Fixierte Gelenke???

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PianoPuppy

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Hallo,

Eigentlich wollte ich mir das Seymour Bernstein Buch kaufen, stieß dann aber auf das Inhaltsverzeichnis und da gibt es einen Eintrag mit "Die Voraussetzung für schnelles Spiel: fixierte Gelenke" mit Untereinträgen Handgelenk, Ellbogen, Schulter. Jetzt frage ich mich, wie man überhaupt spielen soll, mit fixierten Gelenken, geschweige denn schnell? Scheinbar habe ich bis jetzt gar nichts verstanden. :confused:

LG, PP
 
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So habe jetzt noch einmal herumprobiert - der einzige Zeitpunkt wo was fixiert ist, ist genau zum Zeitpunkt des Anschlags und nur dann. Kann mir jemand erklären was S. Bernstein damit meint? Ansonst vergesse ich das Buch ganz schnell wieder, bzw. sortiere es in meinem Hinterstübchen unter Schrott ein.

LG, PP
 
Hi PP,

ich habe mir das Kapitel mal angeschaut.

Ich glaube, da steht wirklich viel falsches, zB S. 87:

"4. Bei raschem Tempi spannt man die Muskeln an, um Körper, Arme und Handgelenk zu fixieren."

Er führt vorher ein Experiment an, dass man bei langsamen Spiel mit grossen beweglichen Gesten spielen kann, während man bei schnellem Spiel diese grossen Bewegungen nicht mehr ausführen kann.

Daraus zieht er den Schluss, dass die grossen Gelenke bei schnellem Spiel fixiert werden müssen und nur noch kleinere (Fingergelenke) arbeiten sollten.

Dieser Schluss ist mM falsch, es liegt einfach daran, dass man bei immer schnelleren Auf- und Ab-Bewegungen (also der Anschlagsbewegung) mit immer kleineren Bewegungshub arbeiten muss, da ein grosser Bewegungshub zu viel Zeit kostet.

Ausserdem gibt er danach noch zusätzliche Experimente zum Beweis an, die ich jetzt mal vereinfache und abwandle und so beschreibe:

Mit den Fingern der Hand durch eine HG Bewegung zB auf einen Tisch klopfen/schlagen.
Wenn man das langsam macht, dann ist dabei der Unterarm nicht fixiert und sehr locker. Wenn man jetzt das Tempo anzieht und versucht immer schneller zu klopfen, dann bemerkt man tatsächlich, dass der Unter- und Oberarm irgendwie automatisch fixiert wird und das ganz schnelle Klopfen nur dann möglich ist.

Da hat er also mM recht.

Aber, wenn man jetzt nur mit einer Bewegung zB von 2. und 3. Fingern (oder auch mehr Finger) trillermässig klopft und hierbei das Tempo erhöht, dann wird zumindestens bei mir das HG nicht fixiert. Es kann eigentlich relativ locker bleiben. Ich kann es während dem schnellen Klopfen mit der anderen Hand sogar hochheben und bewegen.

Ich glaube also, dass er den Fehler macht, die notwendige Fixierung des Arms bei schnellen Bewegungen des HG/Hand auf das schnelle Bewegen von Fingern zu übertragen.

Bei den Fingern ist es aber anders und kann nicht übertragen werden, da sie deutlich weniger Masse haben und es nicht nur ein Finger gibt, sondern mehrere und sie sich sogar gegenläufig bewegen können.

Das Buch ist aber mM trotzdem nicht kompletter Schrott, es stehen ja noch andere interessante Dinge drin. Aber es ist sehr weitschweifig geschrieben, also wer viel BlaBla will, und da gibt es ja viele hier ;-) , für den ist das Buch richtig.

Das andere Buch "Klavier-Choreographie von Seymour Bernstein" find ich übrigens sowieso besser. Das ist einfach kürzer und prägnanter und ist eine praktische Bewegungsschule fürs Klavier mit vielen Übungen.

Gruß
 
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Das andere Buch "Klavier-Choreographie von Seymour Bernstein" find ich übrigens sowieso besser. Das ist einfach kürzer und prägnanter und ist eine praktische Bewegungsschule fürs Klavier mit vielen Übungen.

Gruß

Steht da auch was von fixierten Handgelenken drin? Wenn das ein Anfänger liest, der noch dazu autodidaktisch unterwegs ist wie AfterWorldPoetry, bringt das ganze Buch mehr Schaden als Nutzen.

Meiner Meinung nach sollten sich Leute, die autodidatkisch lernen, am Anfang ohnehin nur auf ihr eigenes Körpergefühl verlassen und darauf achten einen möglichst natürlichen Bewegungsfluss zu erreichen. Das hat bei mir wunderbar ohne Theorie geklappt.

LG, PP
 
Hi PP,

So habe jetzt noch einmal herumprobiert - der einzige Zeitpunkt wo was fixiert ist, ist genau zum Zeitpunkt des Anschlags und nur dann.

genau auch meine Meinung. So sollte es sein.

Und zwar weil das Klavier ein Schlaginstr...., oh nein das hatten wir schon mal. ;-)

Also ein anderer guter Vergleich. Das Klavier ist eigentlich eine grosse Harfe und mit den Anschlagsbewegungen der Finger zupft man sozusagen die Saiten an. Das finde ich wirklich einen schönen Vergleich/Vorstellung, der glaube ich auch beim Spielen nutzt.

Gruß
 
Hallo Bachopin,

Habe jetzt noch in das Inhaltsverzeichnis eines anderen Buchs von S. Bernstein geschaut, da spricht er von "joints of stabilization" und "relaxation myth" - ich bin mir sicher in der "Choreographie" steht ähnliches drin, das scheint sich ja wie ein roter Faden durch seine Werke zu ziehen. Diese Bücher sind nichts für einen Anfänger, der die Spreu nicht vom Weizen trennen kann.

LG, PP
 
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Liebe PP,

ich kenne leider das Buch nicht. Der für mich unselige Begriff der "Fixierung" existiert schon länger. Er ist etwas anders gemeint, als er zumeist aufgefasst wird.

Ich zitiere E. Caland:

"Wenn die Fixation die richtige ist, haben die Töne einen kristallklaren Klang; wenn gleichzeitig die Bewegungen in der von uns beabsichtigten Weise beherrscht sind, wird man nur volle, kernige und tragfähige Töne zu Gehör bringen. Wir wiederholen hier nochmals, daß, wenn (....) vom Fixieren oder Festhalten oder Festspannen geschrieben wurde, damit nie ein Steifhalten der Glieder gemeint ist. Das beherrschte Festspannen setzt stets eine gewisse Elastizität voraus. Die steife Unbeweglichkeit eines Gliedes ist niemals anwendbar; sie würde hemmend statt fördernd wirken."

Fixation wird also als volle Beherrschung der Zwischengelenke gesehen (nicht zu lose, nicht zu fest, E. Roth). Ein Beispiel dafür ist der Armschwung:

will man einen Akkord forte spielen, ohne dass er hart klingt, überträgt man ja oft durch eine Schubbewegung des Arms nach vorne, in deren Folge auch das Handgelenk nach oben geht, das Armgewicht auf die Taste. Wenn die Finger dabei nun völlig schwabbelig wie weichgekochte Spaghetti wären, würde sich aber nichts übertragen. Wie bei einer Wippe auf dem Spielplatz, bei der auf einer Seite eine schlabbrige Gummiwurst wäre - schönes Wippen :D . Ein Hebel wirkt auch nur dann wie einer, wenn er stabil ist.

Das bedeutet, dass die Finger in dem Fall wie eine Art "Eisenfinger" sind, was manche eben als "fixiert" betrachten. Letztlich geht es beim Klavier um das richtige Verhältnis von Spannung und Entspannung - nur mit Entspannung wird's schwierig! :D

Bloß mag ich den Begriff der Fixation überhaupt nicht, weil er sehr missverständlich rüberkommt. Oft wird dann viel zu viel, sowohl quantitativ als auch qualitativ angespannt und dann haben wir den Salat.

Soviel Spannung wie nötig, soviel Entspannung wie möglich wäre vielleicht besser verständlich. Der Begriff der Gelöstheit trifft es auch.

Schön drückt es G. Mantel aus:

"Der Physiologe Moshe Feldenkrais geht von der Tatsache aus, dass ein bewegtes Gelenk und damit eine Gruppe bewegter Gelenke, also auch der ganze bewegte Körper, einen höheren Grad von Innewerden besitzt als ein nicht bewegter Körperteil.
(.....) Je größer die Zahl der leicht bewegten Gelenke, desto deutlicher das Körperbewusstsein und damit desto feiner die kybernetische Steuerung der bewegung. Übermäßige Bewegung eines Gelenkes führt andererseits zur zwangsläufigen Fixierung von anderen, meist benachbarten Gelenken. (....) Unsinnig ist es jedenfalls, wenn jemand, der bewegungsmäßig gehemmt und daher mit herabgesetzter Sensibilität seines Körpers arbeitet, sich auf Künstler wie Horowitz beruft, der mit wenig sichtbarem Bewegungsausschlag, dafür aber mit einer kaum wahrnehmbaren, den ganzen Körper durchfließenden, ganzheitlichen Bewegung spielte."


Fixation sollte also niemals mit Starrheit verwechselt werden!!! Immer in Bewegung sein, fließende Bewegungen sind das Wichtigste. Starrheit ist in jeder Beziehung (wahrscheinlich tatsächlich in jeder! :p) das Ende!

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe PP,

ich kenne leider das Buch nicht. Der für mich unselige Begriff der "Fixierung" existiert schon länger. Er ist etwas anders gemeint, als er zumeist aufgefasst wird.

Ich zitiere E. Caland:

"Wenn die Fixation die richtige ist, haben die Töne einen kristallklaren Klang; wenn gleichzeitig die Bewegungen in der von uns beabsichtigten Weise beherrscht sind, wird man nur volle, kernige und tragfähige Töne zu Gehör bringen. Wir wiederholen hier nochmals, daß, wenn (....) vom Fixieren oder Festhalten oder Festspannen geschrieben wurde, damit nie ein Steifhalten der Glieder gemeint ist. Das beherrschte Festspannen setzt stets eine gewisse Elastizität voraus. Die steife Unbeweglichkeit eines Gliedes ist niemals anwendbar; sie würde hemmend statt fördernd wirken."

Na, dann schauen wir mal ob Rolf das Büchel kennt, sonst muss ich es mir jetzt allein schon deswegen kaufen, damit ich herausfinde was da hinter der Fixierung steckt. :roll:

LG, PP
 
Na, dann schauen wir mal ob Rolf das Büchel kennt, sonst muss ich es mir jetzt allein schon deswegen kaufen, damit ich herausfinde was da hinter der Fixierung steckt. :roll:

LG, PP

Liebe PP,

du kannst davon ausgehen, dass genau das damit gemeint ist, was ich im vorigen post beschrieben habe. Auch Martienssen und andere verwendeten diesen Begriff, er ist durchaus gebräuchlich.

Allerdings hatte ich gehofft, heutige Lehrbücher würden ohne ihn auskommen, weil er, genau wie du geschrieben hast, so missverständlich ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ergänzung: solche "Fixationen" sind oft Stütz- und Widerstandsbewegungen, die sehr natürlich sind, ohne dass man absichtlich irgendwelche Muskeln anspannt. Wenn du dich mit beiden Beinen vom Boden abstößt und wieder landest (Sprung), wenn du gehst u.ä., wirst du auch nicht das Gefühl haben, jetzt irgendwelche Muskeln fürchterlich anspannen zu müssen, sondern dein Körper reagiert auf die entsprechenden Einwirkungen von Schwung, Schwerkraft.... mit eben diesen Stütz- und Widerstandsbewegungen.
 
du kannst davon ausgehen, dass genau das damit gemeint ist, was ich im vorigen post beschrieben habe. Auch Martienssen und andere verwendeten diesen Begriff, er ist durchaus gebräuchlich.

Liebe Chiarina,

Ich wollte damit nicht dein Urteil anzweifeln, sondern hatte deinen Beitrag so verstanden, daß das eine mögliche Interpretation des Begriffes ist und nicht eine in der Fachwelt sozusagen festgeschriebene.

Dann meint also die Fixierung nichts anderes als die Muskelanspannung die man benötigt, um gleichmäßige, kontrollierte Bewegungen auszuführen. Fixierung/Fixation ist da wirklich ein sehr unglücklicher Ausdruck, das erinnert mich an Knochen schienen. :D:D:D

Herzliche Grüße, PP
 

Liebe Chiarina,

Ich wollte damit nicht dein Urteil anzweifeln, sondern hatte deinen Beitrag so verstanden, daß das eine mögliche Interpretation des Begriffes ist und nicht eine in der Fachwelt sozusagen festgeschriebene.

Dann meint also die Fixierung nichts anderes als die Muskelanspannung die man benötigt, um gleichmäßige, kontrollierte Bewegungen auszuführen. Fixierung/Fixation ist da wirklich ein sehr unglücklicher Ausdruck, das erinnert mich an Knochen schienen.

Herzliche Grüße, PP

Hihi, genau!!! :D

Und ich hatte deinen Beitrag auch nicht verstanden, als wolltest du mein Urteil anzweifeln, sondern wollte genau das damit ausdrücken, was du gerade so schön ausgedrückt hast, wenn jetzt endgültig alle Klarheiten beseitigt sind! :D:D:D

Liebe Grüße

chiarina
 
...fixieren...

man pflegt Tobsüchtige zu fixieren... ;) ;) ...(oder in weniger zivilisierten Breiten Delinquenten)...

der Begriff ist nicht nur arg missverständlich, sondern auch unnötig
 
doch, ich kenn´s und hab´s - - was da zu erklären versucht wird, ist aber trotzdem arg missverständlich versprachlicht... ne, ne, fixieren ist unnötig, wie jede absichtliche reglose Starrheit unnötig ist. Man kann in Gedanken einen Griff (irgendeinen Akkord z.B.) "fixieren" oder "anvisieren", aber das anschlagen/greifen/spielen kommt gänzlich ohne jede Fixation aus: weil alles in Bewegung ist, wie der Klang selber ja auch. Und für einen "Griff" (z.B. einen Akkord) genügt es völlig, sich auf die automatischen Stütz- und Greifreflexe zu verlassen (((kann man sehen: wenn die Finger nicht platt gedrückt werden und wenn das Handgelenk nicht starr ist, dann war´s ok)))
 
Also muss ich's mir nicht kaufen?!

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Hast du auch das andere Buch von ihm "mit eigenen Händen"?
 
Meiner Meinung nach sollten sich Leute, die autodidatkisch lernen, am Anfang ohnehin nur auf ihr eigenes Körpergefühl verlassen und darauf achten einen möglichst natürlichen Bewegungsfluss zu erreichen. Das hat bei mir wunderbar ohne Theorie geklappt.

LG, PP

Sehr schön ,

Ergänzung: Nicht nur Leute, die autodidaktisch lernen.

Auch und insbesonders über das Klavierspiel ist es vice versa, nebest Klavierspielen lernen, möglich, dieses Körpergefühl - falls verloren und früh aufgegeben aufgrund welcher abstrakten theoretischen Hintergründe auch immer - wiederzufinden.

Liebe Grüße
Pomurla
 
Hi,

noch eine Ergänzung:
Habe jetzt noch in das Inhaltsverzeichnis eines anderen Buchs von S. Bernstein geschaut, da spricht er von "joints of stabilization" und "relaxation myth" - ich bin mir sicher in der "Choreographie" steht ähnliches drin, das scheint sich ja wie ein roter Faden durch seine Werke zu ziehen. Diese Bücher sind nichts für einen Anfänger, der die Streu nicht vom Weizen trennen kann.

so so, du bist dir also sicher, ohne es gelesen zu haben. ;-)

"Points of stabilization" ist mM klar und ok. Die Gelenke müssen bis zu einem gewissen Grad stabilisiert sein, besonders zum Zeitpunkt der Kraftübertragung, und nicht völlig lose sein. Natürlich ist ständige (isometrische) Anspannung zu vermeiden.

Mit "relaxation myth" bezieht sich Bernstein auf die Phase in der Klavierpädagogik, wo völlige Entspannung angestrebt und gelehrt wurde (zB Breithaupt und als Vorbereiter Deppe). Das hat sich inzwischen natürlich als zu einseitig herausgestellt und das weiss auch Bernstein.

Das Bernstein Buch "Mit eigenen Händen", falls meine Meinung noch gefragt ist (als engagierter Amateur und nicht Konzertpianist ;-) ), finde ich ich auch nicht so besonders (mM etwas viel BlaBla). Das hatte ich auch schon an verschiedenen Stellen gesagt. Aber dieses Buch behandelt noch viele andere Dinge, ausser Fixiertheit (wer ist hier eigentlich fixiert? ;-) ). Man sollte diesem Buch eine Chance geben, so schlecht ist es nun mM auch wieder nicht.

Gruß
 

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