Mann!

Schön, dass es in diesem Forum einen Orgel-Hochkaräter wie dich gibt!
 
@Mindenblues: oh bitte - wir kochen alle mit Wasser, aber schön, wenn auf der Page ein paar Infos nützlich waren.
 
Schön, dass es in diesem Forum einen Orgel-Hochkaräter wie dich gibt!

Lieber Axel.

das finde ich auch! :) Beim Stöbern auf deiner Homepage bin ich über den Beitrag bzgl. Orgelschulen gestolpert. Das interessiert mich! In der Klavierpädagogoik hat sich ja viel getan in den letzten Jahrzehnten, auch bei neuen Schulen.... .

Ist das also bei Orgel nicht so? Und wenn, warum nicht? Ist Orgelunterricht eher seltener gewünscht?

Danke und liebe Grüße

chiarina
 
Ja, durchaus. Nach meinem Eindruck wird Orgelunterricht immer weniger gewünscht, was sicher auch am schlechten Image der Kirchen liegt. Damit ist der Markt - ähnlich wie für Cembalo - verschwindend klein.

Aber es gibt sicher noch andere Problempunkte:

- Orgelunterricht wird oft von Kirchenmusikern erteilt, viele haben eben nicht explizit Instrumentalpädagogik studiert und sind in dieser Materie nicht zuhause. Der Unterricht kann trotzdem toll sein, keine Frage, aber an pädagogische Konzepte denkt vermutlich keiner so schnell.

- der Anspruch ist oft geringer. Wenn es für eine Messe reicht, sind viele schon zufrieden. Dass Orgelspiel auch künstlerische Dimensionen haben kann, ist vielen Mitmenschen nicht ganz klar und eben auch vielen Orgelschülern nicht.

- technische Probleme werden oft in den Klavierunterricht verschoben. Daher fehlen auch da oft orgelspezifische Übestrategien. Zudem werden oft Kenntnisse im Klavierspiel erwartet, was den Aufwand im Bereich der Anfängermethodik minimiert.

- ein großer der Orgelmusik fällt in den Bereich "Alte Musik". Damit ist in den letzten Jahrzehnten der Anspruch an eine stilistisch differenzierte Interpretation größer geworden (Stichwort: historische Aufführungspraxis). Dem tragen viele ältere Veröffentlichungen nicht Rechnung.

Trotzdem gibt es einige neuere Schule von B. Kraus und J. M. Michel. Auch eine ehemalige Mitstudentin hat etwas in Arbeit.

Zum Orgelunterricht gab es mal einen Artikel von mir in der Musica Sacra. Einen Auszug findet man hier:
Musica sacra: Ausgabe 2007/04: Beiträge:
Leider kann ich Euch aus Copyrightgründen hier im Forum nicht den ganzen Text zur Verfügung stellen.

Schöne Grüße
Axel
 

Lieber Axel,

vielen Dank!!! Sehr aufschlussreich! Dürfen denn deine Schüler immer an der Orgel üben? Und noch kleine Off-Topic-Frage: musst du deine Cembali auch selbst stimmen?

Liebe Grüße

chiarina
 
Im Augenblick will keiner Orgelunterricht bei mir :( Da nimmt eben immer mehr ab.

Wenn ich Orgelschüler habe, können die natürlich auch in der Kirche, wo ich das organistische Hausrecht habe üben. Im Augenblick kann ich allerdings nur eine Ottilie mit II/12 anbieten. Manchmal ist es aber praktischer, wenn jemand in seinem Wohnort nachfragt.

Au ja - Cembalo stimmen müsste ich mal wieder. By the way: Ich hatte mal einen Mitstudenten, dem machte das Stimmen (quasi der Weg vom Chaos zur Ordnung) fast mehr Spaß als das Spielen. Der durfte natürlich öfter vorbei kommen.

Grüße
Axel
 
Im Augenblick will keiner Orgelunterricht bei mir :( Da nimmt eben immer mehr ab.

Oh, Mist!!! Aber stimmt - heute gehen ja kaum noch Leute/Jugendliche in die Kirche und hören deshalb nicht, wie toll Orgelmusik (bei einem guten Organisten) sein kann.


Au ja - Cembalo stimmen müsste ich mal wieder. By the way: Ich hatte mal einen Mitstudenten, dem machte das Stimmen (quasi der Weg vom Chaos zur Ordnung) fast mehr Spaß als das Spielen. Der durfte natürlich öfter vorbei kommen.


Es gibt beim Cembalo-Stimmen auch den Weg von der Ordnung ins Chaos! :D:D Ich musste nämlich früher, wenn ich mal Cembalo gespielt habe, dieses auch stimmen - ohne irgendwelche Vorkenntnisse. Es hat zwar irgendwie geklappt, aber...........................................!!! :D

Lernt ihr sowas im Studium?

Liebe Grüße

chiarina
 
Ja, es gab ein Cembalo-Seminar, da kam alles von Stimmen über Kiele tauschen bis hin zu Methodik und Didaktik des Cembalounterrichts vor.

Am einfachsten ist es mit einem Stimmgerät, schnell die Stimmung in einer Oktave in der Mitte legen und den Rest beistimmen. Mein Tip: immer eine alte Stimmung nehmen. Gleichstufig temperiert klingt ein Cembalo immer verstimmt.

Grüße
Axel
 
Ja, es gab ein Cembalo-Seminar, da kam alles von Stimmen über Kiele tauschen bis hin zu Methodik und Didaktik des Cembalounterrichts vor.

Am einfachsten ist es mit einem Stimmgerät, schnell die Stimmung in einer Oktave in der Mitte legen und den Rest beistimmen. Mein Tip: immer eine alte Stimmung nehmen. Gleichstufig temperiert klingt ein Cembalo immer verstimmt.

Grüße
Axel


Danke, Axel. So hatte ich es auch gemacht. Auf Anweisung meiner damaligen Lehrers, der eigentlich Organist und Cembalist war. Nun ja.......... :D . Aber es ging. :p

Liebe Grüße

chiarina
 
Hi Leute,

so ich melde mich mal wieder zurück.
Orgelunterricht habe ich immernoch :D Ich spiele zur Zeit hauptsächlich vierstimmige Choräle, was nicht so leicht ist aber alles in allem schon schön ist wenn es dann endlich klappt, auch wenn ich sehr wenig Zeit zum Üben habe. Ab und zu spiel ich auch Choralintonationen von Bach wie "Nun singet und seid froh" oder auch andere Werke z.B. von Zipoli "All Offertorio" oder seine Pastorale.
Nun habe ich folgendes "Problem": Mitte Januar findet ein Vorspiel vom vierstündigen Musikkurs statt. Dieses Vorspiel zählt wie eine Klausur, und in der Kursstufe zählt jede Klausur bereits zum Abitur :o Nun wollte ich fragen ob ihr ein paar Tipps gegen Aufregung und Nervosität habt, weil es kann gut sein dass ich auf den Tasten und Pedalen dissonante Dreiklänge erzeuge wenn die Lehrer und die par Mitschüler rund um den Spieltisch stehen und mir auf die Hände und Füße starren :D

Schon mal im Vorraus Danke für die Antworten,

Gruß orgeljonny.
 
das würde ich an deiner Stelle nicht zulassen!
Die Leute sollen sich setzen, entweder auf die Empore, sofern die Orgel auch da ist und sie dich unbedingt sehen wollen, oder runter ins Kirchenschiff.

Ich gehe davon aus, dass es bei einem Musikkurs genauso gehandhabt wird wie z.B. bei einer Orgel-C-Kurs-Prüfung oder bei einem Orgelworkshop, wie er z.B. in Minden jedes Jahr im November an der historischen Orgel in der Martinikirche mit namhaften Professoren stattfindet (letztlich war Prof. Ludger Lohmann da - genial der Mann, der Workshop, sein Orgelspiel!):

In diesen Fällen geht es nämlich gar nicht darum, den besten und ausgewogensten Orgelklang zu erleben, sondern stattdessen den Kandidaten an der Orgel auch noch im Blick zu haben, Körperhaltung, Handhaltung, usw.!

Will sagen, dem kann man sich nicht entziehen. Oder besser gesagt, wenn das Orgeljonny nicht zulassen würde, würde er nicht zugelassen...

Auch im "wahren Leben" nach Prüfungen kann man sich dem nicht entziehen. Zum Beispiel, wenn Posaunenchor und Orgel gleichzeitig auf der Orgelempore postiert sind, und man auf der Orgel was abliefern muß während der Posaunenchor däumchendrehend meist auch nix besseres zu tun hat als einem auf die Finger zu glotzen! Also an solche Härten gewöhnt man sich eben, dauert nur leider seine Zeit.

Nun habe ich folgendes "Problem": Mitte Januar findet ein Vorspiel vom vierstündigen Musikkurs statt. Dieses Vorspiel zählt wie eine Klausur, und in der Kursstufe zählt jede Klausur bereits zum Abitur :o Nun wollte ich fragen ob ihr ein paar Tipps gegen Aufregung und Nervosität habt, weil es kann gut sein dass ich auf den Tasten und Pedalen dissonante Dreiklänge erzeuge wenn die Lehrer und die par Mitschüler rund um den Spieltisch stehen und mir auf die Hände und Füße starren :D

Ich weiß auch aus eigener Erfahrung, wie besch... es sich anfühlen kann, wenn so 30 Augenpaare auf einen gerichtet sind und man vor berufenen Leuten versucht, sein bestes an der Orgel zu geben...

Hatte z.B. mal Arbeitskollegen aus Indien zu Besuch, die in ihrer Freizeit nach der Arbeit auch das Leben hier kennenlernen wollten. Habe sie also als erstes in die Kirche an die Orgel abgeschleppt. Als sie jedoch ihre Videokamera herausholten und aus so gefühlten 30cm Abstand die Hände gefilmt haben, wurde mir beim Spielen auch etwas anders zumute, sodass in ihrem Video wahrscheinlich gewisse Unschärfen an den Fingern zu sehen waren...:roll:

Habe keinen Geheimtipp, leider. Aber was hilft, ist zum einen nicht nur Unterricht, wo eben der Lehrer den starren Blick einsetzt, sondern auch ein kleines privates Konzert vor der Familie/Freunden, die wirklich daneben sitzen.
Und eben den Kram soweit verinnerlichen, dass man ihn auswendig spielen kann (die Noten dann trotzdem vor der Nase beim Musikkurs).
Weiß nicht, ob das was hilft, aber ich wünsche alles Gute für die Klausur im Januar, Orgeljonny!
 
So,
nun habe ich mich mit meinem Orgellehrer auf die Stücke, die ich beim Vorspiel vortragen werde geeinigt.

1. Nun singet und seid froh - J.S. Bach
2. Großer Gott wir loben dich (Intro) - Komponist unbekannt
3. All Offertorio - Domenico Zipoli

Ich hoffe, dass das dann im Januar klappt und ich ne gute Note raushauen kann :D

MfG orgeljonny
 

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