Weihnachten 1966. Der Engel verkündet euch die Frohe Botschaft. Altar der Kirche zu Essen-Schönebeck. Solist: der neunjährige Weas. Fürchtet euch nicht...
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Die Glocke. Bremen. 2000. Alter Beratungs- und Konzertsaal von herrlicher Akustik. Gehört zu den besten der Erde.
Convention der deutschen Barbershop-Ensembles. Gäste: ein skandinavischer Chor. Und ein Quartet, ein besonderes: F.R.E.D. aus Atlanta. Stimmführer und Trainer des Big Chicken Chorus. Comedy Quartet. Zuvor frisch Weltmeister der Barbershopsänger geworden. Was man nicht gewusst hatte, als man sie eingeladen hatte.
Als Judge, Punktrichter mit dabei: Tom Gentry aus Chicago. Ein Genie der Musik. Arrangeur, Komponist, später unser Gast daheim. Ich war Zeuge, Mittäter, als Tom ein Schumann-Lied für den Barbershop arrangierte: an meinem Klavier, dann an meinem Rechner das Stück in Four Part für TLBB (tenor lead baritone base) setzte.
Unter den bepreisten die BAD Boys, B arbershop A us D ortmund. Einer der Leadsänger: Weas. Erster Bühnengang als erwachsener Mensch. Nach dreimonatigem, überaus heftigem Training.
Bestes Männerensemble.
Linksab auf der Karte, in London, OK, da gab es Bessere. Rechtsab in Tokio dann auch wieder. Dazwischen: die BAD Boys.
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Einsamer Höhepunkt: Gitarrensymposium in Iserlohn. Sommer 2009. Der Professor für Gitarrenspiel an der MuHo Detmold, Sohn einer Iserlohner Industriellenfamilie, hatte zum zehnjährigen Bestehen des Symposiums die Los Romeros aus Los Angeles eingeladen.
Klassische Spanische Konzertgitarre im Quartett.
Erster Konzertteil: zwei Söhne des verstorbenen Gründers Celedonio Romero und deren zwei Sohne konzertierten, zu viert. Gegen Ende des ersten Teils verließen die Söhne die Bühne. Die beiden Senioren in ihren Siebzigern spielten allein. Dann auch der ältere Bruder: Abgang.
Allein auf der Bühne: Pepe Romero. Der Solist.
Konzertetüde. Die Francisco Tarrega im Ende des vorvergangenen Jahrhunderts schrieb, Tremolo-Etüde.
Ich kannte das Stück nicht. Aber ich sollte es kennenlernen... Bestimmung? Schicksal?
Pepe Romero wob einen Teppich des Klanges. Mit winzigen Verschiebungen, Nuancierungen nahm er das Publikum auf eine Klangreise, die mich sofort mitriss. Nach wenigen Sekunden verlor ich meine Fassung - so herrlich, so mitreißend, so intim und völlig faszinierend war das Gitarrenspiel. Ich saß da, tränenüberströmt, zitternd vor Glück.
Recuerdos de la Alhambra.
Träume vom Alten Spanien. Als die Mauren Herrscher auf dem Burgsporn über Granada waren. Die Tatsache, Das Denken, die Illusion?, dass es eine Zeit der Hochkultur im Süden Europas gegeben habe, als unter den maurischen Fürsten Wissenschaft, Kunst, Kultur, die Musik geblüht hätten? Toleranz zwischen Muslimen, Juden, Christen?
Diese unfassbar fein gewobene, ziselierte, wundervolle Musik. Das MUSSTE ich haben. Als Konserve. Als Noten. Das musste ich selber spielen, wenn nicht auf der Gitarre, so dann am Klavier. Nach einiger Zeit fand ich dann die Heumann-Transkription, die mich seither auf dieser Reise in dieses Unbekannte Land der Musik begleitet, die da "Leben" heißt. Kurz danach landete ich auch beim Flügel, aber eine andere Geschichte. Der Flügel wäre allerdings ohne die Recuerdos nicht passiert... Da griff eines ins Andere.
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Das Beste überhaupt? Konzerte - selber konzertieren. Musik selbermachen.
Dann: Der Sommer 2009, Gitarrenkonzert in Iserlohn. Die Initialzündung für mein spätes musikalisches Leben.
Ich danke meiner Lady zutief dafür, diese Ankündigung gesehen und uns Karten beschafft zu haben. Dieses Konzert veränderte mein Leben grundlegend. Hat es nicht auf den Kopf gestellt, sondern auf die Füße. Denn die Welt ist: Klang.
Einer, der Musik nicht mag, ist kein Mensch. Einer, der Musik mag, ist ein halber Mensch. Wer musiziert, der ist ein ganzer Mensch. (Goethe)