Demutspfeife

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Sagt mal, liebes Orgel-Volk, hat jemand schon mal von der Existenz einer "Demuts-Pfeife" gehört?

In der Sendung vom 25.10.2010 des WDR5 "Leolabor" erwähnte der Redakteur Sascha Ott in dem Beitrage über Infraschall dass im Kölner Dom eine sogenannte Demutspfeife existieren würde, deren Frequenzgang von 16 Herz (Sub-Contra-C) eher als tiefes Drücken denn als Ton erlebt würde.

Daraufhin habe ich mich mit Ulrich Brüggemann, dem Domorganisten zu Köln in Verbindung gesetzt, der aber von dieser Pfeife noch nie etwas gehört hatte.

Ich finde wirklich sehr wenig über diese 16 Herz erzeugenden 10 Meter hohen Orgelpfeifen, deren Ton mit den Ohren nicht mehr wahrnehmbar ist aber der sehr "drückend" empfunden wird, weil er durchaus mit dem Körper spürbar ist.

Damit soll den Gläubigen die rechte Gottesfurcht mit Infraschall eingeflößt werden.

Ähnliche Gruselmomente werden im übrigen beim Film durch Infra-Schall erzeugt.

Also, liebe KollegInnen? Wisst ihr darüber mehr und habt dazu Literaturtipps?

Vom WDR habe ich im übrigen keine Antwort erhalten auf meine Nachfrage, woher Herr Ott denn seine Informationen bezieht!

Alles Liebe


Viola
 
Hallo Viola,

die 16 Hertz gibt es beim tiefsten Ton eines 32' (32-Fuss) Registers. Bei Registern gibt die Pfeifenlänge des tiefsten Tones der Tasten oder Pedale (=Großes C) an, ob die Tonlage nach oben oder unten über eine oder mehrere Oktaven oktaviert ist. 8' entspricht der üblichen Tonhöhe, 16' eine Oktave drunter (octava bassa), 32' eintsprechend zwei Oktaven drunter. Nach oben gehts dann 4', 2', 1'.

32' Fuss Register kommen bei großen Orgeln vor, so bestimmt auch im Kölner Dom. Bach hat sich ein solches Register für den Umbau einer seiner Orgeln gewünscht (hab es gerade nicht zur Hand, welche), um dem Klang mehr Gravität zu verleihen. Mit Demut verbinde ich das nicht gerade. Vor allem Zungenregister wie eine 32' Posaune werden eher als Ballermänner eingesetzt.

Viele Grüße,
Kristian

P.S. Es soll sogar Orgeln mit 64' geben, das geht dann bis 8 Hz runter.
 
die 64' register gibt's insgesamt meines Wissens nur 2 (!!!) mal auf der Welt.
Altenberg zählt nicht dazu da dieses Register meines Wissens eine offene 32'pfeife.


64' register:
Sydney Town Hall
Board walk hall in atlantic city



es gibt nur 2 weil das die einzigen VOLL ausgebauten Register sind. andere sind Auszüge bzw. Mixturen (2 Register die so einen ton erzeugen)



lg
carsten


p.s. im Kölner Dom gibt's ein Register voix baneale(oder so) das ist ne Mixtur aus nem großen 32' und nem anderen. aber kein echtes 64' Register. aber dort könnt der ton entstehen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
p.s. im Kölner Dom gibt's ein Register voix baneale(oder so) das ist ne Mixtur aus nem großen 32' und nem anderen. aber kein echtes 64' Register. aber dort könnt der ton entstehen.

Ja, davon habe ich auch gehört. Es handelt sich anscheinend um einen sog. akkustischen 64', der daraus entsteht, dass eine rein gestimmte Quinte einen Differenzton hervorbringt, der eine Oktave unter dem unteren Quintton liegt. (Ein Streicher sollte dies Phänomen kennen.)

[EDIT: von einer Demutspfeife habe ich noch nie gehört, und fände es gewiss nicht im Sinne einer Kirchenorgel, der Gemeinde auf bedrückende Weise Demut einzuflößen.]

Ciao,
Mark
 
meines wissens gibts das reghister nicht oft....
 
Nun ja, danke alle ihr da draußen, aber mir geht es hierrum:

1. Terminologie "Demustpfeife" - woher kommt diese Bezeichnung, ist sie in der Literatur belegbar, gibt es so eine Pfeife, wo "Demut" eingraviert ist (oder so etwas...)

2. Wo gibt es so eine Pfeife, die so einen Namen trägt.

Dass es viele tolle Register gibt ist schon klar. (Das mit den Walen fand ich sehr interessant ...)

Also, ich freue mich um fleißige Recherchen und Leute, die darüber schon mal etwas gehört haben, wo man nachschlagen kann!

;)
 

das so ein register nicht existiert ist glaub ich klar...ist also ne doofe erklärung für die pfeifen die das können...ich sag nur "Büßer-C" die geschichte krenn ich auch und ist erstunken und erlogen ,weils die bezeichnung nie gab und geben wird
 
si non e vero, e ben trovato...
 
Also ich hab einfach mal gegoogelt und folgendes gefunden:

http://forum.orgel-information.de/viewtopic.php?p=2510&sid=27c311c0f942b61cdcd3dfaee2896c93

Anscheinend ist die Demutspfeife der Hans-Heinrich Daniel Jägermeier unter den Orgelregistern.;)


Ja, aber offenbar geht es dort nur um die Registerbezeichnung. Daß "Demutspfeife" im Web nicht nachweisbar ist, ist zunächst kein Beweis. Es könnte natürlich einfach eine informelle Scherzbezeichnung sein, die eine Zeitlang im Umlauf war und jetzt obsolet ist, so wie etwa die bekannte Fuge C-Dur von Goerg Böhm in der Nazizeit wegen ihres Themas salopp das "Heil-******-Stück" genannt wurde (von den Organisten, nicht von den Nazis!).

Daß es so tiefe Register unter anderem Namen, wie etwa dem hübschen "Vox Balaenae", Stimme des Wals, existieren, hat ja u.a. dieser Faden selbst gezeigt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wunderbar, ein Witz also, dem der WDR5 in seinem Wissenschaftbericht bei Leolabor aufgesessen ist! So kann also auch Pseudo-Wissen in Umlauf gebracht werden. Wenn es nicht doch auch einen gewissen Sinn hinter diesen Behauptungen geben würde, wäre es leichter zu durchauen gewesen.

Wahrscheinlich war dann der Gesamtbericht, in dem dargelegt wurde, dass sich Elefanten mit Infraschall über Distanzen von bis zu 10 km unterhalten auch ein Fake. Ich konnte mir das sowieso nicht so recht vorstellen, da ja die Energie, die gebraucht wird um so tiefe Töne laut zum Klingen zu bringen dermaßen hoch sein muss, dass das ein Elefant meines Erachtens damit überfordert wäre...

Danke an alle!
 
Ja, davon habe ich auch gehört. Es handelt sich anscheinend um einen sog. akkustischen 64', der daraus entsteht, dass eine rein gestimmte Quinte einen Differenzton hervorbringt, der eine Oktave unter dem unteren Quintton liegt. (Ein Streicher sollte dies Phänomen kennen.)

Hallo Klimperer!

Kannst du auf die Problematik "künstlich erzeugter 32' bzw. 64'" bitte mal näher eingehen? Welche Töne werden verwendet? Welche Register brauche ich? ....

LG giovannini
 
Hallo,

Mein Verständnis (ich lasse mich aber gern korrigieren):

Es wird zu dem jeweiligen Ton die Quinte (nach oben) hinzugefügt. Beispiel: wenn ich das Contra-C mit 16' spiele und das Contra-G hinzufüge, so ertönt als Differenzton das Subcontra-C (32'), welches im Instrument eigentlich gar nicht vorhanden ist.

Merke: dieser Effekt funktioniert nur dann wirklich gut, wenn die Quinte
a) astrein gestimmt ist und
b) nur in dem einen Register (hier: 16') gespielt wird.

Sobald die Quinte Schwebungen hat, und vor allem wenn allerhand zusätzliche Register und Koppeln gezogen sind, so hört man (ich zumindest), dass der Organist einen zweiten Ton (Quinte) im Pedal spielt. Wenn also die besagte Quinte (und der resultierende Differenzton) nicht nur im 16' sondern auch im 8', 4', 2' etc. ertönt, wird das Ganze dann doch recht dick - es klingt m.M.n. schlechter als ohne die Zusatzquinte.

Auch sollte der obere Ton (also die Quinte) m.W. nicht so laut sein wie der untere, wenn der Effekt wirklich zum Tragen kommen soll.

Ciao,
Mark
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke Mark, für deinen Aufschluss.

Dass bringt mich einiges weiter, werde das am WE mal ausprobieren.

Zu den verschiedenen Lautstärken der beiden Töne: Das heißt also, ich soll zB. das C im Pedal spielen und das G im Hauptwerk.? Beides mit Registern gleicher Fußzahl.?

Gibts da ne richtige Fachbezeichnung?

Dumme Frage noch zum Schluss: Nach oben geht sowas ni oder?

LG Giovannini
 
Hallo Giovannini,

Zu den verschiedenen Lautstärken der beiden Töne: Das heißt also, ich soll zB. das C im Pedal spielen und das G im Hauptwerk.? Beides mit Registern gleicher Fußzahl.?

Der Punkt war dieser: wenn man den Differenzton im Pedal erzeugt, dadurch dass man den Grundton mit dem l. Fuß spielt und die Zusatzquinte mit dem r. Fuß, dann wirkt das oft nicht so recht, weil
a) mehrere Register gezogen sind
b) die Quinte nicht in allen Registern schwebungsfrei gestimmt ist
c) der obere Ton oft lauter ist als der untere.

Man hat für diesen Effekt, wenn er denn wirklich gut funktionieren soll, ein eigenes Register nötig, welches
a) eine reine Quinte über der längsten Pfeife des gespielten Tons erklingt (und NUR über dieser Pfeife), und
b) etwas leiser als die besagte längste Preife des gespielten Tons intoniert ist.

Was bei dir (bzw. deiner Orgel mit ihren Mitteln) am besten funktioniert, musst du halt einfach mal ausprobieren! ;) Versuch macht kluch. :D Der Zusatzton muss eine Quinte über dem Grundton erklingen - auf welchem Manual oder Register du ihn erzeugst, ist dabei erstmal zweitrangig.


Für Register mit gleicher Fußzahl? M.W. nein. Ich würd's genauso formulieren wie du.

Dumme Frage noch zum Schluss: Nach oben geht sowas ni oder?

In der Akkustik gibt es zwar auch Additionstöne, genau wie Differenztöne, aber ich habe noch nie gesehen, dass diese irgendwie instrumental eingesetzt werden - lasse mich aber wiegesagt auch hier gerne verbessern.

(Ich weiß ein bisschen was von Akkustik, ein klein wenig über Orgeln, etc. etc. - deswegen schreibe ich hier mit, aber zum Fachmann macht mich das keineswegs.:p)

Ciao,
Mark
 

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