Lernen, sich beim Üben zuzuhören

Ludwig

Ludwig

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Liebe Clavios,

ich weiß, die traurige Nachricht von unseren Klaviermacher überschattet zu Recht eure Gemüter - ich hoffe aber, es findet sich doch jemand, der mir helfen kann.

Ich komme gerade von meinem Unterricht und bin gerade ziemlich frustriert. Ich will gar nicht ausführen, wie schrecklich er verlief, hier also die Zusammenfassung meines Lehrers zu mir: "Du willst nicht hören" - na toll, nach fast 2 Jahren fällt ihm auf, dass er genauso gut einen Affen unterrichten könnte, der auf die Tasten haut.

Ich habe das Problem, dass ich klanglich sehr flach spiele. Bisher, dachte ich, liegt es zum größten Teil am miesen Digi, das mir weder das Erarbeiten klanglicher Kontraste (was gerade bei meiner Beethoven Sonate so wichtig wäre!), noch die Gewöhnung an eine schwergänigere Klaviertastatur und die damit verbundene Reduktion der Nervösität beim Vorspiel ermöglicht.

Aber es liegt wohl wirklich an mir - Bleiben also 2 Möglichkeiten: Das Klavierspielen hinzuschmeißen und nur noch mehr Singen und Musiktheorie machen, oder aber so viel es geht an mir arbeiten.

Ein Teil dieser Arbeit muss es sein, Phrasen noch weiter auf ein musikalisches wie technisches Problem zu reduzieren. Aber wie nur, wenn ich das einfach nicht hören kann?

Darum frage ich an die Runde: Was kann ich tun, um mir beim Üben besser zuzuhören? Was sind eure Tricks, um die Konzentration zu fördern und den inneren Schweinehund ("Passt schon") zu überwinden?

In tiefer Verzweiflung und Frustration,
Ludwig
 
Sorry, ich verstehe nicht, wieso Dir Dein Klavierlehrer da die Absicht unterstellt, Du willst nicht hören? Das macht mich grad richtig sauer, wenn ich sehe, wie verzweifelt Du bist.

Was habt Ihr denn bislang unternommen, damit einzelne Phrasen besser klingen oder Du die Zusammenhänge besser hörst? Ich persönlich höre mir die Aufnahmen des jeweiligen Stückes sehr oft an und versuche auf diese Weise musikalische Zusammenhänge zu erkennen. Teilweise werden Sie mir auch von meinem Lehrer erklärt oder vorgespielt.

Und das Stück immer nur ganz durchspielen ist natürlich schlecht. Ich übe die Phrasen dann auch getrennt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was sind eure Tricks, um die Konzentration zu fördern und den inneren Schweinehund ("Passt schon") zu überwinden?

In tiefer Verzweiflung und Frustration,
Ludwig

Ich habe eine Sanduhr, die läuft genau 15 Minuten und steht auf dem Instrument. Wenn die gedreht wird, dann wird sich genau konzentriert, solange der Sand durchläuft.

Ein "Passt schon" wirkt oft Wunder und nimmt den Druck raus. Ich denke Du willst keine professionelle Laufbahn einschlagen, dann darf es ruhig auch mal so passen.
 
Vielleicht hilft es, dich weniger auf das konzentrieren und die Absicht den Schweinehund zu überwinden zu beschränken, sondern auf die Freude daran hören zu können. Nachdenken über Tricks oder Möglichkeiten hält mich oft davon fern meine ( wunderbaren) Sinne zu benutzen.

Viele Grüße
Marion
 
Eine gute Methode ist es, das eigene Spiel aufzunehmen. Da hört man sehr schnell, wie das klingt, was man sich da zusammengefingert hat. Ich mache das häufig.

Das geht natürlich mit einem Digi prima. Keine Mikros, keine Kabel, Knöpfchen drücken und fertig.

So mache ich es auch - und weil es mit dem Digi so einfach ist, mache ich das teilweise selbst mit ganz kurzen Phrasen so. Vor allem ganz am Anfang habe ich es sehr oft so gemacht: kurz üben - Takt oder Phrase aufnehmen - überlegen, was anders werden muss - wieder üben - wieder aufnehmen... Nach einiger Zeit konnte ich mir dann schon viel besser beim Spielen zuhören. (Trotzdem nehme ich immer noch recht viel auf.)

Mir hat es auch geholfen, mir für das Stück oder für Teile daraus ein bis drei Vorbilder zu suchen und dann meine Aufnahme und das Vorbild abwechselnd abzuspielen und herauszufinden, warum es bei mir anders klingt. Aber ich weiß, dass es hier Leute gibt, die das ganz ablehnen. Für mich war es jedenfalls der richtige Weg - ich muss ja erstmal die Möglichkeiten der Gestaltung erkennen und hören lernen, um sie danach zuerst umsetzen und anschließend frei anwenden zu können.
 
Worauf übst du denn was genau, @Ludwig?
 
Hey, lass dich wegen sowas nicht fertig machen! Zu allem was schon gesagt worden ist (ich hätte auch vorgeschlagen, das eigene Spiel oft aufzunehmen): Kann es sein, dass dein Lehrer einen miesen Tag hatte?
Vielleicht hat er "Du willst nicht hören" nicht so gemeint, wie es bei dir angekommen ist... Diese Möglichkeit würde ich immer in Betracht ziehen.
Ich denke er weiß, wieviel dir am Klavierspielen liegt und war vielleicht selber momentan enttäuscht, weil er sich mehr Fortschritt erwartet hat? Aber in diesem einen Punkt brauchst du vielleicht ein wenig länger. Was ja auch völlig normal und okay ist.
Ich kenne das von meinem Unterricht, dass ich nach einer Stunde das Gefühl habe eine völlige Niete zu sein und irgendeinen Aspekt nie zu begreifen. Eben weil mein Lehrer dies oder jenes gesagt hat... Bisher hat sich immer gezeigt, dass ich einer Aussage/Andeutung von ihm zu viel Gewicht beigemessen habe...
Kommt sehr selten vor, ist aber natürlich überaus frustrierend.
Warte doch mal die nächste Stunde ab und/oder rede mit deinem Lehrer darüber! Vor allem aber: Du spielst für dich und sollst Spaß haben (auch wenn du ehrgeizig bist und möglichst gut sein willst), lass dir das nicht vermiesen!

Liebe Grüße
Sabine
 
Was habt Ihr denn bislang unternommen, damit einzelne Phrasen besser klingen oder Du die Zusammenhänge besser hörst? Ich persönlich höre mir die Aufnahmen des jeweiligen Stückes sehr oft an und versuche auf diese Weise musikalische Zusammenhänge zu erkennen. Teilweise werden Sie mir auch von meinem Lehrer erklärt oder vorgespielt.
Im Grunde zeigt er mir, wie ich es spiele, und dann wie man es besser spielen sollte. Aufnahmen höre ich mir auch gerne und oft an, aber nicht, um sie möglichst genau nachzuspielen, sondern um das Stück klanglich besser kennenzulernen. Hilft aber wohl nix.

Eine gute Methode ist es, das eigene Spiel aufzunehmen.
Daran probier ich mich jetzt auch ein paar mal. Aber im Grunde kann das nicht die Lösung sein. Ich möchte ja von selbst eine klangliche Vorstellung entwickeln, ohne mich davor gehört zu haben.
Ich habe eine Sanduhr, die läuft genau 15 Minuten und steht auf dem Instrument. Wenn die gedreht wird, dann wird sich genau konzentriert, solange der Sand durchläuft.

Ein "Passt schon" wirkt oft Wunder und nimmt den Druck raus. Ich denke Du willst keine professionelle Laufbahn einschlagen, dann darf es ruhig auch mal so passen.
Auch die Sanduhr scheint mir eine sehr interessante Idee (zum Thema Druck schreib ich gleich noch weiter unten was...

Ich denke er weiß, wieviel dir am Klavierspielen liegt und war vielleicht selber momentan enttäuscht, weil er sich mehr Fortschritt erwartet hat?
... denn ich glaube, dass ist der springende Punkt. Sowohl er und ich erwarten (oder sind es gewohnt), dass es wesentlich leichter und schneller mit mir geht - Beziehungsweise wir waren es. Klar braucht man für den ersten Beethoven (P105 - Op 10,1 @FünfTon) lange, aber wir haben locker 5 Stunden schon dank mir versemmelt, in dem immer wieder das gleiche Problem auftrat: Klanglich maue Gestaltung, Phrasen nicht gut genug unterteilt.

Klar, ich will Klavier nicht studieren, das wäre, selbst wenn für mich noch machbar, mir viel zu blöd, bei all dem Wettbewerbsdruck und den asiatischen Kampfpianisten - aber, ich will sehen, wie weit ich komme. Mir macht es normalerweise Spaß zu arbeiten, Ehrgeiz reinzupacken (@Klein wild Vögelein) und die Früchte des Einsatzes zu hören (oder auch nicht :-()

Weitere Vorschläge sind erwünscht :super:

Danke schon Mal für die Anmerkungen,
Ludwig
 

Aber im Grunde kann das nicht die Lösung sein. I
Das ist auch nicht die Lösung. Aber es ist ein Teil davon.

Ich möchte ja von selbst eine klangliche Vorstellung entwickeln, ohne mich davor gehört zu haben.
Und wieso? Einfach nur so, zum Selbstzweck?

Es kommt ohne Selbstkontrolle einer Aufnahme zur falschen Wahrnehmung des eigenen Spieles. Dass ich zum Kloppen neige, weiß ich erst durch meine Aufnahmen. Das wäre mir sonst nie aufgefallen.

CW
 

[cwtoons: Eine gute Methode ist es, das eigene Spiel aufzunehmen.]

Daran probier ich mich jetzt auch ein paar mal. Aber im Grunde kann das nicht die Lösung sein. Ich möchte ja von selbst eine klangliche Vorstellung entwickeln, ohne mich davor gehört zu haben.

Das kommt aber dadurch! Genau das lernt man, wenn man immer wieder die Abfolge von aufnehmen-Aufnahme anhören (und ggf. mit Vorbild vergleichen)-gewünschte Änderung innerlich vorstellen-wieder aufnehmen-... durchgeht. Das wollte ich eigentlich mit meinem Beitrag oben ausdrücken. Damit trainiert man das Hören und lernt dadurch, auch während des Spiels zuhören und es sich auch schon vor dem Spielen vorzustellen. Man muss dabei aber wirklich sehr konzentriert sein und immer bewusst das Hören üben, nicht einfach so routinemäßig irgendwas spielen oder abspielen.
 
@ahc Mir missfällt nur die Vorstellung des Aufnehmens - Man muss doch in der Lage sein, während man eine Phrase übt, bewerten zu können, wie sie gespielt wird.

Dennoch werde ich ein paar Aufnahmen machen. Vielleicht bin ich ja so wahnsinnig und poste sie dann hier :-D
 
Ludwig, mit dem Aufnehmen machst Du doch im Grunde fast das Gleiche, wie wenn Dein KL Dir vormacht, wie Du gerade gespielt hast. Nur: wir KL übertreiben beim Vormachen meistens die Fehler, damit der Fokus auf sie gerichtet wird und die Schüler sie schneller erkennen können. Bei einer Aufnahme musst Du noch genauer hinhören. Und singe/summe vorher die Phrase so wie Du sie Dir vorstellst, dann während des Abhörens der Aufnahme auch (aber innerlich, nicht laut, sonst übertönst Du die Aufnahme), so wirst Du merken, wo die Unterschiede sind. Durch den Vergleich lernst Du vor allem, diese Differenzen zu bemerken. Später hörst Du sie auch besser während Deines Spiels (vorausgesetzt das innere Singen ist dabei, aber Du nimmst Dein Spiel trotzdem wahr).
 
Man muss doch in der Lage sein, während man eine Phrase übt, bewerten zu können, wie sie gespielt wird.
Wenn man viel Routine und Erfahrung hat, vielleicht.

Ansonsten weiß man erst, wie sie gespielt werden muss, wenn man sie kann, also nach dem Üben.

Es hilft auch, sich 'mal einen Profi bei Youtube anzuhören. Der weiß, wie 's geht.

CW
 
I... bei all dem Wettbewerbsdruck und den asiatischen Kampfpianisten - aber, ich will sehen, wie weit ich komme.
Ludwig

Das erinnert mich an ein nebenbei erwähntes Statement von Eva Kupiec zum Thema Klang in München am 10. Okobter in München. Herrlich :geheim:

"Spass und Ernst" beiseite, lass dich bloß nicht unterkriegen. Ich glaube, wenn mir mein KL so etwas sagen würde, käme es zuerst zur innerlichen und dann zur tatsächlichen Kündigung. Aber vielleicht hatte dein KL auch wirklich nur selber einen schlechten Tag; jeder darf mal Fehler machen. Deshalb kann man ggf. rechtzeitig die innere Kündigung (Frust) wieder zurücknehmen, ohne, dass jemand etwas gemerkt hat.
Zum eigentlichen Thema: Hier wird sehr empfohlen sich selbst aufzunehmen, um sich mit dem nötigen Abstand dann selbst zu hören und zu verbessern. Damit habe ich kaum Erfahrung und kann das daher nicht bewerten und kommentieren, aber das hört sich sehr plausibel an. Ich kann aber deine generellen Bedenken zum Digi nachvollziehen. Seit mehreren Wochen arbeite ich an den Impromptus op. 90 von Schubert. Mein KL hat mir sehr viele und wiederholt Hinweise zum besseren und schöneren Klang, gerade bei dem Ges-Dur Impromptu (Melodieführung in einer Hand mit Begleitung), gegeben. Seit einigen Tagen erst bin ich an dem Punkt, dass ich es fühle, wie muss es sein?! Und es gelingt, Augen zu und klingen lassen. Ich schaffe das aber nicht zu meiner Zufriedenheit am Digi, sondern nur am S&S Flügel. Also glaube ich, dass das "Material" schon eine große Rolle spielt.
 
Noch etwas:
gerade heute hatte ich einen (erwachsenen) Schüler, der beim Spielen der Scheherazade immer wieder den Fluss der Phrase verliert, sobald ihn das Spielen der Nebenstimme in der rechten Hand zu sehr beschäftigt. Zuhause lässt er sich wohl immer ausreichend Zeit für diese Begleitung und merkt nicht, dass die Hauptstimme nicht mehr zusammenhängend klingt. Dann haben wir an einem 2-Takt Abschnitt geübt: zuerst nur die Melodie - war sehr gut, dann sollte die Begleitung mitgespielt werden. Dann fragte ich, was gerade nicht so gut war (es waren zwei Sachen/Stellen). Er musste nachdenken, erwähnte aber schließlich absolut richtig die eine, dann nach meinem Nachhaken und weiterem Überlegen auch die andere Stelle. Er hat also diese beiden Sachen zwar beim Spielen wahrgenommen, aber sofort beinahe verdrängt! Hätte ich nicht gefragt, hätte er es nicht verbessern können, da bereits nicht mehr im Kopf vorhanden. Und genau das ist es, was beim genauen Zuhören dabei rauskommen sollte: der Wunsch, die Stelle noch und nochmal zu spielen, um sie Deiner Vorstellung immer näher zu bringen.
 

Auf gar keinen Fall! ;-) Ich kenne das auch, mit den frustrierenden Klavierstunden... hat man leider manchmal. Wie bei allem, was man neu lernt. Du bist ja nun auch noch nicht so lange dabei. Meine KL macht auch hin und wieder mal eine (unüberlegte?) Bemerkung, die mich in dem Moment dann nicht unbedingt motiviert. Überleg dir, ob es im großen und ganzen mit dem Unterricht passt - und wenn nicht, steht vielleicht irgendwann ein Lehrerwechsel an.

Es ist sicher ein langer Lernprozess, bis man sich selbt wirklich gut zuhören kann - da stehe ich auch noch recht am Anfang (drum habe ich auch keine schlauen Tipps). Einfach weiter dranbleiben!
 
Darum frage ich an die Runde: Was kann ich tun, um mir beim Üben besser zuzuhören? Was sind eure Tricks, um die Konzentration zu fördern und den inneren Schweinehund ("Passt schon") zu überwinden?

In tiefer Verzweiflung und Frustration,
Ludwig

Fuer mich hoert es sich so an, als ob Du bei der Beethovensonate in gewissem Sinne ueberfordert waerest, beides gleichzeitig zu tun: Dir zuzuhoeren und gleichzeitig zu spielen. Ich persoenlich halte viel davon, neben schwierigeren Vortragsstuecken auch ganz einfache zu spielen, also einfache fuer den jeweiligen Stand des Klavierschuelers. Bei solchen Stuecken ist es dann wahrscheinlich einfacher, den Fokus auf entsprechenden Ausdruck zu legen.
Ich sage jetzt ganz bewuszt provokativ, obwohl ich das natuerlich gar nicht beurteilen kann: Die Beethovensonate ist vielleicht einfach zu schwer.
Versuche zu ergruenden, warum Du Dir nicht zuhoeren kannst (zuviel mit Fingern und Noten beschaeftigt?) und besprich das mit Deinem Lehrer.
Viele Gruesze
Jannis
 

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