"Klassik-Melodienraub" in der Popmusik

ok, es wäre halt fair oder zumindest informativ, wenn sich ein Hinweis auf den Plattenhüllen etc fände - aber ich weiß auch nicht, ob das da nicht doch vielleicht der Fall ist? das müsste jemand nachschauen, der die Platten hat.

Er hat ja danach als Sprecher an einer "Peter und der Wolf" CD mitgewirkt.
http://www.amazon.de/Peter-Wolf-u-Sting/dp/B000001GCF
Die gibt es bei Amazon zu kaufen, da steht ganz dick "Sting" als Werbung drauf. Die Texte hat er etwas modifiziert (kindgerecht modernisiert) und das geht nicht, wenn man nicht im Besitz der Rechte ist oder Erlaubnis hat.
D.h. er scheint ein freundliches Verhältnis zu den Rechteinhabern zu haben.
Da darf man schon vermuten, dass er das nicht einfach so kopiert hat, sondern sich vorher schon mit Prokofiev beschäftigt hat und vielleicht um Erlaubnis gefragt hat. Befreundete Musiker machen das manchmal so.

Ich denke, dass in diesem Fall solche Befürchtungen ganz einfach unbegründet oder konstruiert sind. Das kann ich als blutiger Laie mit 15 Minuten Internet Recherche feststellen, und das sollte man als Fachmann auch tun, bevor man solche Behauptungen aufstellt.
Natürlich kommt Klau oft vor, es dürfte jedoch wesentlich häufiger sein, dass Pop Musiker bei anderen Pop Musikern bewusst oder unbewusst was entleihen, als das sie das bei der Klassik tuen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
(...) bevor man solche Behauptungen aufstellt.(...)

dass Sting in seinem von mir erwähnten Song Musik von Prokovev verwendet und nebenbei einige Wirkung daraus bezieht (deshalb hat er ja dieses betont "russische" Klangbeispiel gewählt), ist keine Behauptung - es ist eine Tatsache.

vermutlich sind "andere Klangkörper" auf der Plattenhülle (im Kleingedruckten quasi) erwähnt - ich weiss es nicht, darum hatte ich eigens danach gefragt. Offenbar ließ sich diese Frage nicht mit 15 min. Internetrecherches klären - ist ja auch egal; wer die Plattenhülle/CD-Cover hat, kann´s nachschauen (wahrscheinlich ist da irgendeines der berühmten Orchester erwähnt)

ganz was anderes aber ist in diesem Beispiel grundsätzlich die "kompositorische" Verfahrensweise: den expressiven Löwenanteil an der emotionalen Wirkung hat das Prokovev-Zitat. ;) das stimmt mich in diesem Fall ein wenig nachdenklich

was das Techno-Lied mit den Polowzer Tänzen von Borodin betrifft - man könnte ihm ja zugute halten, dass es Opernmusik mal in eher wenig gewohntem Umfeld integriert hat, ohne dass die Hörer Schaden genommen haben :p

Gruß, Rolf
 
da es offenbar noch nicht gekommen ist:

lara fabian (gesang, englischer und italienischer text) und rick allison (arrangement und produktion) haben für ihr englisches debut-album von 2002 tomaso albinonis adagio in g benutzt (das wiederum eigentlich gar nicht von albinoni sondern, was kaum jemand weiß, von remo giazotto stammt (der behauptet, dass es auf einem entwurf von albinoni basiere)).

http://en.wikipedia.org/wiki/Adagio_in_G_minor
 
dass Sting in seinem von mir erwähnten Song Musik von Prokovev verwendet und nebenbei einige Wirkung daraus bezieht (deshalb hat er ja dieses betont "russische" Klangbeispiel gewählt), ist keine Behauptung - es ist eine Tatsache.
(...)
ganz was anderes aber ist in diesem Beispiel grundsätzlich die "kompositorische" Verfahrensweise: den expressiven Löwenanteil an der emotionalen Wirkung hat das Prokovev-Zitat. das stimmt mich in diesem Fall ein wenig nachdenklich

:)

gottlob bin ich nicht ganz allein mit dieser Ansicht, wie das Eingeben von "Sting Prokofiev" und "Sting Russians" bei Google ergab (ca. 5 min Internetrecherche):
Zitat:
"Musikalisch gibt Sting diesem Stück, das aus dem üblichen Popsound herausfällt, einen schwermütigen Charakter mit auf den Weg. Mehr noch, um einen Bezug zu Russland zu erreichen, benutzt er eine Originalmelodie des russischen Komponisten Sergej Prokofiev (1891-1953), die dieser für seine symphonische Suite "Leutnant Kijé" geschrieben hatte. Dieses Thema findet sich immer im instrumentalen Zwischenteil des Stingschen Stücks."
Zitat Ende.
anzumerken ist: da wird nicht nur die Melodie verwendet, sondern das, was Prokofiev da für Orchester notiert hat. :)

noch der Text zu "Russians" (1985), aus dem Album "The Dream Of The Blue Turtle"
Zitat
Russians Lyrics

In Europe and America, there's a growing feeling of hysteria
Conditioned to respond to all the threats
In the rhetorical speeches of the Soviets
Mr. Krushchev said we will bury you
I don't subscribe to this point of view
It would be such an ignorant thing to do
If the Russians love their children too

How can I save my little boy from Oppenheimer's deadly toy
There is no monopoly in common sense
On either side of the political fence
We share the same biology
Regardless of ideology
Believe me when I say to you
I hope the Russians love their children too

There is no historical precedent
To put the words in the mouth of the President
There's no such thing as a winnable war
It's a lie that we don't believe anymore
Mr. Reagan says we will protect you
I don't subscribe to this point of view
Believe me when I say to you
I hope the Russians love their children too

We share the same biology
Regardless of ideology
What might save us, me, and you
Is that the Russians love their children too
Zitat Ende

musikalische Tatsachen zu diesem Song:
- die Melodie, welche Sting singt, ist eine Variation des lyrischen Themas aus Prokovevs Suite "Leutnant Kis" (1933 komponiert, UA 1937; tatsächlich ist diese Suite Filmmusik - offenbar keine ganz unbekannte: auch Emerson, lake and Palmer haben die verwendet)
- die interpolierten/eingefügten Zitate sind aus Prokovevs Original

Konsequenz: Sting zitiert nicht nur, er variiert auch - aber in guter Absicht (um Angst abzubauen, vereinfacht gesagt, deshalb was lyrisch-russisches - zur Reagan-Zeit nicht eben völlig alltäglich)

unter dem Aspekt "filmmusik" oder "soundtrack" dürfte ein Zitieren nicht weiter verboten sein?! es gibt ja auch Wagners Walkürenritt mit Rotorblättergeräusch :p

lustig ist, dass in diversen Foren erwähnt wird, dass Prok. Sting quasi inspiriert habe - Variation und umfangreiches Zitat werden nichts erwähnt.

Gruß, Rolf

wie heisst es doch so schön:
Honi soit qui mal y pense :D
 
Der Song ist auch auf "Fields of Gold", vielleicht hat das ja jemand und kann nachsehen. Auf der offiziellen Website von Sting wird nichts näheres gesagt.
 
und im Abspann werden sämtliche Quellen aufgelistet :)

ist mir schon klar, dass man da natürlich auch zum Video kommt.
Aber nachdem ich es mir nochmals angesehen hatte, wollte ich es doch nicht in unserem friedlichen Forum stehen lassen.
Wer sich selber die Videos sucht, den kann man ohnehin nicht aufhalten - heutzutage schon gar nicht....

Liebe Grüße
Gerhard
 
vermutlich sind "andere Klangkörper" auf der Plattenhülle (im Kleingedruckten quasi) erwähnt - ich weiss es nicht, darum hatte ich eigens danach gefragt. Offenbar ließ sich diese Frage nicht mit 15 min. Internetrecherches klären - ist ja auch egal; wer die Plattenhülle/CD-Cover hat, kann´s nachschauen (wahrscheinlich ist da irgendeines der berühmten Orchester erwähnt)

Der Song ist auch auf "Fields of Gold", vielleicht hat das ja jemand und kann nachsehen. Auf der offiziellen Website von Sting wird nichts näheres gesagt.

Habe mich wieder mal als Forumsgräberin betätigt.

In den tiefsten Untiefen meiner Sammlung befindet sich die CD, so tief, daß ich sie jetzt nicht finde, aber ich kann bestätigen, daß das Original und Prokofjef unübersehbar und nicht nur als kleine Fussnote Erwähnung finden. ;)

Selbiges gilt auch für Billy Joel, der in seinem Nostalgiealbum Beethovens Pathetique verwurstet - als "Ehrung" seines Lieblingskomponisten. :D:D:D

This Night

ab 1:18

LG, PP
 
Habe mich wieder mal als Forumsgräberin betätigt.

Vielen Dank, liebe PP,

für Deine archäologischen Aktivitäten. Ich kannte den Thread gar nicht.

Zu Prokofieff/Sting kann ich nachtragen: Ein Blick in die Noten ist sehr aussagekräftig
("Sting, The Singles Collection", PVG-Ausgabe, bei Amsco Publications).
Bei "Russians" steht dort wahrheitswidrig: Words and Music by Sting.

Im Kleingedruckten wird nicht etwa Prokofieff genannt, sondern stattdessen:

Copyright 1985 by Magnetic Publishing Limited/EMI Music Publishing Limited (70%),
Boosey & Hawkes Music Publishers Limited (30%)

Boosey & Hawkes ist der Verleger der "Lieutenant Kijé-Suite" von Prokofieff.
So kann man das auch ausdrücken, und die Prozentangaben sind natürlich
für den Verleger und die Prokofieff-Erben wichtig.

Herzliche Grüße,

Gomez
 

Alles nur...

Sehr interessanter Faden, den ich leider jetzt erst entdeckt habe.

Nur bringt es wenig, sich darüber zu echauffieren - was 70 Jahre oder älter ist gilt eben als Allgemeingut und ist wohl eher als 'Ehrerbietung' gegenüber dem Komponisten aufzufassen (wenn es dem Hörer auch meist schwerfällt, selbige als solche im jeweiligen Titel zu erkennen ;) ).
Dem Otto-Normalhörer ist es doch sowieso egal - Musik ist allgegenwärtig und überall in Massen verfügbar, fast schon wie Strom aus der Steckdose. Entsprechend eben die Wertschätzung für die Komposition. [Wenn man 100 Leute auf der Strasse fragt, wer oder was gerade den ESC gewonnen hat, antworten sicher knappe 100 mit dem Namen des Landes oder des 'Künstlers' - keiner denkt daran, dass eigentlich (so war das zumindest gedacht) der Song also die Komposition gewonnen hat.]

Ich werde trotzdem, sollte ich je DEN genialen Song schreiben, ein eventuelles Zitat aus der sogenannten 'E-Musik' als solches kennzeichnen - versprochen! :D

Rein quantitativ ist das was hier in diesem Faden und auf den verlinkten Seiten an Beispielen zum Thema aufgeführt wird eher vernachlässigbar:

Weitaus bedenklicher finde ich es, wenn noch lebende Personen Ihres geistig-musikalischen Eigentums beraubt werden. Auch wenn viele Komponisten der Originale damit schon ausreiichend verdient haben, ist es keineswegs ein Bagatell-Delikt, wenn andere damit nochmals Ihren Reibach machen, und die Masse dies einfach ignoriert, weil sie mangels musikalischer Bildung den 'Schwindel' nicht durchschaut.
Aktuellstes Beispiel: Lady Gaga.
vor ein paar Jahren (und jetzt auch noch): Dieter Bohlen.
Letzterer hat Titel quasi 1:1 übernommen und seinen Namen druntergesetzt.
Plagiat-Pranger und Liste mit Songhnlichkeiten | Plagiarism and similar sounding songs

Die (kaufkraftstarke) Masse hört's einfach nicht und interessiert sich auch nicht für die Thematik. Es wird halt weiterhin konsumiert, was hip ist.

Und in 20-25 Jahren heisst's dann: "Boah eh', weisste noch ... damals ... Lady Gaga - geile Mucke! - Jetzt klauen se ja eh' alle nur noch von der..." :D

mit muhsikalischen Gruessen

Sol

PS - in diesem Zusammenhang findet Sol dies hier genial:
YouTube - ‪Die Prinzen - Alles nur geklaut‬‏ :guitar2:
 
Das hört sich für mich so an, als würdest Du das als Schindluder ansehen. Sicher sind manche Versionen total albern und hätten nicht unters Volk gebracht werden müssen. Grundsätzlich finde ich verpopte Klassik (einigermaßen vernünftig gemacht) garnicht so schlecht um junge Leute, die sonst nichts mit Klassik am Hut haben, an diese Musik heran zu führen. Manch einer hat auf diese Weise schon Spaß an den großen Klassikern gefunden :lol: :lol:
LG
Geli

Als ich dieses Thema las, fiel mir gleich das 06 Klavierkonzert No. 2. Adagio Sostenuto (Rachmaninoff) ein, dass Eric Carmen sozusagen im Lied "All by myself" mit einem "Text versehen" hat...die Melodie ist genau diesselbe...

Finde ich eigentlich schön, denn so gehen diese Meisterwerke der Klassik nicht verloren. Ich finde man sollte, wenn man Klassik mag, sie genießen und sich aber nicht total vor der "neuen Musik" verschließen.. Und deshalb finde ich diese Idee so gut es beides zu mixen...

Klassik heute, denn wir leben im 21. Jh., und da ist die Klassik leider etwas in die Ecke geraten. Ich meine, wenn z.B. Beethoven jetzt gelebt hätte, hätte er sich wahrscheinlich auch dem heutigen Stil angepasst und wäre trotzdem einzigartig. Ich verstehe aber auch die Leute, die halt die Klassik so lieben, wie sie ist (und da gehöre ich dazu, auch wenn ich vor verpopter Klassik nicht zurückschrecke, sie muss natürlich auch so wie Geli schon sagt "einigermaßen vernünftig gemacht sein"...).

Also damit die Klassik heutzutage nicht "ausstirbt", würde ich sagen, sollte man alle Wege dransetzen sie aufrecht zu erhalten. Der Zweck heiligt die Mittel... Obwohl es Beethoven gegenüber ja nicht gerecht ist... :)

Die zwiespältige Meinung einer Vierzehnjährigen
 
Auch von Offenbachs "Barcarolle" gibt es eine deutsche Fassung mit ein paar unwesentlichen Veränderungen des Originals: Aus dem Duett mit Chor entsteht eine Solonummer, das 6/8-Metrum wird in binärer Gestalt tanzbar gemacht, der französische Originaltext (den sowieso kein Mensch versteht) entfällt zugunsten einer wirklich tiefgründigen deutschsprachigen "Mässitsch", die jeder mit einem IQ oberhalb von Zimmertemperatur kapiert:
Gerd Böttcher - Adieu, Lebwohl, Goodbye - YouTube

Ein bisschen Spaß muss sein,
meint Rheinkultur:D:D:D:D
 

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