Klavierstimmung - woran liegt es?

  • Ersteller des Themas jauchzerle
  • Erstellungsdatum

Wie es @jensen1 ein schon schrieb... das A und O ist ein ausgeglichenes Spannungsverhältnis der gesamten (!) Saite (schwingende und nichtschwingende Teile)... dann verstimmt sie sich auch nicht beim Spielen. Das verhindert natürlich nicht Verstimmungen durch andere Umwelteinflüsse wie Temperatur oder Luftfeuchte.
Und da gibt es die unterschiedlichsten Instrumente... manche verstimmen sich relativ gleichmäßig nach oben oder unten, so dass man immer das Gefühl hat "es passt"... und bei anderen reichen ein paar Grad Temperaturunterschied und es klingt gruselig.
Ich hatte mal ein Klavier in der Kundschaft, wo sich der Resonanzboden so unegal ausdehnte oder zusammenzog, dass sich Bass gegen Mittellage/Diskant andauernd verstimmt hat. Der Bass passte perfekt... Mittellage und Diskant auch... aber das beides auch zusammenpasste, konnte sich von einem auf den anderen Tag ändern.
LG Georg
 
Die Verstimmungen werden vom Kunden auch mitunter sehr subjektiv wahrgenommen, hatte kürzlich eines welches zwar wie der "schräge Otto" klang, jedoch noch auf der Tonhöhe war, und auch die Oktaven sich nicht sonderlich verschoben hatten, es waren schlicht weg die Chore in sich unsauber. Was hier für den Kunden als arge Verstimmung angesehen wurde, war für mich im Grunde genommen eine leichte und schnelle Arbeit. In einem anderen Fall (Klavier 10 Jahre nicht gestimmt) empfand man es als nicht so arg, ja die Chore in sich waren schon einigermaßen, nur Baß, Mittellage und Diskannt waren in 3 unterschiedlichen Tonhöhen, das a´lag bei 423Hz - da war schon so einiges dran zu tun.
LG
Alb
 
Man wagt es kaum zu sagen, aber ich hatte mal einen Klavierbauer bei mir, der inmitten der Arbeit (er war das erste Mal da und saß an meinem alten Klavier) mich rief und mir einen Wirbel zeigte, auf dem gerade der Stimmhammer saß, und der bei kräftigem Anschlag den Ton nicht hielt, was ich in Augenschein nehmen sollte, ganz offenbar, um so den Zuschlag für eine größere Reparatur zu erhalten ("sehen Sie, der hält nicht mehr, und das ist nicht nur ein Stimmnagel, das sind alle, außerdem müssen Saiten und Hämmer getauscht werden"). Needless to say, ich habe ihm die Reparatur nicht in Auftrag gegeben und einen anderen Klavierbauer geholt, dessen Stimmung anstandslos hielt, nachdem ingesamt vielleicht drei Stimmnägel gegen etwas dickere getauscht waren. (Dieser brauchte übrigens auch keine (Schein-)Demonstration lockerer (gelockerter?) Nägel zu geben, sondern zeigte schlicht auf die Nägel, die sich nicht mehr weiter einschlagen ließen, weil die aufgewickelte Saite bereits den Stimmstock berührte...). Und Saiten und Hämmer sind übrigens immer noch die alten...

Bisserl sehr negativ aufgefaßt. Wenn schon 3 Wirbel überhaupt nicht mehr halten, ist es mit der Wirbelfestigkeit der anderen auch nimmer sehr gut bestellt. Allerdings sollte man dies recht schnell merken, und eine Stimmung in diesem Zustand kategorisch ablehnen - so der Kunde nicht darauf besteht eine sinnlose Stimmung durch zuführen. Basteleien so ala "ich tausch jetzt mal die 3 Wirbel aus die gar nimmer halten" beseitigen keine Zeitbomben, und machen daß Instrument - wenn sich eine Generalüberhohlung nimmer vermeiden läßt - richtig teuer. Diese Flickschusterei belastet nur unnötig den Stimmstock und die Rasten.
LG
Alb
 
Diese Geschichte ist mehrere Jahre her. Das Klavier (eines sehr namhaften deutschen Herstellers) hält die Stimmung inzwischen wieder einwandfrei, es hatte zuvor eine Zeit lang zu trocken gestanden. Ich denke, dass ich die Episode schon richtig verstanden habe...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Alb leider ist eine solche Praxis nicht gerade selten... vor ein paar Wochen bin ich zu einem Klavier gerufen worden... die Frau hatte Panik, weil ihr Klavierstimmer gesagt hätte, dass die Stimmwirbel nicht mehr halten würden und eine Stimmstockreparatur gemacht werden müsste, die ca. 1500€ kosten soll. Der Preis machte mich stutzig und ich sah mir das Klavier an. Ein wunderschönes U3, nahezu unverstimmt (die letzte Stimmung lag fast ein Jahr zurück). Ich habe dann ein paar Chöre nachgestimmt und ihr gesagt, wir machen eine Stimmung, wenn die Heizperiode vorbei ist.
Die Vorgeschichte dazu: Das Instrument wurde in einem sehr großen Klavierhaus gekauft für den Preis von 3800€ (was für ein gutes U3, auch wenn es ein Grauimport ist, sehr günstig ist)... dazu gab es eine 5-jährige Garantie, aber mit der Auflage, dass es vom hauseigenen Stimmer jährlich gestimmt und durchgesehen werden sollte. Und ironischerweise bei der letzten Stimmung nach der 5-jährigen Garantiezeit sollten wieder 1500€ "investiert" werden? ;)
Was soll man also nun denken? Vor allem, was soll ich dieser Frau sagen? Ich habe definitiv an dem Klavier absolut gar keinen Mangel entdecken können... Und nein, ich will auch niemanden in die Pfanne hauen... aber da ist man schon in einer gewaltigen Zwickmühle. Was um alles in der Welt ist so schwierig daran, ehrlich zu sein? In der heutigen Zeit verbreiten sich Informationen so rasend schnell, dass man niemanden mehr veräppeln kann, ohne dass es früher oder später jemand merkt... und Ehrlichkeit zahlt sich am Ende meistens doch aus.
LG Georg
 
[
Was soll man also nun denken? Vor allem, was soll ich dieser Frau sagen? Ich habe definitiv an dem Klavier absolut gar keinen Mangel entdecken können... Und nein, ich will auch niemanden in die Pfanne hauen... aber da ist man schon in einer gewaltigen Zwickmühle. Was um alles in der Welt ist so schwierig daran, ehrlich zu sein?
LG Georg

Deutschland ist eben ein Hort der Kriminellen, wie ein Finanzstaatssekretär des BMF gestern im TV anmerkte. :schweigen:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ja @GSTLP, so etwas ähnliches widerfährt mir auch zuweilen. Mal ein Beispiel; so um die Weihnachtszeit wurd ich zu einem Klavier bestellt um wenigstens an den Feiertagen darauf musizieren zu können, ein anderer Kollege hatte wohl zu vor gesagt daß es sich nicht mehr stimmen ließe. Gut, ich pack also den schweren Hammer ein, n Kastl mit Ersatzwirbeln, und was man eben so alles so für lose Wirbel oder eventuell kaputten Stimmstock braucht - man hat ja sonst nix zu schleppen :dizzy:

Beim Kunden angekommen, erwartete mich ein Blüthner Klavier aus den frühen
20iger Jahren, zwar greisslich im Klang, da ewiglich nicht gestimmt, aber mit durchaus intakten Stimmstock und daraus resultierenden festen Wirbel. Vorsichtshalber leuchtete ich die Gußplatte ab, ob vielleicht dorten irgendwo ein Problem sei - nichts.

Hab es dann 2X gestimmt, von fehlender Halbarkeit war hier nichts zu merken :denken:

LG
Alb
 
Ich hab letzte Woche ein Klavier gestimmt, das auch nicht mehr so aussah, als wenn es irgendwie noch ginge. Wenn das nicht einem sehr guten Freund gehört hätte, hätte ich jedem normalen Kunden gesagt: das wird nix mehr!! Auch der Wirbelgang war mehr als fragwürdig. Aber möglicherweise wird es dennoch halten.

Plattenriss.jpg
 

Anhänge

  • Plattenriss.jpg
    Plattenriss.jpg
    107,5 KB · Aufrufe: 13
Was soll man also nun denken? Vor allem, was soll ich dieser Frau sagen? Ich habe definitiv an dem Klavier absolut gar keinen Mangel entdecken können... Und nein, ich will auch niemanden in die Pfanne hauen... aber da ist man schon in einer gewaltigen Zwickmühle. Was um alles in der Welt ist so schwierig daran, ehrlich zu sein?

Sag der Frau einfach die Wahrheit. Damit haust du niemanden in die Pfanne. Wenn du zum Ausdruck bringst, dass du keine Fehler an dem Instrument finden kannst, musst du kein Wort über den Kollegen und dessen Einschätzung verlieren. Wie er zu seiner Einschätzung gekommen ist, das soll nicht dein Problem sein und darüber würde ich mir auch nicht den Kopf zerbrechen.

Schwierig finde ich persönlich eher die Situationen, bei denen es tatsächlich mehr oder weniger schwerwiegende Schäden gibt, die im Grunde eine Generalüberholung benötigen würden, um sie gut zu reparieren. Manchmal hat ja dann schon jemand diese Einschätzung geäußert und auch einen Preis genannt, der oft nicht in Relation zum Restwert des Instrumentes steht oder auch dessen grundsätzlicher Qualität - auch nach bestmöglicher Reparatur - nicht entspricht. Oft gibt es jedoch totzdem Möglichkeiten, vorhandene Probleme im Detail zu verbessern, so dass man das Instrument weiter nutzen kann, aber mitunter ist es nicht so einfach, die Abwägung zu treffen, was sich noch lohnt und wo es gar keinen Sinn hat. Hinzu kommt in solchen Situationen auch, dass man genau kommunizieren muss, warum man diese Dinge vorschlägt, wenn jemand anderes schon eine Reparatur abgelehnt hat und nur eine grundlegende Überholung als Vorschlag angeboten hat. Denn hier wäre es sehr unfair, einem Kollegen zu widersprechen, der sachlich einen guten Vorschlag gemacht hat, der nur finanziell keinen Sinn ergibt. Ich lege bei solchen Gesprächen Wert darauf, dass es nicht um "absolute Wahrheiten" geht, oder darum, dass ich Recht habe, sondern dass es Meinungen sind, für die es naturgemäß ein gewisses Spektrum gibt.
 
Sag der Frau einfach die Wahrheit. Damit haust du niemanden in die Pfanne. Wenn du zum Ausdruck bringst, dass du keine Fehler an dem Instrument finden kannst, musst du kein Wort über den Kollegen und dessen Einschätzung verlieren.

So sehe ich das auch, über die Motivlage des Kollegen wissen wir ja nichts; hat er keine Lust gehabt, wollte er ne Reparatur verkaufen oder vielleicht ein neues Instrument, oder hätt er des Instrument selbst gern gehabt......? Wir wissen es nicht.

Schwierig finde ich persönlich eher die Situationen, bei denen es tatsächlich mehr oder weniger schwerwiegende Schäden gibt, die im Grunde eine Generalüberholung benötigen würden, um sie gut zu reparieren.

Das gibt es leider auch viel zu oft; da wird man zum Kunden gerufen weil es beim anderen Kollegen nie so recht die Stimmung gehalten hat, und muß feststellen daß die Wirbel durchgängig lose sind, entsprechende Kollegen aber kein Wort über den Zustand des Instrumentes verloren haben :dizzy:

Ein Klavier welches aufgrund von Schäden nicht mehr stimmbar ist, stimmt man auch nicht mehr - sofern der Kunde nicht ausdrücklich nach vorheriger Aufklärung darauf besteht - des lass ich mir dann aber unterzeichnen:

Entgegen fachlichen Rat.....usw.

LG
Alb
 

über die Motivlage des Kollegen wissen wir ja nichts; hat er keine Lust gehabt, wollte er ne Reparatur verkaufen oder vielleicht ein neues Instrument, oder hätt er des Instrument selbst gern gehabt......? Wir wissen es nicht.

Es lönnen u.U. auch einfach Missverständnisse sein. Jemand hat gehört, dass Wirbel manchmal zu locker sein können und was denn dann die Reparatur kosten würde..... Es wird eine Zahl genannt und nach "Stille-Post-Manier" kommt beim nächsten Stimmer dann an, "er wollte den Stimmstock tauschen für xyz Euro" usw. Wenn man nicht dabei war, weiß man nie, was konkret besprochen wurde.
 
So sehe ich das auch, über die Motivlage des Kollegen wissen wir ja nichts; hat er keine Lust gehabt, wollte er ne Reparatur verkaufen oder vielleicht ein neues Instrument, oder hätt er des Instrument selbst gern gehabt......? Wir wissen es nicht.

Nana! Die Motivlage des "Kollegen" ist doch sch...egal! Er hat gelogen - weshalb, spielt keine Rolle. Es gäbe nur eine "Ausrede": Dummheit und/oder Unfähigkeit.
 
Ich hätte auch mal eine Frage: Kann sich ein Klavier wieder selber zurückstimmen?
Mein Klavier wurde im Okt. gestimmt. Es steht im Schlafzimmer und insgesamt ist meine Wohnung recht feucht. Also nicht unbedingt die besten Luftfeuchtigkeitsbedingungen. Zwischen Okt-Jan war die Luftfeuchtigkeit immer zwischen 58%-65%. Und im Dez/Jan hatte ich das Gefühl, das mein Klavier sich wieder verstimmt hätte und fand viele Stücke teilweise unangenehm zu spielen bzw. zu hören. Aber als es ab Febr. etwas kälter und damit trockener wurde, sank meine Luftfeuchtigkeit im Schnitt um 10%, sie ist meist zwischen 48%-55%. Vor kurzem hatte ich einen Klavierstimmer hier und der meinte mein Klavier wäre super gestimmt gewesen... Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob sich meine Ohren so sehr getäuscht haben oder ob sich das Klavier einfach wieder verändert hat und es im Jan durchaus verstimmt war? Kann das sein?
 
@HappyKlene Natürlich kann sich ein Klavier von selbst rauf- und runterstimmen. Temperatur höher -> Stimmung niedriger und umgekehrt, Luftfeuchte rauf -> Stimmung höher und umgekehrt... wenn beides zusammenkommt, wird‘s unvorhersehbar :-D
Glück hat man, wenn man ein Klavier besitzt, das diese Schwankungen gleichmäßig über die ganze Klaviatur verteilt, dann wird es zwar insgesamt nach oben oder nach unten gehen, aber die Stimmung in sich passt weiterhin einigermaßen.
Doof ist (ich hatte so ein Klavier mal in der Kundschaft), wenn sich der Baßsteg und der Mittellage-/Diskantsteg nicht einigen wollen... da verstimmten sich der Baß und die Mittellage grundsätzlich gegeneinander. Das Klavier konnte selbst nach einer durchgeführten genauen Stimmung schon ein oder zwei Tage später wieder arg verstimmt klingen (wenn man Baß und Mitte gleichzeitig spielte ;)) und wiederum 2 Tage später war alles wieder in Ordnung...
LG Georg
 
Ok, dann bin ich ja erleichtert. Ich dachte schon, meine Ohren hätten mich völlig im Stich gelassen! Oder meine Einbildung hat zugenommen :-D Wie auch immer.
Ich hab mich nämlich auch irgendwann im April gewundert, dass sich mein Klavier gar nicht mehr so schlimm anhört... aber da war der Termin mit dem Klavierstimmer schon ausgemacht, deswegen hab ich den nicht abgesagt...

Das sich der Baßsteg und der Mittellage-/Diskantsteg nicht einigen wollen, hatte ich im allerersten Jahr einmal ziemlich krass. Seitdem hat sich das ganz gut eingependelt... aber es ist der Bereich, wo ich es am meisten merke, wenn ich meine, das mein Klavier verstimmt ist :-D
 
Mein Flügel scheint auch so drauf zu sein. Im Moment klingt er besser als im Winter.
 
Das sich ein Instrument von selbst wieder stimmt, ist ein Trugschluß. Ändert sich die Tonhöhe beim Instrument so geschieht dies meist nicht gleichmäßig so daß man durch den Unterschied die Verstimmung wahrnimmt. Die anderen Bereiche bewegen sich dann ebenfalls später in entsprechende Richtung, so daß oft vermeint wird, er wäre wieder stimmig - dem ist allerdings nicht so, das Innstrument ist verstimmt.
Ich habe es öfter daß ich bei Leuten bin, welche äußern "ja, jetzt ginge das Instrument schon wieder, es war nur vor einer Woche so arg, da hätte ich ja wohl nicht viel zu tun".....nichts zu tun ist gut, zwar hatten sich die Chore angepaßt so daß einzelne Töne nicht jaulten, in den Intervallen allerdings war alles völlig durcheinander und in der Tonhöhe weit unter 440 Hz. (oder weit drüber, hab ich auch schon erlebt, insbesondere bei Cembalis)

LG
Henry
 
Nun ja, mein Klavierstimmer hat die Tonhöhe gemessen... war genau 440Hz und anscheindend waren nur 3-4 Töne minimal verstimmt... Aber vielleicht haben die auch gereicht um mich zu stören....
 

Zurück
Top Bottom