Wie langsam ist laaangsam (zum Üben)?

Die Ausgangsfrage bezog sich übrigens auf das langsame Üben bereits gekonnter Stücke zwecks Vertiefung.
(gehen wir davon aus, dass mit "bereits gekonnt" auch wirklich gekonnt gemeint ist)
das ist ganz simpel: eine Zweiminutenetüde (z.B. Skrjabin op.8,12) mit reduzierter Dynamik locker und gelangweilt, aber fehlerfrei in zweieinhalb oder drei Minuten durchspielen (also reduziertes Tempo bei reduziertem "Engagement") - und das oft genug und immer wieder.
 
2 Töne nacheinander spielen:
Ton 1 berühren, aber nichts sonst tun
Ton 2 gedanklich und nötigenfalls optisch anvisieren
dann Ton 1 spielen und sofort zu Ton 2 hinfassen (den vorausgeplanten Finger entspannt auf Ton 2 fallen lassen)
Heureka, jetzt liegt man auf Ton 2 so, wie man vorher auf Ton 1 lag und nun warten
dann erst Ton 2 spielen
(Achtung: Fehler sind bei dieser Übungsweise prinzipiell nicht möglich, es sei dann, man macht absichtlich welche...)

Als ich das gelesen habe musste ich unweigerlich an die 50 grauen Schatten denken... ;)

Aber was tut man nicht alles wenn es einem hilft. Mein Klavierlehrer redet sich zwar den Mund fusselig, dass ich (viel) langsamer spielen soll (und im Unterricht hält er mich und mein Tempo im Zaum), aber dann gehen mir Zuhause doch wieder die Pferde durch. Mir erscheint es langsam, es ist aber leider nicht so.

Vorhin habe ich das o.g. ausprobiert und zwar mit dem ersten Satz von Clementis 2. Sonatine (in der ich seit Monaten noch immer zu viele Unsicherheiten habe). Das sind zwei Seiten mit 59 Takten. Waren für das Spielen/Üben (einige Takte mit Fehlern habe ich wiederholt) des ersten Satzes 30 Minuten noch nicht langsam genug, wenn ich dabei noch immer Fehler gemacht habe?
 
Waren für das Spielen/Üben (einige Takte mit Fehlern habe ich wiederholt) des ersten Satzes 30 Minuten noch nicht langsam genug, wenn ich dabei noch immer Fehler gemacht habe?

Warum übst du nicht einfach nur die fehlerhaften Stellen?

Ist wie beim Vokabellernen - die leichten Vokabeln die man schon kann muss man nicht andauernd wiederholen...
 
Warum übst du nicht einfach nur die fehlerhaften Stellen?

Weil ich teilweise an anderen Stellen Fehler mache und weil ich Stücke vergesse wenn ich sie nicht mindestens einmal pro Woche spiele. Beim Allegretto haben schon vier Tage gereicht um wieder so viele Unsicherheiten hervorzurufen.

Eigentlich ist der erste Satz im Unterricht bereits erledigt (da ist es gut gelaufen), aber ich habe die Sonatine bisher nicht komplett gespielt (was keinen pianistischen Grund hat). Also halte ich den ersten Satz „warm“, weil ich hoffentlich bald in der Lage sein werde die Sonatine komplett zu spielen.
 
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Hi,

beim langsam Spielen/Üben gibt es mMn mindestens 2 verschiedene Arten:

1.) das Ausführen der Spielbewegungen als Ganzes in Zeitlupe

Das ist das was Sportler (typischerweise asiatische Kampfsportarten) bei zu lernenden komplexen Bewegungsabläufen machen. Die Bewegung bleibt dabei im Fluss, es wird jede Einzelbewegung gleich verzögert.
Es wird eine komplexe Bewegung ohne daß sie abgestoppt oder unterbrochen wird konzentriert und langsam mit allen Phasen trainiert sozusagen in die Motorik einprogrammiert.
Der häufigste Anwendungsfall ist hierbei eine sehr schnelle komplexe Bewegung, die bei korrekter Ausführung nicht mehr bewusst kontrolliert werden kann, total präzise mit allen Phasen bewusst zu üben.
Beim Klavier sind das zB schnelle Läufe.
Beim langsam Ausführen kann man sich dann darauf konzentrieren, daß die Bewegungen für den Lauf total präzise, keinen Bruch haben und möglichst reduziert sind.

2.) Ausführen der reinen Spielbewegung in normalem (oder sogar schnellerem) Tempo aber Verzögerung des Fluß der Ton/Noten-Ereignisse (Stop and Go).
Diese Methode ist zB beim Gitarrenspielen sehr bekannt. Die reinen Greifbewegungen am Griffbrett sollen möglichst schnell und präzise ausgeführt werden, aber das Spielen/Zupfen der Töne soll langsam erfolgen.

Der wichtige Unterschied ist hier, daß dem Gehirn und der Vorstellung sehr viel Zeit gelassen wird die Bewegung, ihr Ziel und das zu erwartende klangliche Ergebnis vorauszudenken. Die Bewegung selber aber normal schnell ausgeführt wird.

Ich denke, es gibt auch Kombinationen von beiden Arten.


Gruß
 
1.) das Ausführen der Spielbewegungen als Ganzes in Zeitlupe
Mit Verlaub, aber wörtlich genommen und konsequent ausgeführt, ist das absoluter Schwachsinn!!

Und der Grund sollte eigentlich jedem sofort einleuchten: bewege ich in Zeitlupentempo eine Taste, dann kommt schlichtweg kein Ton aus dem Klavier heraus. Keinen Ton zu produzieren ist mit Sicherheit nicht Zweck und Ziel des Klavierübens und des Klavierspielens.
 
Vorhin habe ich das o.g. ausprobiert und zwar mit dem ersten Satz von Clementis 2. Sonatine (in der ich seit Monaten noch immer zu viele Unsicherheiten habe). Das sind zwei Seiten mit 59 Takten. Waren für das Spielen/Üben (einige Takte mit Fehlern habe ich wiederholt) des ersten Satzes 30 Minuten noch nicht langsam genug, wenn ich dabei noch immer Fehler gemacht habe?
(irgendwie habe ich den Eindruck, dass du nicht begriffen hast, was ich möglichst schlicht (also möglichst kapierbar) erklärt hatte...)

du fragst also nach einer Gesamtzeit für 59 Clementitakte, anstatt eine Übungsweise zu begreifen - da weiß ich nun auch keinen Rat für dich... wenn du bei richtigem Üben trotzdem Fehler machst, dann zeigt das nur eines: dass die Noten (der Klangverlauf en detail) noch nicht in deinem Kopf angekommen sind und dass du zu viel auf einmal machen willst. Ja saperlot, dann mach halt 4 oder 8 Takte und nicht alle 59 auf einmal...!!
 
(irgendwie habe ich den Eindruck, dass du nicht begriffen hast, was ich möglichst schlicht (also möglichst kapierbar) erklärt hatte...)

Begriffen habe ich es!

du fragst also nach einer Gesamtzeit für 59 Clementitakte, anstatt eine Übungsweise zu begreifen - da weiß ich nun auch keinen Rat für dich..!!

Einen Rat wissen nichtmal die Ärzte, die mir bisher nicht helfen konnten.

wenn du bei richtigem Üben trotzdem Fehler machst, dann zeigt das nur eines: dass die Noten (der Klangverlauf en detail) noch nicht in deinem Kopf angekommen sind!!

Das zeigt es nicht! Du kannst nicht wissen mit welchen Problemen ich am Klavier konfrontiert bin. Mein Klavierlehrer ist sehr genau (und das gefällt mir) und er schließt im Unterricht kein Stück ab, das ich nicht verstanden habe, das ich nicht angemessen spielen kann.

Ja saperlot, dann mach halt 4 oder 8 Takte und nicht alle 59 auf einmal...!!

Weil das nichts ändert! Und weil

ich Stücke vergesse wenn ich sie nicht mindestens einmal pro Woche spiele.

Für mein Hirn und meine physiologischen und unfallbedingten Probleme, die das Klavierspielen massiv (negativ) beeinflussen, kann ich nichts.

Vorhin habe ich das Allegretto gespielt. Zuerst die unsicherste Stelle (fünf Takte) Ergebnis: unsicher und drei Fehler! Dann habe ich das ganze Allegretto sehr langsam komplett gespielt und dann noch einmal, also zweimal die


Ich wollte genau beobachten was meine Finger der rechten Hand machen. Die unsichere Stelle lief besser, der Rest auch.

Durch das mega-langsame Spielen ist mir etwas klar geworden, denn durch das extreme Zeitlupentempo und das Fokussieren jeder Bewegung konnte ich genau aufpassen was passiert. Es hat untergeordnete pianistische Gründe (den wahren Grund blende ich leider zu oft aus), warum ich beim Clementi (und auch bei anderen Stücken, die im Unterricht abgeschlossen sind und die ich im Repertoir halten will) noch immer Fehler mache. Es liegt an teilweise massiven chronischen Schmerzen (sie haben nichts mit dem Klavier spielen zu tun und werden dadurch nicht ausgelöst) und meinen Ausfallerscheinungen der rechten Hand (die teilweise dazu führen, dass ich es nicht schaffe eine Terz oder eine Sekunde „anzusteuern“ weil die Reizweiterleitung unterbrochen wird). Es ist – von den Symptomen her - aber keine Fokale Dystonie.

Ich sollte mich wohl endlich damit abfinden, dass ich es mit diesen physiologischen Einschränkungen anscheinend nicht vermag besser und sicherer zu spielen. Die Schmerzen sind der Grund warum ich die Sonatine bisher nicht komplett spielen konnte und nur kurze Stücke spiele. Daran wird sich (hoffentlich) etwas ändern, wenn ein Arzt (oder welcher Therapeut auch immer) mir endlich helfen kann.

Nein, ich bin nicht masochistisch veranlagt weil ich mich mit diesen Schmerzen ans Klavier setze (es kommt vor, dass ich schon nach fünf oder zehn Minuten aufhören muss). Würde ich mich nicht ans Klavier begeben dann ginge es mir noch schlechter.
 
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Du kannst nicht wissen mit welchen Problemen ich am Klavier konfrontiert bin. (...) Es liegt an teilweise massiven chronischen Schmerzen (sie haben nichts mit dem Klavier spielen zu tun und werden dadurch nicht ausgelöst) und meinen Ausfallerscheinungen der rechten Hand (die teilweise dazu führen, dass ich es nicht schaffe eine Terz oder eine Sekunde „anzusteuern“ weil die Reizweiterleitung unterbrochen wird). Es ist – von den Symptomen her - aber keine Fokale Dystonie. (...)
das sind Bedingungen, die ich sehr bedauere und wünsche dir gute Besserung - aber 1. kann das niemand ahnen und 2. (auch wenn es kalt wirkt) sind Übetechniken/methoden nicht für derartige Einschränkungen konzipiert.
 

das sind Bedingungen, die ich sehr bedauere und wünsche dir gute Besserung - aber 1. kann das niemand ahnen und 2. (auch wenn es kalt wirkt) sind Übetechniken/methoden nicht für derartige Einschränkungen konzipiert.

Danke für die guten Wünsche - ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Leider blende ich den Grund/die Ursache für diese Probleme noch zu oft aus, was mich dann auf die falsche Fährte führt (und womit ich gleiches unbewusst mit Euch mache).

Es erfordert wirklich viel Disziplin so langsam zu spielen, aber ich werde versuchen, ob es mir nicht doch hilft, mein "System" zu programmieren. Ich muss der Reizweiterleitung vielleicht einfach noch viel mehr Zeit geben.
 
Hallo Marlene, ich teile deine Meinung, dass langsames Spielen viel Disziplin erfordert und hab da auch meine Probleme. Ich schiebe Übeeinheiten, ca 1/2 Stunde dazwischen und nenne diese meine Schneckenzeit. Ich belohne mich damit, dass mir während des langsamen Spielens ,einige schöne Töne gelingen.

Wenn ich nur an Disziplin denke und an mein Ziel werde ich immer ein bisschen muffig. Wenn ich auf Töne und Tastenempfindung achte fühle ich mich besser und kriege diese entschleunigung besser hin.

Bei diesem langsamen Üben achte ich auch sehr drauf, dass meine Finger die Tasten richtig gut fühlen und auch ihre Eigenschaft meine Finger anzuheben, ohne dass ich dabei Fingerkraft aufbringen muss.

Chiarina hat das wesentlich professioneller und einleuchtend beschrieben, ich suche heute Abend den Beitrag.

Liebe Profis und Fortgeschrittene, sagt mir, wenn das alles dummes Zeug ist, dann werde ich es schnell wieder löschen!
Viele Grüße
Marion
 
Wenn ich nur an Disziplin denke und an mein Ziel werde ich immer ein bisschen muffig.

Das war bei mir auch so, weil ich mir einiges vorgenommen hatte und ich noch soooo weit davon entfernt bin. Seit ich aber kein Ziel mehr vor Augen habe, sondern mich auf den Weg konzentriere und alles wahrnehme, das sich auf diesem ereignet (und mich über die Fortschritte freue), ist es viel schöner und entspannter.
 

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