Stück versehentlich auswendig gelernt?

Für wie wichtig dein Organismus den zu erlernenden Inhalt erachtet.

Lg lustknabe

Unter anderem. Es gibt viele Faktoren, die ein (Auswendig-)Lernen verhindern können. Beispiele:
- Zu viel Zeit liegt zwischen der Wiederholung des neu erworbenen Wissens
- wenig Elaboration oder Assoziation (zB wenig Hintergrundverständnis, kein Einbetten in bereits vorandenes Wissen möglich)
- Interferenztheorie: Einmal proaktive Hemmung (vorher Gelerntes überlagert später Gelernter) und einmal retroaktive Hemmung (später Gelerntes überlagert vorher Gelerntes) -> daher: PAUSEN! :)
- Art der Enkodierung ist nicht adäquat; zB arbeitet unser Gedächtnis lieber mit Semantik als mit visuellen Eindrücken
- Unterschiedliche Kontexte für Kodieren und Abrufen (daher mein Hinweis oben, dass bereits kleine Veränderungen der Umgebung oder der Ausgangssituation das Gedächtnis beeinträchtigen können; es empfielt sich, mit ähnlichen Begleitumständen zu üben wie im "Ernstfall", wenn das möglich ist.)
- Kognitive Hygiene: Obsoletes Wissen wird wieder verworfen; daher ist die Wiederholung so essentiell

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Nun eine Methode für gutes und langfristiges Memorisieren von Inhalten; sie heißt PQ4R - Methode.
1. Preview:
Vorprüfen, das zu Lernende schon mal ein wenig erfassen; Ziele festsetzen
2. Question: Hinterfragen/ Unklarheiten beseitigen
3. Read: Natürlich genauestens studieren
4. Reflect: Über das Gelesene nachdenken, es sich setzen lassen. Es empfiehlt sich, hier einen semantischen Bezug herzustellen: Gibt es Analogien zu ähnlichen Stücken/ erkenne ich bestimmte musikalische Entwicklungen wieder? Und, wie im ersten Post erwähnt: Lassen sich die Einzelinformationen eventuell bündeln zu logisch zusammenhängenden, zahlenmäßig geringeren Informationen? (Bsp: Man erkennt: Hier handelt es sich um eine leicht variierte Tonleiter und muss sich nicht jede einzelne Note merken)
5. Recite: Nochmal das Gelernte unmittelbar wiedergeben
6. Review: Immer wieder rückblicken/wiederholen

Das ist eigentlich eine allgemeine Methode, die aber auch für das Memorisieren von Stücken geeignet sein sollte.
 
Für wie wichtig dein Organismus [? - besser: "du selber"] den zu erlernenden Inhalt erachtet.
@Lustknabe
ob und was "der Organismus" für wichtig erachtet, scheint mir nicht so ganz der passende Ansatz: der Organismus will schnauf-schnauf-gluck-gluck-mampf-mampf und noch ein Sachen, die man allesamt eigentlich nie hat auswendig lernen müssen ;-):-D:drink:

ersetzt man in deinem Satz "dein Orgamismus" mit einem schlichten "du selber", wird´s plausibler: z.B. hätte ich massive Schwierigkeiten, zehn Seiten des Telefonbuchs auswendig zu lernen (es würde gräßlich lange dauern und wahrscheinlich (nein: sicher) würde es scheitern), obwohl mir solche Infos wie Namen und Zahlen eigentlich recht vertraut sind - hingegen zehn Seiten Lisztsches Passagenzeugs lerne ich an einem Nachmittag auswendig (ist gar kein lernen, sondern das notenfreie spielen ergibt von allein ganz schnell (das im Tempo spielen können, kann deutlich länger dauern)) --- ich bin übrigens davon überzeugt, dass zehn Seiten Lisztpassagen mehr Informationen enthalten als zehn Seiten Telefonbuch.

das Telefonbuch ist mir wurscht, der Liszt nicht - kein Wunder, dass mir letzteres leichter fällt :-)
 
der Organismus will schnauf-schnauf-gluck-gluck-mampf-mampf und noch ein Sachen, die man allesamt eigentlich nie hat auswendig lernen müssen ;-):-D:drink:

Wie schade das liszt'sche rhapsodien nicht darin vorkommen:-D aber die Intention des Organismus war lediglich, dass je tiefer die Triebfeder verankert ist, desto eher gräbt sich das Gehirn vorteilhafte Wege die das erlernen umsomehr erleichtern. Das schöne ist doch eigentlich, dass man seinen Kuckuck da oben nichts vormachen kann:-)

Lg lustknabe
 
Einiges ist ja schon genannt worden. Neben der Relevanz des zu lernenden kommen auch noch allgemeine persönliche Lerngewohnheiten ins Spiel. Und auch die Vertrautheit mit der Epoche und/oder dem Stil des Stücks spielt eine Rolle beim Auswendiglernen.

Manche lernen generell sehr schnell ein Stück auswendig, andere (so wie ich) brauchen dafür länger bzw. eine gute Lerntechnik.
 
Wie schade das liszt'sche rhapsodien nicht darin vorkommen:-D aber die Intention des Organismus war lediglich, dass je tiefer die Triebfeder verankert ist, desto eher gräbt sich das Gehirn vorteilhafte Wege die das erlernen umsomehr erleichtern. Das schöne ist doch eigentlich, dass man seinen Kuckuck da oben nichts vormachen kann:-)
Deshalb bringt es meist gar nichts etwas anzufangen mit der Einstellung: "Warum muss ich das überhaupt machen?"
Erst, wenn man erkennt, das viele anstrengende Schritte notwendig sind (und nicht nur schöne Popballaden und Klimperei) und wenn die einem Spaß machen, dann, so glaube ich, kann man im Klavier und der Musik wirklich etwas erreichen und zügig lernen (auch in höheren Alter).

der Organismus will schnauf-schnauf-gluck-gluck-mampf-mampf und noch ein Sachen[...]
Bunga-Bunga :lol::lol:?
 
@Ludwig
wenn du jetzt demokratisch an diese Fragestellungen herangehst, indem du drei Teilnehmer abstimmen lässt, dann wird´s prekär...
z.B. stellst du die Frage "willste jetzt lieber bunga-bunga oder Bach´sche Krebsfuge?", und zwar stellst du sie:
a) dir selber
b) deinem Organismus
c) deinem inneren Schweinehund

...welches Ergebnis wird den Wahlsieg erhalten?

:-D:-D:drink:
 
@rolf Super Idee für nen neuen Thread :lol::drink:

Ich denke doch das Bung Bunga am meisten Stimmen in allen Bereichen bekommt - schließlich sind hier ja auch viele normale Leute unterwegs ... :-D
 
Im Gegensatz zum klavierspielen nimmt Bunga Bunga ja auch nicht den ganzen Tag in Anspruch:lol:

LG lustknabe
 

Du konntest als Kind (und auch heute noch) ja auch sprechen, ohne die Buchstaben in den Wörtern zu kennen oder zu wissen, wie die Buchstaben auf Papier aussehen.

Die Noten sind rein dafür da, die Musik aus dem Kopf des Komponisten in deinen zu bekommen. Dass die irgendwann drin ist, ist ganz natürlich :)
 
Es ist nicht schwieriger als in jungen Jahren, allenfalls ein bisserl anders. Ob jemandem das Auswendiglernen leicht oder schwer fällt, hängt von vielen Faktoren ab. Das Alter könnte einer dieser Faktoren sein, finde ich (Ü40) aber vernachlässigbar.

Bisher tue ich mich mit dem Auswendigspielen auch eher schwer. Anfangs hatte ich mich da auch nicht weiter darum bemüht, bis mir meine KL das erste mal die Noten wegnahm und meinte, so jetzt versuch' mal wie weit Du kommst. Jetzt, nachdem ich es auch zu Hause öfter übe, merke ich natürlich, dass es besser wird. Aber ich habe schon das Gefühl, dass das Auswendigspielen als Kind auf der Orgel viel schneller "automatisch" möglich war, aber das kann ja auch an den 30 Jahren Pause liegen. Mal schauen, ob das wiederkommt...
 

Das Gehirn eines jeden Menschen ist eben sehr unterschiedlich.

Zitat aus der Biografie von Martha Argerich: "Amicarelli liess sie zwei Präludien und Fugen und zwei Chopin-Etüden pro Woche vorbereiten.Auf diese Weise vermochte sie in Ruhe das gesamte Wohltemperierte Klavier von Bach und die vierundzwanzig Etüden von Chopin einzustudieren."

Irgendwo steht noch, dass ein Liebhaber/Freund ihr aus einem Buch vorlas, und sie ganz unbeteiligt schien.
Als er sich beschwert, dass sie ihm nie zuhört, zitiert sie ihm die kompletten zwei Seiten aus dem Buch Wort für Wort ohne Fehler.

Ich glaube nicht, dass Martha Argerich spezielle Übungen brauchte um ihre Merkfähigkeit zu trainieren, sondern sie hatte einfach ein absolutes Ausnahmegedächtnis, wie übrigens auch Rubinstein und wahrscheinlich auch andere große Pianisten.
Absolut unvorstellbar für den Durchschnittsmenschen.
 
Hallo,
Ab einem Alter von 40 Jahren ist es nur noch sehr schwierig auswendig zu lernen, aber nicht unmöglich.
Ich bin 26 und ich bemerke jetzt schon einen Unterschied, was das Auswendig lernen betrifft. Mit 20 konnte ich Stücke nach 6 Wochen auswendig. Jetzt müsste ich mich schon anstrengen, um ein Stück auswendig zu lernen.

Auch mit Ü60 geht das auswendig lernen noch problemlos und ist nicht unbedingt nur davon abhängig wie lange man ein Stück spielt, bis man es, ohne zu wissen warum, auswendig spielen kann. Unser Zentralcomputer (Gehirn) ist verwandt mit einem Assozoativspeicher (Informatiker kennen den Begriff). Wichtig dabei ist, dass der Zugriff d.h. das Wissen über eine bestimmte Stelle im Stück mehrfach hinterlegt ist. So ist es z.B. sehr hilfreich eine Erinnerung an das Notenbild, das Bild der Handhaltung über/mit den Tasten, aber auch das Wissen über eine Harmonie an einer bestimmten Stelle (z.B. C7-Akkord) und natürlich am wichtigsten die Melodie/Musik selbt zu haben. Wenn man sich möglichst viele Stellen im Stück auf diese "mehrdimensionale" Weise merkt (bewußte Erinnerung), dann entsteht gemeinsam mit dem Unterbewußtsein, das durch häufiges Üben und Spielen gefüllt wird, die Fähigkeit zum auswendig spielen. Fehlt das Wissen aus dem bewußten Bereich in den genannten Arten über weite Teile des Stückes, dann ist bei mir der Hänger vorprogrammiert. :konfus:
 
Ich bin irritiert (um mal auf das Ausgangsthema zu kommen) - wie kann man ein Stück versehentlich auswendig spielen? Wenn ich´s kann spiel ich´s auswendig, wenn ich´s ned kann, spiel ich es ned auswendig...auch ned versehentlich....:dizzy:

Viele Grüße

Styx
 
Ich nehme an, er hat es nicht gezielt auswendig gelernt, sondern einfach so intensiv geübt, dass es en passant auswendig gelernt wurde.

Wie mein Bruder mir mal ganz am Anfang sagte: Wenn Du das Stück nicht auswendig kannst, hast Du es auch nicht richtig geübt. :-D
 
Ich nehme an, er hat es nicht gezielt auswendig gelernt, sondern einfach so intensiv geübt, dass es en passant auswendig gelernt wurde.
Schon klar. Klingt halt wirklich lustig. Als hätte man unabsichtlich was Falsches oder gar Verwerfliches getan. :-)
Wie mein Bruder mir mal ganz am Anfang sagte: Wenn Du das Stück nicht auswendig kannst, hast Du es auch nicht richtig geübt. :-D

Hier muss man vielleicht einschränken, dass versehentlich auswendig Gelerntes noch kein hinreichendes Indiz für richtiges Üben darstellt ;-)

mit vorsätzlich liebem Gruß
Gernot
 

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