Präzises Spiel trotz höherer Geschwindigkeit?

Hallo rolf,

wieso eigentlich ist die Fermate so wichtig? Was genau bewirkt, dass man am Ende durch diese Übung insgesamt schneller werden kann, wenn man doch immer wieder "abbremst"?

Gruß
Jasnaja

Aber was du machen kannst, ist Detailarbeit: die folgenden Fingerfolgen beschleunigen (aber auf dem fett markierten Finger eine lange Fermate)
- 1-----4321------4321-------
- 1-----2321------2321-------
- 2-----4312------4312-------
- 2-----5432------5432-------
und ähnliche Übungen, und das auf allerlei Tastenlagen (also nicht nur auf den weißen)
 
Ja - da machen die was "falsch", wenn Dus unbedingt so nenen möchtest.

Das verstehe ich nicht und kann es auch nicht nachvollziehen. Für mich zählt nur das Endergebnis, die klangliche Realisierung des Notentextes. Wie das einer macht, ob er hinsieht oder nicht ...... , ist mit einerlei. Immer wird betont, wie wichtig der individuelle Zugang ist, wie unterstützenswert, wenn jemand seine eigenen Lösungen findet und plötzlich gibt es richtig und falsch, unabhängig von der klanglichen Realisierung? Wieso gibt es hier plötzlich ein Dogma??

Wenn es jemand schafft, den Mephistowalzer mit seiner Nase zu spielen, ist mir das schnuppe, wenn es so klingt wie bei Horowitz. Ich finde es kein Wunder, sondern völlig logisch, dass es so klingt wie bei ihm. Es ist ganz einfach: Ursache und Wirkung. Was ich hineingebe, kommt auch raus. Etwas ganz anderes ist das "blinde Spiel" in didaktischer Hinsicht. Da unterstütze ich das ausdrücklich. Aber ob jemand in einer Konzertsituation bei sehr heiklen Sprungsequenzen seine Augen zu Hilfe nimmt aus was für Gründen auch immer, ist aus meiner Sicht völlig egal, wenn das klangliche Ergebnis stimmt.

@jasnaja: der Grund für solche Rhythmisierungen (auch punktiert üben halte ich für sehr sinnvoll) liegt darin, dass man eine langsame Passage ins schnelle Endtempo bringen will. Da gibt es viele Wege. Rhythmisierungen verhelfen dazu, erst ganz kleine Gruppen, bei Punktierungen zwei Töne, bei Rhythmen von z.B. zwei Achteln und zwei Sechzehnteln drei Töne, bei Rolfs Rhythmen vier Töne etc., im Endtempo spielen zu können. Die Fermate dient dazu, immer wieder bewusst zu entspannen und Arm und Hand leicht zu machen und sich in Ruhe auf die nächste schnelle Gruppe vorbereiten zu können. Und so erweitert man die Anzahl der Töne im Endtempo immer mehr.

@hasenbein: es ist doch sehr sinnvoll, alle möglichen und verschiedenen Hebel des Körpers zur Klangerzeugung zu nutzen, also natürlich auch die kürzesten Hebel, die Finger, Endglieder etc.. Will man einen bestimmten staccato-Klang haben, wird man z.B. die Taste mit dem letzten Fingerglied eher "abzupfen", will man keinen Klangbrei bei brillanten Passagen, werden auch die Finger ihre Hebelwirkung entfalten. Bloß ist natürlich nichts isoliert - zupfe ich mit dem Fingerendglied, ist trotzdem auch der Arm und der gesamte Körper beteiligt. Alles arbeitet zusammen. Deshalb kann es aber trotzdem sinnvoll sein, Stützfingerübungen a la Cortot zu machen.

Liebe Grüße

chiarina
 
wieso eigentlich ist die Fermate so wichtig?
Aus meiner Sicht ist es ein bisschen wie im Lauftraining. Wenn man einen Halbmarathon in 1:30 laufen will, läuft man nicht die 21km jede Woche ein bisschen schneller. Vielmehr läuft kurze Abschnitte (z. B. 10 Minuten) im angepeilten Tempo. Nach und nach verlängert man die Abschnitte und parallel baut man eine Grundlagenausdauer auf, die einen überhaupt 1:30 h durchhalten lässt. Man läuft im Training so gut wie nie die komplette Strecke im Wettkampftempo; das würde viel zu sehr schlauchen.

Bei Rolfs Übung ist es genauso, Du trainierst kurze Abschnitte im derzeit realistischen Zieltempo. Wenn das gut klappt, kannst Du gerne zwei Durchläufe machen bis Du wieder eine Fermate einlegst. Und wenn Du total sicher im angepeilten Zieltempo bist, kannst Du gerne ein neues, deutlich schnelleres Zieltempo anpeilen.

Mit der gleichen Methode bringst Du Tonleitern auf Tempo. Da kannst Du meiner Meinung nach sogar mit Zweiergruppen anfangen und dann eine Fermate. Wichtig ist, die Fermate mal auf der 1 und mal auf der 2 zu machen. Und sich vorher mental auf die folgenden beiden Töne zu konzentrieren, denn auch wenn Du nur zwei Töne in schneller Folge spielst, muss Du da manchmal untersetzen. Wie schnell das geht, bestimmt das Tempo. Wenn es gut klappt, gehst Du zu Vierergruppen, wobei die Fermate erst auf 1, dann auf 2 usw. liegt. Wenn alle Varianten sicher sind, spielst Du die ganze Tonleiter über zwei Oktaven.

Ciao
- Karsten

Edit: Sorry chiarina, ich hätte Deinen Post noch lesen sollen bevor ich selbst was schreibe. Naja, jetzt sieht jasnaja noch deutlicher, dass Rhytmisieren ja eigentlich Folklore ist und keine Geheimwissenschaft ...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo chiarina und Karsten,

vielen Dank für eure Ausführungen! Ich kenne solche und ähnliche Übungen durchaus aus meinem Unterricht. Mein Klavierlehrer nennt sie „Keimzellenübung“ und sie sind mir bei „fiesen Griffeleien“ hilfreich, um die Geläufigkeit zu optimieren. Deshalb habe ich sie nur passagenweise und auf Problemfälle abgebildet. Dass Geläufigkeit ganz allgemein natürlich auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun hat, habe ich erst jetzt so richtig verinnerlicht.

Die Dinge hin und wieder auch aus einer anderen Perspektive zu betrachten, ist wirklich hilfreich. Vielen Dank!

Gruß
Jasnaja
 
Das verstehe ich nicht und kann es auch nicht nachvollziehen.
[....]
Wieso gibt es hier plötzlich ein Dogma??

Liebste Lichtgestalt -

Es gibt kein Dogma, jedenfalls nicht bei mir.
Das ist häufig so ein "Endergebnis" bei solch blödsinnigen Diskussionen.
Wenn Rolf unbedingt etwas "richtig" oder "falsch" nennen will, dann soll
er das meinetwegen tun.

Mir geht es um etwas Anderes: Ich frage mich, warum bei so vielen
Leuten - und man muß leider sagen: der großen Mehrheit - immer
wieder die gleichen Schwierigkeiten zu beobachten sind.
Und dann denke ich über Lösungen nach - und komme dabei zu
Sachen, die eben diesen vielen Leuten nicht auf Anhieb einleuchten.
Man kann darüber sprechen - aber nicht so.

Und - wie bereits gesagt - die Begründung ist nicht trivial.
Es ist ein Zusammenhang verschiedener Dinge, und eines davon
ist das Spiel mit geschlossenen Augen.

Wir hatten das vor Kurzem im Feedback-Bereich, und das Problem
wird dort im Ansatz wenigstens diskutiert: Es ist gar nicht so einfach,
diesen Zusammenhang schriftlich zu fixieren.

Herzliche Grüße!

stephan
 
Und - wie bereits gesagt - die Begründung ist nicht trivial.
Es ist ein Zusammenhang verschiedener Dinge, und eines davon
ist das Spiel mit geschlossenen Augen
.

lästigerweise aber, und darauf insistiere ich beharrlich, zeigt die Praxis, dass das spielen mit geschlossenen Augen in den entsprechenden Abschnitten zu riskant ist - und nachweislich setzen die, die sowas können, da nun mal ihre Augen ein. Diese schlichte, beobachtbare Tatsache, lässt sich nun mal nicht schöngeistig wegreden. Wärest du bereit, hier von deinem Totalanspruch (der sich sogar zu Lächerlichkeiten versteigt: dass Horo und Co. was falsch machen) ein wenig abzurücken, also sinngemäß die winzige Einschränkung "ok, fast überall - aber wo nicht, das ist nur weniges und sehr spezielles", hätten wir uns das weitschweifige Blabla sparen können.
Natürlich ist "blind spielen", egal ob Augen zu oder woanders hinschauen, völlig richtig - nur nicht restlos überall.
 
Diese schlichte, beobachtbare Tatsache, lässt sich nun mal nicht schöngeistig wegreden. Wärest du bereit, hier von deinem Totalanspruch (der sich sogar zu Lächerlichkeiten versteigt: dass Horo und Co. was falsch machen) ein wenig abzurücken,

Ich "versteige" mich nicht in "Lächerlichkeiten", das könnte Dir so passen.
Du wolltest unbedingt eine Antwort, die sich in diesen Grenzen (richtig <-> falsch)
bewegt - und ich habe sie Dir gegeben.

Meine Kategorien sind das nicht. Peng. Aus.
 

Meine Kategorien sind das nicht. Peng. Aus.
du redest um den heißen Brei herum -- siehste (sic!) : Horowitz guckt, sogar ganz akribisch und gezielt. Es klingt prima, speziell da, wo andere technisch scheitern oder es nur gerade so gelingt. Einen Augen-zu-Mephistowalzer, der genauso klingt, haben wir noch nicht gesehen. Schlechte Karten für dogmatisches immer-Augen-zu-Bla.
so sieht das aus.
 
Ich find, das ganze ist etwas unfair gegenüber den BLINDEN..:cool:

Denn die Pianisten, die willentlich (oder unwillkürlich) ihre Augen schließen, wissen, ja, dass sie
nach Belieben wieder gucken können, wenn sie WOLLEN.

Blinde, z.B., können das nicht...

Ist das ein Unterschied, ob man kann, wenn man will, oder nicht kann, selbst dann, wenn man will ? :)

LG - OLLI - !
 
Ja, so sieht das aus, wenn einer nicht lesen kann: ich vertrete keine Dogmata.
kennst du dich in deinen eigenen Mitteilungen nicht mehr aus? ...du behauptest doch, man solle alles blind spielen (wenn das nicht dogmatisch ist, dann ist der liebe Mond eine Salatgurke)

Wärest du bereit, hier von deinem Totalanspruch (...) ein wenig abzurücken, also sinngemäß die winzige Einschränkung "ok, fast überall - aber wo nicht, das ist nur weniges und sehr spezielles", hätten wir uns das weitschweifige Blabla sparen können.
Natürlich ist "blind spielen", egal ob Augen zu oder woanders hinschauen, völlig richtig - nur nicht restlos überall.
ist das soooo schwer zu begreifen????
 

Führst Du inzwischen Selbstgespräche?

Ich sage: Das Spiel mit geschlossenen Augen ist ein Bestandteil
eines größeren Zusammenhangs - ohne den man den Sinn und
Zweck dieses Vorgehns isoliert nicht begreifen kann.

Solange dieser Zusammenhang nicht entfaltet ist, kann mans
entweder glauben oder nicht.

Ich kann jedenfalls soviel sagen: Es geht um Disziplin und
Vertrauen. Denk vielleicht an einen Hochseilakrobat ohne Netz.
 
Führst Du inzwischen Selbstgespräche?

Ich sage: Das Spiel mit geschlossenen Augen ist ein Bestandteil
eines größeren Zusammenhangs - ohne den man den Sinn und
Zweck dieses Vorgehns isoliert nicht begreifen kann.
ah ja... auf einmal so, vorher aber alles - - - nee nee, du redest um den heißen Brei herum

aber sag: in welchem größeren Zusammenhang sollte man bewußt riskieren, die fiese Sprungsequenz zu verpatzen, indem man die Guckerchen zumacht? um zu lernen, dasses so eben nich geht? ...das könnte man auch einfacher haben.
 
Ich bin ja nur ein gaaanz großes Stümperli auf fragwürdigem Amateurniveau. Mir hat es aber sehr geholfen, große Sprünge oder das "Übergreifen" mit der re. oder li. Hand über mehrere Oktaven "blind" zu üben, denn die Treffsicherheit stellte sich immer besser und irgendwann ganz ein. Und mein Eindruck: Das sitzt dann, auch wenn man guckt....:p
 

Zurück
Top Bottom