Riß im Gußrahmen - was tun?

  • Ersteller des Themas pennacken
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@Tastensucher, im Gegensatz zu WEAS ist mir niemand bekannt welcher eine Gußplatte so erfolgreich schweißen konnte, daß sie eine Zugkraft von 16 - 20 t aushalten konnten. Es ist natürlich auch eine Frage wo die Gußplatte gebrochen ist. Im Falle entsprechender Bechsteinflügel kurz unterhalb des Stimmstockes, bringt es was den Stimmstock zu stabiliesieren, und den Riß einfach mal den Riß sein läßt. Ist ein Riß oder Bruch weit unterhalb des Stimmstockes, sprechen wir hier von einem "finalen Schaden". Kein seriöser Klavierbauer bzw. Klavierbaumeister wird hier zu einer Überholung raten.

Viele Grüße

Styx
 
Tastensucher ist Fachmann, dessen Urteil achte ich. Ich weiß, dass Guss zu schweißen heikel ist. Aber ich weiß, dass es geht.

Im Gegensatz zu diesen urdeutsch tuenden, schlauen und die Verantwortung möglichst immer von sich weisenden Oberbedenkenträgern (Guss schweißen? Geht nicht, geht immer schief...) gibt es Maschineninstandsetzer in Großbritannien, Belgien und Nordfrankreich, denen es ein lebenslanges Geschäft auf der Basis von Metallurgie und Sachkunde ist, Kunden mit defekten Maschinenrahmen Hilfe zu schaffen - ohne einen Neuguss (der bei riesigen Maschinen oft garnicht mehr machbar wäre...), indem mit einigen Tricks und unter Beachtung der Gesetzmäßigkeiten der Metallurgie und Physik dann doch Rahmen geschweißt werden. Mit Erfolg. Diese Branche lebt u.v.a. auch von Empfehlungen.

Die Physik kann niemand überlisten. Aber man kann Bedenkenträgerei überwinden.

Ich sage nicht, dass es und wie es funktioniert. Ich bin kein spezifischer Materialkunder oder Metallurge. Ich weiß nur, dass es oftmals doch geht. Einer der Tricks dabei ist, das Neuauftreten rissbildender Spannungen dadurch zu meiden oder das Risiko zu verringern, dass das Schweißen unter mechanischer Vorbelastung, unter Spannung geschieht, um dem Zustand (zum Beispiel...) eines Klavierrahmens mit hinterher ca. 20 to Last schon beim Schweißen nahe- oder näherzukommen. Oder aber ihm sehr gezielt entgegenzuarbeiten.

Auf den Trichter muss man erstmal kommen. Normalerweise würde man immer das Auftreten von Spannungen meiden wollen, aber beim Klavierrahmen ist eben glasklar absehbar, dass er unter Spannung kommt. Das ist schließlich sein sekundärer Zweck - diese Spannungen des Saitenzuges auszuhalten. Warum also nicht bereits beim Schweißvorgang den Rahmen mit List und Hydraulik so unter Druck zu setzen, dass sich nachher, im wiederbelasteten Zustand, die Spannungen eher an- oder ausgleichen? Ich fand, als man mir das sagte: das ist ein guter Trick - und bestimmt nicht leicht nachzumachen... Der geht darüber, dass die Elastizität auch in Gegenrichtung mitgenutzt wird - um hinterher in einen Spannungs- und Belastungsbereich zu kommen, der unkritischer ist. Allerdings muss auch der Bereich der Lastfreiheit - frei von äußeren Zug-, Druck-, Scher-, Verdreh- und Biegekräften, und frei von Saitenspannungen - durchlaufen werden, ohne dass es zu neuer Rissbildung kommt.

DAS scheint mir im Ansatz die Kunst, das kleine Geheimnis zu sein, wie man z.B. Bechstein-Streben wieder per Schweißen hinbekommen kann.

Dass an dieser Aufgabe viele gescheitert sind, dass Myriaden von Klavierbauern der felsenfesten Überzeugung sind, dass das nicht gehe, all das bedeutet nicht, dass man das nicht dennoch hinbekommen kann.

Schließlich "wusste" der große Thomas Watson auch, einst Boss von IBM, dass wohl niemals mehr als ca. drei Computer in der Welt gebraucht würden.

Und man "wusste", dass in New York niemals mehr als eine Million Menschen würden leben können - weil sonst die Stadt im Unrat, im Pferdemist versinken werde.

Und man "wusste" auch später dann, dass niemals mehr als ein paar wenige hundert Autos würden fahren können - weil man all die Chauffeure zu deren Betrieb niemals würde finden und dann ausbilden können.

Was man so alles "weiß" ... Dazu gehört anscheinend auch, dass man Flügelrahmen nicht per Schweißen reparieren kann.
Naja wenn dem so ist ... :cry2: Dann isses wohl so...:teufel: :zunge:
 
Im Gegensatz zu diesen urdeutsch tuenden, schlauen und die Verantwortung möglichst immer von sich weisenden Oberbedenkenträgern (Guss schweißen? Geht nicht, geht immer schief...) gibt es Maschineninstandsetzer in Großbritannien, Belgien und Nordfrankreich, denen es ein lebenslanges Geschäft auf der Basis von Metallurgie und Sachkunde ist, Kunden mit defekten Maschinenrahmen Hilfe zu schaffen - ohne einen Neuguss

Haben die denn auch Erfahrungen mit Flügelgussplatten? Denn bevor ich meine Gussplatte so einem Maschineninstandsetzer anvertrauen würde, würde ich gerne erst mal Referenzen sehen wollen. Eine Gussplatte ist schließlich kein Maschinenrahmen. Bis dahin würde ich sagen: "Guss schweißen? Geht nicht, geht immer schief..." ;-)
 
@WEAS zeig mir einen einziges Instrument mit geschweißter Gußplatte an dem die Stimmhaltung noch nach 4 Wochen (oder besser länger) stabil geblieben ist - solange Du mir ein solches Instrument nicht vorweisen kannst, können wir uns hier auch genau so gut über den Bau von Zeitmaschinen unterhalten. :rauchen:

Viele Grüße

Styx
 
Zitat von pianova.com:
In den letzten Jahren haben aber einige Speziallisten Wege entwickelt, auch solche “hoffnungslosen” Fälle zu bearbeiten und sogar mit seriöser Garantie Schweißarbeiten, Verstärkungen und Klammerungen anzubieten. Damit ist dann der Erhalt des Gussrahmens möglich.
 
@Wiedereinaussteiger, danke für die anerkennenden Worte.

Das Thema "schweißen von Gusseisen" kann ganze Kaminabende füllen. Ja, man kann Guss schweißen, man muss aber immer den Aufwand zum Nutzen sehen. Schwere Gussteile im Maschinenbau schmeißt man nicht einfach so weg, denn auch diese kosten Geld. Am teuersten ist aber meist der Produktionsausfall, denn so ein Teil kauft man nicht im Baumarkt. In den vergangenen Jahren wurden Rechnerprogramme entwickelt, die das Ausdehnungs- und Schrumpfverhalten simulieren. D.h., man kann am Rechner "spielen" bzw. ausprobieren, mit welchen Parametern man das beste Ergebnis erzielt. Das geht heute so weit, dass selbst das zu erwartende Gefüge vorausberechnet wird. Der Vorteil liegt darin, dass man in recht kurzer Zeit ein simuliertes Ergebnis hat und auf Probeschweißungen verzichten kann. Wenn so ein Teil 500 kg wiegt, muss man schon einiges an Wärme eintragen und das kostet Zeit und Geld. Das Programm allerdings auch. Und da ist ein neuer Gussrahmen für den Flügel billiger.
Wenn PIANOVA mit Erfolg Gußrahmen schweißen kann, dann sage ich nur "Hut ab", denn da steckt eine Menge Erfahrung dahinter. Ich selber habe noch keinen Flügel-Rahmen geschweißt, aber ich habe das Ergebnis einer Schweißung gesehen. Die Schweißung sah gut aus, aber der Rahmen war verzogen. Viel Aufwand für nichts.
Deshalb ist meine Auffassung: Schweißen ist eine gute, aber nicht immer die beste Lösung. Die Palette der Fügetechnik bietet weit mehr. Schrauben, Nieten, Kleben, Löten. Suche man sich das geeignete aus.

Gruß,
Tastensucher
 
In den letzten Jahren haben aber einige Speziallisten Wege entwickelt, auch solche “hoffnungslosen” Fälle zu bearbeiten und sogar mit seriöser Garantie Schweißarbeiten, Verstärkungen und Klammerungen anzubieten. Damit ist dann der Erhalt des Gussrahmens möglich

Les Dir des mal ganz genau durch.... Es wird hier mit keiner Silbe erwähnt daß Gußplattenbrüche grundsätzlich reparabel sind. Die Statiker unter den Kollegen können auch sehr wohl einschätzen, welcher Plattenschaden unrelevant ist, und welcher einen Finalschaden darstellt. Unrelevante Plattenrisse kan ich mittels Metalpulver und ähnlichen aus optischen Gründen verschließen - gar kein Thema. Ist allerdings die Statik durch einen Gußplattenbruch erheblich gestört, werden auch die Kollegen von dort nichts mehr machen können.

Viele Grüße

Styx
 
@WEAS zeig mir einen einziges Instrument mit geschweißter Gußplatte an dem die Stimmhaltung noch nach 4 Wochen (oder besser länger) stabil geblieben ist - solange Du mir ein solches Instrument nicht vorweisen kannst, können wir uns hier auch genau so gut über den Bau von Zeitmaschinen unterhalten. :rauchen:

Viele Grüße

Styx
Habe ich gesehen, am Kanal auf einem alten ex Bauernhof, dann Discothek, dann Klavierbaubetrieb in Großefehn. Bechstein, zwei Stück, mit reparierten Gussrahmen.

Und nein, dir zeige ich die nicht. Sind nicht meine. Musst dich schon selber mit deinen vier oder fünf Buchstaben wo hin bemühen.

Also erzähl noch in hundert Jahren und deiner und des Teufels Großmutter, dass das nicht gehe, na weil ich die dir nicht gezeigt hätte ... - na ist mir doch wumpe.

Viele Grüße...
 
Haben die denn auch Erfahrungen mit Flügelgussplatten? Denn bevor ich meine Gussplatte so einem Maschineninstandsetzer anvertrauen würde, würde ich gerne erst mal Referenzen sehen wollen. Eine Gussplatte ist schließlich kein Maschinenrahmen. Bis dahin würde ich sagen: "Guss schweißen? Geht nicht, geht immer schief..." ;-)
Na was denn? ;-) Klar ist eine Flügelplatte ein gegossener Maschinenrahmen. Was denn sonst?

Nein, die Leute, die für Pianova arbeiten, haben sehr lange wohl nachgedacht und haben sehr viel auch in den Sand gesetzt, aber irgendwann sollen sie wohl den Bogen rausgehabt haben. Das halte ich für nachvollziehbar.

Ich hatte die Beispiele mit den Maschinenbau- Instandsetzungsbetrieben nur erwähnt, weil ich eben diese andere Kante der Großmaschinen und deren Instandsetzungsnotwendigkeiten kennenlernen konnte, derweilen ich 20 Jahre für einen Internationalen Anlagenbauer mit Großmaschinen tätig war. Daraus ist eminent viel übertragbar - solange einem klar ist, dass Gussrahmen-Materialien an Flügeln "sonder", sehr sonder sein können...
 
Um sehen zu können, wie auf pianova-Art reparierte Instrumente aussehen, muss man u.U. gar nicht so weit fahren, ... das mal als Hinweis an Styx.
Ich habe soeben mit denen telefoniert und der Herr Sund hat mir in wenigen Augenblicken alle Bedenken genommen.
Ich werde nun einige aussagekräftige Bilder vom corpus delicti anfertigen um dann ein Angebot zu erhalten!
 
Wobei ich mir aufgrund der Eigenschaften von Grauguß schon immer die Frage gestellt habe warum offensichtlich niemand der Klavierfabrikanten mal den Versuch unternommen hat Platten aus Stahlguß herstellen zu lassen denn bei diesen stellte sich die Bruchgefahr in eminent geringerem Ausmaß - außerdem wär der im Fall des Falles auch problemlos schweißbar...;-)
 

Der Grund dafür liegt in der Eigendämpfung von Schwingungen, die GG dem Stahl voraus hat.
Wenn man ne Stahlgußplatte auch schwingungsbezogen passend zur Mensur konstruierte könnte das aber unter Umständen auch noch zum Vorteil gereichen wenn man z. B. im Diskant die Platte als "Resonanzverstärker" nutzte. Mit dern heutigen computerunterstützten Konstruktionsmöglichkeiten sähe ich da durchaus ein Potential.
Ansonsten Aluguß - damit kann man dann gleich nen ganzen Flügel machen...:lol:

http://cdn.pianova.com/uploads/production/image/image/43124/da2ab628-22ee-4b1d-afb3-6508364e6550.jpg
 
Wobei ich mir aufgrund der Eigenschaften von Grauguß schon immer die Frage gestellt habe warum offensichtlich niemand der Klavierfabrikanten mal den Versuch unternommen hat Platten aus Stahlguß herstellen zu lassen

Hat es auch schon gegeben - Hatte mal ein solches Instrument so aus den 20iger 30iger Jahren zur Entsorgung mal abgeholt - Grund, es hielt nie die Stimmung. Ivch kam recht schnell auf den Grund - dachte ich zumindest- der Stimmstock hatte sich etwa 5 cm von der Raste gelöst...Gußplatte war heil. Dachte "kein Problem, Stimmstock verleimen und gut verscharaufen, dann hällt des". Anschließend zog ich es hoch, Tags drauf war die Raste vom Unterboden gelöst...die Platte war heil. Nun also die gesamte Raste verleimt und verschraubt, und wieder hochgezogen. Nun vernahm ich so langsam knackende Geräusche, die Rasten wiesen mittig Bruchstellen auf...die Gußplatte war heil.........freilich, sie bog sich ja auch wie sie gerade sollte :dizzy:

Viele Grüße

Styx
 
Wobei ich mir aufgrund der Eigenschaften von Grauguß schon immer die Frage gestellt habe warum offensichtlich niemand der Klavierfabrikanten mal den Versuch unternommen hat Platten aus Stahlguß herstellen zu lassen denn bei diesen stellte sich die Bruchgefahr in eminent geringerem Ausmaß - außerdem wär der im Fall des Falles auch problemlos schweißbar...;-)
Warum sollte man?
Gusseisen mit Lamellengaphit hat gute Gießeigenschaften, gute Dämpfungseigenschaften und ist gegenüber allen anderen Werkstoffen am billigsten, da er keine weitern Legierungselemente enthält. Wenn dann mal ein Rahmen brechen sollte ...... das fällt wohl in der Masse kaum auf. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Gussrahmen, die in den letzten 40 Jahren hergestellt wurden, in nennenswerter Menge gebrochen sind. Falls jemand andere Erfahrungen hat, würde mich das interessieren.
Die Umstellung auf Stahl dürfte keine Vorteile bringen. Aluminium hat auch gute Dämpfungseigenschaften, ist aber bedeutend teurer. Ich glaube kaum, dass Alu auf diesem Gebiet eine Zukunft hat.

Gruß,
Tastensucher
 
Ich kann mir kaum vorstellen, dass Gussrahmen, die in den letzten 40 Jahren hergestellt wurden, in nennenswerter Menge gebrochen sind. Falls jemand andere Erfahrungen hat, würde mich das interessieren.

Freilich, bei "Chinaböller" mit wohlklingenden Namen wie "Berdux, Schwechten Berlin, Biese usw." welche ich nur mal auf 443 Hz hochziehen wollte...aber vielleicht gab es ja da einen Zahlendreher, daß sie 434 Hz aushalten müßten.... :teufel:

Ich persönlich würde ja für Gußplatten aus Alubronze (AlCu Legierung) plädieren...leider würden diese Klaviere von niemand mehr gekauft werden, da es sich im Bereich des unbezahlbaren befindet.

Viele Grüße

Styx
 
Ich wurde mal an einen Flügel gerufen, der die Stimmung nicht mehr hilt. Beschreibung war "hat einen Riss im Gussrahmen". Ich dachte an so einen Riss in einer Strebe und wollte schauen, wie schlimm der ist. Tatsächlich war es dann interessanter: Der Guss im Wirbelfeld war komplett zerrissen. Der Stimmstock war so hinüber, dass die Zugkräfte aus dem Wirbelfeld eine Art offene Ziehharmonika gemacht haben.
 
Freilich, bei "Chinaböller" mit wohlklingenden Namen wie "Berdux, Schwechten Berlin, Biese usw." welche ich nur mal auf 443 Hz hochziehen wollte...aber vielleicht gab es ja da einen Zahlendreher, daß sie 434 Hz aushalten müßten.... :teufel:
Dann bin ich wahrscheinlich vom deutschen Gießereiwesen verwöhnt.
Gibt es im Flügel- und Pianobau Vorschriften, woraus ein Gussrahmen bestehen muss? Oder ist es nur die gute bewährte Qualität mit hohem Reinheitsgrad und sauberem Ton? Mit anderen Worten, nichts sagende Floskeln, womit der Kunde eingelullt wird.

Gruß,
Tastensucher
 

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