Ich mag kein Bach, bin ich normal? ☺

Ich will jetzt niemandem seinen Bach madig machen, mich würde nur interessieren, ob es noch jemanden gibt, der zwar klassische Musik mag, aber mit Bach wenig anfangen kann.
Ein Glück, dass Bach barocke Musik ist :-)

Ich mag seine Musik - sie ist wahnsinnig komplex und durchdacht, harmonisch wie rhythmisch. Man kann extrem viel an ihr lernen und doch ist es immer noch Musik, die da erklingt.

Als Pianist kann man die ganze Grundausbildung nur mit Bach verbringen:
Vom Notenbüchlein für Anna Magdalena zu den Inventionen und Sinfonien fortgefahren mit dem WTK mit den anschließenden Goldberg Variationen.

Was ich aber auch einräume ist, dass Bach auch anstrengend sein kann: Viele Fugen hintereinander zu hören schaff ich nicht lange.
...Vielleicht werden sie auch zu schnell gespielt?
 
Romantische Stücke machen, auch wenn eigentlich noch nicht gut gespielt, schon eine Menge her, und man kann sich einbilden, eigentlich schon ganz gut zu spielen. Das Pedal lässt alles voll klingen, und man kann rhythmisch unglaublich rumschlampen (bzw. eigentlich gar nichts verstanden haben) und sich dennoch einreden, dass man es doch eigentlich schon "kann". (Bzw. man verkauft sich selber dieses Gemansche als "Rubato"...)

Bach oder auch Mozart erlauben das nicht.
Hier muss klar und deutlich musiziert werden, hier muss gezeigt werden, ob man die Fähigkeit zu Rhythmus, ja "Groove", besitzt.
Nicht für alles findet sich die Antwort im (fehlenden) Rhythmus.
Ich liebe Mozart, von Kindheit an. Bach hat mir noch nie zugesagt und spielen kann ich Beide nicht.
Auch wenn beide rhythmisch sehr klare Musik gemacht haben (und richtig: sie grooven), liegen dennoch Welten dazwischen.
Wenn ich so darüber nachdenke, liegt es bei mir glaube daran, dass es bei Bach einfach zu viel Musik ist. Bei zwei Stimmen auf einmal hört der Spaß auf und ich kann schon nicht mehr folgen. :-D
 
Wenn ich so darüber nachdenke, liegt es bei mir glaube daran, dass es bei Bach einfach zu viel Musik ist. Bei zwei Stimmen auf einmal hört der Spaß auf und ich kann schon nicht mehr folgen. :-D

Nee, es ist nicht zu viel Musik bei Bach .... es sind zu vielen Noten. Mozart macht die Musik effektiver (mit wenig Noten), trotzdem sind seine Kompositionen nicht leichter zu spielen.

N.B. Glenn Gould hat über Mozart ständig gelästert .... hmmm, vielleicht konnte er Mozart nicht so gut spielen wie Bach.
 
Vielen Dank für die vielen Antworten und Hinweise. Offenbar gab es auch schon einen Faden zu dem Thema und das möchte ich auch nicht alles wieder aufrollen.

Bei mir ist es so, dass ich gar nichts dagegen habe, Bach selbst zu spielen. Mir persönlich fällt die Präzision leichter als ein Rubato in der Romantik. Ich musste aber bei dem Posting von hasenbein lachen, weil ich tatsächlich mal eine Klavierspielerin getroffen habe, die meinte sie spielt lieber Chopin, weil man da nicht aufs Tempo achten muss.
Wie auch immer, Bach auf Konzerten zu hören, langweilt mich, ständig kommt mir der Gedanke "kenne ich schon, hatten wir schon". Aber das ist eben auch einfach Geschmacksache und darüber muss man nicht diskutieren.

Nun bin ich als Nicht-Profi in der glücklichen Lage, mich mit Musik beschäftigen zu müssen, die mir nicht zusagt. :) Aber es ist gut, zu wissen, dass es noch andere Leute gibt, die mit Bach nur bedingt etwas anfangen können, in meinem Bekanntenkreis sieht das doch deutlich anders aus.
 
Bei mir ist es so, dass ich gar nichts dagegen habe, Bach selbst zu spielen. Mir persönlich fällt die Präzision leichter als ein Rubato in der Romantik. Ich musste aber bei dem Posting von hasenbein lachen, weil ich tatsächlich mal eine Klavierspielerin getroffen habe, die meinte sie spielt lieber Chopin, weil man da nicht aufs Tempo achten muss.
Wie auch immer, Bach auf Konzerten zu hören, langweilt mich, ständig kommt mir der Gedanke "kenne ich schon, hatten wir schon". Aber das ist eben auch einfach Geschmacksache und darüber muss man nicht diskutieren.

Es ist wie immer...Geschmäcker sind verschieden.

Evtl. gibt es Parallelen zu anderen Veranlagungen. Ich z.B. bin ein eher nüchterner Mensch und dieser Gefühls-"Offenbarungskram" liegt mir so richtig gar nicht - Musik finde ich _trotzdem_ toll ;)
Ich finde z.B. Bach gerade faszinierend, wie sich die einzelnen Stimmen in Kunst der Fuge oder den Goldberg Variationen umspielen, da entdeckt man auch nach 50 mal Hören immer wieder Neues (stark vom Pianisten abhängig!). Evtl. liegt mir dieses Muster-hafte und Exakte als Mathematiker einfach eher.

Die meisten Einspieler hier kommen ja zu gefühlt 80% mit Romantik-Stücken von den Standard-Komponisten - mit großer Gefühls-Mimik vorgetragen, da überfällt mich schon nach 20 Sekunden das Gähnen...klingt für mich auch alles gleich. Das liegt sicher nicht an den Stücken / Komponisten / Interpreten, ich hab da einfach keinen Zugang zu.
 
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Ich empfinde Bach als "kalte, mathematische, konstruierte, theoretische " Musik, zu der ich keinen Zugang habe, die mich emotional Null anspricht.
Bei Mozart hingegen geht mir das Herz auf.
 
Um die Mathematik bei Bach bewusst zu hören, muss man, so finde ich, schon ziemlich bewandert sein in der Theorie. Ich finde es faszinierend, welche Eigenschaften seiner Musik zugeschrieben werden und wie viele Menschen hier analytisch zuhören können.
Ich schalte mein analytisches Ohr auch und gerade bei Bach gerne mal aus. Obwohl ich persönlich mit Mozart wenig anfangen kann, berührt mich seine Musik trotzdem. Bach höre und spiele ich aber wesentlich lieber. Allerdings geht es mir mit vielen Aufnahmen seiner Orgelstücke bei Youtube auch so, dass ich sie als viel zu gehetzt gespielt wahrnehme, und wenn man sich von der Temposeite her nähert, kann ich auch nachvollziehen, dass man seine Stücke eher nicht mag.
 
ich weiß, was Du meinst, phasenweise bei den Brandenburgischen Konzerten, aber auch das spricht mich nicht an. Ich finde, da klingt eins wie's andere, ich finde es anstrengend und langweilig und auf Dauer sogar nervig.
Spielen ist noch was anderes, das macht mir teilweise sogar Spaß, aber anhören - nee...
 

Selbst in der Adventszeit in einer Kirche mit hervorragender Akustik aufgeführt, hat das Weihnachtsoratorium nur einmal ein wohliges Gefühl bei mir ausgelöst: Als es vorbei war. Wobei Teil I noch ganz interessant war, danach wurde es mit den immer gleichen Mustern, die gefühlt auch schon zigfach in diversen Kantaten verarbeitet sind, nur noch langweilig und am Ende sogar beschwerlich.

Bei Mozarts Krönungsmesse zum Vergleich hatte ich Gänsehaut. Sie sprudelt nur so über an musikalischen Ideen, erzeugt Stimmungen, reist mit. Dagegen wirkt das Weihnachtsoratorium wie mit Bleistift und Geodreieck am Reißbrett konstruiert. Naja, aber das ist eben, wie schon gesagt, eine Geschmacksfrage.

Selbst spielen ist natürlich immer etwas anderes. Diverse Preludien oder auch Inventionen haben mir beim Üben Spaß gemacht, allerdings kann ich mir speziell letztere auch nicht gut anhören, zu statisch, zu berechenbar.
 
Wenn die Kirche eine hervorragende Akustik hat, die Interpretation des Werkes aber nicht mindestens genauso hervorragend ist, nutzt der (m.E. hinkende) Vergleich mit Mozart wenig.

Ich habe das Weihnachtsoratorium schon mehr als einmal gesungen und mit einstudiert und mich noch kein einziges Mal gelangweilt. Vielleicht mache _ich_ ja was falsch ;)
 
Nunja, es handelte sich im Fall des Weihnachtsoratoriums ausschließlich um Profimusiker unter einer Leitung mit doch soliden Referenzen im Bereich Kirchenmusik und Bach im speziellen. Ich würde jetzt vielleicht nicht sagen, dass es besser nicht geht, aber ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass eine andere Interpretation, die sich immer in gewissen Grenzen bewegen muss, bei mir zu einem deutlich anderen Erlebnis geführt hätte.

Und auch wenn der Vergleich zum Mozart hinkt, ich stelle ihn trotzdem an, weil ich beides kurz hintereinander in einem ähnlichen Rahmen erlebt habe und beides sakrale Musik ist. Nur waren es beim Mozart ambitionierte Amateure unter professioneller Leitung. Und auch wenn man über die Interpretation an einigen Stellen diskutieren konnte, wie gesagt: Gänsehaut.
 
Ich mag Mozart auch sehr, aber gerade seine Kirchenmusik finde ich bis auf wenige Ausnahmen (c-Moll-Messe, Requiem) bestenfalls routiniert. Die wirklich geniale Vokalmusik findet man eher in seinen Opern.

LG, Mick
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe gestern ein Konzert mit (u.a.) Bachs Magnificat in der Fassung mit den weihnachtlichen Einlagesätzen gehört. Toll war's! Ich finde überhaupt nicht, dass Bach nur den Intellekt anspricht. Das ist sehr emotionale, unmittelbar berührende Musik.

Grüße, Jörg
 
@mick hat sicherlich recht, wenn er sagt, dass bei Bach auch einiges an Routinewerken dabei ist. Nicht umsonst werden eben bestimmte Motetten eher als andere aufgeführt.

@katjasofia Was ich absolut nicht nachvollziehen kann, ist die Meinung, Bachs Musik sei kalt, theoretisch, mathematisch, konstruiert. Sicherlich haben die Werke einen klaren Aufbau, aber für mich sind sie, wie schon mehrmals hier im Faden von anderen angemerkt wurde, auch voller Emotionen. Für mich geben sie die Bedeutung von biblischen Texten auf eine ganz besondere Art und Weise wieder. Text und Musik beleuchten sich gegenseitig.

Das Folgende ist nur ein Beispiel:



Hinzufügen sollte ich noch, dass ich einige Bach-Werke vor ziemlich langer Zeit gesungen habe - sie klingen auch noch nach Jahrzehnten in mir.
 
Ich schätze vor allem seine Orgelwerke.


Grundsätzlich ergeht es mir bei Bach ähnlich wie bei anderen "barocken" Komponisten: Es macht mehr Spaß sie zu spielen als zuzuhören. Ich vermute, es könne gerade bei Bach daran liegen, dass man als "Ausführender" gezwungen ist, die Struktur des Werkes auszuloten. Beim "Nur-Zuhören" entgeht dem Laien Vieles. Dies könnte auch ein Grund sein, warum Bach umso mehr geschätzt wird, je geschulter das Musikverständnis ist.
 
Und auch wenn der Vergleich zum Mozart hinkt, ich stelle ihn trotzdem an, weil ich beides kurz hintereinander in einem ähnlichen Rahmen erlebt habe und beides sakrale Musik ist.
erstaunlicherweise habe ich mal in einem sehr guten Restaurant erlebt, dass mir Zunge in Madeira-Sauce überhaupt nicht geschmeckt hat, verblüffenderweise hatte mir in einem anderen sehr guten Restaurant Saltimbocca alla Romagna sehr gemundet - - - offensichtlich eine sehr weltbewegende und unbedingt mitteilenswerte Mitteilung ;-):-D man muss sie unbedingt weitschweifig diskutieren (am besten auch umgehend ins Poesiealbum abschreiben) :-D

Was bei allen Göttern ist so bemerkenswert daran, dass man die hohe Qualität eines Gegenstands zwar erkennt, diesen aber trotzdem nicht sonderlich mag? Mir ist eine Großteil der Barockmusik völlig egal, wie gut aber sehr vieles daraus ist, das kann ich wahrnehmen - ja und? Sollte ich mich deswegen therapieren lassen? Oder diese private Geschmackssache jedem auf die Nase binden? Womöglich gar flachen Allerweltsunsinn über "Mathematik in der Barockmusik contra Gefühlsüberschwang in der Romantik" schwadronieren? Nö, mach ich nicht - am Ende bringt mir deswegen das Christkind keine Geschenke... :-D
 
Schönes Fazit :-)
 

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