Übungen für ein weiches Handgelenk

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M!aren

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Ich habe 2 Schüler, die besondere Schwierigkeiten haben, das Handgelenk weich und locker zu halten.
Ich bespreche mit ihnen , wie man das Handgelenk in alle Richtungen drehen kann,
wie man einen Heizkörper wärmer dreht,
lasse sie mit der Hand locker winken wie eine entspannte Hundepfote,
lasse Quintsprünge machen mit übertrieben gehobenem Daumen...

Aber diese beiden tun sich extrem schwer mit der Umsetzung.
Die eine verkrampft besonders mit der linken Hand, so dass ich schon überlegt habe, ob sie vielleicht da eine ganz leichte spastische Störung haben könnte...

Wie bringt ihr euren Schülern das bei ?
Gibt es besondere Übungen, Tricks, Geschichtchen ... dazu ?

Für alle Tipps bin ich sehr dankbar !

Liebe Grüße von M!aren
 
Erzähle mal jemandem, er solle ganz entspannt auf einen Punkt sehen und dabei nicht blinzeln. Das ist praktisch unmöglich, wenn dieser Jemand kein Reptil ist. Vielleicht sind die beiden motorisch etwas gröber geartet als deine anderen Schüler oder lernen einfach langsamer und du erwartest zu viel von ihnen.

Auf jeden Fall solltest du die Handgelenke der Schülerinnen nicht problematisieren, sonst verkrampfen sie erst recht. Hebe lieber hervor, was sie richtig machen.
 
Zunächst würde mich interessieren, wie alt die Schüler sind. Bei erwachsenen Anfängern beobachte ich generell eine höhere Grundspannung - die ich persönlich schon als Ver-spannung empfinden würde, die aber bei den Betreffenden als relaxte Haltung angesehen wird. Im Laufe der Jahre bin ich da in meinen Ansichten toleraner geworden. :floet:

Regelrechte Verkrampfungen im Handgelenk treten vor allem dann auf, wenn die übrigen "pianistischen" Anforderungen zu hoch sind: Das beginnt bei Unsicherheiten mit dem Noten-Dechiffrieren und hört bei der Unabhängigkeit der Hände und bei komplexen Bewegungsabläufen der Finger nicht auf. Ein Indiz hierfür ist, wenn der Schüler ohne Kontakt zum Instrument durchaus in der Lage ist, den Arm und das Handgelenk entspannt hängen zu lassen, er aber die Spannung schon aufbaut, sobald er nur ans Spielen denkt. Da hilft nur, das manuelle Niveau herunterschrauben, sich über längere Zeit auf den Füntonraum beschränken, die Hände viel einzeln spielen lassen.

Wenn ich bemerke, daß Anfänger zu Verkrampfungen im Handgelenk neigen, verwende ich einige Zeit des Unterrichts auf "Gymnastik". Wichtig ist es nämlich, ein Bewußtsein dafür zu entwickeln, wie ich Körperspannung aufbauen und wieder abbauen kann. Hier ein paar Übungen in Stichworten (Derartiges läßt sich immer nur schwer beschreiben - vormachen ist besser):

A. Freie Übungen:

1. Schulterspannung:
  • Der Schüler steht bequem breitbeinig, das Gewicht auf beide Füße gleichmäßig verteilt, die Körperachse (einschließlich Hals und Kopf) im Lot, Schultergürtel in der Waagerechten.
  • Nun die Schultern langsam "bis zu den Ohrläppchen" hochziehen, dort halten (21-22-23) und darauf achten, wie durch die Spannung der Brustkorb eingeengt und die Atmung flacher wird.
  • Die Schultern langsam wieder absenken, über den Entspannungspunkt hinaus nach unten ziehen - in dem Bedürfnis, "mit den Fingerspitzen den Boden zu berühren". (Die Schulterblätter sollten diagonal nach unten ziehen, ohne nach hinten wegzuklappen.)
  • Ebenfalls innehalten (21-22-23) und die Spannung wieder lösen.
  • Darauf achten, daß das Lösen der Spannung kein aktiver Prozeß ist, sondern als Reflex von selbst erfolgt. Es müßte mit einem erleichterten Ausatmen einhergehen.

2. Freier Armfall:
  • Haltung wie oben. Der Schüler hebt seinen Oberarm (mehr seitlich als nach vorne) an. Der Unterarm ist dabei leicht angewinkelt, Handgelenk und Finger hängen ganz locker (zur Kontrolle kann der Lehrer die Hand leicht anheben und wieder loslassen: Sie sollte wie ein "nasser Waschlappen" zurückfallen. Die Haltespannung beschränkt sich auf den Bereich Schulter-Oberarm.
  • Nun den Arm fallen lassen und darauf achten, daß er möglichst lange ausschwingt. (Bei vielen rastet der Arm förmlich in der Nullstellung ein.)
  • Die Übung anfangs mit jedem Arm separat ausführen.

3. Armfall mit unterstützendem Abfangen:
wie vorherige Übung. Der Lehrer fängt den fallenden Arm mit den Händen ab. Der Arm muß sich schwer anfühlen und sich in Schultern und Ellenbogen ohne Einschränkung bewegen lassen. (Vor allem Erwachsene haben bei dieser Übung anfangs große - auch psychische - Blockaden, die es abzubauen gilt.)

4. "Hänneschen-Theater":
  • (Hänneschen ist eine Figur des Kölner Stabpuppentheaters, die beim Fortbewegen unentwegt mit den Armen schlenkert.)
  • Haltung wie oben, nun den Oberkörper leicht hin- und herdrehen, so daß sich die Arme durch den Schwung um den Körper wickeln.

5. Streckübung:
  • Haltung wie oben. Den Arm bis zu den Fingern ganz nach oben strecken ("Die Fingerspitzen müssen die Decke berühren").
  • Zunächst klappen die Fingergelenke weg.
  • Dann klappt das Handgelenk nach vorne.
  • Der Ellenbogen klappt nach hinten (evtl. ausprobieren, ob sich die Fingerspitzen der Hände hinter dem Rücken berühren können).
  • Der Oberarm fällt nach unten, die übrigen Gliedmaßen "klappern" hinterher.
  • Die Idee dabei: Die Spannung im Arm Stück für Stück lösen.


B. Übungen am Instrument:

1. "Fallschirm":
  • Beide Hände möglichst weit außen positionieren (ein Finger pro weißer Taste). Den Arm langsam heben, bis sich die Fingerspitzen in Höhe der Schulter befinden. Das Handgelenk sollte von Anbeginn locker hängen, also nicht während des Hebens schütteln, anheben etc.
  • Nun den Arm ebenso langsam wieder absenken. (Ich mache hier meinen Schülern klar, daß sie durch die Geschwindigkeit des Absenkens die Lautstärke beeinflussen.) Die Finger hängen (fast) senkrecht.
  • Der Mittelfinger wird als erster die Taste berühren. Den Finger in seiner gestreckten hängenden Haltung stabilisieren und die Taste herunterdrücken. Innehalten, um sich bewußt zu werden, daß das gesamte Armgewicht auf dem Mittelfinger ruht.
  • Nun mit dem vorderen Fingerglied ein wenig einknicken, so daß der Finger über den Fingernagel abrollt. Gleichzeitig Zeige- und Ringfinger stabilisieren, die nun ebenfalls die Tasten herunterdrücken. Das gesamte Armgewicht ruht nun auf den Fingern 2-3-4.
  • Jetzt erst das Handgelenk absenken. Damit bekommen auch Daumen und kleiner Finger Tastenkontakt und drücken die Tasten aus der Absenkbewegung nach unten. (Sinnvoll ist es, wenn die Außenfinger nicht aktiv arbeiten, sondern der Anschlag ausschließlich duch das Führen des Handgelenks erfolgt.
  • Nach Bendigung dieses Vorgangs müßte sich das Handgelenk automatisch im "elastischen Bereich" befinden.
  • Das Lösen der Hand erfolgt in umgekehrter Reihenfolge ("wie wenn man seine Hand aus Rührteig zieht): Durch Heben des Handgelenks lösen zunächst die Außenfinger, dann Zeige- und Ringfinger und zum Schluß der Mittelfinger. Sinnvoll ist es auch hier, innezuhalten, wenn jeweils eine Gruppe den Löungsprozeß beendet hat.
  • Man kann sich so in Fünfergruppen zu Mitte der Tastatur arbeiten. Da der Mittelinger als erster aufsetzt, sollte man sich vor dem Lösen klar machen, auf welcher Taste der Mittelfinger als nächstes landen muß.

2. "Fallschirm mit Aufsetzen der Außenfinger":
  • Derselbe Ablauf wie vorher mit dem Unterschied, daß Mittelfinger, Zeige- und Ringfinger nur Tastenkontakt aufbauen, die Tasten aber nicht herunterdrücken.
  • Erst mit Absenken des Handgelenks werden Daumen und kleiner Finger fixiert und drücken die Tasten herunter.
  • Wenn der Schüler ein Gefühl entwickelt hat für die Spannung der Außenfinger bei entspanntem Handgelenk, sollte er anschließend auch den Mittelfinger anspannen und herunterdrücken ("nachschlagende Dreiklänge").
  • Wenn man diese Übung mit beiden Händen alternierend ausführt, sollte man immer wieder ein Auge auf die nicht akive Hand werfen, ob die Finger 1-3-5 den Tastendruck aufrecht erhalten und ob Zeige- und Ringfinger ohne Druck entspannt auf den Tasten ruhen.
 
ich würde folgende Übungen ausprobieren, falls die Schüler nicht auf kölnklaviers Ratschläge anspringen:
1. "Männchen machen" (sic!)
wie irgend ein Viehlein (Hündchen, Kätzchen) die Pfoten beim "mach Männchen" hängen lässt, so sollen die die Unterarme aufwärts halten und die Hände hängen lassen.
dann die Unterarme langsam mit weiter schlappen "schlappen Händen" senken, sodass die Hände/Finger schlapp entspannt auf den Tasten abgelegt werden.
Dann irgendeinen Finger aus dem Arm (!!!) anschubsen, dass er in die Taste geführt wird (also hört man einen Ton)
JETZT dazu zwingen (hähä, ja klingt wie "schwarze Pädagogik") diesen Ton bzw. diese Taste zu halten, ABER DABEI die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Hand UND sogar der haltende Finger (nur automatischer Stützreflex) wieder schlaff auf den Tasten "abgelegt" sind.
DANN evtl wochenlang in Zeitlupe bei irgendeinem Stück exakt so von Ton zu Ton, von Griff zu Griff, diese "schlapp sein"-Übung anwenden.
--- damit könnte programmiert werden, dass jeder Anschlag in Entspannung führen muss
2. "quick release" Übung nach Feuchtwanger (also den Auftrieb der Tasten als Anreiz zur Entspannung fühlbar machen und programmieren)
3. die Armführung zur Grundlage machen:
die Finger REAGIEREN nur, sie tun nichts! Ideal wäre, wenn (egal aus welchem Winkel) Ellenbogen, Handgelenk und Fingerdruckpunkt immer eine gerade Linie bilden (spielt der Daumen, ist das Handgelenk leicht nach außen, spielt der 5. Finger, ist das Handgelenk leicht nach innen gebogen) - auf diese Weise Melodien mit den Armen führen lassen, dabei jeden Ton bewußt aus den Armen "anschubsen" oder anschieben

...aber das kann ein frustrierendes Unterfangen werden, wenn sich die Schüler querstellen und nicht kapieren wollen, worum es geht... mit Sicherheit kommen die "harten Handgelenke" von zu viel Druck und zu viel Fingeraktivität. Das kriegt man nur weg, wenn begriffen und erfühlt worden ist, dass die Arme alles steuern und dass man nicht an die Finger denken darf!!! Wer sich im plötzlich schaukelnden Bus festhalten muss, aber darüber nachdenkt, wie er das tun soll - der fällt; auch der von Ast zu Liane schwingende Affe denkt nicht über seine automatischen Haltereflexe in seinen Fingern nach, und da er das problemlos KANN, tut er das auch ohne Verspannungen.
Die Finger tun verblüffenderweise aktiv nur sehr wenig, es sieht nur so aus - die werden bewegt und die dafür zuständigen Musklen sind nicht in den Fingern und nicht in der Hand.

Gruß, Rolf

ach ja: das sollte ohne hinschauen gemacht werden (fühlen wird anfangs bei geschlossenen Augen mangels Ablenkung und infolge des Ausschaltens falscher Vorprägungen besser gehen)
 
Vielen Dank für eure Tipps, besonders die Übungen... das werde ich nächste Woche nach den Osterferien gleich mal ausprobieren !

Die Schülerinnen sind beide 11 oder 12 Jahre alt.

Die eine hat ziemlich wenig Selbstbewußtsein und versucht es "ganz richtig" zumachen... so dass ich mit netten lustigen Übungen (wie "Falschirm") wohl am weitesten komme.

Also Vielen Dank !!!


Gruß von M!aren
 

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